121926.fb2 Das Tal der Giganten - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 4

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»Aber das bist du nicht«, fuhr Mike fort. »Und du bist auch nicht mit dem zweiten Boot gekommen, denn das haben Ben und Trautman genommen«, fuhr Mike fort. Und die NAUTILUS hat nur zwei Beiboote an Bord. « »Stimmt ebenfalls«, sagte Serena spöttisch. »Du bist wirklich ein Ausbund an Scharfsinn. « Mike nahm ihren ironischen Ton nicht zur Kenntnis. »Wie zum Teufel seid ihr dann hierhergekommen?« fragte er fassungslos.

Serena lächelte. »Das verrate ich dir nicht«, sagte sie. »Ich habe eben noch immer meine kleinen Tricks auf Lager, weißt du?«

»Dann werde ich -« Mike trat beinahe drohend einen Schritt auf Serena zu, hielt dann mitten in der Bewegung inne und zwang sich zur Ruhe. »Also gut. Dann frage ich eben Chris. «

»Nur zu«, sagte Serena. »Er wird dir bestimmt alles sagen, was er weiß. «

Mike spießte sie mit Blicken regelrecht auf, aber er sparte sich jede weitere Frage, sondern hielt nach Chris Ausschau. Er entdeckte ihn ganz in der Nähe des Wracks, zusammen mit Juan. Die beiden warteten offensichtlich auf Trautman, der im Inneren des gestrandeten Schiffes verschwunden war. Mike rannte auf ihn zu, ergriff den jüngeren Freund fast grob an der Schulter und drehte ihn mit einem Ruck zu sich herum. »Wie bist du hierhergekommen?« fragte er barsch. Chris war vollkommen verdattert. Er verstand nicht, was Mike von

ihm wollte. »Mit... mit Serena«, stammelte er.

»Das weiß ich«, antwortete Mike ungeduldig. »Aber wie seid ihr beide hierhergekommen?« »Nun, wir sind... « Chris brach ab, und dann breitete sich ein vollkommen hilfloser Ausdruck auf seinem Gesicht aus. »Wir... wir sind... « »Ja?« fragte Mike.

»Ich weiß es nicht«, gestand Chris. »Wir sind an Deck gegangen, und dann... waren wir plötzlich im Nebel. Und einen Moment später hier. « »Wie bitte?« entfuhr es Mike.

»Mehr weiß ich nicht!« beteuerte Chris. »Bitte laß mich los. Du tust mir weh. «

Tatsächlich hatte Mike seinen Griff um Chris' Schulter so verstärkt, daß es weh tun mußte. Hastig ließ er den Jungen los und trat einen halben Schritt zurück. Er musterte Chris sehr aufmerksam, aber alles, was er auf dem Gesicht des Jungen las, war ein Ausdruck maßloser Verwirrung -und wohl auch ein bißchen Angst. Statt weiter in ihn zu dringen, fuhr er auf dem Absatz herum und sah sich hastig um. »Astaroth!« rief er. »Wo bist du?« Vom Kater war keine Spur zu sehen, aber einen Moment später hörte er seine lautlose Stimme direkt in seinem Kopf. Es ist nicht nötig, zu brüllen, sagte der Kater. Nicht, wenn du mit einem zivilisierten Wesen wie mir -»Hör mit dem Quatsch auf!« schnappte Mike. »Wie seid ihr hierhergekommen? Ich will es wissen, auf der Stelle!«

Obwohl er den Kater nicht sah, hatte er noch lauter gesprochen als bisher, ja, fast wirklich geschrien. Er bekam auch unverzüglich eine Antwort -allerdings nicht die, die er hören wollte.

Frag Serena, sagte der Kater. Sie kann es dir besser erklären als ich.

»Das habe ich bereits getan. Aber sie sagt nichts!« Und wie kommst du dann auf die Idee, daß ich es täte? wollte Astaroth wissen. Ich verrate ihre Geheimnisse ebensowenig wie du die deiner Freunde. »Verdammt, Astaroth, es ist wichtig! « Mike schrie nun tatsächlich mit dem einzigen Ergebnis, das Astaroth nicht mehr antwortete.

»Was ist denn nun schon wieder los?« Trautman trat gebückt aus einem fast mannsgroßen Loch im Rumpf der Yacht heraus und sah Mike tadelnd an. »Wieso schreist du hier so herum?«

»Es geht um Serena!« antwortete Mike erregt. »Sie ist nicht -«

»Da!« Bens Schrei ließ Mike mitten im Satz verstummen und wie alle anderen zu ihm herumfahren. »Der Nebel! Er reißt auf!»

Tatsächlich begann sich der Nebel aufzulösen, und er tat es auf eine Art und Weise, die so unheimlich war wie er selbst: schnell und lautlos, und er wurde nicht etwa vom Wind auseinandergerissen, wie Bens Worte hatten vermuten lassen, sondern verblaßte einfach. Aus dem wattigen Grau wurde ein zartes Weiß, das nach wenigen Sekunden vollends durchsichtig zu werden begann und sich dann ganz auflöste. Der

Nebel verschwand einfach vor ihren Augen. Aber nicht nur der Nebel.

Zusammen mit den grauen Schwaden verschwand auch

der Sturm. Der Wind flaute von einer Sekunde auf die andere ab und legte sich dann ganz, und plötzlich lag das Meer, das bis jetzt von meterhohen Wellen aufgepeitscht worden war, wie ein flacher, dunkelgrüner Spiegel vor ihnen, durchbrochen von Hunderten und aber Hunderten spitzer Riffe und Felsnasen, die eine wirklich undurchdringliche Barriere vor der Eisküste bildeten. Zum ersten Mal konnte Mike die gestrandeten Schiffe und Wracks wirklich erkennen, die dieser Barriere zum Opfer gefallen waren. Sie bildeten ein fast geometrisches Muster vor dem halbrunden Strand, die andere Hälfte des gedachten Kreises, den die eisige Zufahrt zur Insel darstellte.

Und trotzdem war es nicht dieser Anblick, der Mike bis ins Mark erschütterte. Was ihn wie eine eisige Hand im Nacken berührte und sein Herz vor Schrecken eine Sekunde lang stillstehen ließ, das war vielmehr das, was er nicht sehen konnte. Die NAUTILUS. Das Schiff war verschwunden!

Wo es gelegen hatte, da erstreckte sich jetzt nur eine glatte, vollkommen unberührte Wasserfläche. Der Ozean war so klar, daß sein Blick bis tief unter die Wasseroberfläche reichte, aber er konnte die NAUTILUS auch dort nirgends sehen. Sie war einfach nicht mehr da. »Aber das... das gibt es doch nicht«, stammelte Juan. »Wo ist die NAUTILUS?«

»Verschwunden«, murmelte Trautman. »Sie ist fort.

Einfach verschwunden. So wie... wie die Insel vorhin!« Mikes Gedanken begannen sich wild im Kreis zu drehen. Ganz egal, ob es unmöglich war oder nicht, es gab nichts an den Tatsachen zu rütteln -das Unterseeboot war nicht mehr da. Entweder das, oder... ... oder sie waren nicht mehr dort, wo sich die NAUTILUS befand. Und der Rest der Welt. »Vielleicht... vielleicht können wir sie nur nicht mehr sehen«, stammelte Juan. Seine Stimme verriet, daß er einer Panik nahe war, aber damit befand er sich in guter Gesellschaft. Auch Mike fiel es immer schwerer, wenigstens äußerlich die Beherrschung zu wahren. Und den anderen wahrscheinlich auch. »Ja, das muß es sein!« stieß Juan hervor, offenbar verzweifelt darum bemüht, eine Erklärung für das Unerklärliche zu finden. Er war von allen an Bord immer der gewesen, dem es am schwersten fiel, irgend etwas zu akzeptieren, was er nicht mit Logik und klarerÜberlegung erklären konnte. »Sie ist noch da, aber irgendwie können wir sie nicht mehr sehen. Dasselbe muß vorhin mit der Insel passiert sein. Irgendeine... irgendeine Art von Spiegelung. So etwas wie eine umgekehrte Fata Morgana!«

Er sah Trautman flehend an, aber die Bestätigung, auf die er wartete, kam nicht. Mike war nicht einmal davon überzeugt, daß Trautman die Worte überhaupt gehört hatte. Er starrte noch immer fassungslos das Meer und die Stelle an, an der eigentlich die NAUTILUS sein sollte. Schließlich löste sich sein Blick von der Wasseroberfläche und glitt ein Stück nach rechts. »Das Boot«, murmelte er.

»Es ist auch verschwunden. « Mike blickte das Boot, neben dem noch immer Ben und Serena standen, einen Moment lang verständnislos an, ehe er begriff, daß Trautman von dem zweiten Boot der NAUTILUS sprach, mit dem Ben und er gekommen waren. Es hätte eigentlich jetzt, wo der Nebel nicht mehr da war, deutlich sichtbar auf dem Strand liegen müssen. Aber es war nicht da.

»Vielleicht hat es eine Welle fortgerissen«, sagte er. »Wir haben es festgebunden, genau wie ihr«, antwortete Trautman. »Unmöglich. «

Hinter Mikes Stirn jagten sich noch immer die Gedanken, aber sie begannen nun allmählich wieder in geordneteren Bahnen zu verlaufen. Irgend etwas war an diesen scheinbar unmöglichen Vorgängen, was doch wieder eine Art von Logik zu haben schien. Etwas Wichtiges, und es war im Grunde ganz einfach. Er mußte sich nur zwingen, einen Moment lang in Ruhe nachzudenken.

Juan schrie plötzlich gellend auf und deutete auf Ben, Serena und das zweite Boot, das noch immer ein kleines Stück vom Wasser entfernt auf dem Eis lag, und als Mikes Blick seinem ausgestreckten Arm folgte, da entrang sich auch seiner Kehle ein entsetzter Schrei. Das Boot begann zu verblassen.

Es war der gleiche Effekt wie vorhin beim Nebel, nur jetzt, wo er etwas Massives, Greifbares betraf, ungleich erschreckender: Das schmale Boot schien alle Farbe zu verlieren und sich in einen Schatten aus rauchigem Dunst zu verwandeln, der nur noch durch Zufall die Umrisse eines fünf Meter langen Bootes bildete, und nur eine Sekunde später konnten Mike und die anderen das Eis durch seinen Rumpf hindurchschimmern sehen.

»Serena! Ben!« schrie Trautman mit überschnappender, schriller Stimme. »Lauft!«

Seine Warnung wäre nicht nötig gewesen -die beiden hatten ebenfalls bemerkt, was mit dem Boot geschah, und reagierten ganz instinktiv -sie wirbelten auf der Stelle herum und rannten, was das Zeug hielt. Trotzdem hatten sie die Distanz zu Mike und den anderen noch nicht einmal zu einem Drittel hinter sich gebracht, als das Boot vollends durchsichtig zu werden begann und dann verschwand. Wie der Nebel, wie der Sturm und die NAUTILUS war es einfach nicht mehr da.

»Großer Gott!« flüsterte Trautman. Seine Hände zitterten, und sein Gesicht war fast so weiß wie das Eis, auf dem sie standen. »Weg hier. Wir... wir müssen von diesem Strand herunter, schnell!« Das letzte Wort hatte er geschrien. Noch bevor Ben und das Mädchen heran waren, lief er bereits mit weit ausgreifenden Schritten auf die Eiswand zu, wobei er Chris kurzerhand am Arm ergriff und hinter sich herzerrte. Die anderen folgten ihm, und auch Mike rannte über das Eis, so schnell es der glatte Untergrund zuließ -aber er hatte die ganze Zeit über das Gefühl, einen Fehler zu begehen. Etwas an dem, was sie taten, war falsch, aber er wußte einfach nicht, was. Und ihm blieb auch keine Zeit, darüber nachzudenken. Dicht vor Ben und Serena erreichte er die Eiswand, und Trautman faßte ihn grob am Arm und stieß ihn vorwärts. Mike griff nach oben und klammerte sich an dem Seil fest, das Singh an der Wand befestigt hatte, und seine Füße fanden einen schmalen, aber sicheren Halt auf den Steigeisen, die aus dem Eis ragten. Sofort begann er zu klettern, und die Todesangst, die sich mittlerweile in ihm breitgemacht hatte, verlieh ihm scheinbar übermenschliche Kräfte. Ehe er es sich auch nur versah, hatte er bereits die Hälfte der Strecke nach oben überwunden und mußte sein Tempo ein wenig zurücknehmen, da Chris vor ihm herkletterte. Ein Blick nach unten zeigte ihm, daß auch Juan und Serena bereits damit begonnen hatten, die Eismauer zu erklimmen. Ben griff in genau diesem Moment nach dem Seil, während Trautman noch dastand und den nunmehr leeren Strand anstarrte, auf dem das Schiff gelegen hatte, das -Und dann wußte Mike es.

Die Erkenntnis traf ihn so plötzlich, daß er vor lauter Überraschung fast das Seil losgelassen hätte. Im letzten Moment klammerte er sich wieder fest, hielt aber vollends im Klettern inne -und trat Juan, der ihm dichtauf folgte, prompt auf die Finger, als dieser nach dem Steigeisen griff.

»He!« protestierte Juan. »Bist du verrückt? Klettere weiter!«

»Aber das dürfen wir nicht!« keuchte Mike. »Es ist ein Fehler, verstehst du nicht? Wir müssen zurück!« »Du bist verrückt!« schrie Juan zurück. »Weiter, ehe ich dir Beine mache!« »Aber das ist -«

»Mike! Weiter!« donnerte Trautman von unten her, und in seiner Stimme lag eine solche Autorität, daß Mike ganz automatisch tat, was er verlangte, und weiterkletterte. Juan begann vor lauter Ungeduld und Angst unter ihm nachzuschieben, und so erreichte er fast gegen seinen Willen wenige Augenblicke später das obere Ende der Eiswand und zog sich mit einem letzten Ruck hinauf. Flüchtig nahm er zur Kenntnis, daß sich das Bild hier oben nicht von dem weiter unten unterschied -wohin er auch blickte, sah er nur blendendes Weiß. Er drehte sich herum und streckte die Hand aus, um Juan zu helfen. Der junge Spanier griff danach, zog sich mit einem Ruck, der Mike beinahe aus dem Gleichgewicht gebracht hätte, zu ihm hinauf und griff dann seinerseits nach unten, um Serena heraufzuhelfen. Auf diese Weise verging kaum mehr eine Minute, bis schließlich auch Ben und als letzter Trautman selbst oben auf dem Eis waren. Auf Trautmans Schulter hockte ein struppiges Fellbündel, das sich mit sämtlichen Krallen an der dicken Pelzjacke festhielt. Und wie es aussah, hatte Trautman es wohl im allerletzten Moment noch geschafft kaum war er ganz auf dem Eis und richtete sich auf, da begann das Seil in Mikes Händen zu zittern und vor ihm zu verblassen. Nicht einmal eine Sekunde später hielt Mike nur noch ein kurzes Tauende in den Fingern, so präzise und glatt abgeschnitten wie mit einem Skalpell. Eine Sekunde lang starrte er es an, dann ließ er es so plötzlich fallen, als hätte er glühendes Eisen berührt, und beugte sich behutsam vor. Er sah genau das, was er erwartet hatte. Trotzdem erschreckte es ihn zutiefst. Die Wand unter ihnen war wieder vollkommen glatt und unberührt. Nicht nur das Seil, auch die Haken, die Singh eingeschlagen hatte, waren nicht mehr da. Selbst die Löcher, in denen sie gesessen hatten, waren verschwunden. »Das war knapp«, sagte Trautman. »Ich dachte schon, ich schaffe es nicht mehr. «

Mikes Blick wanderte von einem Gesicht zum anderen. »Ich glaube, wir haben gerade einen schrecklichen Fehler gemacht«, sagte er. »Und welchen?« wollte Trautman wissen. Mike zögerte. »Ich hoffe, ich irre mich«, antwortete er dann, »aber ich fürchte, wir haben gerade selbst die Tür hinter uns zugeschlagen. Es fing damit an, daß die Insel verschwand, nicht? Und als nächstes dann die NAUTILUS und Trautmans Boot. « »Und?« fragte Trautman. »Worauf willst du hinaus?« Er klang ein wenig beunruhigt. Vielleicht ahnte er, was Mike meinte.

»Ich frage mich, ob vielleicht nicht die NAUTILUS und das Boot verschwunden sind, sondern wir«, antwortete Mike.

»Also, ich habe das Gefühl, ich bin noch hier«, sagte Ben spitz. »Allerdings beginne ich mich zu fragen, ob du noch ganz da bist. «

»Das kommt immer darauf an, wo dieses da ist«, sagte Mike ernst. »Was ich meine -vielleicht ist jetzt wieder dasselbe passiert wie vorhin, als die Insel vor euren Augen verschwunden ist. Wir hier habennichts davon gemerkt, aber für euch war sie einfach weg, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Überleg doch selbst - diese Insel muß riesig sein und dazu noch all diese gestrandeten Schiffe, die beweisen, daß sie nicht ganz so abseits von allen bekannten Routen liegen kann, wie wir bisher angenommen haben. Aber sie ist trotzdem auf keiner einzigen Karte eingezeichnet. Eigentlich ist das schwer vorstellbar, nicht?«

»Es ist aber so, oder?« antwortete Ben. »Da bin ich eben nicht mehr so sicher«, erwiderte Mike. »Wißt ihr, ich frage mich, ob in Wahrheit vielleicht nicht die NAUTILUS und die beiden Boote einfach verschwunden sind, sondern diese Insel hier. Zusammen mit uns. «

»Ich verstehe«, murmelte Trautman. »Du meinst, als das Boot vor unseren Augen verschwand, da... da kehrte es dahin zurück, wo auch das andere Boot und die NAUTILUS sind. «

»Ja«, sagte Mike. »Und wenn wir an Bord gewesen wären, dann hätte es uns wahrscheinlich mitgenommen. « »Oh«, sagte Juan. Mehr nicht - aber der betroffene Ausdruck auf seinem Gesicht machte auch jedes weitere Wort überflüssig. Zumindest er hatte vollends begriffen, worauf Mike hinauswollte.

»Du meinst, die Insel taucht manchmal auf und verschwindet wieder?« fragte Ben. »Und du meinst weiter, sie nimmt dabei nur die Dinge mit, die zu ihr gehören, nichts Fremdes, wie?« »So ungefähr«, bestätigte Mike.

Ben machte eine Geste, als wollte er seine Worte zur Seite fegen. »Selbst wenn es so ist«, sagte er. »Wir brauchen doch nur wieder hinunterzuklettern und abzuwarten, bis es wieder passiert. Danach landen wir dann automatisch wieder in unserer Welt. « »Hinunterklettern? Ohne Seil? Und selbst wenn -weißt du noch genau, wo die Boote waren, oder möchtest du es riskieren, dich plötzlich im eiskalten Wasser wiederzufinden und in einer Brandung, die dich sofort gegen die Felsen schmettert?«

»Hört auf zu streiten«, sagte Trautman müde. »Das nutzt uns jetzt auch nichts mehr. Wir werden jetzt Singh suchen, und dann überlegen wir gemeinsam, was wir weiter tun. « Er drehte sich einmal im Kreis. »Ich verstehe gar nicht, wo er bleibt. «

»Vielleicht hat er sich verirrt?« fragte Chris. »Kaum«, erwiderte Trautman kopfschüttelnd. »Singh würde niemals... «Er brach ab und runzelte nachdenklich die Stirn. »Dieser Nebel«, murmelte er. »Ich kann mich gar nicht erinnern, daß er vorhin da war. « Mike hingegen konnte sich sehr wohl erinnern - nämlich daran, daß es vor einer Minute hier oben ganz bestimmt nicht nebelig gewesen war. Sein Blick war weit und ungehindert über eine schier endlose weiße Einöde gegangen, die so groß war, daß sie mit dem Horizont verschmolz, ehe man ihr Ende erkennen konnte. Jetzt konnten sie kaum noch hundert Meter weit sehen. Und die Sicht wurde immer schlechter. Graue Schwaden trieben plötzlich zwischen Himmel und Erde, und in der Luft lag ein sonderbarer, feuchter Geruch, der vorhin auch noch nicht dagewesen war. Ganz wie unten am Strand erreichte sie der Nebel nicht wirklich, sondern stoppte seinen Vormarsch in einer Entfernung von fünfzehn oder zwanzig Metern, aber ebenso wie dort sahen sie sich schließlich von einer undurchdringlichen Mauer aus wattigem Grau eingeschlossen. Auch hier formte der Nebel einen Halbkreis, dessen gerade Fläche von der Eiswand gebildet wurde - nur daß diesmal ein Abgrund hinter ihnen lag, keine Wand. Aber Mike begriff plötzlich, daß die Fläche, die der unheimliche graue Dunst freiließ, immer einen perfekten Kreis darstellte, der von der eisigen Barriere in zwei präzise gleiche Hälften geteilt wurde. »Unheimlich«, flüsterte Ben. »Das ist beängstigend. « »Ja, und ich fürchte, Singh ist irgendwo dort drinnen«, sagte Trautman. »Vermutlich ist das der Grund, aus dem er nicht zurückgekommen ist. Vielleicht kann er es gar nicht mehr. «

Ben riß entsetzt die Augen auf und starrte Trautman an. »Sie wollen doch nicht etwa dort hineingehen und ihn suchen?« keuchte er.

»Hast du eine bessere Idee?« fragte Mike. Er machte eine ausholende Bewegung, die die freigebliebene Fläche einschloß. »Du kannst natürlich hierbleiben und darauf warten, daß ein Wunder geschieht«, sagte er. »Aber ich fürchte eher, daß du erfrieren wirst - oder verhungern. Ich gehe jedenfalls und suche Singh. « Ben wurde noch bleicher, aber Trautman sagte: »Also gut. Gehen wir. Aber bleibt dicht zusammen. Wenn wir uns in diesem Nebel verlieren, finden wir uns nie mehr wieder. «