121327.fb2 Bringt mir den Kopf des M?rchenprinzen - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 25

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KAPITEL 2

Azzie wanderte nervös im Hinterhof auf und ab, als Frike meldete: »Ich glaube, sie kommt, Gebieter!« Er deutete auf den östlichen Horizont.

Der Dämon sah Ylith herankommen. Sie flog langsam auf vier Besenstielen, von denen die beiden gefrorenen Körper an Seilen herabbaumelten.

»Paß auf, wenn du sie absetzt!« rief Azzie, als Ylith in den Landeanflug überging.

»Gib du einer Hexe nur keine Ratschläge, wie man einen Besenstiel fliegt«, erwiderte Ylith und setzte die beiden Körper elegant vor der Tür zum alchemistischen Labor ab.

»Endlich!« stieß Azzie hervor. Er eilte zu dem gefrorenen Pärchen. »Du hast dir ganz schön Zeit gelassen.«

»Herzlichen Dank!« fauchte Ylith. »Beim nächsten Mal kannst du dir deine Körper ja selbst holen. Und die Augen ebenfalls!«

»Entschuldige, Ylith«, beschwichtigte Azzie sie sofort, »aber ich muß mich wirklich beeilen, oder ich werde die beiden nicht mehr rechtzeitig zum Wettkampf fertig machen können. Ich habe noch etwas Jauche bekommen. Laß uns den Märchenprinzen vorerst einlagern, während wir Prinzessin Rosenrot in ihr Schloß schaffen und zum Leben erwecken.«

»Wie du willst«, sagte Ylith.

»Großartig«, stellte Azzie fest, als sie den Prinzen versorgt hatten. »Jetzt hoffe ich nur, daß mit dem Schloß alles in Ordnung ist. Wir brechen sofort auf.«

Sie machten sich auf den Weg. Ylith trug Prinzessin Rosenrot, die immer noch steif vor Kälte war, gefolgt von Azzie, der mit seinen beachtlichen Kräften Frike und einen mit Vorräten und den vermutlichen erforderlichen Zaubersprüchen gefüllten Sack schleppte.

»Bring endlich das Feuer in Gang!« verlangte Azzie, nachdem sie sich in dem verzauberten Schloß eingerichtet hatten. Sie befanden sich in einem der oberen Stockwerke, wo ein Gemach für Prinzessin Rosenrot vorbereitet worden war. Natürlich mußten sie ihr erst noch Leben einhauchen.

»Hast du die Augen?« wandte er sich an Ylith.

»Hier«, sagte die Hexe. »Ich habe sie von Chodlos, dem Künstler, der Miranda als Magdalena gemalt hat.«

»Und die Augen für den Prinzen?«

»Haben dem Drachen Skander gehört.«

»Wunderbar«, sagte Azzie. »Warum ist es hier immer noch so kalt?«

Frike hatte den großen Kamin im Schlafzimmer schon über eine Stunde lang angeheizt, aber es wollte einfach nicht warm werden. Die Steinmauern schienen die Wärme aufzusaugen. Bei diesem Tempo würden sie Prinzessin Rosenrot nie auftauen können. Durch die bläuliche Eisschicht sah sie ein wenig verzerrt aus. Ihre Züge wirkten entspannt. Frikes Nähte waren kaum noch zu erkennen. Dort, wo er die Beine der Tänzerin an den Rumpf der Magdalena angenäht hatte, schien der Saum eines Strumpfbandes die Oberschenkel zu umschließen. Frike verfügte über erstaunliche Fähigkeiten.

Aber warum dauerte es so lange, bis die Prinzessin auftaute? Lag vielleicht ein magischer Bann auf dem Eis? Azzie stocherte mit seinen Klauen darin herum und mußte feststellen, daß es kaum weicher geworden war.

Das Feuer war einfach nicht heiß genug. Schon vor einiger Zeit hatte Azzie Wärmezauber für geschlossene Räume von der Abteilung für Ausrüstung und Zubehör angefordert, die noch immer nicht eingetroffen waren. Er erneuerte seine Bestellung, wobei er den unbegrenzten Kredit seiner Karte ausnutzte, um für eine unverzügliche Lieferung zu sorgen. Kurz darauf erfolgte ein leiser Knall, und ein brandneuer Wärmezauber materialisierte, säuberlich in einer undurchsichtigen Schale verpackt.

»Endlich!« rief Azzie und brach die Schale auf. Der Zauber drang lautlos hervor. Fast augenblicklich erwärmte sich der Raum um zehn Grad.

»Und jetzt zur Erweckungsprozedur«, sagte Azzie. »Schnell, Frike, die Jauche!«

Der Diener beugte sich über die reglose Prinzessin und spritze ihr Jauche ins Gesicht.

»Nun der Belebungszauberspruch«, verkündete Azzie und rezitierte ihn.

Zuerst lag die zusammengeflickte Kreatur, die sie Prinzessin Rosenrot nannten, starr und bleich wie der Tod vor ihnen, doch dann lief ein kaum wahrnehmbares Zittern über ihre Wangen. Ihre fein geschwungenen Lippen bewegten und öffneten sich, ihre kleine Zunge kam hervor und kostete die Jauche. Die zarten Nasenflügel weiteten sich, der Körper erschauderte und erschlaffte wieder.

»Schnell, setz ihr die Augen ein!« befahl Azzie.

Sie paßten problemlos in die Höhlen. Jetzt wurde ein weiterer Zauber erforderlich, um das Augenlicht zu aktivieren. Es war ein seltener Zauber, aber der Abteilung war es trotzdem gelungen, einen auf zutreiben. Während Azzie ihn sang, zuckten Prinzessin Rosenrots Lider, flatterten und öffneten sich schließlich. Ihre neuen Augen, die wie die dunkelsten Saphire waren, blickten in die Welt hinaus. Ihr Gesicht erwachte zum Leben. Sie sah sich um und stöhnte leise.

»Wer seid ihr alle?« fragte sie. Ihre Stimme war laut und ungehalten und hatte einen nörgelnden Unterton. Sie gefiel Azzie nicht, aber glücklicherweise mußte er sich ja auch nicht in sie verlieben. Das war die Aufgabe des Märchenprinzen.

Als neuerschaffenes Geschöpf besaß die Prinzessin keinerlei Erinnerungen. Was es erforderlich machte, ihr ein paar Dinge zu erklären.

»Wer bist du?« fragte Rosenrot erneut.

»Ich bin dein Onkel Azzie«, erwiderte Azzie. »Du erinnerst dich doch bestimmt an mich, oder?«

»Oh, sicher«, sagte Rosenrot, obwohl sie es natürlich nicht konnte. Der Tod hatte ihr alle Erinnerungen genommen, die guten wie die schlechten, und sie war als Tabula rasa in die Welt zurückgekehrt.

»Was geht hier vor, Onkel Azzie? Wo ist Mama?«

Diese Frage war zu erwarten gewesen. Alle Geschöpfe setzen voraus, eine Mutter zu haben, und kommen nie auf den Gedanken, daß irgend jemand sie aus einem Haufen Körperteile zusammengeflickt haben könnte.

»Mama und Papa, das heißt Ihre Königlichen Hoheiten, sind verzaubert worden«, erklärte Azzie.

»Hast du ›Königliche Hoheiten‹ gesagt?«

»Ja, Liebes. Und du bist natürlich eine Prinzessin. Prinzessin Rosenrot. Du möchtest deine Eltern doch bestimmt aus ihrem Zauberbann erlösen, nicht wahr?«

»Was? Oh, sicher«, antwortete Prinzessin Rosenrot. »Ich bin also eine Prinzessin!«

»Sie können aber erst gerettet werden, nachdem du selbst aus deinem Zauberbann befreit worden bist.«

»Ich bin verzaubert?«

»Genau, Liebes.«

»Gut, dann beseitige den Zauber!«

»Ich fürchte, das kann ich nicht«, sagte Azzie. »Dafür bin ich nicht die richtige Person.«

»Oh! Was für eine Art von Zauber liegt denn auf mir?«

»Ein Schlafzauber. Du schläfst oder schlummerst den ganzen Tag. Deshalb nennt man dich auch die Schlummernde Prinzessin. Nur ein Mann kann den Zauberbann brechen, und das ist der Märchenprinz.«

»Der Märchenprinz? Wer ist das?«

»Niemand, den du kennst, Liebes. Es ist ein netter junger Mann von adliger Herkunft, der erst kürzlich von deiner mißlichen Lage erfahren hat. Er ist schon auf dem Weg, um dich mit einem Kuß aufzuwecken und dich in ein Leben voller Glückseligkeit zu führen.«

Rosenrot dachte darüber nach. »Das hört sich gut an. Aber bist du dir ganz sicher, daß ich das alles nicht bloß träume?«

»Das ist kein Traum, sieht man einmal davon ab, daß wahrscheinlich alle Erfahrungen, die wir im Schlaf und im Wachen, im Leben und im Tod machen, nur Träume sind. Aber wenn wir diese metaphysischen Betrachtungen beiseite lassen, ist das hier die Realität, und du bist durch Zauberei in einen fortwährenden Schlaf versetzt worden. Glaube mir, vertrau mir. Im Moment schläfst du nur deshalb nicht, weil ich mit dir sprechen und dir ein paar Dinge erklären muß.«

»Vielleicht funktioniert der Bann gar nicht«, meinte Rosenrot.