121919.fb2 Das Meeresfeuer - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 12

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Zu seiner Überraschung lächelte Winterfeld. »Du bist wirklich hartnäckig«, sagte er. »Das gefällt mir.

Aber du freust dich zu früh. Ich habe etwas in dieser Art erwartet. Ich war nur nicht sicher. Aber jetzt bin ich es. «

Er wandte sich wieder zu seinen Ingenieuren um. »Ich hoffe, Sie haben alles notiert, meine Herren?« »Selbstverständlich«, antwortete einer der beiden. »Aber es wäre sicher nützlich, wenn wir diesen Kanal genauer untersuchen könnten. Ist das möglich?«

Die letzte Frage galt Mike, der sie sofort und mit einem entschiedenen Kopfschütteln beantwortete.

»Niemals«, sagte er. »Die Strömung würde das Schiff in Stücke reißen. Bestenfalls würde sie uns bis in die hintere Mongolei befördern. «

Der Mann wirkte enttäuscht. »Das ist schade«, sagte er.

»Aber nicht zu ändern«, fügte Winterfeld hinzu. »Die vorhandenen Daten müssen eben reichen. Im Grunde bestätigen sie sowieso nur unsere bisherige Vermutung. Mike – wir können auftauchen. Ich habe genug gesehen. «

Mike steuerte die NAUTILUS rasch einige hundert Meter von der Felskante weg und somit aus der schlimmsten Strömung hinaus. Aber er wandte sich noch einmal an Winterfeld, ehe er das Boot aufsteigen ließ. »Verstehen Sie denn immer noch nicht, daß es vorbei ist?« sagte er. »Dieser Kanal muß

– zig Kilometer breit sein und wahrscheinlich mehr als eine Meile tief. Aller Sprengstoff der Welt reicht nicht aus, ihn zu zerstören. «

»Ich habe auch nicht vor, ihn zu sprengen«, antwortete Winterfeld. »Und was dann?« Winterfeld beantwortete diese Frage nicht, aber Astaroth tat es:

Er will die Vulkane zum Ausbruch bringen. Zwei oder drei nebeneinander.

»Wie bitte?« keuchte Mike entsetzt.

Und er ist ziemlich sicher, daß das ausreicht, den Canyon zum Einsturz zu bringen. Ich übrigens auch,

fügte Astaroth hinzu. Winterfeld blinzelte. »Ich habe nichts gesagt«, sagte er. Sein Blick tastete mißtrauisch über Mikes Gesicht.Paß bloß auf,

sagte Astaroth überflüssigerweise.Er beginnt Verdacht zu schöpfen. Er spürt, daß irgend etwas nicht stimmt.

»Ich... ich war nur erschrocken«, stammelte Mike, und Astaroth sagte:

Und jetzt fragt er sich, worüber.

»Weil... weil es doch so sinnlos ist«, sagte Mike. »Ich meine, Sie... Sie opfern sich vollkommen umsonst. Und das Leben Ihrer Begleiter ebenfalls. « »Und wenn?« fragte Winterfeld. »Hast du etwa Angst um mein Wohlergehen?«

»Nein«, sagte Mike. »Ich hatte Sie nur für klüger gehalten, das ist alles. « Er wartete Winterfelds Reaktion diesmal nicht ab, sondern wandte sich wieder dem Instrumentenpult zu. Wenige Augenblicke später begann die NAUTILUS auf der Stelle zu drehen und stieg wieder aufwärts.

Sie hatten die Meeresoberfläche wieder erreicht, aber Mike kam es vor, als wäre ihnen die Dunkelheit gefolgt; und das in gleich zweifacher Hinsicht. Die Sonne war längst untergegangen, und auch Mike fühlte sich von einer Art körperloser Finsternis erfüllt, die ihn zugleich mutlos wie fast rasend vor Zorn machte. Das schlimmste von allem war vielleicht das Gefühl der Hilflosigkeit. Es war beileibe nicht das erste Mal, daß er und die anderen in einer scheinbar ausweglosen Situation waren – aber diesmal war sie eben nicht nurscheinbarausweglos. Sie waren hilflos dazu verdammt, zuzusehen, wie Winterfeld einen ganzen Kontinent ins Unglück stürzte.

Die NAUTILUS legte neben der LEOPOLD an. Winterfeld befahl ihm nicht, von Bord zu gehen, aber er erhob auch keinen Einspruch, als Mike den Salon verließ und sich auf den Weg nach oben machte.Obwohl bereits tiefste Nacht herrschte, war das Deck der LEOPOLD fast taghell erleuchtet. Überallwaren große Scheinwerfer aufgebaut, und Mike bemerkte zu seiner Überraschung, daß der Großteil der Besatzung offenbar damit beschäftigt war, sämtliche Türen und Fenster des Schiffes wasserdicht zu verschließen. Dutzende von Männern schweißten große Stahlplatten vor die Fenster der Brücke, überall hämmerte, klang und blitzte es. Der Sinn dieser hektischen Aktivität wurde Mike rasch klar: Winterfeld hatte tatsächlich vor, das Schiff zu versenken und dabei zumindest mit einem Teil der Besatzung an Bord zu bleiben. Daher versiegelten sie das Schiff, so gut es ging. Mike bezweifelte allerdings die Wirksamkeit dieser Maßnahmen, Winterfeld machte sich wohl trotz allem keine rechte Vorstellung von dem ungeheuren Wasserdruck, der einige tausend Meter unter der Meeresoberfläche herrschte. Die Stahlplatten, die seine Männer vor die Fenster schweißten, würden zerreißen wie dünnes Papier, lange, ehe sie den Meeresgrund erreicht hatten.

Serena, Trautman und die anderen warteten trotz der beißenden Kälte an Deck der LEOPOLD auf ihn, und seine Stimmung mußte wohl auch deutlich auf seinem Gesicht abzulesen sein, denn Trautman empfing ihn mit den Worten: »Was ist passiert?« Mike erzählte, was sie auf dem Meeresgrund gefunden hatten, und auch Trautmans Gesicht verdüsterte sich. »Das ist schlimm«, sagte er, als Mike mit seinem Bericht zu Ende gekommen war. »Wenn es ihm tatsäch

lich gelingt, die Schiffe direkt in die Vulkankrater zu lenken,

könnte er eine Kettenreaktion auslösen. «

»Sie haben den Canyon nicht gesehen«, sagte Mike. »Er ist gigantisch. Aller Sprengstoff der Welt würde nicht ausreichen, ihn zu verschütten. «

»Wahrscheinlich nicht«, sagte Trautman. »Aber der Ausbruch eines unterseeischen Vulkans vielleicht doch – wenn er gewaltig genug ist. «

Er wandte sich mit einem fragenden Blick an Brockmann. »Könnte der Sprengstoff ausreichen, um einen Vulkanausbruch hervorzurufen?«

Brockmann zuckte nur mit den Schultern. »Ich bin kein Ozeanologe«, sagte er.

»Aber Soldat«, gab Ben scharf zurück. »Sie sollten sich mit Sprengstoff auskennen, oder?«

»Möglich ist alles«, antwortete Brockmann. »Vielleicht ja, vielleicht nein – in ein paar Stunden werden wir es wissen. «

»Ach, und das ist alles, was Sie dazu zu sagen haben?« Stanley schnaubte. »Na ja, was habe ich auch erwartet?«

Brockmann setzte zu einer wütenden Entgegnung an, besann sich aber dann im letzten Moment eines besseren und beließ es bei einem geringschätzigen Verziehen der Lippen. Vielleicht wollte er auch nurden anderen nicht die Genugtuung bieten, sich in aller Öffentlichkeit mit Stanley zu streiten – sie waren nämlich keineswegs allein. Ein knappes Dutzend von Winterfelds Soldaten umgab sie in einem weiten Halbkreis, und die Männer beobachteten sie sehr aufmerksam. Und genau in diesem Moment gesellte sich auch Winterfeld selbst zu ihnen.

»Der Augenblick des Abschieds ist gekommen«, sagte er. »Uns bleibt nicht mehr sehr viel Zeit, deshalb will ich es kurz machen: Sie können jetzt wieder an Bord der NAUTILUS gehen. Diese Männer hier –«

Er deutete auf die Soldaten, die sie bewachten. »– werden Sie begleiten und dafür sorgen, daß Sie nicht versuchen, mich aufzuhalten. Morgen früh bei Sonnenaufgang werden die Männer Ihnen Ihre Waffen übergeben; Sie sind dann frei. Habe ich Ihr Ehrenwort, daß Sie sie bei nächster Gelegenheit in einem neutralen Land von Bord gehen lassen?«

Trautman nickte. »Selbstverständlich. Aber ich flehe Sie an, Winterfeld, überlegen Sie es –«

Winterfeld unterbrach ihn mit einer herrischen Geste, sagte aber in fast sanftem Ton: »Es ist sinnlos, über das Unvermeidliche zu diskutieren, Herr Trautman. Mein Entschluß steht fest, und keine Macht der Welt kann mich noch davon abbringen. Die Zukunft wird zeigen, wer von uns recht hatte. «

»Sie wollen wirklich das Leben von Millionen Menschen aufs Spiel setzen?« fragte Mike. Winterfeld lächelte traurig. »Ich will esretten,mein junger Freund. Vielleicht wirst du mich eines Tages verstehen. Ich hoffe es wenigstens. « Er deutete auf die NAUTILUS. »Und nun, lebt wohl. So weit es mich angeht, seid ihr frei. «

Niemand rührte sich. Ein sehr sonderbares Gefühl breitete sich in Mike aus. Er sollte jetzt erleichtert sein

–immerhin waren sie nicht nur mit dem Leben davongekommen, sondern auch wieder frei, aber das genaue Gegenteil war der Fall: Er fühlte sich noch niedergeschlagener als bisher, und das Gefühl von Hilflosigkeit war so intensiv geworden, daß es fast körperlich weh tat. Es mußte doch irgend etwas geben, was sietunkonnten!»Winterfeld«, sagte er noch einmal, »bitte denken –«»Genug!«Winterfelds Stimme war nicht lauter, aber plötzlich so scharf, daß sie trotzdem fast wie ein Schrei klang. »Geht jetzt–bevor ich es mir anders überlege. « Vielleicht hätte nicht einmal diese Drohung Mike davon abbringen können, Winterfeld weiter ins Gewissen reden zu wollen, aber Trautman wandte sich in diesem Moment um und ging langsam auf die Reling zu, und die anderen folgten seinem Beispiel, so daß sich Mike ihnen

wohl oder übel anschließen mußte. Winterfeld blieb reglos und mit starrem Gesicht stehen und sah ihnen nach. Die Soldaten, die sie bisher bewacht hatten, schlossen sich ihnen an: Zwei der Bewaffneten betraten als erste die schmale Planke, die zum Deck der NAUTILUS hinunterführte, während die anderen darüber wachten, daß sie auch tatsächlich taten, was Winterfeld ihnen befohlen hatte. Ihre Waffen deuteten zwar nicht direkt auf Mike und die anderen, aber sie hielten sie griffbereit in den Händen, und Mike zweifelte nicht daran, daß sie sie einsetzen würden, wenn es sein mußte.

Mike war nicht der letzte, der die LEOPOLD verließ. Sie durften nur einzeln von Bord gehen, und hinter Mike warteten noch Serena und Brockmann. Die schmale Planke vibrierte heftig unter seinen Schritten, so daß er die Arme ausbreitete, um das Gleichgewicht zu halten, und den Blick starr nach vorne richtete

– immerhin lag das Deck der NAUTILUS gute fünfzehn Meter unter dem des gewaltigen Kriegsschiffes, und Mike war nicht schwindelfrei.

Und um ein Haar wäre er dann doch noch ins Wasser gefallen, denn er hatte die Entfernung zur NAUTILUS noch nicht zur Hälfte überwunden, als plötzlich die Maschinen der LEOPOLD ansprangen. Mike fuhr erschrocken zusammen, als das ganze Schiff zu zittern begann. Mit heftig rudernden Armen und schneller, als vielleicht gut war, hastete er die letzten Meter dahin und legte das letzte Stück zum Deck des Unterseebootes hinab schließlich mit einem gewagten Sprung zurück. Prompt glitt er auf dem feuchten Metall aus und wäre gestürzt, hätte ihn Trautman nicht aufgefangen. »Was ist denn jetzt los?« fragte Mike erschrocken. Er sah nach oben. Serena und Brockmann waren ihm nicht gefolgt, sondern standen an der Reling und zögerten, die jetzt heftig zitternde Planke zu betreten. »Sie haben die Maschinen angelassen«, sagte Stanley. »Keine Sorge

das Zittern hört gleich wieder auf. Ich nehme an, sie verlegen die Flotte noch ein kleines Stück. Du

hast es ja selbst gesagt – sie müssen eine oder zwei Meilen weiter nach Norden. « Das war sicher

die Wahrheit, und eigentlich hätte diese Erklärung Mike beruhigen müssen, aber sie tat es nicht.

Ganz im Gegenteil – plötzlich hatte er ein sehr ungutes Gefühl. Irgend etwas würde passieren, das spürte er ganz deutlich. Da war irgend etwas, was sie übersehen oder vergessen hatten, und es war etwas ungemein Wichtiges.

Mike hat bis zu diesem Moment niemals an Vorahnungen geglaubt, aber von diesem Tage an tat er es. Er sah Stanley noch einen Moment lang zweifelnd an, dann wandte er sich wieder um und blickte zu Serena und Brockmann hoch. Der deutsche Kapitän machte gerade Anstalten, mit einem entschlossenen Schritt auf die Planke hinauszutreten. Einer der Männer, die Serena und ihn bewachten, streckte den Arm aus, um ihn zurückzuhalten – und Brockmann packte ihn blitzschnell, brachte ihn mit einem Ruck aus dem Gleichgewicht und schleuderte ihn über Bord. Der Mann stürzte kreischend in die Tiefe und schlug dicht neben der NAUTILUS ins Wasser, aber noch bevor er versank, hatte Brockmann einen zweiten Soldaten gepackt und über Bord geschleudert, dann wirbelte er herum und verschwand mit einem gewaltigen Satzaus Mikes Sichtfeld. Überraschte Schreie und die Geräusche eines heftigen Kampfes drangen zu ihnen herab. Und praktisch im selben Moment stürzte sich Stanley auf die beiden Soldaten, die zusammen mit ihnen auf dem Deck der NAUTILUS standen. Der Angriff kam vollkommen überraschend. Die Männer hatten nicht einmal Gelegenheit, ihre Waffen zu heben – Stanley riß sie mit weit ausgebreiteten Armen von den Beinen, begrub den einen unter sich und setzte ihn mit einem gewaltigen Faustschlag schachmatt. Der zweite wollte sich aufrappeln und seine Waffe heben, aber da war Singh schon über ihm, riß ihm das Gewehr aus der Hand und versetzte ihm einen Stoß, der ihn zum zweiten Mal zu Boden schickte. Als er sich diesmal wieder aufrichtete, blickte er in den Lauf seiner eigenen Waffe.

»Nein!« keuchte Mike. »Seid ihr verrückt geworden? Serena ist noch dort oben!«