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Allein geblieben, betrachtete Wtorow eingehend die Vorsprünge. Sie schienen eins zu sein mit dem Metall, doch wenn es sich um einen Mechanismus handelte, mußten sie sich drücken oder drehen lassen.
Vielleicht ist der Mechanismus längst unbrauchbar geworden, dachte er, und alle Anstrengungen sind vergebens.
Er wünschte leidenschaftlich, daß ihm Erfolg beschieden wäre, zumal er Melnikow gebeten hatte, ihm diese Aufgabe zu überlassen. Es wäre eine Schande, wenn ich nicht dahinterkäme.
Sie würden mich für einen Aufschneider halten.
Die eigenartige Form des Raumschiffes war den Erdenmenschen zwar fremd, doch es stellte das Werk von Wesen dar, deren geistige Entwicklung der ihren ähnlich verlaufen war.
Wtorow war überzeugt, daß die Ideen der Fremden für den Menschen faßlich seien.
„Tuen wir einmal so, als sei es auf der Erde gebaut“, sagte er laut.
„Richtig“, antwortete der unsichtbare Melnikow. „Behalt nur immer die Ruhe, Gennadi!“ Vorsichtig machte sich Wtorow an dem mittleren Fünfeck zu schaffen. Zuerst versuchte er, es in die Wandung zu drücken. Es gab nicht nach. Dann probierte er es mit Drehen. Der Vorsprung bewegte sich. Als Wtorow den Druck verstärkte, ertönte ein langgezogenes Knirschen.
Aha! Das Fünfeck läßt sich drehen! Bringen wir es erst mal wieder in seine alte Stellung und befassen uns mit den Quadraten!
Die quadratischen Vorsprünge waren nicht drehbar. Doch als Wtorow mit aller Kraft auf sie drückte, gaben sie nach.
„Der mittlere Vorsprung läßt sich drehen“, sagte er. „Und die beiden äußeren funktionieren nach dem Druckknopfprinzip.“ „Also Dutzende von möglichen Kombinationen“, bemerkte Melnikow.
„Sie wollten doch so tun, als sei das Raumschiff auf der Erde gebaut worden“, mischte sich Saizew ein. „Wir verschließen die Zugänge zu unserem Raumschiff doch nicht wie einen feuersicheren Safe. Auch jene werden es nicht getan haben. Suchen Sie nach einer einfachen Lösung.“ Wtorow drückte auf die beiden Quadrate, erst auf jedes einzeln, dann auf beide zugleich, und drehte das Fünfeck hin und her. Umsonst! Die Tür dachte nicht daran, sich zu öffnen. Hatte die Zeit das Ihre getan, oder lag es an der Konstruktion — jedenfalls ließen sich die Vorsprünge nur mit großer Mühe bewegen.
Wtorow mußte all seine keineswegs schwachen Kräfte dazu aufbieten.
„Es klappt nicht!“ sagte er schwer atmend.
„Ruhen Sie sich aus. Inzwischen überlegen wir“, ließ sich Belopolski vernehmen.
Wtorow hörte, wie die Besatzungsmitglieder ihre Ansichten austauschten. Auch Melnikow und Knjasew beteiligten sich an der Diskussion.
„Welche Stellung nimmt der mittlere Vorsprung ein?“ fragte Saizew.
„Er bildet ein regelmäßiges Fünfeck.“ „Ich meine, welche Stellung er zum Fünfeck der Tür einnimmt?“ „Moment mal!“ rief Wtorow. „Ja, tatsächlich!“ fuhr er fort, nachdem er die feine Linie oberhalb seines Kopfes eingehend betrachtet hatte. „Sie sind unsymmetrisch zueinander angeordnet.“ „Versuchen Sie mal, sie in symmetrische Stellung zueinander zu bringen.“ Es erwies sich, daß man den mittleren Vorsprung um einhundertachtzig Grad drehen konnte.
Kaum hatte das seltsame Fünfeck die gleiche Stellung eingenommen wie das große, ertönte ein leises Geräusch, als sei etwas Metallenes heruntergefallen. Wtorow sprang zurück.
Doch nichts weiter geschah. Die Tür blieb nach wie vor geschlossen.
Mit starkem Herzklopfen streckte der Ingenieur die Hände nach den Quadraten aus. Irgendwie war er überzeugt, daß er diesmal Erfolg haben würde. Das metallische Geräusch bewies doch, daß der Mechanismus funktionierte.
Mit aller Kraft drückte er gegen die beiden Vorsprünge.
Über ihm blitzte etwas auf. Instinktiv duckte er sich.
Stille.
Er hob den Kopf.
Die Tür war verschwunden!
An Stelle des metallenen Fünfecks erblickte er etwas Blaßblaues, das durchsichtig zu sein schien. Als habe eine Gazehaut das Metall ersetzt.
Melnikow, Knjasew und alle andren im Raumschiff hörten Wtorow schreien, voller Verzweiflung, wie es ihnen schien: „Licht! Licht!“ Jetzt sah er es! Sah es ganz deutlich!
Das Etwas war keine blaue Gazehaut! Vor ihm befand sich eine fünfeckige Öffnung, durch die von irgendwoher aus dem Innern des Raumschiffes gedämpftes Licht drang. Ein Zweifel war ausgeschlossen: es handelte sich um Licht. Sein matter Schein ruhte auf den Stämmen der Bäume und auf der metallenen Oberfläche der Röhre.
Licht! Wie war das möglich? Konnte denn eine wie auch immer geartete künstliche Lichtquelle Jahrtausende überdauern?
Wtorow stand erstarrt, ohne auf die Fragen der Kameraden zu antworten, die wie ein Hagel auf ihn niederprasselten.
Er kam erst zu sich, als sich ihm eine Hand auf die Schulter legte. Es war Melnikow, der zu ihm getreten war.
Wie fasziniert starrte auch Melnikow auf das geheimnisvolle, unbegreifliche Licht und drückte Wtorows Schulter immer stärker.
„Was ist das?“ flüsterte er. „Wo kommt das her?“ „Ich weiß nicht“, antwortete Wtorow mechanisch.
„Wissen Sie es wirklich nicht?“ ließ sich Paitschadses spöttische Stimme vernehmen. „Dann sagen Sie wenigstens, was Sie sehen.“ „Licht!“ „Na und?“ Melnikow holte tief Luft und berichtete von der rätselhaften Erscheinung. Lange kam keine Antwort. Schließlich hörten sie Belopolski sagen: „Es besteht kein Zweifel, daß …“ Und wieder Schweigen.
„Nun, die Tür ist offen“, sagte Melnikow. „Also hinein!“ Auf alles wären sie bei diesem längst ausgestorbenen Raumschiff von einem unbekannten Planeten gefaßt gewesen, selbst auf das Unwahrscheinlichste und Überraschendste, nur nicht auf Licht, den Begleiter des Lebens! Das grenzte an ein Wunder!
„Also hinein“, wiederholte Melnikow, doch fehlte seiner Stimme die gewohnte Entschlossenheit.
Schweigend setzte Wtorow die Leiter an.
Er sah, daß Melnikow — ein Urbild von Kaltblütigkeit, Mut und Willensstärke und nach allgemeiner Ansicht ein Mann ohne Nerven — unschlüssig war und es nicht über sich zu bringen schien, den Fuß auf die unterste Sprosse zu setzen. Und ganz plötzlich wurde sich der junge Ingenieur bewußt, daß keine Macht der Welt ihn selber zwingen könnte, als erster die Leiter hinaufzusteigen.
Kein lebendiges Wesen, sei es auch die scheußlichste Ausgeburt der Phantasie, hätte ihn abgeschreckt. Dieses „übernatürliche“ Licht jedoch raubte ihm die Willenskraft, unüberwindliche Furcht lähmte sein Hirn.
Eine Minute verrann.
„Also hinein!“ sagte Melnikow zum drittenmal und kletterte rasch die Leiter hinauf.
Gebeugt verschwand er in der Türöffnung. Gleich darauf ertönte seine Stimme: „Beeilen Sie sich!“ Augenblicklich war die Furcht verschwunden. Wtorow folgte seinem Vorgesetzten. Die Öffnung war für ihn entschieden zu klein, er mußte sich tief bücken.
Melnikow stand nah an der Tür.
Wtorow richtete sich auf, blickte um sich und fühlte, wie ihm schwindlig wurde.
Was war das? Wohin waren sie beide geratend Scheinbar gab es hier weder Fußboden noch Decke noch Wände. Überall nur Undefinierbares, Verschwommenes und — Lebendiges. Von allen Seiten schloß sie etwas Unfaßbares ein, das unaufhörlich die Farbe wechselte, in allen Schattierungen des Regenbogens schillerte und funkelte, als spiegele es sich in sich selbst wider, und ein wildes Farbenchaos erzeugte.
Überall — oben, unten, ringsum — bewegten sich groteske buntscheckige Gestalten von … Menschen, gebrochene und verzerrte Ebenbilder des Herren der Erde in unvorstellbaren Posen.
Melnikow hob die Hand, als wolle er sich vor dem Anblick schützen, und sofort wiederholte die ganze Geisterschar die Bewegung.
„Es sind unsere eigenen Spiegelbilder“, sagte er leise und mit sichtlicher Erleichterung.
Augenscheinlich bestanden die Wände, die Decke und der Fußboden aus einer Art von Spiegeln. Jede Bewegung Melnikows und Wtorows rief eine Antwortbewegung hervor, die sich, wohin sie auch blickten, unzählige Male wiederholte. Aber warum waren die Spiegelbilder gebrochen und verzerrt?
In der Mitte des Raums, vielleicht aber auch vor einer der Wände (sie hatten jedes Gefühl für Perspektive und Entfernung verloren) stand — worauf, blieb ein Rätsel — eine steinerne Schale, der einzige reale und unbewegliche Gegenstand in dem geisterhaften Farbchaos. Sie sah genauso aus wie jene, die Wtorow auf der Waldschneise gesehen hatte und die dann zerschellt war. Am Rande zierten sie Darstellungen von Körpern eines einfachen kubischen Systems.
Über der Schale stand eine ebenmäßige blaßblaue Flamme, in der Art, wie sie ein dünner Film brennenden Spiritus erzeugt.
Von ihr ging das unbegreifliche Licht aus.
„Konstantin Jewgenjewitsch!“ sagte Melnikow so leise, daß er kaum zu hören war.
Doch das Raumschiff verfügte über starke Empfänger.
„Ich höre“, antwortete Belopolski.
„Eine steinerne Schale!“ „Das habe ich erwartet.“ „Aber darin brennt ein Feuer!“ „Daran ist nichts Außergewöhnliches. Die Zeit hätte die künstliche Flamme aus der Erinnerung der Venusianer längst getilgt, wenn ihre Schalen nicht erst vor relativ kurzer Zeit erloschen wären. Aber berichten Sie bitte, was Sie sehen.“ Belopolskis ruhige Stimme brachte die beiden Kundschafter endgültig wieder zu sich. Sie hatten ein chemisches Rätsel vor sich, nichts weiter. Das Geheimnis des „ewigen“ Feuers würde die Wissenschaft schon lüften.
„Berichten! Das ist nicht so einfach!“ antwortete Melnikow.
„Besser nachher, wenn wir wieder zurück sind.“ „Dann können wir unseren Bericht auch mit Aufnahmen illustrieren“, fügte Wtorow hinzu, der sich wieder seines Fotoapparates erinnert hatte.
Ruhiger geworden, sahen sie sich nun gründlicher um.
Die vielfach reflektierten Spiegelbilder an den fortwährend die Farbe wechselnden Wänden, an Boden und Decke irritierten sie zwar, doch allmählich gewöhnten sie sich daran.
Der Raum war, abgesehen vom Fußboden, gewölbt und setzte sich aus spitzwinkligen Facetten von merkwürdiger Form zusammen, die zu einem ungewöhnlichen Muster verflochten waren. Der Fußboden war eben und wie aus Glas. Die Schale schien in der Mitte zu stehen.
„Gehen wir näher ran“, schlug Melnikow zögernd vor.
„Bitte“, stimmte Wtorow noch zaghafter zu.
Doch keiner von beiden rührte sich von der Stelle. Melnikow sann über etwas nach, und sein Kamerad brachte nicht den Mut auf, als erster von der Tür wegzugehen.
Wtorow hörte Melnikow etwas von Metallwänden murmeln.
„Konstantin Jewgenjewitsch“, sagte er laut. „Von hier führen keine Türen ins Innere des Raumschiffs. Aber vielleicht entdecken wir doch noch welche. Die Wände scheinen aus Metall zu sein. Die Funkverbindung kann abreißen. Wenn das geschieht, machen Sie sich keine Sorgen!“ „Wir werden es versuchen“, antwortete Paitschadse an Belopolskis Stelle.
„Seien Sie vorsichtig“, sagte Belopolski.
Melnikow und Wtorow entfernten sich von der Tür. Doch kaum hatten sie den ersten Schritt getan, als sie hinter sich ein leises Geräusch vernahmen — als sei etwas Metallenes heruntergefallen.
Erschrocken drehten sich beide um. Die Türöffnung war verschwunden! Wo sie eben noch durch das dunkle Fünfeck den Venuswald gesehen hatten, schillerten jetzt ebenfalls spitzwinklige Facetten.
Alles war in eins verflossen!
Wtorow stürzte zur Wand und stieß sich schmerzhaft an einem Vorsprung. Das brachte ihm die Wirklichkeit zum Bewußtsein.
Eingesperrt!
„Wer hat die Tür zugemacht?“ „Natürlich niemand“, antwortete Melnikow. „Sie hat sich von allein geschlossen. Jahrtausende sind vergangen, aber die Mechanismen funktionieren immer noch zuverlässig, ebenso wie das Feuer hier in der Schale.“ „Wie kommen wir nun wieder raus?“ „Ich weiß nicht. Vielleicht überhaupt nicht mehr. Ich habe ja vorausgesagt, daß die Verbindung abreißen könnte.“ „Raumschiff!“ rief Wtorow.
Es kam keine Antwort.
„Diese Wände sind aus einem unbekannten Metall“, sagte Melnikow. „Man kann uns nicht hören. Einstweilen sind wir von der Außenwelt abgeschnitten.“ Wtorow mußte sich an die Kaltblütigkeit seines Gefährten gewöhnen.
„Was machen wir nun?“ fragte er.
„Das, was wir vorhatten. Das Raumschiff untersuchen. Aber es scheint keine einzige Tür…“ Er stockte mitten im Satz und starrte staunend die Wand an: Ganz nahe, wie es schien, unmittelbar neben dem verschwundenen Eingang, ging etwas Merkwürdiges und Unbegreifliches mit den bunten Facetten vor sich. Sie wurden rasch trübe und verloren ihre Konturen. Die Umrisse eines Fünfecks zeichneten sich deutlich an der Wand ab. Schon war innerhalb dieser Umrisse keine einzige spitzwinklige Facette mehr zu erkennen — sie schwanden, schmolzen zusehends, zerflossen in Nichts. Einen Augenblick später gähnte eine fünfeckige Öffnung vor ihnen.
„Da haben wir eine Tür!“ sagte Melnikow.
Zum erstenmal vernahm Wtorow ein Zittern in seiner Stimme.
„Wo ist die Wand geblieben?“ „Wer weiß. Tatsache ist, daß wir eine Tür vor uns haben, die ins Innere des Raumschiffes führt. Sie hat sich automatisch geöffnet, sobald die äußere geschlossen war.“ Gebückt blickten sie durch die Öffnung. Hinter ihr erstreckte sich die radiale Röhre. Die hellblaue Flamme spiegelte sich in langen hellen Streifen an ihren Wänden. Das andere Ende der Röhre verlor sich im Dunkeln.
„Die äußere Tür hat sich geschlossen, sobald wir uns von ihr entfernten“, sagte Wtorow.
„Ja, einer von uns hätte an der Schwelle zurückbleiben müssen. Die Automatik ist hier anders als bei uns. Sie sieht und handelt selbständig. Und was das erstaunlichste ist — sie ist völlig intakt geblieben. Von diesem Raumschiff können wir allerhand lernen.“ „Wir haben die Tür von außen geöffnet“, sagte Wtorow, „sollten wir es da nicht auch von innen können?“ „Wenn nicht, werden die Genossen sie von außen öffnen. Sie wissen, wo wir sind. Das ist unsere Chance.“ „Jetzt, wo die Verbindung abgerissen ist, müssen sie ja schnellstens zu Hilfe kommen.“ „Kaum! Wir haben vorbeugend gesagt, daß die Funkverbindung eventuell abreißt.“ Melnikow sah Wtorow aufmerksam an. „Hast du etwa Angst, Gennadi?“ Der junge Ingenieur wurde rot „Ich weiß nicht“, gestand er. „Als wir zusammen in der Kabine des zertrümmerten Flugzeugs saßen, hatte ich keine Angst.
Aber hier, scheint‘s, hab ich welche.“ „Das Unbegreifliche muß Furcht hervorrufen“, sagte Melnikow nachdenklich. „Das stimmt! Aber“, fügte er im gewohnten Ton hinzu, „wir wollen keine Zeit mehr verlieren.“ Sie begaben sich zur steinernen Schale.
Selbst aus der Nähe war nicht zu erkennen, worauf sie stand.
Aber sie konnte unmöglich ohne jede Stütze frei in der Luft hängen. Wtorow versuchte mit der Hand unter die Schale zu fassen. Seine Finger berührten etwas Festes, und wie elektrisiert zuckte er zurück. Vorsichtig betastete Melnikow den Sockel.
Er hatte, die Form eines Würfels, blieb jedoch nach wie vor völlig unsichtbar. Er schien aus Luft zu bestehen, die auf rätselhafte Weise erstarrt war.
Sorgfältig untersuchten sie den ganzen Raum, der einen Durchmesser von etwa sechs Metern hatte. Nur durch Abtasten konnten sie seine Maße bestimmen. Die sich kreuzenden Spiegelbilder machten es unmöglich, Entfernungen zu sehen. Scharen phantastischer Schemen — Dutzende von Melnikows und Wtorows — in ganz unnatürlichen Posen, aufrecht, liegend und kopfstehend, verflossen bei jeder Bewegung der Menschen von allen Seiten grotesk ineinander, verrenkten sich in einem wilden Tanz. Wtorow war bemüht, nicht hinzusehen, doch von überallher drängten sie sich dem Auge auf.
„Wir müssen weg von hier“, sagte er schließlich. „Mir wird schon ganz schwindlig.“ Sie fanden nichts, was auch nur im entferntesten auf den Mechanismus der Tür hinwies.
„Wahrscheinlich befindet er sich im zentralen Steuerpult“, sagte Melnikow. „Es muß ja so etwas geben. Aber wir müssen hier weg“, ging er auf Wtorows Worte ein, „mir wird auch schon ganz schwindlig. Ich fürchte, auch diese Tür wird sich schließen, sobald wir die Röhre betreten haben. Logischerweise muß es so sein.“ „Lassen Sie mich allein hineingehen, und bleiben Sie hier.“ „Was hat das für einen Zweck? Nein, besser, wir bleiben zusammen.“ Unschlüssig standen sie vor der rätselhaften Tür. Hier, im Zentrum, war es für sie natürlich ungefährlicher. Belopolski würde nach einer gewissen Zeit merken, daß seine Kundschafter in eine Falle geraten waren, und Hilfe schicken. Wie die äußere Tür zu öffnen war, wußte man an Bord. Wenn sie sich jetzt jedoch weiter in das Innere des fremden Raumschiffs hineinwagten, riskierten sie, niemals wieder herauszukommen — es war völlig ungewiß, ob sie jemals herausfinden würden, wie die Türen geöffnet wurden.
Was ist zu tun? dachte Melnikow. Wie verhalten wir uns?
Bleiben wir hier und warten auf die Genossen? Aber irgendwann müssen wir ja doch ins Innere.
Wäre er allein gewesen, hätte er keinen Augenblick geschwankt. Aber er hatte Wtorow bei sich! Die Verantwortung für den Freund trug er.
Ach was, mag kommen, was will! Schlimmstenfalls können sie die Wand der Röhre von außen durchschweißen oder auch sprengen.
„Für alle Fälle hinterlassen wir hier eine Nachricht“, sagte er.
Kurz, aber doch ausführlich genug schilderte er alles, was ihnen, widerfahren war. Dann legte er sein Notizbuch neben die Schale auf das unsichtbare Postament. Es schien in der Luft zu schweben und war unmöglich zu übersehen.
„Und jetzt vorwärts!“ Die fünfeckige Öffnung entsprach an Größe der äußeren Tür.
Die unbekannten Kosmonauten waren anscheinend klein von Wuchs gewesen. Gebückt überschritt Melnikow die Schwelle, Wtorow folgte ihm.
Gleich hinter der Tür blieben sie stehen und schauten erregt zurück. Würde die Tür sich schließen oder nicht? Sie schloß sich.
Man sah, daß sich die Öffnung wie mit einer durchsichtigen Gazehaut überzog, die anfangs kaum zu erkennen war, sich dann jedoch rasch verdichtete. Schließlich war die Öffnung ganz verschwunden. An ihrer Stelle schimmerte eine augenscheinlich metallene, glatte Wand.
Das war so seltsam, so unerklärlich, daß die beiden Raumfahrer die Wunderwand eine Weile anstarrten und kein Wort über die Lippen brachten.
Mit eigenen Augen hatten sie soeben eine Erscheinung beobachtet, der irdischen Wissenschaft noch völlig unbekannt. Die Öffnung, durch die sie ungehindert hindurchgegangen waren, hatte sich in Metall verwandelt! Das Phänomen schien unwirklich, unbegreiflich, rätselhaft. Und doch beruhte es ohne Zweifel auf der Anwendung ihnen noch unbekannter Naturgesetze.
„Auf dieser Seite sind seltsamerweise keine spitzwinkligen Facetten“, sagte Melnikow schließlich.
„Erscheint es Ihnen nicht merkwürdig, daß wir sie sehen?“ fragte Wtorow plötzlich.
„Wen?“ „Die Wand. Hier müßte es doch eigentlich ganz dunkel sein.“ Tatsächlich, dachte Melnikow.
Die Lampen an ihren Helmen hatten sie beim Betreten des Raumschiffes ausgeschaltet. Das hellblaue Feuer der Schale war hinter der Tür zurückgeblieben. Dennoch sahen sie die Wand.
Mehr noch, sie sahen ihre eigenen Schatten sich darauf bewegen.
Also gab es hinter ihnen eine Lichtquelle!
Melnikow drehte sich um und schrie auf. Seine Stimme verriet Freude und Staunen.