122162.fb2 Die Herren der Tiefe - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 16

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»Über nichts Besonderes«, sagte Mike ausweichend. Trautmans Blick machte deutlich, was er von dieser Antwort hielt. Aber er ging nicht weiter darauf ein, sondern sagte: »Frag ihn, wie es in der Stadt aussieht.«Auch nicht anders als vorhin,antwortete Astaroth, ehe Mike die Worte wiederholen konnte.Sie streitet wieder mit Denholm. Aber ich fürchte, ihre Geduld wird bald am Ende sein, und dann möchte ich nicht in Denholms Haut stecken.

Mike übersetzte, und Trautman machte ein besorgtes Gesicht. »Und was ist mit André – und vor allem Malcolm? Sie haben ihn doch nicht tatsächlich festgenommen, oder?«

Nein,antwortete Astaroth.Deswegen ist sie ja so wütend. Ewern Freund geht es gut. Er wollte noch ein bißchen bei dem Menschenjungen bleiben.

Mike übersetzte wieder, wobei er den Begriff »Menschenjunges« aber vorsichtshalber durch das Wort »Mädchen« ersetzte.

»Ich fürchte, daß Ganze wird böse enden«, sagte Trautman kopfschüttelnd. »Und es gibt nichts, was wir tun können.« »Vielleicht doch«, sagte Mike. »Ich werde noch einmal mit ihr reden. Vielleicht nimmt sie doch noch Vernunft an.«

Kaum, sagteAstaroth traurig.Dein Freund hat recht. Es wird ein böses Ende nehmen. Sie glaubt, daß das alles hier ihr gehört. Und glaube mir, sie ist durchaus in der Lage, ihren Willen durchzusetzen.Er ließ einen Laut hören, der fast wie ein menschliches Seufzen klang.Deswegen bin ich auch hier,fuhr er fort.Ich mag nicht mehr bei ihr sein. Außerdem braucht sie mich nicht mehr. Könntest du… deine Freunde fragen, ob sie mich mitnehmen?

Mike verstand im ersten Moment nicht, wovon der Kater sprach. »Du meinst, du willst nicht mehr bei ihr bleiben?« vergewisserte er sich.

Wozu? Meine Aufgabe ist erfüllt. Ich glaube, sie wird es nicht einmal merken, wenn ich weg bin.

Und erst jetzt verstand Mike den letzten Satz, den der Kater gesagt hatte. Eine Sekunde lang starrte er Astaroth an, dann hob er mit einem Ruck den Kopf und wandte sich wieder Trautman und den anderen zu.

»Was ist?« fragte Trautman. »Wieso siehst du so erschrocken drein? Was hat Astaroth gesagt?« »Er hat mich gebeten, euch zu fragen, ob ihr ihn mitnehmt«, antwortete Mike langsam. »Was soll das heißen?«

Trautman fuhr zusammen, und Juan und Ben senkten betreten den Blick.

»Also doch«, sagte Mike. »Ihr verschweigt mir etwas. Was ist es?«

Trautman sagte noch immer nichts, aber das war auch nicht nötig. Ganz plötzlich war alles klar – so klar, daß Mike sich verblüfft fragte, wieso er eigentlich nicht schon längst von sich aus darauf gekommen war. »Ihr wollt fliehen«, sagte er. »Ihr habt vor, die Nautilus zu nehmen und von hier zu verschwinden, nicht wahr?«

»So… ungefähr«, sagte Trautman zögernd. »Aber –«

»Und ihr hattet vor, mich hier zurückzulassen!« unterbrach ihn Mike. »Deshalb die ganze Geheimnistuerei, stimmt’s? Ihr wolltet nicht, daß ich es erfahre!«

»Selbstverständlich stimmt das nicht«, antwortete Trautman gekränkt. »Wir hätten es dir gesagt, aber noch nicht jetzt.«

»Ach – und warum nicht? Hattet ihr Angst, ich würde euch verraten?« Er konnte sehen, wie sehr seine Worte Trautman schmerzten, aber das war ihm in diesem Moment vollkommen egal.

»Ganz genau«, antwortete Ben ruhig. »Deshalb haben wir dir nichts gesagt. Aber keine Sorge – wir hätten dich schon mitgenommen. Obwohl ich mich zu fragen beginne, ob es sich überhaupt lohnt.«

Trautman warf dem jungen Engländer einen warnenden Blick zu und wandte sich dann an Mike. »Das ist Unsinn, Mike. Wir wissen, daß du uns niemals verraten würdest. Was Ben meint, ist, daß du es nicht wissen durftest, damit Serena es nicht erfährt.«

»Glauben Sie, ich hätte euch –«

»Sie hätte es in deinen Gedanken gelesen«, unterbrach ihn Trautman. »Im gleichen Augenblick, in dem du ihr gegenübergestanden hättest.Deshalbdurftest du es nicht wissen, aus keinem anderen Grund.«

Plötzlich kam sich Mike schäbig und gemein vor. Der Verdacht, den er ausgesprochen hatte, war so ungeheuerlich, daß er sich plötzlich seiner eigenen Gedanken schämte. Er wußte, daß Trautman die Wahrheit sagte. Und das war wohl auch der Grund, aus dem er und die anderen Serena unten in der Stadt aus dem Weg gegangen waren. Verlegen senkte er den Blick.

»Es tut mir leid«, murmelte er.

»Schon gut.« Trautman winkte ab. »Ich kann dich verstehen. Mir selbst war auch nicht wohl dabei, dich zu hintergehen, aber wir hatten keine andere Wahl. Es ist schwer, ein Geheimnis zu wahren, wenn es jemanden gibt, der deine Gedanken lesen kann.«

»Aber ihr… ihr könnt die Leute hier doch nicht einfach im Stich lassen!« sagte Mike. »Ich meine, irgend etwas muß man doch für sie tun!«

Nein,antwortete Astaroth an Trautmans Stelle.Er hat recht, glaub mir. Ihr könnt nichts tun. Sie wird nicht zulassen, daß irgend jemand ihr die Macht hier streitig macht. Und sie weiß, wie gefährlich ihr für sie seid. Sie hat vor, euer Schiff zu zerstören.

»Stimmt das?« fragte Mike laut. »Astaroth sagt, daß sie die NAUTILUS zerstören will?«

»Ja«, antwortete Trautman traurig. »Sie hat Denholms Leuten befohlen, das Schiff auseinanderzubauen. Vielleicht ahnt sie, was wir vorhaben. Sie haben noch nicht damit begonnen, aber wenn sie es erst einmal tun, gibt es keinen Weg mehr hier heraus.« Seine Stimme wurde leiser, aber auch eindringlicher.

»Wir müssen hier weg, Mike. Vielleicht… vielleicht können

wir später noch einmal zurückkommen, aber im Augenblick ist unsere einzige Chance, mit der NAUTILUS von hier zu verschwinden. Ohne sie kommen wir nie wieder nach oben.«

»Und wann?« fragte Mike. »Habt ihr schon einen Plan?« »Soweit man es so nennen kann«, antwortete Trautman. »Wir hatten vor, noch zwei oder drei Tage zu warten, aber ich fürchte, soviel Zeit bleibt uns nicht mehr. Ich war gestern auf der NAUTILUS und habe mich umgesehen. Sie hat ein paar kleinere Schäden abbekommen, aber im großen und ganzen ist sie in Ordnung. Mit ein bißchen Glück schaffen wir es bis zur Meeresoberfläche hinauf.«

»Und die Qualle?« fragte Mike.

Trautman zuckte mit den Schultern. »Wir müssen es eben versuchen. Vielleicht schaffen wir es irgendwie, ihr zu entkommen. Es ist gefährlich, ich weiß, aber wir sind fest entschlossen, es zu riskieren.«

Mike schwieg. Die Vorstellung, einfach wegzugehen und Denholm und die anderen ihrem Schicksal – und Serena! – zu lassen, war ihm unerträglich. Es kam ihm so feige vor.

Mut am falschen Platz ist manchmal Dummheit,sagte Astaroth. »Also gut«, sagte Mike schweren Herzens. »Wann brechen wir auf?« Trautman schwieg noch eine Sekunde. Dann sagte er: »Heute Abend!«

Das Volk wollte an diesem Abend ein Fest feiern, erklärte Trautman, und das wollten sie ausnutzen, sich an Bord der NAUTILUS schleichen und versuchen zu fliehen. Bis zum Beginn dieses Festes würden noch gute zwei Stunden vergehen, und Trautman wollte so lange abwarten, um auch wirklich sicher zu sein, daß sie keiner Wache oder einem verspäteten Besucher des Festes in die Hände liefen, wenn sie sich auf den Weg zum Hafen machten. Da Mike es nun nicht mehr riskieren konnte, ins Dorf zurückzugehen, hatte sich Astaroth angeboten, André zu holen, und alle hatten zugestimmt. Trautman hatte dem Kater einen Zettel ins Maul gesteckt, auf dem er André mit wenigen und bewußt vage gehaltenen Worten bat, zum Strand hinunterzukommen, wo sie sich treffen wollten. Selbst wenn dieser Zettel Serena oder einem Angehörigen des Volkes in die Hände fallen sollte, würden sie nichts damit anfangen können, denn sie konnten die heutige Schrift ja nicht lesen.

Endlich war es soweit, und sie verließen die Hütte auf der Klippe und machten sich wieder auf den Weg zum Korallenwald. Während sie den Hang hinuntergingen, blieb Mikes Blick wieder an den bizarren Türmen und Mauern der Alten Stadt hängen, die sich auf der anderen Seite der Bucht erhob. Der Anblick war noch unheimlicher als das erste Mal, jetzt, wo er wußte, welche Wesen diese Stadt bewohnten. Vielleicht war es Einbildung, aber er glaubte zu spüren, daß von dieser Stadt etwas Ungutes ausging, als wäre dort drüben irgend etwas, was lauerte und wartete, etwas Uraltes und Mächtiges, das einen unsichtbaren Schatten über die Bucht warf.

Sie waren nun am Fuße des Hügels und am Fluß angekommen, überschritten aber nicht die Brücke, sondern wandten sich nach rechts und folgten einem schmalen Weg, der durch den Korallenwald führte und schon nach wenigen Minuten am Strand endete.

Trautman deutete ihnen mit einer Geste, zurückzubleiben, und lief zusammen mit Singh los, um die Umgebung zu überprüfen. Trautman selbst kam schon nach ein paar Minuten zurück. Er sah nicht mehr so besorgt drein, blieb aber trotzdem angespannt und ermahnte auch die Jungen, sich ruhig zu verhalten und genau zu tun, was er ihnen sagte.

Mike beunruhigte dieses Verhalten mehr, als er im ersten Augenblick zugeben wollte. Der Strand lag zwar ruhig und menschenleer vor ihnen, aber das mußte ja nicht bedeuten, daß sich niemand im Korallenwald versteckt hatte. Doch sie erreichten unbehelligt das Wasser und stiegen in ein kleines Ruderboot, das dort auf sie wartete. Trautman hatte ihre Flucht offensichtlich gründlich vorbereitet.

Die NAUTILUS lag noch immer an der gleichen Stelle, an der sie sie nach dem Überfall am ersten Tag zurückgelassen hatten, so daß sie ein gutes Stück rudern mußten. Mike wurde immer nervöser. Nirgendwo in ihrer Nähe zeigte sich auch nur eine Spur von Leben; die Schiffswracks, an denen sie vorüberkamen, waren leer, und auch das Wasser lag vollkommen ruhig da. Von der Riesenqualle war keine Spur mehr zu sehen. Wahrscheinlich war sie wieder ins offene Meer hinausgeschwommen. Mikes Beunruhigung wuchs. Erst als sie die NAUTILUS erreichten und das Boot mit einem hörbaren Geräusch gegen den metallenen Rumpf des Unterseebootes stieß, begann er allmählich Hoffnung zu schöpfen.

Hintereinander kletterten sie auf die NAUTILUS hinauf und betraten kurz darauf den Turm. Einzig Singh begleitete sie nicht, sondern ruderte sofort zurück, um am Strand auf André und den Kater zu warten. Mike sah ihm mit gemischten Gefühlen nach. Er fragte sich, ob es wirklich richtig war, Singh immer die gefährlichsten Missionen ausführen zu lassen.

»Also los jetzt!« rief Trautman, während er mit raschen Schritten die Treppe hinunterzugehen begann. »Wir haben eine Menge zu tun. Wenn André kommt, müssen wir bereit zum Ablegen sein.« Auch wenn er es nicht laut aussprach, so glaubte Mike doch in diesen Worten einen leichten Unterton von Besorgnis zu hören. Offensichtlich rechnete auch Trautman nicht damit, daß weiter alles so gut ging wie bisher.

Sie erreichten den Salon, der zugleich der Steuerraum des Tauchbootes war, und Trautman machte sich zusammen mit Juan und Ben sofort daran, das Schiff startbereit zu machen. So phantastisch und weit entwickelt die Maschinen der NAUTILUS auch waren, es waren auch ungeheuer komplizierte Maschinen, die in der richtigen Reihenfolge gestartet werden mußten und ihre Zeit brauchten, um zum Leben zu erwachen.

Doch selbst wenn ihre Flucht gelang, stand ihnen das größte Problem ja noch bevor – die Riesenqualle, die zweifellos sofort wieder Jagd auf sie machen würde. Mikes Zutrauen in Trautmans Fähigkeiten war zwar nahezu unerschütterlich, aber er fragte sich trotzdem, wie siedamitfertig werden sollten. Das Tier hatte ja schon hinlänglich bewiesen, daß es sowohl schneller als auch stärker war als die NAUTILUS.

Die Zeit schien stehengeblieben zu sein. Mike ertappte sich immer öfter dabei, wie er ungeduldig auf die Uhr an der Wand neben dem Eingang blickte, deren Zeiger sich einfach nicht von der Stelle bewegen wollten. Trautman mußte die NAUTILUS längst angeworfen haben, aber noch rührten sich die mächtigen Maschinen des Schiffes nicht.

Schließlich hörte er ein dumpfes Geräusch, das lang durch den gesamten Rumpf der NAUTILUS hallte. Im ersten Moment konnte er es sich nicht erklären, doch dann vernahm er Schritte, die auf dem stählernen Deck über ihren Köpfen polterten. Was er gehört hatte, war das Anlegen des Bootes. Singh kam mit Astaroth und André zurück. Endlich. Erleichtert wandte sich Mike zu Trautman um.

Aber es war dem weißhaarigen Steuermann immer noch nicht gelungen, die Motoren des Schiffes zu starten. Er versuchte zwar, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen, aber weder Mike noch den anderen Jungen entging es, daß seine Bewegungen immer fahriger wurden und seine Blicke, mit denen er die Instrumente auf dem Pult vor sich musterte, immer verzweifelter.

»Stimmt etwas nicht?« fragte Mike.

Trautman zuckte mit den Schultern. »Ich… verstehe das nicht«, sagte er. »Alles ist in Ordnung. Den Instrumenten zufolge mußten die Maschinen längst laufen.