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Der Asteroidengürtel ist groß, aber seine menschliche Bevölkerung ist klein. Nach sieben Monaten der einjährigen Verpflichtungszeit auf Station V fragte Larry Vernadsky sich immer häufiger, ob ihn sein Gehalt überhaupt für die Einzelhaft - hundertzehn Millionen Kilometer von der Erde entfernt -entschädigen konnte. Er war ein schlanker junger Mann, den niemand für einen Raumfahrtingenieur gehalten hätte; hinter seinen blauen Augen, dem strohblonden Haar und dem unschuldigen Gesichtsausdruck verbarg sich jedoch ein scharfer Verstand mit unersättlichem Wissensdurst. Der unschuldige Gesichtsausdruck und sein Wissensdurst kamen ihm an Bord der Robert Q. gut zustatten.
Als die Robert Q. die Landeplattform der Station V erreichte, ging Vernadsky fast augenblicklich an Bord. Er merkte nicht einmal, daß der Captain sein begeistertes Grinsen nur mit saurer Miene quittierte. Für Vernadsky war jedes Schiff eine willkommene Abwechslung; er hatte sämtliche Werkzeuge zur Verfügung und konnte jedes Ersatzteil in jedes Hypertriebwerk einbauen.
Vernadsky grinste übers ganze Gesicht, während er das übliche Formular ausfüllte, das er später dem Stationscomputer eingeben würde. Er schrieb den Namen des Schiffes nieder, füllte die Spalten Zulassungsnummer, Triebwerksnummer, Feldgeneratornummer und so weiter aus, notierte den Standort (irgendein verdammter Asteroid, dessen Namen ich vergessen habe, und Vernadsky schrieb >Gürtel< als Abkürzung für >Asteroidengürtel<), den Bestimmungsort (>Erde<) und den Grund für die Zwischenlandung (>zeitweises Aussetzen des Triebwerks<). »Wie groß ist Ihre Besatzung, Captain?« fragte Vernadsky mit einem Blick auf die Schiffspapiere.
»Zwei Mann«, antwortete der Captain. »Fangen Sie gleich mit der Reparatur an? Wir haben es nämlich verdammt eilig.« Sein Auftreten verriet den Raumfahrer, der den größten Teil seines Lebens hier draußen zwischen den Asteroiden verbracht hatte.
»Klar, wird gemacht.« Vernadsky schleppte seinen Tester in den Maschinenraum. Der Captain begleitete ihn. Während Vernadsky das Hypertriebwerk testete, dachte er über den Captain nach, der trotz seiner Bartstoppeln und seiner rauhen Ausdrucksweise durchaus kultiviert wirkte. Er war sich darüber im klaren, daß manche Männer an diesem einsamen Leben Geschmack fanden - aber ob dieser Captain zu ihnen gehörte? »Welche Erze transportieren Sie?« erkundigte Vernadsky sich beiläufig. Der Captain runzelte die Stirn. »Chrom und Magnesium«, antwortete er dann.
»Tatsächlich?... An Ihrer Stelle würde ich den Jenner-Verteiler auswechseln lassen.«
»Setzt das Triebwerk deshalb aus?«
»Nein, aber der Verteiler arbeitet höchstens noch zehn Millionen Kilometer, und solange Sie einmal hier sind...«
»Okay, bauen Sie einen neuen Verteiler ein. Hoffentlich haben Sie den Fehler bald!«
»Ich gebe mir Mühe, Captain.«
Die letzte Bemerkung des Captain brachte sogar Vernadsky zum Schweigen. Er arbeitete zehn Minuten weiter und richtete sich dann auf. »Der Semireflektor ist beschlagen«, stellte er fest. »Sobald der Positionenstrahl einen bestimmten Punkt auf dem Reflektor erreicht, setzt das Triebwerk kurz aus. Wir müssen den Reflektor austauschen.« »Wie lange dauert das?« »Ungefähr zehn bis zwölf Stunden.« »Was? Wir haben uns schon verspätet und...«
»Nichts zu machen.« Vernadsky zuckte mit den Schultern. »Ich muß das Triebwerk mit Helium ausspülen, bevor ich hineinkann; das dauert ungefähr drei Stunden. Und dann muß ich den neuen Semireflektor einbauen und abgleichen, was wieder einige Stunden dauert. Ich könnte Ihr Triebwerk in einer Viertelstunde notdürftig reparieren, aber damit kämen Sie nicht einmal bis zum Mars.«
»Okay«, knurrte der Captain. »Los, fangen Sie an!«
Vernadsky schob seinen Heliumzylinder vor sich her an Bord. Der Zylinder wog buchstäblich nichts, weil der Schwerkraftgenerator der Robert Q. außer Betrieb war, aber seine Masse und Bewegungsenergie waren unverändert. Vernadsky hatte deshalb alle Hände voll zu tun und konzentrierte sich so auf diese Aufgabe, daß er eine falsche Tür öffnete und den abgedunkelten Raum betrat.
Er hatte nur Zeit für einen überraschten Ausruf, dann schoben ihn zwei Männer in den Korridor hinaus.
Vernadsky schwieg, während er den Zylinder an das Einlaßventil des Triebwerks anschloß und zuhörte, wie das Helium die radioaktiven Gase hinausspülte.
Dann konnte er seine Neugier nicht länger beherrschen und sagte: »Sie haben ein Silicony an Bord, Captain. Ein sehr großes.« »Tatsächlich?« fragte der Captain nur. Sein Gesichtsaudruck verriet nicht, was er dachte.
»Ich habe es gesehen. Darf ich es mir noch mal länger ansehen?« »Warum?«
Vernadsky sah ihn bittend an. »Hören Sie, Captain, ich sitze seit mehr als einem halben Jahr auf diesem Felsen hier. Ich habe alles über die Asteroiden gelesen, was ich erwischen konnte auch über Siliconies. Aber ich habe noch keines zu Gesicht bekommen. Seien Sie doch nicht so hartherzig!« »Tun Sie lieber Ihre Arbeit.«
»In den nächsten Stunden ist nichts zu tun«, beteuerte Vernadsky. »Warum haben Sie das Silicony überhaupt an Bord, Captain?« »Andere Leute mögen Hunde. Ich mag Siliconies.« »Kann es sprechen?«
Der Captain lief rot an. »Wie kommen Sie darauf?«
»Manche können sprechen. Manche lesen sogar Gedanken.«
»Sind Sie etwa Spezialist für diese verdammten Dinger?«
»Ich habe nur viel über sie gelesen. Kommen Sie, Captain, Sie wollten mir das Silicony zeigen.«
Vernadsky übersah geflissentlich, daß die beiden Männer jetzt wieder neben ihm standen. Er war von drei stämmigen Kerlen eingekreist, die vermutlich bewaffnet waren.
»Was ist denn?« fragte Vernadsky erstaunt. »Ich will das Ding nicht stehlen. Ich will es nur sehen.«
Vielleicht rettete ihm die erst begonnene Reparatur in diesem Augenblick das Leben. Vermutlich war es jedoch sein harmloser Gesichtsausdruck, der die anderen davon überzeugte, daß dieser junge Mann nichts Böses im Sinn hatte.
»Gut, meinetwegen«, sagte der Captain. »Kommen Sie mit.«
Und Vernadsky folgte dieser Aufforderung mit Vergnügen und klopfendem Herzen.
Vernadsky starrte das graue Tier ehrfürchtig und nur leicht angewidert an. Er hatte tatsächlich noch nie ein Silicony gesehen, aber er kannte die Tiere aus dreidimensionalen Abbildungen und Beschreibungen. Trotzdem verblüffte ihn die Wirklichkeit einigermaßen.
Die Haut des Tieres war ölig glatt und grau. Es bewegte sich langsam, wie es einem Tier zusteht, das im Fels lebt. Unter der Haut spielten keine Muskeln; statt dessen schoben sich graue Steinplatten wie Schuppen übereinander. Aus dem eiförmigen, oben abgeflachten Körper ragten sechs Beine hervor, deren scharfe Steinkanten Felsen durchbohrten und in eßbare Stücke zerkleinerten.
An der Unterseite des Tieres befand sich eine Öffnung, durch die Felsbrocken ins Körperinnere gelangten. Dort reagierten Kalkstein und hydrierte Silikate aufeinander und bildeten die Silikone, aus denen das Körpergewebe des Tieres bestand. Dabei entstehende Abfallprodukte wurden als weiße Kiesel ausgeschieden, die zunächst alle Extraterrologen verblüfft hatten, bis die Siliconies entdeckt worden waren. Die Wissenschaftler konnten sich allerdings noch nicht erklären, wie dieses Lebewesen es fertigbrachte, Silikonen die Aufgaben zu übertragen, die Proteine bei anderen Tieren zu erfüllen hatten.
Das Silicony trug zwei weitere keulenförmige Ansätze auf dem Rücken, die es jedoch einzog, wenn es sich durch Felsen bohrte. Nach Meinung ernsthafter Extraterrologen, die das Tier Siliconeus asteroidea nannten, dienten diese >Ohren< als Antennen für die rudimentären telepathischen Kräfte, die manche Siliconies besaßen.
Das Silicony kroch langsam über einen ölverschmierten Felsen. In einer Ecke der Kabine lagen weitere Steinbrocken, von denen das Tier lebte. Vernadsky hatte allerdings gelesen, daß es seinen Energiebedarf zusätzlich aus anderen Quellen decken mußte.
»Ein wahres Ungeheuer!« meinte Vernadsky anerkennend. »Fast dreißig Zentimeter Durchmesser!«
Der Captain nickte wortlos.
»Wo haben Sie es her?« fragte Vernadsky.
»Von einem Asteroiden.«
»Die größten Siliconies waren bisher kaum fünf Zentimeter groß. Auf der Erde könnten Sie dieses Tier vielleicht für teures Geld verkaufen.« Der Captain zuckte mit den Schultern. »Schön, Sie haben es gesehen. Los, an die Arbeit!« Er wollte Vernadsky hinausführen, als plötzlich eine seltsam rauhe Stimme hinter ihnen ertönte. Sie wurde durch Reibung zwischen Steinplatten erzeugt, und Vernadsky starrte den Sprecher geradezu entgeistert an.
»Der Mann fragt sich, ob dieses Ding sprechen kann«, sagte das Silicony, das plötzlich zu einem sprechenden Stein geworden war. »He!« rief Vernadsky erstaunt aus.
»Schön, jetzt haben Sie es gesehen und gehört«, meinte der Captain ungeduldig. »Kommen Sie!«
»Und es kann Gedanken lesen«, stellte Vernadsky fest. »Mars rotiert in zwei-vier Stunden drei-siebeneinhalb Minuten. Jupiter hat eine Dichte von eins-komma-zwei-zwei. Uranus wurde im Jahr eins-siebenacht-eins entdeckt. Pluto ist der weiteste Planet. Die Masse der Sonne beträgt zwei-null-null-nullnull-null-null... «
Der Captain zog Vernadsky hinaus, der fasziniert zuhörte, während er über die Schwelle stolperte.
»Woher weiß es das alles, Captain?« wollte Vernadsky wissen.
»Aus einem alten Astronomielehrbuch, das wir ihm vorlesen.«
»Eine alte Schwarte«, fügte einer der Besatzungsmitglieder hinzu. »Aus der
Zeit vor der Erfindung der Raumfahrt. Sogar noch echt gedruckt.« »Halt's Maul«, sagte der Captain.
Vernadsky kontrollierte das ausströmende Helium und konnte schließlich mit der Arbeit beginnen. Er unterbrach sie nur, um eine Tasse Kaffee zu trinken und eine kurze Pause einzulegen.
»Wissen Sie, was ich glaube, Captain?« sagte er mit seinem unschuldigsten Lächeln. »Das Tier hat vielleicht Hunderte von Jahren in einem Asteroiden gelebt; es ist verdammt groß und wahrscheinlich intelligenter als kleinere Siliconies. Dann sind Sie gekommen und haben ihm gezeigt, daß das Universum nicht nur aus Felsen besteht. Deshalb interessiert es sich für Astronomie, glauben Sie nicht auch?«
Er wollte den Captain dazu bringen, sich irgendwie zu diesem Thema zu äußern. Aber der andere verzog keine Miene und fragte nur: »Wann sind Sie fertig?«
Das war sein letzter Kommentar, und Vernadsky mußte damit zufrieden sein. Sobald das Triebwerk wieder funktionierte, bezahlte der Captain die Rechnung in bar, steckte seine Quittung ein und startete mit heulenden Düsen.
Vernadsky sah ihm aufgeregt nach und ging rasch an seinen Sender. »Ich muß recht haben«, murmelte er vor sich hin. »Ich muß recht haben.« Sergeant Milt Hawkins nahm den Anruf in der vertrauten Umgebung des Polizeireviers auf Asteroid 72 entgegen. Dort saß er mit einem Zweitagebart, einer Dose Bier, einem Filmprojektor und seinen Gedanken, aus denen er aufschrak, als der Summer ertönte. Hawkins sah endlich wieder ein menschliches Gesicht auf dem Bildschirm und freute sich darüber. Gesellschaft war Gesellschaft, selbst wenn nur Vernadsky anrief. Er begrüßte ihn freudig und achtete vor lauter Begeisterung zunächst kaum darauf, was Vernadsky zu erzählen hatte.
Dann war er plötzlich ganz Ohr. »Halt, langsam!« unterbrach er Vernadsky. »Was hast du eben gesagt?«
»Hast du nicht zugehört, du dämlicher Polizist? Ich rede mir hier die Kehle heiser, aber du...«
»Immer mit der Ruhe! Was hast du von einem Silicony erzählt?« »Dieser Kerl hat eines an Bord. Er füttert es mit Steinen.« »Und?«
»Es ist nicht nur ein Silicony!« beteuerte Vernadsky. »Es ist nicht fünf Zentimeter, sondern dreißig Zentimeter groß. Weißt du, was das bedeutet? Du liebe Güte, der Kerl lebt hier draußen, ohne etwas über Asteroiden zu wissen!«
»Schön, dann erzählst du mir eben, was ich angeblich nicht weiß.«
»Hör zu, aus Felsen entsteht Körpergewebe, aber woher bekommt ein Silicony dieser Größe seine Energie?« »Keine Ahnung.« »Direkt aus... Bist du allein?« »Ja, leider.«
»Das wird dir bald nicht mehr leid tun. Siliconies nehmen Energie durch direkte Absorption von Gammastrahlen auf.« »Wer sagt das?«
»Ein gewisser Wendell Urth, ein bekannter Extraterrologe. Er weiß angeblich auch, wofür die >Ohren< der Siliconies gut sind. Sie haben nichts mit Telepathie zu tun, sondern dienen als hochempfindliche Strahlendetektoren.«
»Okay. Und?« fragte Hawkins, der nachdenklich geworden war. »Paß auf! Urth behauptet, auf Asteroiden gebe es nicht genügend Gammastrahlen, um Siliconies mit mehr als fünf Zentimeter am Leben zu erhalten. Das andere Tier war dreißig Zentimeter groß, verstehst du?« »Hmmm... «
»Folglich stammt es von einem Asteroiden, der völlig aus radioaktivem Material bestehen muß - und der irgendwo außerhalb der normalen Routen liegt, wo niemand einen Asteroiden vermutet. Nur der Captain der Robert Q. hat offenbar gleich die richtigen Schlüsse aus seiner Entdeckung gezogen. Er ist ein gerissener Bursche.« »Weiter.«
»Nehmen wir einmal an, er hätte eine Versuchssprengung durchgeführt und wäre dabei auf dieses riesige Silicony gestoßen. Dann weiß er, daß er einen unwahrscheinlichen Fund gemacht hat. Das Silicony kann ihn zu den größten Uranlagern führen.« »Warum sollte es das tun?«
»Weil es lernen will! Es hat Jahrtausende im Fels verbracht und weiß erst jetzt, daß es Sterne gibt. Der Captain könnte eine Vereinbarung mit ihm treffen. Nur der Staat darf Uran abbauen; Privatleute dürfen nicht einmal Geigerzähler besitzen. Eine wunderbare Gelegenheit für den Captain!« »Vielleicht hast du recht«, sagte Hawkins.
»Ich habe todsicher recht! Du hättest die drei Männer sehen sollen, wie sie mich beobachteten. Du hättest sehen sollen, wie sie mich nach zwei Minuten hinausgeschubst haben.«
Hawkins rieb sich das unrasierte Kinn. »Wie lange kannst du sie noch aufhalten?« fragte er.
»Aufhalten? Sie sind längst wieder gestartet!«
»Was! Warum rufst du dann an? Warum hast du sie weggelassen?«
»Die Kerle waren zu dritt und bewaffnet«, erklärte Vernadsky ihm. »Was hätte ich gegen sie ausrichten können?«
»Okay, aber was tun wir jetzt?«
»Du kommst mit und verhaftest sie«, antwortete Vernadsky grinsend. »Ich habe dafür gesorgt, daß ihr Triebwerk nach spätestens zehntausend Kilometer aussetzt. Und ich habe eine Radiosonde eingebaut.« »Aber wir drehen das Ding allein«, warnte Vernadsky ihn. »Nur wir beide und dein Raumschiff. Die anderen sitzen fest, und wir haben drei Kanonen. Wir lassen uns sagen, wo der Uranasteroid zu finden ist, fliegen dorthin und benachrichtigen dann die Raumpolizei. Wir bringen drei Uranschmuggler, ein riesiges Silicony und die Koordinaten eines neuen Uranasteroiden mit. Dann wirst du Leutnant, und ich bekomme einen Posten auf der Erde, kapiert?«
»Klar«, brüllte Hawkins begeistert. »Ich komme sofort!«
Sie hatten das andere Schiff fast erreicht, bevor sie durch ein Glitzern auf die Robert Q. aufmerksam wurden.
»Haben sie keinen Strom mehr für die Positionslampen?« fragte Hawkins. »Der Notstromgenerator funktioniert doch noch?«
Vernadsky zuckte mit den Schultern. »Sie versuchen Energie zu sparen, weil sie hoffen, daß ein anderes Schiff sie aufnimmt. Im Augenblick schicken sie bestimmt einen Notruf aus.«
»Na, ich nehme jedenfalls nichts auf«, stellte Hawkins trocken fest.
»Nichts?«
»Keinen Ton.«
Sie schwebten näher an das andere Schiff heran, das mit zwanzigtausend Stundenkilometer Geschwindigkeit im Raum trieb. Das Polizeischiff paßte sich dieser Geschwindigkeit an und rückte näher.
»Nein, nein!« rief Hawkins plötzlich. »Das Schiff hat einen
Meteoritentreffer abbekommen! Das Loch ist so groß wie ein Scheunentor.
Tut mir leid, Vernadsky, aber die Sache sieht nicht gut aus.«
Vernadsky schloß die Augen und schluckte trocken. Er wußte, was Hawkins meinte: Wenn die drei Männer tot waren, hatte Vernadsky sie ermordet, weil er das Triebwerk beschädigt hatte.
»Hör zu, du weißt doch, weshalb ich das getan habe...«
»Ich weiß, was du mir erzählt hast«, antwortete Hawkins. »Aber wenn das Schiff keine Schmuggelware an Bord hat...« Er zuckte vielsagend mit den Schultern.
Sie legten Raumanzüge an und betraten die zertrümmerte Robert Q., deren Meteorabwehr außer Betrieb gewesen war, als ihre Energieversorgung ausfiel. Der Meteorit hatte den Schiffsrumpf durchschlagen, den Kontrollraum zerstört und die drei Männer an Bord augenblicklich getötet. Vernadsky kämpfte mit seinen Magennerven und blieb schließlich doch Sieger. »Komm, wir überprüfen die Erzladung«, schlug er mit zitternder Stimme vor. »Sie ist bestimmt radioaktiv.« Sie muß radioaktiv sein, dachte er verzweifelt.
Die Tür zum Laderaum hing schief in den Angeln, so daß Hawkins seinen Geigerzähler nur an den Spalt zu halten brauchte. Der Geigerzähler tickte rasend schnell.
»Das habe ich geahnt«, sagte Vernadsky erleichtert. Die Sabotage am Triebwerk war nun ein Akt vorbildlicher Pflichterfüllung, und der Zusammenstoß mit dem Meteoriten, der drei Menschen den Tod gebracht hatte, galt als bedauerlicher Unfall.
Als sie die Tür aufbrachen, sahen sie einige Tonnen Gestein vor sich. Hawkins hob zwei größere Stücke auf und steckte sie ein. »Als Beweismaterial«, erklärte er. »Und zur Analyse.«
»Ich möchte wetten, daß es sich um hochwertige Pechblende handelt«, sagte Vernadsky grinsend.
»Okay, das wäre es vorläufig«, meinte Hawkins. »Wir haben vielleicht Schmugglern das Handwerk gelegt. Was nun?« »Der Uranasteroid... oh!«
»Richtig. Wo ist er? Die drei Männer, die es wissen müßten, sind tot.« »Verdammt noch mal!« Vernadsky ließ den Kopf hängen. Bisher hatten sie nur drei Leichen und einige Tonnen Pechblende vorzuweisen. Gut, aber nicht überragend. Dafür gab es natürlich eine Belobigung, aber er hatte es nicht auf Belobigungen abgesehen.
»He, das Silicony!« rief er plötzlich. »Es kann im Vakuum leben. Und es weiß, wo der Asteroid zu finden ist.«
»Richtig!« stimmte Hawkins zu. »Wo steckt das komische Ding?« »Achtern«, sagte Vernadsky. »Komm!«
Das Silicony glitzerte im Lichtstrahl ihrer Taschenlampen. Es lebte und bewegte sich.
Vernadskys Herz schlug rascher. »Wir müssen es mitnehmen, Hawkins.« »Warum?«
»Das Vakuum überträgt keine Schallwellen, weißt du das nicht? Wir müssen es in unser Schiff nehmen.« »Schon gut, schon gut.«
»Wir können ihm schließlich keinen Raumanzug mit Sprechfunk anziehen.« »Schon gut, habe ich gesagt.«
Sie trugen es vorsichtig in ihr Schiff, und Hawkins hielt es in beiden Händen, während Vernadsky sie von der Robert Q. abstieß. Das Silicony lag jetzt im Kontrollraum. Die Männer hatten ihre Helme abgenommen, und Hawkins zog seinen Anzug aus. Vernadsky konnte nicht länger warten.
»Kannst du unsere Gedanken lesen?« fragte er. Dann hielt er den Atem an, bis die Antwort kam.
»Ja«, sagte das Silicony. Dann fügte es hinzu: »Überall Leere. Nichts.« »Was?« fragte Hawkins.
Vernadsky legte einen Finger auf die Lippen. »Es meint den kleinen Ausflug ins Freie, vermute ich.« Er wandte sich an das Tier und sagte laut, als könne er dadurch seine Gedanken verstärken: »Die Männer bei dir haben Uran gesucht - ein besonderes Erz, Strahlung, Energie.«
»Sie wollten Essen«, antwortete das Silicony.
Natürlich! Uran war eine Energiequelle, von der das Silicony lebte.
»Hast du ihnen gezeigt, wo es zu finden ist?« fragte Vernadsky weiter.
»Ja.«
»Das Ding ist kaum zu hören«, klagte Hawkins.
»Es ist irgendwie nicht ganz in Ordnung«, erklärte Vernadsky ihm. Dann fragte er laut: »Bist du gesund?«
»Nicht gesund. Luft plötzlich fort. Etwas im Innern nicht in Ordnung.« »Der Druckabfall scheint ihm geschadet zu haben«, murmelte Vernadsky. »Hör zu, du weißt doch, was ich will. Wo bist du zu Hause? Wo gibt es die viele Nahrung?«
Das Silicony bewegte sich langsam. »Dort«, antwortete es. »Dort.«
»Wo?« kreischte Vernadsky.
»Dort.«
»Es deutet irgendwie in die Richtung«, sagte Hawkins.
»Klar, aber wir wissen nicht, wohin es zeigt.«
»Was soll es sonst tun? Uns die Koordinaten angeben?«
»Warum nicht?« fragte Vernadsky nur. Er wandte sich wieder an das Silicony, das jetzt bewegungslos vor ihm lag. Die glänzende Oberfläche schien sich allmählich zu trüben.
»Der Captain wußte, wo dein Eßplatz war, nicht wahr? Er hatte Zahlen aufgeschrieben, stimmt's?« Er konnte nur hoffen, daß das Silicony auch seine Gedanken las. »Ja«, antwortete es.
»Drei sechsstellige Zahlen, drei Koordinaten«, sagte Vernadsky eindringlich.
»Ja«, antwortete das Silicony noch leiser.
»Wie heißen sie? Wie lauten die Koordinaten? Schreib sie auf, Hawkins!« »Weiß nicht«, flüsterte das Silicony. »Zahlen unwichtig. Eßplatz dort.« »Das ist klar genug«, meinte Hawkins. »Es hat die Koordinaten nicht gebraucht, deshalb hat es nicht darauf geachtet.«
»Bald... nicht... mehr lebendig«, sagte das Tier. »Bald... tot. Was nach dem Tod?«
»Nur noch eine Frage«, flehte Vernadsky. »Hat der Captain diese Zahlen irgendwo niedergeschrieben?« Die beiden Männer beugten sich tief über das Lebewesen. »Wo? Wo?« drängte Vernadsky.
»Auf dem Asteroiden«, wisperte das Silicony.
Es sprach nie wieder, denn es war tot.
Vernadsky und Hawkins schüttelten hoffnungslos die Köpfe.
»Blödsinn«, meinte Hawkins. »Warum sollte er die Koordinaten dort niedergeschrieben haben? Unsinn!«
»Ein Vermögen in Uranerzen«, murmelte Vernadsky vor sich hin. »Der bisher größte Fund - aber wir wissen nicht, wo das Zeug liegt...« Seton H. Davenport sah sich neugierig und amüsiert um. Selbst in entspannter Haltung wirkte er Zoll für Zoll wie ein Inspektor des FBI, der er tatsächlich war. Jetzt lächelte er fast, als er den düsteren Raum betrachtete, dessen endlose Wandregale Bücherfilme, Kuriositäten, wissenschaftliche Apparate und vieles andere enthielten. Die hier herrschende Unordnung und die isolierte Atmosphäre ließen den Raum so unwirklich wie seinen Benutzer erscheinen. Dieser Benutzer und Eigentümer saß unter der einzigen hellen Lampe an seinem Schreibtisch und las sorgfältig den offiziellen Bericht durch, der vor ihm lag. Seine rechte Hand blätterte um und schob gelegentlich die Brille zurück, die immer wieder von der Nase zu rutschen drohte. Sein Bauch hob und senkte sich bei jedem Atemzug. Er war Dr. Wendell Urth, nach Meinung berufener Fachleute der beste Extraterrologe der Welt. Aus allen Ländern kamen Fragesteller zu ihm, wenn es um Probleme außerhalb der Erde ging, obwohl Dr. Urth sich in den letzten dreißig Jahren kaum noch aus seiner Wohnung auf dem Universitätsgelände bewegt hatte.
Jetzt sah er zu Inspektor Davenport auf. »Ein sehr intelligenter junger Mann, dieser Vernadsky«, sagte er anerkennend.
»Weil er diese Schlüsse aus der Existenz des Siliconys gezogen hat? Das finde ich auch.«
»Nein, nein. Die Schlußfolgerungen waren unvermeidbar. Jeder Trottel hätte darauf kommen müssen. Ich meine die Tatsache, daß der junge Mann meinen Bericht über die Strahlenempfindlichkeit des Siliconeus asteroida gelesen hat.«
»Ah, richtig«, sagte Davenport. Dr. Urth war natürlich Fachmann für Siliconies. Deshalb war Davenport überhaupt zu ihm gekommen. Er hatte ihm nur eine einzige Frage stellen wollen, eine wirklich simple Frage, aber Dr. Urth hatte den Kopf geschüttelt und den Ermittlungsbericht verlangt. Normalerweise hätte er diesen Bericht nicht lesen dürfen, aber er hatte dem FBI schon mehrmals wertvolle Dienste erwiesen, so daß der Inspektor keine andere Wahl hatte.
Dr. Urth legte die Blätter auf den Schreibtisch, nahm seine Brille ab, polierte sie mit seinem Taschentuch, prüfte das Ergebnis kritisch im Licht der Lampe und setzte die Brille wieder auf. »Wie lautet Ihre Frage noch mal, Inspektor?«
Davenport sagte geduldig: Ist es Ihrer Meinung nach richtig, daß ein Silicony dieser Größe nur auf einem Asteroiden existieren kann, der reich an Uran...«
»An radioaktivem Material«, unterbrach Dr. Urth ihn. »Vielleicht Thorium, aber wahrscheinlich vor allem Uran.« »Sind Sie also dieser Meinung?« »Ja.«
»Wie groß wäre der Asteroid etwa?«
»Ich rechne mit zwei Kilometer Durchmesser«, antwortete der Extraterrologe. »Vielleicht mehr.«
»Wie viele Tonnen radioaktives Material müßten dort zu finden sein?« »Billionen. Mindestens.«
»Wären Sie bereit, ein Gutachten darüber anzufertigen?« »Selbstverständlich.«
»Besten Dank, Doktor Urth.« Davenport erhob sich. »Das wollte ich nur hören.«
Aber Dr. Urth legte eine Hand auf den Bericht. »Warten Sie«, sagte er. »Wie wollen Sie den Asteroiden finden?«
»Wir suchen danach. Jedes unserer Schiffe bekommt einen Sektor zugeteilt, den es absucht.«
»Die Kosten, die Zeit, der Aufwand! Und Sie finden ihn trotzdem nicht.«
»Die Chancen stehen eins zu tausend. Vielleicht haben wir Glück.«
»Sie stehen eins zu einer Million. Sie finden bestimmt nichts.«
»Wir müssen es wenigstens versuchen. In diesem Fall lohnt sich jeder Aufwand!«
»Aber der Asteroid ist leichter zu finden. Ich kann ihn finden.« Davenport starrte den Extraterrologen verblüfft an. Er wußte, daß Dr. Urth kein vertrottelter Professor war, obwohl er so aussah. »Wie wollen Sie ihn finden?« erkundigte er sich hoffnungsvoll.
»Zuerst müssen Sie sich mit meinem Preis einverstanden erklären«, sagte Dr. Urth.
»Preis?«
»Mein Honorar, wenn Ihnen das lieber ist. Ihre Leute finden vielleicht ein ähnlich großes Silicony auf diesem Asteroiden. Siliconies sind für uns Extraterrologen äußerst wertvoll, denn mit ihrer Hilfe lassen sich vielleicht einige Probleme lösen, die uns schon lange beschäftigen... Verstehen Sie, was ich meine?«
»Sie wollen also ein großes Silicony geliefert bekommen?« »Lebend und gesund. Und kostenlos. Ja.«
Davenport nickte. »Selbstverständlich, das läßt sich arrangieren. Wie heißt die Antwort?«
Dr. Urth lächelte. »Der Schlüssel dazu ist die Bemerkung des Siliconys«, antwortete er.
»Welche Bemerkung?« fragte Davenport.
»Sie ist in Ihrem Bericht erwähnt. Als das Silicony im Sterben lag, fragte Vernadsky nach der Stelle, an der die Koordinaten niedergeschrieben worden waren. Und das Tier antwortete: >Auf dem Asteroiden.«« Davenport schüttelte enttäuscht den Kopf. »Das wissen wir natürlich, Doktor, und wir haben uns ausgiebig damit befaßt. Das hat nichts zu sagen.« »Wirklich nicht, Inspektor?«
»Bestimmt nicht! Lesen Sie selbst nach. Das Silicony hat gar nicht zugehört. Es war zu sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. >Was nach dem Tod?< wollte es von Vernadsky wissen. Wahrscheinlich hat es seine eigene Frage beantwortet. Es hat sich eingebildet, nach dem Tod in seine Heimat zurückkehren zu können. Das ist alles.«
Dr. Urth schüttelte den Kopf. »Sie sind ein Dichter, wissen Sie. Ihre Phantasie geht mit Ihnen durch. Kommen Sie, wir wollen sehen, ob Sie die Antwort nicht selbst finden. Nehmen wir einmal an, die Bemerkung des Siliconys sei wirklich als Antwort auf Vernadskys Frage gemeint gewesen.« »Was hätten wir davon?« fragte Davenport ungeduldig. »Auf welchem Asteroiden? Auf dem Uranasteroiden? Auf einem anderen Asteroiden, der Stützpunkt der Robert Q. war? Damit können wir nichts anfangen!« »Sie dürfen das Offenbare nicht übersehen, Inspektor. Fragen Sie sich lieber, was der Ausdruck >auf dem Asteroiden< für das Silicony bedeutet haben muß.«
Davenport runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
»Ich habe mich deutlich ausgedrückt. Was bedeutet Asteroid für ein Silicony?«
»Das Tier hat sein Wissen aus einem Astronomielehrbuch bezogen, das ihm vorgelesen wurde. Ich nehme an, daß darin ein Asteroid definiert wurde.« »Richtig!« stimmte Dr. Urth zu. »Danach wäre ein Asteroid also ein kleiner Himmelskörper, der sich etwa zwischen Mars und Jupiter um die Sonne bewegt. Einverstanden?« »Ja.«
»Und was ist die Robert Q.« »Sie meinen das Schiff?«
»So nennen Sie es«, sagte Dr. Urth. »Das Schiff. Aber das Astronomielehrbuch war so alt, daß es nichts über Raumschiffe enthielt. Das wissen wir von einem der Besatzungsmitglieder. Was ist also die Robert Q. Ist sie nicht ein kleiner Himmelskörper? Und hat sie sich damals nicht zwischen Mars und Jupiter um die Sonne bewegt?«
»Soll das heißen, daß das Silicony das Schiff als Asteroiden angesehen hat, so daß >auf dem Asteroiden< in Wirklichkeit >auf dem Schiff< bedeutet?« »Natürlich. Sehen Sie, ich habe gleich gewußt, daß Sie die Antwort finden würden.«
Der Inspektor schüttelte trübselig den Kopf. »Das ist keine Lösung, Doktor.«
»Doch«, widersprach Dr. Urth lächelnd.
»Bestimmt nicht«, versicherte Davenport ihm. »Doktor Urth, wir haben nicht so gründlich nachgedacht. Wir haben die Bemerkung des Siliconys ignoriert. Aber wir haben die Robert Q. gründlich durchsucht! Wir haben sie Stück für Stück demontiert.« »Und Sie haben nichts gefunden?« »Nichts.«
»Vielleicht haben Sie nicht an der richtigen Stelle gesucht.«
»Wir haben überall gesucht.« Davenport erhob sich. »Verstehen Sie nicht, Doktor? Überall!«
»Setzen Sie sich, Inspektor«, forderte Dr. Urth ihn gelassen auf. »Sie haben noch nicht begriffen, worum es geht. Überlegen Sie nur, wie das Silicony Englisch gelernt hat - ein Wort hier, ein Wort da, aber meistens ohne Zusammenhang, so daß es nicht idiomatisch sprechen konnte. Das beweisen schon die Sätze: >Pluto ist der weiteste Planet.< Statt >weiteste< würden wir >entfernteste< sagen, nicht wahr?« »Und?«
»Wer eine Sprache nicht beherrscht, gebraucht Ausdrücke seines eigenen Dialekts, die er wörtlich übersetzt, oder er benützt Wörter der Fremdsprache in ihrer buchstäblichen Bedeutung. Das heißt also, daß das Silicony wirklich >auf dem Schiff< meinte, als es >auf dem Asteroiden< sagte.« »Doktor Urth«, warf Davenport traurig ein, »wenn unsere Leute suchen, suchen sie gründlich. Auch auf dem Schiff war nichts zu finden.« Dr. Urth schüttelte enttäuscht den Kopf. »Du liebe Güte, Inspektor, mehr Hinweise kann ich Ihnen kaum geben.«
Davenport holte tief Luft. Dann war seine Stimme wieder ruhig, als er fragte: »Woran denken Sie, Doktor?«
Dr. Urth rückte seine Brille zurecht. »Ist Ihnen nicht klar, Inspektor, daß es eine Stelle an Bord eines Raumschiffes gibt, an der Zahlen dieser Art vor jeder Entdeckung sicher sind? Wo Hunderte von Augen sie anstarren können, ohne etwas dabei zu denken?« »Wo? Wo?«
»Überall dort, wo bereits Zahlen sind. Völlig normale Zahlen. Gewöhnliche Zahlen, die sogar vorgeschrieben sind.« »Was meinen Sie damit?«
»Die Zulassungsnummer des Schiffs, die in den Rumpf eingeätzt ist, die Triebwerknummer, die Nummer des Feldgenerators und einige andere. Alles Bestandteile des Schiffs, auf denen Zahlen zu finden sind.« Davenport grinste verblüfft. »Menschenskind, vielleicht haben Sie recht! Und wenn wir den Asteroiden finden, hoffe ich nur, daß ich Ihnen ein Silicony bringen kann, das nicht nur spricht, sondern sogar pfeift.« Er schlug den Ordner auf und nahm ein Blatt heraus. »Wir haben natürlich alle Nummern aufgeschrieben.« Er runzelte die Stirn. »Wenn drei davon Koordinaten ähnlich sehen...«
»Wir müssen mit Täuschungsversuchen rechnen«, stellte Dr. Urth fest. »Wahrscheinlich sind Buchstaben und Zahlen hinzugefügt worden.« Die beiden Männer experimentierten mit Zahlen; dann lehnte Davenport sich seufzend zurück. »Ich gebe zu, daß Sie recht haben«, sagte er. »Die Nummern des Triebwerks und des Bordcomputers sind offenbar verschlüsselte Koordinaten. Sie haben keine Ähnlichkeit mit den sonst üblichen Zahlen, und die später hinzugefügten Ziffern sind leicht zu erkennen. Das sind zwei Koordinaten, aber ich kann beschwören, daß alle anderen Zahlen gewöhnliche Seriennummern sind. Was haben Sie festgestellt, Doktor?«
Dr. Urth nickte. »Ich bin ganz Ihrer Meinung. Wir haben zwei Koordinaten und wissen, wo die dritte gestanden hat.«
»Das wissen wir? Und wie...« Der Inspektor sprach nicht weiter. »Natürlich!« sagte er dann. »Die Zulassungsnummer der Robert Q, ist hier nicht aufgeführt, weil der Meteorit das Schiff genau an dieser Stelle getroffen hat. Tut mir leid, Doktor, aber damit schwinden die Aussichten für ihr Silicony.« Sein Gesicht hellte sich plötzlich auf. »Aber ich bin ein Idiot. Die Nummer ist verschwunden, aber ich kann sie sofort von der Zulassungsbehörde erfahren.«
»Ich muß zumindest dem zweiten Teil Ihrer Behauptung widersprechen, fürchte ich«, sagte Dr. Urth. »Die Zulassungsbehörde weiß natürlich nur die ursprüngliche Nummer, die der Captain erst später verändert hat.« »Ein Volltreffer an genau dieser Stelle«, murmelte Davenport vor sich hin. »Und deswegen finden wir den Asteroiden vielleicht nie. Was kann man schon mit zwei Koordinaten ohne die dritte anfangen?« »Vermutlich sehr viel, wenn man ein zweidimensionales Lebewesen ist«, antwortete Dr. Urth. »Wir brauchen allerdings drei, und ich habe die dritte zum Glück hier.«
»In meinem Dossier? Aber wir haben doch eben die Nummern...«
»Ihre Liste, Inspektor. Der Ordner enthält aber auch Vernadskys Bericht, in dem die gefälschte Zulassungsnummer genannt wird, mit der die Robert Q. an seiner Station anlegte.«
Davenport griff nach dem Notizblock und Vernadskys Formular; einige Minuten später grinste er zufrieden.
Dr. Urth schob seinen Sessel zurück, stand auf und begleitete Davenport zur Tür. »Ich freue mich immer, Sie zu sehen, Inspektor. Kommen Sie bald wieder. Und denken Sie daran, daß die Regierung das Uran behalten kann, solange ich mein großes Silicony lebend und in guter Verfassung geliefert bekomme.«
Er lächelte zum Abschied.
»Und es muß pfeifen können«, sagte Davenport.
Was er selbst tat, als er hinausging.