121926.fb2 Das Tal der Giganten - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 9

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He -sag bloß, du bist auf den Baum geklettert und hast sie gepflückt! sagte Astaroth. Ich wußte gar nicht, daß du so sportlich bist. »Natürlich bin ich auf den Baum geklettert, um... «

Mike brach mitten im Wort ab, runzelte die Stirn und sah Serena fragend an.

»Wie bist du an die Frucht gekommen?« wollte er wissen.

Serena grinste. »Ich habe Astaroth gebeten, sie mir zu holen«, antwortete sie. »Was denn sonst? Schließlich ist er eine Katze, und Katzen klettern gern auf Bäume, oder?«

Mike wußte für den Moment nicht, ob er lachen oder wütend werden sollte. Er entschied sich für Lachen, und sei es nur, um Serena nicht allzu deutlich zu zeigen, wie sehr er sich über ihren kleinen Streich ärgerte. Bei passender Gelegenheit, dachte er, würden sie sich einmal gründlich über Serenas etwas sonderbaren Sinn für Humor unterhalten müssen. Schließlich hätte er sich bei der Kletterpartie sämtliche Knochen brechen können. Er beschloß aber, für den Moment das Thema zu wechseln.

»Hat Trautman mit Annie gesprochen?« fragte er, während sie die Früchte auf das Blatt häuften. »Ja«, bestätigte Serena. »Während du geschnarcht hast, als wolltest du den ganzen Wald absägen. Aber er hat nicht viel Neues erfahren. Sie ist immer noch sehr verstört. Ich hoffe, sie kommt darüber hinweg. « »Wenigstens wissen wir jetzt, wo ihre Eltern sind«, antwortete Mike. »Und daß sie noch leben. « »Hoffentlich«, sagte Serena.

Mike hielt für einen Moment in seiner Arbeit inne und sah auf. »Wie meinst du das?«

»Sie hat zwar erzählt, daß die Drachen ihren Vater und die anderen weggeschleppt haben«, antwortete Serena, »aber nicht, daß sie sie am Leben gelassen haben, oder? Sie waren vielleicht nicht besonders begeistert davon, daß man auf sie geschossen hat. « Natürlich hatte Mike auch schon daran gedacht. »Sie werden sie bestimmt nicht überwältigt haben, nur um sie dann umzubringen«, sagte er. »Das sind keine Tiere, Serena. Sie tragen Kleider und benutzen Werkzeuge. Es sind intelligente, denkende Wesen. « Das behauptet ihr Menschen von euch auch, sagte Astaroth.

»Vielleicht sollten wir versuchen, mit ihnen Kontakt aufzunehmen«, fuhr Mike ungerührt fort. Serena fuhr so erschrocken zusammen, daß sie die Frucht, die sie gerade in den Händen hielt, fallen ließ. »Nein!« sagte sie heftig.

Mike sah sie scharf an. »Wieso? Du weißt etwas über sie, stimmt's? Du weißt, was das für Geschöpfe sind. « »Nein«, antwortete Serena. Dann zuckte sie mit den Schultern. »Jedenfalls nicht... nicht genau. « Sie sah Mike immer noch nicht an.

»Aha«, antwortete Mike. »Ich verstehe. Wieder eine Legende, wie?« Er ergriff Serena am Arm und zwang sie, ihn anzusehen.

»Ja«, gestand Serena. »Eigentlich nicht einmal das. Es ist nur eine Geschichte. «

»Und du wolltest sie uns nicht erzählen«, sagte Mike ärgerlich. »Weder gestern nachmittag, als Chris eines dieser Wesen sah, noch gestern nacht. « Serena machte sich mit sanfter Gewalt los. »Es ist mir heute morgen erst wieder eingefallen!« »Wie praktisch!« sagte Mike zornig. »Und wenn du dich jetzt nicht verplappert hättest, hättest du es auch gleich wieder vergessen, wie?«

Sie sagt die Wahrheit, sagte Astaroth. Und sie hatte ihre Gründe, es euch nicht zu erzählen. Jedenfalls nicht gleich.

»Und welche?« wollte Mike wissen. Obwohl Serena Astaroths Antwort nicht hatte hören können, schien sie Mikes Frage doch zu verstehen. Wahrscheinlich waren seine Gedanken im Moment nicht allzu schwer zu erraten. »Mein Vater hat mir einmal davon erzählt«, sagte sie. »Er sagte, es wären die Nachkommen der alten Herrscher dieser Welt. Die Wesen, denen dieser Planet gehört hätte, wäre der Stern nicht vom Himmel gestürzt. Und deshalb hassen sie uns. Sie hätten sein können, was wir wurden. « »Und was ist daran so schlimm?« wollte Mike wissen.

»Daß wir nicht mit ihnen reden können«, antwortete Serena. »Mein Volk hat es versucht, aber sie wollten nicht mit uns sprechen. Sie hassen uns. Und sie sind furchtbar stark und sehr gefährlich. Mein Vater sagt, daß... daß sie uns besiegen würden, würden sie jemals den Weg in die richtige Welt finden. Ich war noch ganz klein, und ich habe immer gedacht, es wäre nur eine Geschichte, die er mir erzählt hat, um mich zu erschrecken. Aber jetzt... « »Stimmt das?« frage Mike Astaroth. Der Kater zögerte einen Moment zu antworten. Ich fürchte ja, sagte er dann. Man kann nicht mit ihnen reden. Wenn auch aus anderen Gründen, als sie meint. Mike verzichtete vorläufig darauf, den Kater nach der genauen Bedeutung dieser Worte zu fragen. Er war noch immer viel zu aufgebracht und trotz Astaroths Versicherungen ziemlich wütend auf Serena. »Wir sollten diese Geschichte Trautman erzählen«, sagte er. »Und auch alles andere, was dir vielleicht gerade erst wieder eingefallen ist. «

Serena sagte nichts dazu, aber der betroffene Ausdruck auf ihrem Gesicht überzeugte Mike, daß er mit seiner Vermutung ins Schwarze getroffen hatte. Er deutete auf die Früchte. »Die holen wir später«, sagte er. »Komm. «

Trautman hörte sich Serenas Geschichte schweigend und mit undeutbarem Gesichtsausdruck an, und er sagte auch gar nichts dazu. Die anderen jedoch reagierten sehr heftig, und Chris geriet bei Serenas Erzählung geradezu aus dem Häuschen.

»Was sie hätten werden können, wenn der Stern nicht vom Himmel gefallen wäre?« wiederholte er aufgeregt. »Serena, weißt du eigentlich, was das bedeutet? Dein Vater hatte recht. Viel mehr, als er wahrscheinlich selbst geahnt hat. «

»Ah ja, unsere wandernde Encyclopaedia Britannica«, sagte Ben spöttisch. »Ich nehme an, du weißt natürlich ganz genau, was diese Drachen sind?« »Ich glaube schon«, antwortete Chris, ohne auf Bens spöttelnden Tonfall einzugehen. »Ich habe einmal ein Buch darüber gelesen, weißt du? Manche Forscher glauben, daß die Entwicklung der Dinosaurier noch weitergegangen wäre, wenn sie nicht ausgestorbenwären. Überleg doch mal der Homo sapiens hat nur eine Million Jahre gebraucht, um sich vom Affen zum Menschen zu entwickeln -«

»Alle nicht«, sagte Ben. »Einige haben es bis heute nicht geschafft. «

»-und sie sind vor fünfundsechzig Millionen Jahren ausgestorben«, fuhr Chris ungerührt fort. »Sie hatten fünfundsechzigmal so lange Zeit wie wir. Sie hätten sich einfach weiterentwickeln müssen!« »Zu diesen... Drachen?« fragte Juan. »Quatsch, Drachen«, antwortete Chris. »Dinosauroiden. Den Wesen, die wir gestern gesehen haben! Ich glaube, das sind die intelligenten Nachfahren der Dinosaurier. Und ich habe sie als erste gesehen!« fügte er stolz hinzu.

»So furchtbar intelligent können sie aber nicht sein«, sagte Ben, »wenn sie sich die Zeit damit vertreiben, Jagd auf harmlose Schiffbrüchige zu machen. « Trautman machte eine verstohlene, warnende Handbewegung und sah gleichzeitig erschrocken in Annies Richtung. Aber das Mädchen saß noch immer mit leerem Blick in der Astgabel und starrte ins Nichts. Wahrscheinlich hatte es gar nicht gehört, worüber sie redeten. Trotzdem senkte Trautman die Stimme, als er antwortete:

»Es ist nicht gesagt, daß sie schuld an dem sind, was passiert ist. Keiner von uns war dabei, oder? Es ist immerhin möglich, daß Annies Leute auf sie zu schießen begannen und sie sich nur verteidigt haben. « »Und warum sollten sie das tun?« fragte Chris. »Vielleicht aus Angst«, antwortete Trautman. »Leider reagieren die Menschen oft feindselig, wenn sie auf etwas treffen, was sie nicht kennen. Mike hat recht wir sollten wirklich versuchen, Kontakt mit ihnen aufzunehmen. «

»Und wenn Serena recht hat?« fragte Ben. »Was ist, wenn man wirklich nicht mit ihnen reden kann?« »Das werden wir herausfinden«, antwortete Trautman. »Ich fürchte, wir haben sowieso keine andere Wahl. Schließlich können wir Annies Familie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Wir sollten bald aufbrechen. «

»Und wohin?« fragte Ben.

Trautman machte eine vage Geste. »Ich denke, es ist das klügste, wenn wir der Herde folgen. Vielleicht gelingt es uns, mit einem der Hirten Kontakt aufzunehmen. « »Bevor sie über uns herfallen, meinen Sie? « Ben deutete auf Chris. »Schon vergessen? Sie haben uns längst bemerkt. Wahrscheinlich schleichen sie bereits in der Gegend

herum und überlegen, wie sie uns am besten eine Falle

stellen können. «

Trautman lachte, auch wenn es nicht besonders amüsiert klang. »Dein Mißtrauen in Ehren, Ben -aber glaubst du wirklich, daß diese Wesen es nötig haben, uns eine Falle zu stellen? Ich schätze, daß ein einziger von ihnen stark genug ist, es mit uns allen aufzunehmen. « Ben wollte widersprechen, aber Trautman erklärte das Thema mit einer entsprechenden Handbewegung für beendet.

»Los jetzt«, sagte er. »Singh und ich werden versuchen, ein paar Waffen herzustellen. Vielleicht können wir einen Bogen bauen oder wenigstens einen Speer. « Er drehte sich zu Mike herum. »Mike, Chris und Astaroth, ihr könnt gehen und noch ein paar von diesen Früchten holen«, sagte er. »So viele ihr tragen könnt. Wir sind alle hungrig, und vielleicht finden wir so schnell keinen solchen Baum mehr. Sobald ihr zurück seid, brechen wir auf. «

Mike und Chris beeilten sich, Trautmans Aufforderung zu folgen. Begleitet von Astaroth, kletterten sie rasch wieder den Baum hinab und machten sich auf den Weg. Mike war noch immer verwirrt -ihm ging Astaroths Andeutung nicht aus dem Kopf. Was hatte er damit gemeint: Sie konnten nicht mit ihnen sprechen, aber aus ganz anderen Gründen, als Serena glaubt? Er bedauerte es jetzt, Trautman nichts davon erzählt zu haben, aber er sprach die Frage auch nicht laut aus. Astaroth lief keine zwei Meter neben ihm her, und er hatte seine Gedanken garantiert gelesen - das tat er praktisch immer, auch wenn er wußte, wie wenig Mike dies mochte. Hätte er Mikes entsprechende Frage beantworten wollen, so hätte er es längst getan.

Stimmt, sagte Astaroth.

»Würdest du mir denn wenigstens verraten, warum nicht?« maulte Mike. Chris sah ihn irritiert an, dann begriff er, daß Mike wieder mit dem Kater sprach, und schüttelte nur den Kopf. Hörst du gerne Musik? fragte Astaroth. »Musik? Sicher, aber -«

Auch gerne ganz schlechte? Ich meine die Art Musik, die wirklich in den Ohren weh tut? Bei der dir körperlich übel wird?

»Selbstverständlich nicht«, erwiderte Mike. »Aber was hat das mit den Dinoiden zu tun?«

»Dinosauroiden«, verbesserte ihn Chris betont. So ungefähr ist es, ihre Gedanken zu lesen, antwortete Astaroth. Ich habe es versucht -was denkst du denn? Er schüttelte sich. Brrrr. Nicht noch einmal, danke. Sie denken nicht wie wir. Es ist so, als ob du eine Sprache hörst, die dir weh tut. Das macht dir einen Knoten ins Gehirn, sag ich dir.

»Und das bedeutet automatisch, daß sie unsere Feinde sind?« fragte Mike zweifelnd.

Nein, antwortete Astaroth. Aber daß es sehr, sehr schwer ist, mit ihnen zu reden. Vielleicht ist es gar nicht möglich.

»Das glaube ich nicht, bevor wir es nicht versucht haben«, sagte Mike.

»Ihr redet über die Dinosauroiden?« vermutete Chris.

Mike nickte. Er hatte es sich längst abgewöhnt, alles, was er mit Astaroth besprach, umständlich zu übersetzen -das war auf die Dauer einfach zu kompliziert. Und die anderen hatten sich auch schon daran gewöhnt und verlangten es nicht mehr. Aber jetzt machte er eine Ausnahme und wiederholte ihr Gespräch noch einmal für Chris.

»Damit könnte er sogar recht haben«, sagte Chris. »Womit? Daß wir automatisch Feinde sind, nur weil wir nicht miteinander reden können?« Chris seufzte. »Ich fürchte, so einfach ist es nicht«, sagte er. »Wir reden hier nicht einfach über ein anderes Volk, das nur zufällig nicht unsere Sprache spricht und ungewohnt aussieht. Sie sind keine Menschen, Mike. Sie sind nicht einmal Tiere, wie wir sie kennen. Sie sind die Nachfahren von Reptilien. Sie sind in einer völlig anderen Welt aufgewachsen wie wir. Sie denken nach anderen Regeln. Sie haben andere Werte und sehen vieles anders als wir. Ihre Körpersprache ist anders, ihre Reaktionen. Was für uns wichtig ist, kann für sie völlig bedeutungslos sein und umgekehrt. Schon der winzigste Fehler kann eine Katastrophe heraufbeschwören. Schon etwas nicht zu tun kann falsch sein. « Er seufzte abermals. »Ich hoffe, daß ich mich irre, aber ich fürchte, daß es unvorstellbar schwer sein wird, mit ihnen zu reden. «

Er maß Astaroth mit einem fragenden Blick. Der Kater reagierte darauf nicht sichtbar, doch nach einigen Augenblicken hörte Mike seine lautlose Stimme in seinen Gedanken. Erstaunlich. Wirklich erstaunlich. »Was?«

fragte Mike.

Na ja, er ist der Jüngste von euch, oder? Und trotzdem kommt er mir manchmal wie der Klügste vor. Sollte ich mich vielleicht geirrt haben und ihr werdet schlau geboren und immer dümmer, je älter ihr werdet? »Was sagte er?« fragte Chris.

»Daß du... recht haben könntest«, antwortete Mike zögernd. Mittlerweile hatten sie den Waldrand erreicht und drangen hintereinander in das wieder dichtere Gebüsch ein. Sie hatten deutliche Spuren auf dem weichen Boden hinterlassen, so daß sich Mike keine Sorgen darüber machte, ob sie den Baum wiederfanden. Außerdem ging Astaroth voraus, dem es wesentlich leichter fiel, sich durch das Unterholz zu quetschen. Aber plötzlich blieb der Kater stehen, so abrupt, daß Mike ihm versehentlich auf den Schwanz trat, was ihm normalerweise einen Krallenhieb eingetragen hätte, zumindest aber eine Flut der übelsten Beschimpfungen. Jetzt schien Astaroth es nicht einmal zu bemerken. Er stand wie erstarrt da. Sein Fell war gesträubt, und sein Schwanz peitschte den Boden. »Was ist?« fragte Mike alarmiert. Ich... weiß nicht, antwortete Astaroth. Da vorne ist etwas. Aber ich kann nicht genau erkennen, was. Mike tauschte einen raschen Blick mit Chris, der ebenfalls stehengeblieben war. »Bleib zurück«, flüsterte er, ehe er vorsichtig weiterging.

Natürlich blieb Chris nicht zurück, sondern folgte ihm, als er weiterschlich. Aber er verhielt sich sehr vorsichtig, so daß Mike nichts dazu sagte. Auf Zehenspitzen bewegte er sich weiter, blieb schließlichabermals stehen und bog vorsichtig die Äste des dornigen Busches zur Seite, hinter dem sie die Früchte zurückgelassen hatten. Wie es aussah, hatten sie bereits einen Abnehmer gefunden. Dicht vor Mike stand ein zweibeiniges, braun und sandfarben gestreiftes Geschöpf, das wie eine viel kleinere Ausgabe des Raubsauriers aussah, der Mike gestern um ein Haar getötet hätte. Wie dieser bewegte er sich aufrecht auf zwei muskulösen Hinterbeinen, hatte einen schlanken, sehr langen Schwanz und einen übergroßen Kopf, aber seine Arme waren im Verhältnis zum Köper viel länger, und sie endeten in vierfingrigen, beinahe menschenähnlich aussehenden Händen. Und seine Tischmanieren ließen zu wünschen übrig. Der Saurier schmatzte und rülpste, daß man es eigentlich meilenweit hätte hören müssen. Mike fand es angebracht,sich zurückzuziehen. Doch dabei stolperte er über einige Äste, und trotz der Geräusche, die der Saurier von sich gab, schien er ihn gehört zu haben und drehte sich herum. Und Mike begriff schlagartig, daß die Größe eines Tieres nicht unbedingt etwas über seine Gefährlichkeit aussagen mußte.

Der Saurier war allerhöchstens anderthalb Meter groß, aber sein Kopf war so massig wie der eines Stieres, und in dem übergroßen Maul wuchs ein wahrer Wald aus zentimeterlangen, nadelspitzen Zähnen, die ganz eindeutig nicht nur dazu gedacht waren, Früchte zu zerreißen. Seine Hände büßten auf den zweiten Blick jede Menschenähnlichkeit wieder ein, denn an den schlanken Fingern saßen gut zehn Zentimeter lange, rasiermesserscharfe Krallen, und eine noch größere, gebogenen Klaue wuchs aus den mittleren seiner drei Zehen.

Seine Augen waren klein, böse und von einer beunruhigenden Schläue erfüllt.