121906.fb2 Das Erbe der Phaetonen - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 21

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Nacht

Am 24. Juli ging der Venusabend zur Neige. Wie schon vermutet, hatte die Dämmerung nach Sonnenuntergang beinahe fünfzig Stunden gedauert.

Bereits vom Morgen des 24. Juli an — die Astronauten maßen die Zeit nach der Uhr der Erde — verdichtete sich das Dunkel zusehends. Gegen achtzehn Uhr trat die Nacht vollends in ihre Rechte.

Aber diese Nacht war bei weitem nicht so dunkel wie erwartet. Wenn Paitschadse nicht gesagt hätte, sie sei bereits angebrochen, so wären alle wahrscheinlich der Meinung gewesen, es sei noch Abend. Nichts war zu beobachten, was der tiefen Finsternis entsprach, die doch eigentlich auf der Oberfläche des Planeten hätte eintreten müssen unter den Bedingungen einer dicken Wolkendecke. Von den Fenstern des Observatoriums aus sahen die Männer immer noch den Fluß und den Wald, und in der Ferne konnten sie sogar die Umrisse der Stromschnellen erkennen. Die Beleuchtung erinnerte an eine Nacht auf der Erde, wenn der Mond im ersten Viertel steht.

„Unsere theoretischen Berechnungen sind somit bestätigt“, frohlockte Paitschadse. „Die Helligkeit des Nachthimmels der Venus ist dank der Nähe zur Sonne fünfzigmal stärker als auf der Erde und beträgt ein Fünftel des Vollmondlichts. Wir haben uns nicht geirrt.“ Die Kosmonauten bereiteten die Nachtarbeit vor. Viele verschiedenartige Aufgaben waren zu lösen. Es galt, eine ganze Reihe fotometrischer Messungen zu verschiedenen Zeitpunkten der Nacht vorzunehmen und die Schwankungen der Boden- und Lufttemperaturen in verschiedenen Höhen und zu verschiedenen Zeiten — zu Beginn und am Ende der Nacht sowie um Mitternacht — graphisch darzustellen. Außerdem mußte die Intensität der kosmischen Strahleneinwirkung auf den Planeten untersucht und die innere Struktur der Venus mit Radargeräten erforscht werden. Unendlich viele, nicht minder wichtige Aufgaben harrten der Lösung. Ein Teil sollte in dieser, der Rest in der nächsten Nacht gelöst werden. Zwei Venustage wollte die „SSSR-KS 3“ auf dem unerforschten Planeten bleiben.

Keine dieser Arbeiten konnte im Innern des Schiffes geleistet werden. Die Männer mußten ihre Apparaturen ans Ufer bringen und Stunde um Stunde bei ihnen verweilen. Obwohl viele Prozesse automatisch abliefen, überwachten die Wissenschaftler die Geräte; sie wollten vermeiden, daß auch nur das geringste mißlang. Die Venusianer hatten schon bewiesen, daß sie den fremden Eindringlingen feindlich gesinnt waren, und während der Nacht konnte sich jeden Augenblick einer von ihnen dem Schiff nähern. Es würde diesen Geschöpfen mit ihrer gewaltigen Körperkraft leichtfallen, die zerbrechlichen Apparate der Menschen zu zerstören.

Alle Vorsichtsmaßnahmen waren getroffen. Im Umkreis von hundert Metern wurde das Ufer von grellem Scheinwerferlicht überflutet. Niemand konnte sich den Arbeitsplätzen nähern, ohne rechtzeitig bemerkt zu werden. Jedes Besatzungsmitglied, das von Bord gehen mußte, wurde von zwei gut bewaffneten Genossen begleitet, die einen Überfall abwehren konnten.

Allerdings glaubte keiner der Wissenschaftler an einen Überfall der Reptilien. Der Sicherungsdienst wurde nur auf alle Fälle eingerichtet, damit sich hinterher niemand Vorwürfe zu machen brauchte.

Die Suche nach Belopolskis Geländewagen in der Tiefe des Sees hatte eindeutig bewiesen, daß das Scheinwerferlicht ein völlig ausreichender Schutz war. Auf die Sehorgane der an die Finsternis gewöhnten Wasserbewohner wirkte das Licht offenbar ganz unerträglich.

Gewitter störten die Arbeiten jetzt fast gar nicht mehr. Sie zogen seit Einbruch der Nacht immer seltener auf und wurden bedeutend schwächer, es goß eigentlich nur noch.

Wenn sich die ganze Besatzung an Bord befand, erloschen die Scheinwerfer, und über das Raumschiff breitete sich das sichtige Dunkel. Dann richteten sich die Nachtferngläser und die Strahlen der Radarprojektoren auf die Umrisse der fernen Stromschnellen. Die Stapel sahen noch genauso aus wie bei Tage, die Seebewohner hatten sie nicht angerührt.

Mehrmals schalteten die Astronauten überraschend einen Scheinwerfer ein und richteten seinen Strahl auf den nahen Waldrand. Aber sie entdeckten dort nicht das Geringste.

„Sie haben Angst vor unserem Schiff“, sagte Melnikow, „und trauen sich nicht nahe heran. Unsere Anwesenheit hindert sie, in gewohnter Weise ihre Nachtarbeit zu verrichten.“ Das klang sehr wahrscheinlich. Das gigantische Raumschiff, das da plötzlich am Flußufer lag und dessen Herkunft und Zweck für sie unerklärlich war, mußte auf die Venusianer geheimnisvoll und furchterregend wirken.

„Vielleicht kehren wir auf die Erde zurück, ohne die Reptilien ein einziges Mal fotografiert zu haben“, sagte Wtorow. „Das würde ich mir nie verzeihen.“ Gennadi Andrejewitsch hatte Grund, mit sich unzufrieden zu sein. War er den Venusianern doch begegnet. Regungslos hatten sie, vom Scheinwerfer angestrahlt, vor ihm gestanden, während er die Kamera in der Hand hielt. Eine günstigere Aufnahmebedingung war kaum denkbar.

Das Versäumte ließ sich offenbar nicht wiedergutmachen. Die seltsamen Geschöpfe würden sich kaum in die Nähe des Schiffes wagen. Von einem zweiten Versuch, am Ufer des Sees auf sie zu warten, konnte keine Rede sein. Seit Melnikow Kommandant war, hatte er kategorisch jede Exkursion untersagt. Bis zum Heimflug durfte sich kein Expeditionsmitglied mehr weit vom Schiff entfernen.

„Wir haben genug Opfer gebracht!“ sagte er zu den Genossen.

„Bei der nächsten Reise werden wir die Venusbewohner kennenlernen.“ Sosehr Wtorow auch darauf erpicht war, eine Aufnahme der Venusianer zu machen, mußte er doch zugeben, daß dieser Beschluß der einzig richtige war. Die Expedition hatte vier Mann verloren. Das war tatsächlich ein großer Verlust.

Durch einen Zufall, den man weder hatte voraussehen noch verhindern können, war Leonid Orlow auf der Arsena ums Leben gekommen. Ein Opfer eigenen Leichtsinns war Wassili Romanow geworden. Und wie schließlich Belopolski und Balandin in die Hände der Venusianer geraten und von ihnen auf den Grund des Sees getragen worden waren, wußte niemand zu sagen. Es bestand keine Hoffnung auf ihre Rettung mehr.

Der kleine Geländewagen war spurlos verschwunden. Knjasew und Wtorow hatten ächtmal mit dem Amphibienfahrzeug den Seegrund abgesucht, das Fahrzeug jedoch nirgends entdeckt.

Wohin konnten es die Ungeheuer verschleppt haben? Das blieb ein Geheimnis. Nach dem ergebnislosen achten Versuch hatte Melnikow befohlen, an Bord zurückzukehren.

„Wir haben getan, was wir konnten“, sagte er, „und mehr dürfen wir nicht aufs Spiel setzen.“ Das Gewitter, das die erste Tauchfahrt des Amphibienwagens unterbrach, war zum Glück nur schwach und kurz gewesen. Aber als es endete, sahen Korzewski und Andrejew mit Entsetzen, daß ihr Kamerad,“ der nicht rechtzeitig in den Geländewagen hatte einsteigen können, nirgends mehr zu entdecken war. Offenbar hatte Wassili Romanow beim Aufprall des herniederbrechenden Regengusses das Bewußtsein verloren und war in den See gespült worden.

„Sofort suchen!“ befahl Melnikow.

Der Schwimmwagen war unversehrt geblieben. Als das Gewitter begann, tauchte Knjasew wieder unter, so daß ihm weder liegen noch Blitze etwas anhaben konnten. Die Befürchtungen, daß die Seebewohner das Fahrzeug angreifen würden, erwiesen sich als ungerechtfertigt. Die Venusianer, von denen die beiden Kundschafter auf dem Seegrund über hundert zählten, verspürten panische Angst vor den Scheinwerfern. Sobald das Licht eingeschaltet wurde, sanken sie auf den Grund und krochen ganz unter ihre Panzer, wie sie dies im Ozean auch getan hatten.

Der Schwimmwagen konnte unter Wasser umherfahren, soviel es ihm beliebte.

Als Knjasew erfuhr, daß Romanow vermißt wurde, fuhr er näher ans Ufer heran und suchte eingehend den Grund ab. Aber der junge Geologe blieb ebenso spurlos verschwunden wie Belopolskis Geländewagen.

Mit der Energie der Verzweiflung suchten sie zwölf Stunden hintereinander ihre vermißten Kameraden; sie vergaßen alles andere und lösten einander ständig ab. Von einem Ende zum anderen wurde der Seegrund abgesucht.

Vergeblich!.Sie stießen weder auf den Geländewagen noch auf den Körper Romanows. Wie sich herausstellte, war der See nicht sehr tief. Sie sahen auf dem Grund Baumstämme, die in riesigen Haufen umherlagen, entdeckten zahlreiche Arten von Wasserpflanzen und anderen Gewächsen, bemerkten aber außer den „Schildkröten“ kein einziges Lebewesen, keinen einzigen Fisch.

„Verstecken kann man den Wagen dort nicht“, sagte Knjasew.

„Wir haben ihn aber nirgends entdecken können.“ „Wo kann er denn sein?“ „Ich weiß es nicht. Im See ist er jedenfalls nicht.“ Fast gleichzeitig hatten drei Genossen den Tod gefunden.

Alle waren tief erschüttert.

„Die letzte Frist ist verstrichen!“ schrieb Melnikow am Abend des 24. Juli in sein Tagebuch. „Bis zuletzt sagte mir ein dumpfes Gefühl, daß Konstantin Jewgenjewitsch und sein Begleiter noch am Leben seien. Ich wollte und wollte die Hoffnung nicht aufgeben! Aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz bildete ich mir ein, sie würden zurückkehren. Heute ist diese fadenscheinige Hoffnung zusammengebrochen. Sogar theoretisch läßt sie sich nicht mehr halten. Alles ist zu Ende. Der Sauerstoffvorrat im Geländewagen ist erschöpft. Falls die beiden noch am Leben waren, müssen sie jetzt zweifellos tot sein. Sie haben nichts mehr zum Atmen! Was für ein schreckliches Los!

Ich wünschte — soweit ist es gekommen! — , daß die Reptilien die Wand des Wagens sofort eingedrückt, die Scheiben zertrümmert und die Kameraden getötet haben … Zu schrecklich wäre der Gedanke, daß sie zwei Tage und zwei Nächte ohne Hoffnung auf Rettung in den Händen der wilden Tiere leben mußten!

Wieviel glücklicher — was für ein Wort! — ist dagegen Romanows Schicksal! Wenn er durch den peitschenden Regen nicht sofort getötet worden ist, muß er doch sehr schnell gestorben sein. Er hatte sehr wenig Sauerstoff in seinem Behälter.

Ironie des Schicksals! Ich bedauerte es, daß der Funkverkehr mit der Erde abbrach. Jetzt segne ich diesen Umstand. Mit welchen Worten könnten wir das Vorgefallene schildern?

Natürlich ist es egoistisch, aber ich denke an Olga. Wieviel Tage mußte sie voller Sehnsucht warten, als nach unserer Lanj düng auf der Venus niemand daheim um unser Schicksal wußte.

Und jetzt sollen wir melden, daß noch drei Kameraden verunglückt sind? Nein, lieber nicht an diesen Alptraum denken!

Aber wo wurde der Geländewagen versteckt? Wohin ist Romanows Leichnam gebracht worden?

Kann man uns vorwerfen, wir hätten ungenügend nach den Vermißten geforscht? Sollten wir es nicht noch einmal versuchen? Nein, dazu bin ich nicht berechtigt. Wassili Romanow ist den ‚Schildkröten‘ in die Hände gefallen. Das steht fest. Und ebenso wie den Geländewagen von K. J. haben sie ihn irgendwo versteckt. Warum haben sie das getan? Wo ist dieses Versteck? Knjasew und Wtorow behaupten, es läge kein Geländewagen auf dem Seegrund. Ein schreckliches Rätsel. Haben die Ungeheuer das Fahrzeug etwa zerstückelt und die Leiber unserer unglücklichen Kameraden zerrissen? Oder haben sie…

Was wissen wir von den Bewohnern dieses Planeten? Nichts wissen wir. Es sind ‚Schildkröten!‘ Was für sonderbare und wunderliche Geschöpfe! Mir stehen sie immer noch vor Augen.

Aufdringlich. Konnten wir ahnen, daß sie, die wir vom Unterseeboot aus sahen, daß diese Amphibien die vernünftigen Bewohner der Venus, ihre Menschen sind? Selbst jetzt, da doch eigentlich die letzten Zweifel entfallen, kann ich es nicht glauben.

Korzewski behauptet, daß die,Hände‘ der Venusianer, den Beschreibungen nach zu urteilen, kein Lineal hätten herstellen können. Sie seien einer derartigen schöpferischen Leistung nicht fähig. Sie besäßen keine Hände, sondern die Pfoten von Tieren.

Ich bin überzeugt, daß dieses Urteil zutrifft. Das Lineal haben andere gemacht.

Vielleicht sind die,Schildkröten‘ tatsächlich nur Tiere? Ihr Benehmen allerdings gleicht nicht dem Benehmen der Tiere der Erde. Aber was besagt das? Wir haben es mit Tieren der Venus zu tun. In Indien arbeiten ja auch Elefanten. Sie reißen Bäume aus, transportieren Baumstämme. Genauso wie die,Schildkröten‘ hier. Außerdem wissen wir gar nicht, ob sie selber es tun.

Wer aber sind dann die wahren Herren der Venus. Wo sind sie? Wie sehen sie aus? Werden wir sie zu Gesicht bekommen?

Nein, bei dieser Expedition sicher nicht mehr. Ich habe selber icden Versuch, sie aufzuspüren, untersagt. Und ich werde meinen Entschluß nicht ändern. Später! Bei der nächsten Venusfahrt!

Wie schwer, wie schwierig ist es, ruhig aufzutreten und durch nichts den Schmerz zu verraten, der mich keinen Augenblick verläßt! Wie oft muß ich mit Gewalt die Tränen zurückhalten.

Manchmal möchte ich wie ein Tier brüllen, um meiner Verzweiflung Luft zu machen. Aber es darf nicht sein! Jeder andere Genosse, ja, aber ich nicht. Sogar wenn ich allein bin, muß ich mich zusammennehmen. Ich bin nicht nur für mich da. Später!

Wenn unsere unglückselige Fahrt beendet ist…“ In der Nacht zum 25. hatte Knjasew Wache.

Um drei Uhr morgens setzte er unerwartet die Alarmglocke in Betrieb. Keine fünf Minuten später hatten sich alle acht Besatzungsmitglieder in der Steuerzentrale versammelt.

„Was ist geschehen?“ fragte Melnikow, der als erster eintrat.

Wortlos wies Knjasew auf den Bildschirm.

Der Himmel der Venus war von flammendem Rot überzogen.

Der unheilschwangere Widerschein war so stark, daß man deutlich die ganze Umgebung des Schiffes erkennen konnte. Die für gewöhnlich dunklen Gewitterwolken schillerten in allen Schattierungen des Rubinrots. Jenseits des Horizonts schien eine fürchterliche Feuersbrunst zu wüten.

Verständnislos starrten die Sternfahrer mit klopfendem Herzen das unerklärliche Bild an.

Was war das? Ein Brand? Ein Vulkanausbruch? Die Männer meinten, das blutrote Lodern würde stärker, und eine unerklärliche Gefahr nähere sich dem Schiff.

Melnikow wechselte einen Blick mit Saizew. Beiden kam der gleiche Gedanke. War es nicht Zeit zu starten und, solange das — noch möglich war, der unbekannten Gefahr zu entfliehen?

Plötzlich stieg hinter dem Wald ein grün und violett funkelnder Vorhang empor, der sich alsbald wieder auflöste. Wie ein flimmerndes Netz überspannten Leuchtfäden den ganzen Horizont, verflochten sich miteinander und funkelten in allen Schattierungen von Smaragd und kirschrotem Granat.

„Das wird ein Polarlicht sein!“ Paitschadse war es, der als erster die Vermutung äußerte.

„Es ist ganz plötzlich aufgeflammt“,‘ sagte Knjasew.

Nachdem alle sich beruhigt hatten, gingen sie ins Observatorium hinüber und betrachteten, dicht an die Fenster gedrängt, schweigend das bezaubernde Schauspiel. Wtorow filmte.

Das Rubinrot des Himmels wurde abgelöst von Orange, dann durchlief das Licht die ganze Farbskala und glitzerte schließlich wie reinster Aquamarin. Die smaragdgrünen und granatfarbenen Linien wichen einem fluoreszierenden Strom von Kristallfäden.

Das phantastische Farbenkaleidoskop veränderte sich anderthalb Stunden lang unaufhörlich und entzückte das Auge durch die Vielfalt der Farbverschmelzungen und Schattierungen. In allem Reichtum erstand vor den Menschen die Palette des größten Künstlers — der erhabenen Natur.

Die hinter dem Horizont versinkende Sonne gab zum Abschied ein einzigartiges Schauspiel.

Gegen fünf Uhr morgens erlosch das Polarlicht allmählich.

Immer zarter wurden die Farben des Himmels, immer deutlicher traten die bleigrauen Wolken hervor.

„Erstaunlich!“ sagte Korzewski.

„Fragt sich nur — was!“ erwiderte Paitschadse. „Erstaunlich ist nicht so sehr das Schauspiel selber. Es muß hier farbenprächtig sein. Die Venus ist der Sonne nah. Erstaunlich ist etwas anderes. Das Polarlicht entsteht in den oberen Schichten der Atmosphäre, auf der Venus also über einer zehn Kilometer dicken Wolkendecke. Wieso haben wir es da so deutlich sehen können? Das bleibt vorläufig ungeklärt.“ „Was könnten wir sehen, wenn wir über den Wolken wären?“ fragte Wtorow.

„Höchstwahrscheinlich würden wir geblendet werden“, antwortete Paitschadse.

Bewegt von allem Erlebten, gingen die Astronauten halb widerstrebend in ihre Kajüten.

Aber keiner konnte sofort wieder einschlafen. Als Knjasew zum zweiten Male Alarm gab — es war noch keine Stunde vergangen —, stürmten daher alle sogleich zur Steuerzentrale, weil sie wieder etwas so Wunderschönes zu sehen hofften wie das Nordlicht. Doch diesmal erwartete sie etwas anderes. Diese Nacht sollten sie nie wieder vergessen, sie bereitete ihnen noch eine Überraschung.

Aschfahl im Gesicht, empfing Knjasew die Genossen mit dem unverständlichen Satz: „Sie haben etwas gebracht!“ „Wer —,sie‘?“ fragte Melnikow.

„Die Reptile.“ Alle hasteten zum Bildschirm. Aber im trüben Halbdunkel der Nacht sahen sie nichts.

„Licht!“ befahl Melnikow.

Grelles Scheinwerferlicht breitete sich über den Boden. Da entdeckten sie ganz nah beim Schiff einen kleinen dunklen Gegenstand im Gras.

„Ich bemerkte, wie sich von den Stromschnellen her eine schlecht erkennbare Masse näherte“, berichtete der junge Mechaniker, „ein dunkler Körper. Zuerst dachte ich, es sei ein riesiges Tier. Es kam langsam immer näher. Ich schaltete den Scheinwerfer nicht ein, weil ich es mir ansehen wollte und das Licht es hätte verscheuchen können. Dem Schiff kann es keinen Schaden zufügen, auch wenn es noch so groß ist. Als es näher kam, erkannte ich — es waren,Schildkröten‘, ebensolche, wie wir am See gesehen haben. Sie trugen etwas. In ihrer Begleitung befand sich ein anderes Tier, das viel kleiner war, aber ich konnte es nicht richtig erkennen. Weil ich nicht wußte, was ich machen sollte, habe ich Alarm gegeben. Aber während Sie hierher eilten, haben die Reptilien diesen Gegenstand dort abgelegt.

Dann sind sie sehr schnell in Richtung Fluß verschwunden.“ „Da hätten Sie doch den Scheinwerfer anstellen sollen“, sagte Korzewski unwirsch.

„Ich konnte mich nicht dazu entschließen. Erschrecken wollte ich sie doch nicht.“ „Es war richtig!“ Melnikow billigte die Handlungsweise.

Also hatten die Seebewohner sich nicht gescheut, dem Raumschiff nahe zu kommen. Sie hatten den Menschen etwas gebracht. Was und warum?

„Genosse Wtorow“, befahl Melnikow, „steigen Sie aus und holen Sie das Ding an Bord. Andrejew geht mit Ihnen.“ Eine halbe Stunde später trugen die beiden Männer die geheimnisvolle Gabe ins Observatorium.

Neugierig umringten alle das Geschenk.

Es sah aus wie eine rhombenförmige Holzschüssel mit halbrunden, nach innen gebogenen Rändern. Sie war kunstvoll gefertigt, so glatt, daß sie beinahe glänzte, und besaß drei dünne, ebenfalls hölzerne Spitzen, die am Boden befestigt waren. Das Gefäß war sorgsam mit Büscheln orangefarbener Wasserpflanzen und roten Laubes bedeckt. Darauf lagen acht flache rote Fladen und — eine goldene Uhr.

Melnikow traute seinen Augen nicht, er ergriff sie.

„Das ist doch Konstantin Jewgenjewitschs Uhr“, sagte er.