122098.fb2 Der Wiedersacher - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 41

Der Wiedersacher - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 41

Es war gar kein Gesicht. Es sah aus wie ein Gesicht, es ähnelte den kantigen Zügen des CIA-Beamten bis ins Detail, aber es war das dritte Mal, daß Heidmann das unheimliche Gefühl hatte, etwas wie reine Bewegung ohne den dazugehörigen Körper zu sehen. Diesmal hielt die Illusion nur einen Sekundenbruchteil an, ehe er erkannte, was sich da bewegte.

Smith Gesicht brodelte. Es wimmelte. Seine vierschrötige Physiognomie schien in Hunderte und Aberhunderte winziger, asymmetrischerTeile zerbrochen zu sein, die perfekt ineinander paßten, von denen sich aber jedes einzelne unabhängig von allen anderen ständig bewegte, so daß das ganze Gesicht zu kochen und sich unentwegt zugleich aufzulösen als auch wieder neu zu formen schien.

Und genau dies geschah. Was er für Smith' Gesicht gehalten hatte, hatte nichts mit einem menschlichen Antlitz zu tun. Es waren Insekten. Tausende und Abertausende winziger, schimmernder Rückenpanzer in verschiedenen Farben und unterschiedlichen Formen, die jede für sich nicht größer als der Fingernagel eines Säuglings waren und sich zu einer perfekten Mimikri zusammengefügt hatten, die sie eine genaue Kopie des CIA-Mannes werden ließ. Beigefarbenes Chitin bildete die Haut und die Lippen, die dunkleren Rückenpanzer einiger größerer Käfer die Augen. Wimpern und Brauen wurden von einem Wald mikroskopisch feiner Fühler imitiert, die Zunge hinter den halb geöffneten Lippen schließlich war ein ineinandergeknoteter Strang rosafarbener nackter Würmer.

Heidmann wollte schreien, aber es ging nicht. Für einen Moment hatte er jede Kontrolle über seinen Körper verloren. Er konnte nur dastehen und die furchtbare Schimäre anstarren, die da aus den tiefsten Abgründen seiner eigenen Seele emporgestiegen war, um ihn mit dem absoluten Horror zu konfrontieren – denn das war die einzige Erklärung, die es für diesen Anblick gab. Er konnte nicht real sein. Er war zu bizarr, um Wahrheit zu sein, zu entsetzlich, um wirklich zu geschehen. Für eine letzte, verzweifelte Sekunde klammerte er sich mit aller Kraft an diese Vorstellung. Er erlebte das nicht wirklich!

Dann fuhr der Polizist neben ihm herum, taumelte wieder auf den Flur hinaus und begann sich dort würgend zu übergeben, und das Geräusch ließ nicht nur die Illusion zerplatzen und die Lähmung von Heidmann abfallen, es machte ihm auch klar, daß er sich in gleich zweifacher Hinsicht getäuscht hatte: Was er sah, war keine Halluzination, und es war auch keineswegs der absolute Horror. Es konnte schlimmer werden, denn als hätte diese Erkenntnis den unheimlichen Zauber gebrochen, begann sich Smith' Gesicht nun tatsächlich aufzulösen. Die imitierten Züge zerflossen, als die Insekten wie auf ein lautloses Kommando hin in allen Richtungen davonzueilen begannen. Darunter kam ein kahler, augenloserTotenschädel zum Vorschein, so blank und weiß wie eine Kopie aus Kunststoff und mit leeren Augenhöhlen, hinter denen es ebenfalls wimmelte und wuselte.

Und was für den Kopf galt, galt auch für den ganzen Körper. Smith' Hände rissen in Sekundenschnelle auf und ließen dünne Skelettfinger zurück, die haltlos auseinanderbrachen und einen wirren Knochenhaufen wie das Orakel eines höllischen Schamanen bildeten. Die Kleider begannen einzufallen wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht, als ein brodelnder Strom winziger Insekten aus den Ärmeln, den Hosenbeinen, den Kragen der plötzlich leeren Hülle hervorströmte. Der ganze entsetzliche Vorgang dauerte nicht einmal fünf Sekunden, dann stand Heidmann vor einem leeren Maßanzug, der sich über blankgefressenen Knochen spannte und inmitten eines größer werdenden Kreises aus Insekten, die in allen Richtungen vor ihm davonwichen. Mit ihnen verschwand derTeppich, der niemals ein Teppich gewesen war. Heidmann begriff plötzlich, woher das unheimliche Popcorngeräusch gekommen war, das seine Schritte verursachten: Was er für einenTeppich gehalten hatte, war eine zentimeterdicke Schicht aus Milliarden winziger Insekten, die den Boden lückenlos bedeckte, so wie auch das Muster auf denTapeten nicht aus Papier und Farbe bestand, sondern aus Chitin und Fühlern, Beinen und Flügeln und mikroskopisch feinen, schimmernden Kristallaugen. Seine verzweifelte Hoffnung, einer Halluzination erlegen zu sein, hatte sich nicht erfüllt. Die Bewegung, die er im Nichts zu sehen geglaubt hatte, war real, und sie hatte Substanz.

Mit einem Male wurde ihm klar, daß diese Erkenntnis noch eine weitere, vielleicht noch schlimmere Konsequenz hatte: er befand sich in Gefahr. Einer unvorstellbaren Gefahr, gegen die es absolut keine Gegenwehr gab. Auf einer anderen Ebene seines Bewußtseins wunderte sich Heidmann beinahe, daß er überhaupt noch in der Lage war, so etwas Banales wie Furcht zu empfinden, aber er empfand sie, und sie steigerte sich in Sekunden zu nackter Panik.

Er war so gut wie tot. Im Augenblick wichen die Insekten zwar noch immer vor ihm zurück, so daß er und das, was von Smith übriggeblieben war, sich genau im Zentrum eines rasch größer werdenden Kreises freien Bodens befanden, aber das änderte nichts daran, daß die tödlichen Kreaturen praktisch jeden Quadratzentimeter dieses Raumes bedeckten. Es waren nur winzige Insekten, aber es waren Unzählige, Milliarden und Abermilliarden winziger gepanzerter Krie ger, die in ihrer Gesamtheit eine riesige Freßmaschine bildeten, in deren Magen er sich befand. Er hatte gesehen, was sie Smith angetan hatten, und sie hatten es so schnell getan, daß der Amerikaner offenbar nicht einmal Zeit gefunden hatte, seine Waffe abzufeuern. Den Schuß hätten sie selbst draußen gehört.

Heidmann sah sich verzweifelt nach einem Fluchtweg um. Die Insekten waren überall – auf dem Boden, den Wänden, der Decke. Sie bildeten ein wimmelndes Muster auf der Tapete, flossen als knisternder, beweglicher Überzug über die Möbel und bedeckten die Fensterscheibe, hingen in großen, zitterndenTrauben von der Decke und waren vermutlich auch draußen im Hausflur. Der Polizist hatte aufgehört, sich zu übergeben, aber Heidmann hörte auch sonst nichts mehr von ihm. Vielleicht war er bereits tot.

Er hob in einer Geste vollkommener Hilflosigkeit die Pistole und zielte auf die Front klickender, rasselnder sechsbeiniger Zwergenritter, die ihn umgab, dann ließ er sie wieder sinken. Das Gewicht der Waffe verlieh ihm kein Gefühl von Sicherheit, sondern führte ihm die Ausweglosigkeit seiner Situation im Gegenteil nur noch deutlicher vor Augen. Trotzdem steckte er die Pistole nicht sofort ein, sondern drehte sich ein weiteres Mal und etwas langsamer im Kreis. Sein Fuß stieß dabei versehentlich gegen Smith' Schläfe. Der ausgehöhlte Totenschädel rollte wie eine mißgestaltete Bowlingkugel davon und verschwand in der Front der Insekten, deren Rückzug mittlerweile zum Stehen gekommen war. Dutzende der winzigen Kreaturen wurden einfach zerquetscht, aber schon einen Moment später war der Totenschädel verschwunden; jetzt nicht mehr als eine formlose Verdickung inmitten der Insektenarmee, deren Inneres von neuem, ungutem Leben erfüllt wurde.

Der Anblick war so entsetzlich, daß Heidmann instinktiv einen Schritt zurückprallte, ehe ihm bewußt wurde, daß er sich dadurch den Insekten in seinem Rücken wieder näherte und womöglich Gefahr lief, das Schicksal des Totenschädels zu teilen. Erschrocken blieb er stehen und fuhr auf dem Absatz herum.

Er hatte sich den Insekten nicht genähert. Die Front der Tiere war im gleichenTempo vor ihm zurückgewichen, in dem er sich auf sie zu bewegte.

Heidmann sah verblüfft hinter sich. Die Tiere waren dort wieder näher gekommen, so daß er sich noch immer im Zentrum eines perfekten, zwei Meter messenden Kreises befand. Heidmann machte einen zögernden Schritt, und der Kreis freien Bodens wanderte mit ihm. Er blieb wieder stehen, nahm all seinen Mut zusammen und trat dann einen Schritt zurück. Diesmal bewegte sich der Kreis nicht mit, sondern blieb, wo er war, so daß er sich nicht mehr in seinem Mittelpunkt befand. Erst als er sich wieder der Tür näherte, begannen die Insekten seine Bewegung erneut nachzuvollziehen.

Die Bedeutung dieser Beobachtung war so klar, daß Heidmann für einen Moment sogar seine Panik vergaß und die wimmelnde Insektenflut aus fassungslos aufgerissenen Augen anstarrte. Sie ließen ihn gehen! Es war vollkommen unmöglich. Es war absurd. Es war lächerlich, aber sie ließen ihn gehen!

Unmöglich! dachte er. Es konnte nicht sein. Insekten waren nicht zu einer so abstrakten intellektuellen Leistung fähig! Sie griffen ihre Opfer an oder ignorierten sie, aber sie waren nicht in der Lage, einem Gedankengang zu folgen, der darin gipfelte, einem Eindringling freien Abzug zu gewähren, solange er sich an die vorgegebene Richtung hielt.

Aber Insekten töteten auch normalerweise keine Menschen und nahmen dann die Stelle des Fleisches ein, das sie aufgefressen hatten …

Unendlich behutsam bewegte sich Heidmann weiter. Er hatte Angst, das Wunder selbst zu zerstören und die Tiere vielleicht durch eine unbedachte Bewegung zum Angriff zu reizen, aber seine schreckliche Eskorte rückte nicht näher. Der Kreis vollzog jede seiner Bewegungen getreulich nach, überflutete Smith' Skelett und eskortierte ihn zurTür und weiter hinaus auf den Flur.

Von den drei Polizeibeamten war keine Spur mehr zu sehen, aber Heidmann entdeckte auch keine Uniformfetzen oder Knochen. Dafür sah er etwas, das ihn fast noch mehr entsetzte: Aus irgendeinem Grund war es heller geworden, so daß er erkennen konnte, daß es auch hier draußen von Insekten wimmelte. Boden, Decke und Wände waren von einer brodelnden schwarzbraunen Schicht bedeckt, die mit jeder Sekunde noch weiter anzuwachsen schien.

Etwas berührte seinen Fuß; ein kaum spürbares, zaghaftes Zupfen, das er unter normalen Umständen kaum registriert

hätte. Jetzt aber waren alle seine Nerven bis zum Zerreißen angespannt, und er sah, hörte und fühlte zehnmal besser als sonst. Erschrocken senkte er den Blick – und prallte mit einem keuchenden Schrei zurück.

Er war stehengeblieben, nachdem er das Zimmer verlassen hatte, das zu Smith' Grab geworden war, aber der Kreis aus Insekten bewegte sich weiter; nicht einmal sehr schnell, aber unerbittlich. Die Bedeutung dieser Geste war klar: VERSCHWINDE! Sie war so deutlich, daß er das Wort regelrecht zu hören glaubte.

Heidmann fuhr herum und rannte schreiend auf den Ausgang zu. Der lebende Teppich teilte sich vor ihm aber nicht schnell genug, unter seinen Füßen wurden Hunderte der winzigenTiere zermalmt, so daß sich schon nach wenigen Schritten eine schmierige Schicht unter seinen Schuhsohlen bildete, auf der er auszugleiten drohte. Mehr taumelnd als rennend erreichte er die Tür, prallte ungeschickt dagegen und schaffte es erst beim zweiten Versuch, sie zu öffnen.

Als er auf die Straße hinauslief, fiel ein greller Scheinwerferstrahl in sein Gesicht. Eine Lautsprecherstimme schrie etwas, das er nicht verstand, denn unmittelbar über dem Haus kreiste mittlerweile ein Helikopter, dessen wirbelnde Rotoren einen heulenden Miniaturorkan entfachten. Das Licht war so grell, daß Heidmann instinktiv stehenblieb, sich duckte und schützend die rechte Hand vor die Augen riß. Er hatte vergessen, daß er noch immer die Pistole darin trug.

Eine ganze Salve von Schüssen fiel. Das Heulen der Hubschrauberturbine verschlang jedes Geräusch, aber zwischen den Büschen auf der anderen Straßenseite stachen plötzlich mehr als ein Dutzend winziger, orange-weißer Flämmchen hervor. Praktisch im gleichen Augenblick zerplatzte die Fensterscheibe neben ihm und aus dem Mauerwerk zu beiden Seiten der Tür stoben Funken.

Mehrere Dinge geschahen gleichzeitig: In der Fensterscheibe unmittelbar neben Brenners Gesicht erschien ein daumen

nagelgroßes, rundes Loch mit milchig zersplitterten Rändern, dann fiel die gesamte Scheibe wie in Zeitlupe zusammen, und ein heulender, unglaublich kalter Wind schlug Brenner ins Gesicht. Er hatte den Schuß nicht einmal gehört, ebensowenig wie den zweiten, aber er konnte die Kugel deutlich spüren, die ihn um wenige Zentimeter verfehlte, ehe sie sich auf der anderen Seite des Zimmers in die Wand grub. Salid schrie ihm eine weitere Warnung zu, aber er stand noch immer wie gelähmt da. Genau wie gerade eben draußen auf dem Flur wußte er genau, daß er sterben würde, wenn er sich nicht bewegte, und genau wie gerade konnte er es einfach nicht.

Vielleicht war es auch gut so, denn sonst hätten weder er noch Salid gesehen, was sich in diesem Augenblick unten auf der Straße abspielte. Noch während Salid auf ihn zusprang, um ihn vom Fenster wegzuzerren, wurde die Tür unter ihnen aufgerissen, und eine Gestalt in einem hellen Trenchcoat stolperte aus dem Haus. Sofort richtete sich der Scheinwerferstrahl direkt auf den Mann, der noch zwei, drei Schritte weitertaumelte und instinktiv die Hände vor das Gesicht riß.

Aus den Schatten auf der anderen Straßenseite stach grelles Mündungsfeuer. Die Gestalt wurde getroffen und zurückgeworfen, und im gleichen Moment fühlte sich auch Brenner von starken Händen gepackt und so wuchtig zu Boden geschleudert, daß ihm die Luft wegblieb. Dort, wo er gerade noch gestanden hatte, stoben plötzlich Holzsplitter und grauer Qualm aus dem Fensterrahmen.

»Untenbleiben! « Salid zerrte ihn grob an der Schulter mit sich, bis sie das Bett zwischen sich und das Fenster gebracht hatten, erst dann richtete er sich auf Hände und Knie hoch und gestattete auch Brenner, sich aufzusetzen.

»Sind Sie verrückt geworden?« schrie er. »Was sollte das? Wollen Sie sterben?«

»Sie … sie haben ihn einfach erschossen! « murmelte Brenner. »Es war einer von ihnen! Sie haben nicht einmal abgewartet, bis sie ihn erkennen konnten! «

Plötzlich erstrahlte das Zimmer in grellweißer Helligkeit, und gleichzeitig steigerte sich der Sturm, der durch das zerborstene Fenster hereinfauchte, zu einem tobenden Orkan. Der Helikopter näherte sich dem Haus.

»Raus hier!« schrie Salid. »Schnell!«

Brenner las die Worte nur von seinen Lippen ab; das Heulen der Rotorblätter verschlang jedes andere Geräusch. Aber er sah, wie die dem Fenster gegenüber liegende Wand plötzlich in einer weißgrauen Staubexplosion verschwand. Etwas traf das Bett hinter ihm und ließ es wie unter Faustschlägen erzittern, und wirbelnde weiße Federn mischten sich in die Staubwolke. Salid versetzte ihm einen Stoß, der ihn fast bis auf den Flur hinaus schlittern ließ, folgte ihm mit einem regelrechten Hechtsprung und robbte auf Händen und Knien bis zur nächsten Tür auf der gegenüber liegenden Seite. Erst dort richtete er sich wieder auf und gestikulierte Johannes und ihm hastig zu, ihm nachzukommen. Als Brenner ihm folgte und dabei einen Blick über die Schulter zurückwarf, sah er, wie die lautlose Zerstörung sich über das gesamte Zimmer ausbreitete, in dem sie gerade noch gewesen waren: das Waschbecken neben der Tür explodierte in Millionen Bruchstücke, dann zerbarsten das Bett und die übrigen Möbelstücke. So völlig absurd der Gedanke auch Brenner selbst erschien, es gab nur eine einzige Erklärung dafür: Irgend jemand feuerte mit einem Maschinengewehr durch das Fenster herein; wahrscheinlich aus dem Helikopter, der nun unmittelbar vor dem Haus schwebte.

Salid mußte ihn erneut am Arm packen und unsanft zu sich heranzerren, ersparte sich aber diesmal jeden Kommentar, sondern warf nur die Tür ins Schloß und eilte dann mit zwei gewaltigen Schritten zum Fenster. Nachdem er sich mit einem raschen Blick davon überzeugt hatte, daß von dort keine unmittelbare Gefahr drohte, drehte er sich wieder zu Brenner und Johannes herum und sah sie nacheinander und kopfschüttelnd an. »Hört mir zu«, sagte er. »Ich bringe euch hier heraus, aber das geht nur, wenn ihr tut, was ich sage. Keine Extratouren und keine Fragen. Die Jungs da draußen meinen es ernst! «

Brenner hatte das unangenehme Gefühl, daß diese Worte im Grunde nur ihm galten, aber es war Johannes, der antwortete:

»Aber das ist doch … Wahnsinn! « stammelte er. »Sie können nicht einfach auf uns schießen. Wir haben nichts getan! « »Ich fürchte, das interessiert die Männer dort draußen nicht«, erwiderte Salid ernst.

»Aber das kann nicht sein! « antwortete Johannes. Seine Stimme zitterte und war schrill und mißtönend. Er war kurz davor, in Panik auszubrechen. »Wir haben nichts damit zu tun! Wir sind nur – «

»Unschuldige?« Salid lachte hart. »Gerade Sie sollten doch wissen, daß es so etwas wie Unschuld nicht gibt. «

»Hören Sie auf! « keuchte Johannes. Er trat auf Salid zu und hob die Hände, als wolle er sich auf ihn stürzen. »Wir haben mit dem Ganzen nichts zu tun! Sie jagen Sie, aber nicht uns! «

»Sind Sie sicher?« fragte Salid leise.

Johannes starrte ihn an. »Was … was meinen Sie damit?« »Vielleicht wissen wir alle drei schon zuviel«, erwiderte Salid. Er schwieg einen Moment, und als er weitersprach, war seine Stimme hörbar leiser geworden. »Verzeihen Sie. Ich … rede wahrscheinlich Unsinn. Es tut mir leid, daß ich Sie in diese Situation gebracht habe. Ich würde mich stellen, wenn ich genau wüßte, daß ich Sie und Brenner damit rette, aber ich fürchte, das würde nichts nutzen.« Er machte eine Handbewegung zurTür hin. »Sie haben gesehen, was passiert ist.« Johannes' Lippen begannen zu beben. Seine Augen wurden noch größer. Sie waren jetzt fast schwarz vor Furcht. »Sie … Sie meinen – «

»Er meint, daß die Männer dort draußen dafür sorgen werden, daß keiner von uns das Haus lebend verläßt«, unterbrach ihn Brenner. Er hatte nicht die Kraft, Johannes bei diesen Worten direkt anzusehen, aber er las in Salids Augen, daß er der Wahrheit damit wohl ziemlich nahe gekommen war.

»Warum?« fragte er.

Salid sah ihn für die Dauer eines langen Atemzuges schweigend und mit einer Mischung ausTrauer und Ernst an.

Er drehte sich zum Fenster und warf einen sichernden Blick nach draußen, ehe er antwortete.

»Ein amerikanischer CIA-Agent, der mir seit langem auf der Spur ist. Ich kenne nicht einmal seinen Namen. Er hat die Leute aufgehetzt.«

»Unsinn!« sagte Brenner. Er gestikulierte fast wütend in Richtung des Fensters. »Was geht dort draußen vor, Salid? Wer sind diese Männer? Warum jagen sie Sie wirklich?«

»Haben Sie keine Nachrichten gehört?« fragte Salid. »Die Katastrophe vor drei Tagen war meine Schuld. Wenigstens ist das die offizielle Version.«

»Und was war es?«