122163.fb2 Die Insel der Vulkane - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 11

Die Insel der Vulkane - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 11

»Das hatte ich gehofft«, korrigierte ihn Delamere. »Aber die Lava hat sich einen anderen Weg gesucht... keine Sorge. Ich kenne diese Insel dort hinten. Sie war unbewohnt. Und genau genommen ist es so besser.« »Wieso?«

»Sie liegt noch einmal fast zwanzig Meilen von Hathi entfernt«, antwortete Delamere. »Außerdem hätte ein Ausbruch auf dem Meeresboden vielleicht eine gewaltige Springflut zur Folge gehabt. So bekommen sie allenfalls ein bisschen Asche ab.« »Das da sieht nicht gerade harmlos aus«, sagte Mike. Jacques zuckte nur mit den Schultern. »Wir sind über sechzig Seemeilen von Hathi entfernt«, sagte er. »Das sind fast hundert Kilometer. Ich glaube nicht, dass sie in Gefahr sind.«

»In ein paar Stunden wissen wir es«, antwortete Trautman.

»Die Maschinen laufen wieder. Wir werden zwar nicht unsere Höchstgeschwindigkeit erreichen, aber in ein paar Stunden müssten wir zurück sein.«

In einem Punkt irrte sich Delamere: Der Vulkanausbruch, dessen unmittelbarer Zeuge sie geworden waren, war nicht die letzte Eruption. Ungefähr auf halbem Weg nach Hathi beobachteten sie eine weitere, lodernde Feuersäule, die weit im Westen nach dem Himmel griff, und ein paar Mal erbebte das Meer und legte auf diese Weise Zeugnis von weiteren, unterseeischen Ausbrüchen ab. Keiner von ihnen wagte es, den Gedanken laut auszusprechen, nicht nach allem, was sie hinter sich hatten, aber Mike las auf den Gesichtern der anderen einschließlich Trautmans -, dass sie sich ebenso wie er allmählich zu fragen begannen, ob Delameres Plan vielleicht nicht aufgegangen war und möglicherweise alles umsonst gewesen sein mochte.

Der Himmel über ihnen blieb dunkel, auch als sie sich Hathi näherten. Trautman navigierte das Schiff nur nach seinen Instrumenten, und als sie die Insel endlich erreichten, da fuhr er so behutsam in die Bucht ein, wie Mike es selten zuvor erlebt hatte. Wie sich zeigte, mit Recht. Die NAUTILUS schrammte einoder zweimal an plötzlich aufgetauchten Hindernissen vorbei und sie mussten ein gutes Stück weiter von der Küste entfernt anhalten als beim letzten Mal.

»Das gefällt mir nicht«, sagte Trautman düster. »Diese Felsen waren vorher nicht da.« »Der Meeresboden hat sich verändert«, bestätigte Delamere.

»Ja«, fügte Trautman hinzu. »Und das bedeutet, dass es hier auch nicht unbedingt friedlich geblieben ist.« »Was haben Sie erwartet?«, fragte Delamere in scharfem Ton. »Sie haben dochgesehen,mit welchen Gewalten wir es zu tun haben! Außerdem habe ich nie behauptet, dass es funktioniert!« »Ich frage mich nur, was die Pahuma von der Situation halten«, sagte Ben. »Sie versprechen, ihre Götter zu beruhigen, und kaum ziehen Sie los um Ihr Versprechen einzulösen, da wird der Tag zur Nacht und das Meer fängt an zu beben. Ich hoffe, sie lassen ihre Enttäuschung nicht an ihren Gefangenen aus.« »Es war nichtmeineIdee«, antwortete Delamere ärgerlich, »sondern die deines Freundes.« »Und aus genau diesem Grund werde ich Sie auch begleiten«, sagte Mike.

Aus irgendeinem Grund schien Delamere dieser Vorschlag nicht zu gefallen. Er sah Mike auf sonderbare Weise an, druckste einen Moment herum und schüttelte heftig den Kopf. »Das ist nicht nötig«, antwortete er. »Wenn dieser alte Häuptling sein Wort hält, dann kann ich alles genauso gut allein erledigen. Und wenn nicht, gibt es keinen Grund, dein Leben auch noch in Gefahr zu bringen.«

Mike war nicht ganz sicher, was er von diesen Worten halten sollte. Ein solcher Edelmut passte gar nicht zu dem Belgier, so wie er ihn bisher kennen gelernt hatte. Und auch, wenn Jacques' Worte vernünftig klangen, so spürte er doch irgendwie, dass das nicht der einzige Grund war, aus dem er ihn nicht dabeihaben wollte. Plötzlich wünschte er sich nichts mehr, als dass Astaroth hier wäre.

Außerdem würde er niemals hier sitzen bleiben und in aller Ruhe abwarten ohne zu wissen, wie es Serena ging.

»Kommt nicht in Frage!«, sagte er entschieden. »Ich komme mit.«

»Und ich ebenfalls.« Trautman machte eine entschiedene Handbewegung, die jeden Widerspruch schon im Keim erstickte. »Kommt.«

Delamere sah für einen Moment regelrecht bestürzt drein, sagte aber nichts, sondern drehte sich herum und stampfte mit finsterem Gesicht aus dem Salon. Trautman sah ihm kopfschüttelnd nach, beließ es aber bei einem bloßen Achselzucken und einer entsprechenden Geste in Mikes Richtung, ihm zu folgen. Trotzdem war Mike klar, dass er Delamere ebenso wenig traute wie er selbst.

Sie verließen die NAUTILUS, ließen das Boot zu Wasser und ruderten zur Insel hinüber. Ein intensiver Brandgeruch lag in der Luft und vom Himmel fiel noch immer Asche in grauen Flocken wie heißer Schnee, der aber nicht schmolz, wenn er das Boot oder seine Insassen berührte, sondern eine schmierige, graue Schicht bildete, die in den Augen brannte und das Atmen schwer machte. Es war auch hier, Stunden vom Zentrum der Eruption entfernt, fast vollkommen dunkel. Trautman hatte den starken Scheinwerfer eingeschaltet, der im Bug des kleinen Ruderbootes befestigt war, aber der grellweiße Strahl erreichte nicht einmal das Ufer, sondern verlor sich schon nach wenigen Metern in tanzenden Flocken und absoluter Schwärze. Obwohl sie nur fünf Minuten brauchten um das Ufer zu erreichen, war das Boot fast zur Hälfte mit Asche gefüllt und seine drei Insassen mit einer grauen Schicht überpudert. Trautman und Mike zogen das Beiboot so weit auf den aschebedeckten Strand hinauf, wie sie konnten. Delamere stand nur dabei und sah ihnen zu, aber weder Trautman noch Mike verloren auch nur ein Wort darüber. Irgendetwas stimmte mit dem Vulkanologen nicht, das war jetzt kaum mehr zu übersehen. Aber sie würden später noch Zeit genug haben, sich den Kopf darüber zu zerbrechen - oder schlimmstenfalls Astaroth mit der Aufgabe zu betrauen, die Wahrheit herauszufinden. Jetzt war es Mike im Grunde nur wichtig, Serena und Singh zu holen und so schnell wie möglich wieder von hier zu verschwinden.

Die Insel selbst bot einen fast noch unheimlicheren Anblick als das Meer. Auch hier herrschte eine solche Dunkelheit, dass sie nur wenige Schritte weit sehen konnten -und das Wenige, was in dieseraschedurchsetzten Düsternis überhaupt zu erkennen war, schien kaum noch Ähnlichkeit mit dem tropischen Inselparadies zu haben, als das sich ihnen das Eiland vor kaum vierundzwanzig Stunden noch präsentiert hatte. Der Dschungel war grau, ohne Farben und fast ohne Schattierungen. Die Blätter der großen Palmbäume bogen sich unter dem Gewicht der Asche, die auf ihnen lastete, und selbst zwischen den Bäumen bedeckte eine knöcheltiefe, warme Schicht den Boden. Die Luft roch so intensiv verbrannt, dass Mike eigentlich erwartete, nur noch verkohlte Strünke und zu Lava erstarrtes Erdreich zu sehen, was aber nicht der Fall war; auch später nicht, als sie tiefer in den Dschungel eindrangen. Der Brandgeruch schien einzig von den beiden aktiven Vulkanen zu kommen, die hundert Kilometer entfernt immer noch Feuer in den Himmel spien. Mike sah nicht auf die Uhr, aber er war sicher, dass sie viel länger als beim ersten Mal brauchten, um den Dschungel zu durchqueren. Der Trampelpfad, dem sie gestern gefolgt waren, war verschwunden. Alles, was sie sahen, war wirbelnde graue Asche, die in ihren Augen und Lungen brannte, sodass sie bald ununterbrochen husteten und sich die tränenden Augen rieben.

Als sie den Fuß des Vulkanberges erreichten, sahen sie zum ersten Mal wieder Licht: Einen flackernden, roten Schein, der vom Gipfel des Berges zu ihnen herabstrahlte. Im ersten Moment durchfuhr Mike ein eisiger Schrecken, denn er nahm an, dass auch dieser Vulkan ausgebrochen war und sie den Widerschein der Lava sahen; dann begriff er seinen Irrtum und atmete erleichtert auf. Der Feuerschein stammte nicht aus dem Krater, sondern strahlte aus halber Höhe des Berghanges zu ihnen herab. Im Dorf der Pahuma brannten Fackeln, das war alles. Die Asche machte es noch schwieriger, auf der erstarrten Lava zu gehen, die den Berghang bedeckte. Der Trampelpfad, den Millionen Pahuma-Füße in Tausenden von Jahren in den Berghang gegraben hatten, war ebenso unter der grauen Schicht verschwunden wie der Weg durch den Wald, sodass sie mehr als einmal unter der darunter verborgenen spiegelglatten Lava ausglitten und stürzten. Der Weg zu dem Plateau auf halber Höhe des Berges hinauf kostete sie fast alle Kraft, die sie noch hatten. Mike taumelte mehr, als er ging, zwischen den ersten Häusern hindurch.

Das Erste, was ihm auffiel, war die unheimliche Stille. Auch das Dorf der Pahuma war über und über mit Asche bedeckt, die hier sogar noch höher lag als unten im Dschungel; Mike versank zum Teil bis über die Waden in der pulvrigen, grauen Masse.

Hier und da brannte ein Feuer oder eine Fackel, mit der die Pahuma versucht hatten, die künstliche Nacht zu erhellen, aber nirgends zeigte sich auch nur die geringste Spur von Leben und sie hörten auch nichts. Nach ein paar Schritten blieb Mike stehen und sah sich mit wachsender Beunruhigung um. Auch Trautman blieb stehen, ging schließlich schweigend zu einer der Hütten und sah hinein. Schon nach einem Augenblick kam er zurück, betrat ohne ein weiteres Wort das nächste Gebäude und dann noch eines und noch eines. Schließlich schüttelte er den Kopf und sagte: »Nichts. Hier ist niemand mehr.« »Aber wo sind sie denn?«, murmelte Mike. Gleichzeitig rief er in Gedanken nach Astaroth, so intensiv er nur konnte. Auf dem Weg hier herauf hatte er das schon ein paar Mal getan, ohne eine Antwort zu bekommen, und er bekam auch jetzt keine. »Dort!«, rief Jacques plötzlich. Er deutete nach vorne, anscheinend auf den runden Kratersee, der das Dorf an einer Seite begrenzte. Erst nach einer Sekunde sah Mike, dass er etwas auf der anderen Seite meinte.

Trotzdem hätte er die Menschenansammlung dort drüben wahrscheinlich kaum bemerkt, hätten sich nicht einige von ihnen in diesem Moment bewegt. Auch am anderen Ufer des Sees brannten mehrere Fackeln, aber die drei oder vier Dutzend Gestalten, die Mike mit einiger Mühe in ihrem Licht ausmachte, waren so mit grauer Asche bedeckt, dass sie sich kaum vom Boden unterschieden.

»Was ... was tun die da?«, murmelte Delamere stockend.

Sie flehen ihren Vulkangott um Hilfe an,flüsterte eine Stimme in Mikes Kopf.Und ich würde euch nicht raten, das Zeremoniell zu stören. Darauf reagieren sie ziemlich übel.

»Astaroth?«, murmelte Mike. Etwas lauter und an die anderen gewandt sagte er: »Bleibt stehen!« Delamere, der bereits dazu angesetzt hatte, auf die Insulaner zuzugehen, verhielt tatsächlich mitten im Schritt, sah Mike aber eindeutig ärgerlich an: »Wieso?«

»Tun Sie einfach, was er sagt«, knurrte Trautman. »Mike weiß schon, was er tut.« Delamere blieb tatsächlich stehen, starrte Mike aber so finster an, dass die lautlose Stimme in seinem Kopf gar nicht nötig gewesen wäre:Sagt dir der Begriffeingebildeter Rotzlöffeletwas?Mike zog es vor, nichts dazu zu sagen, sondern konzentrierte sich lieber auf die Geschehnisse am anderen Ufer des Sees. Gute fünf Minuten lang geschah scheinbar nichts und auch Astaroth rührte sich nicht mehr. Doch gerade als sich auch Mikes Geduld allmählich ihrem Ende zuzuneigen begann, kam Bewegung in die aschefarbene Gruppe. Zuerst eine, dann zwei Gestalten und schließlich ein knappes Dutzend löste sich aus den bisher reglos dastehenden Reihen und kam langsam um den See herum und auf sie zu. Etwas, das wie eine zu groß geratene Aschenflocke aussah, folgte ihnen in geringem Abstand. »Das sind Serena und Ah'Kal«, sagte er. »Und ein halbes Dutzend seiner Krieger ... Sie sind nicht besonders gut gelaunt, fürchte ich.« »Woher willst du das wissen?«, fragte Jacques. »Ich weiß es eben«, antwortete Mike. Es erschien ihm wenig ratsam, Delamere zu verraten, dass es jemanden unter ihnen gab, der die Gedanken eines Mensehen lesen konnte wie ein offenes Buch. Auch als Astaroth in seinen Gedanken hinzufügte:Sag mal, was heißt

eigentlich dämlicher Hosenscheißer? Schluss damit,antwortete Mike auf dieselbe lautlose Art, aber so scharf er konnte.Ich will nichts mehr hören!

Ich dachte nur, es würde dich interessieren, dass er -Schluss!donnerte Mike.Keinen Ton mehr!Astaroth wäre natürlich nicht Astaroth gewesen, hätte er nicht das letzte Wort zu einer patzigen Bemerkung genutzt. Trotzdem gehorchte er und hüllte sich in beleidigtes Schweigen.

Es dauerte noch eine geraume Weile, bis Serena und die Pahuma den See umrundet hatten und näher kamen. Trotz der dicken Ascheschicht auf ihren Gesichtern konnte Mike an den Bewegungen der Insulaner erkennen, wie zornig sie waren, und ihm entgingen auch keineswegs die Waffen, die Ah'Kals Begleiter in den Händen trugen. Trotzdem hielt er es schließlich nicht mehr aus, sondern rannte los und stürmte Serena auf den letzten Metern entgegen. Ohne auf ihren halbherzigen Protest zu achten, drückte er sie überschwänglich an sich und hielt sie fast eine Minute lang fest, ehe es Serena gelang, sich mit schon etwas mehr als sanfter Gewalt loszumachen.

»He, he!«, keuchte sie atemlos. »Ich freue mich ja auch, dich wieder zu sehen, aber ist das ein Grund, mich gleich zu erwürgen?«

Wenn sie wüsste, was du stattdessen jetzt lieber tun würdest,sagte Astaroth in seinen Gedanken. Mike

stieß mit dem Fuß nach ihm und Astaroth brachte sich mit einem hastigen Schritt in Sicherheit und verschwand in einer gewaltigen Staubwolke. »Wie geht es dir?«, fragte Mike Serena hastig. »Haben sie euch etwas angetan?« Anstelle der Atlanterin antwortete Ah'Kal: »Ich habe euch mein Wort gegeben, dass nicht wir über das Schicksal deiner Freunde entscheiden«, sagte er. »Ihnen wurde kein Haar gekrümmt.« »Entschuldige«, sagte Mike. »Es war nur -« Ah'Kal brachte ihn mit einer entsprechenden Geste zum Verstummen. »Ich weiß, dass es nur die Sorge um deine Freundin war, der diese Worte entsprangen«, sagte er. »Deshalb will ich sie dir verzeihen. Und ich muss gestehen, dass auch ich an euch gezweifelt habe.«

»Du hast geglaubt, wir würden nicht wiederkommen«, sagte Mike.

»Ogdy zürnt«, erwiderte Ah'Kal. Seine Hand deutete auf die beiden Flammen speienden Vulkane am Horizont, dann in die brodelnde Schwärze hinauf, die den Himmel verschlungen hatte. »Wir dachten, er hätte euch verschlungen.«

Mike wollte antworten, aber Jacques kam ihm zuvor. »Wir haben dir unser Wort gegeben«, sagte er in einem Ton, den offensichtlich nicht nur Mike nicht für ganz angemessen hielt. »Ich habe eure Götter erzürnt, indem ich an einem Ort war, den ich nicht betreten durfte. Das tut mir Leid. Aber wir waren dort draußen, an einem Ort tief unter dem Meer. Dort, wo eure Götter wohnen.« »Sind Sie wahnsinnig, Delamere?«, keuchte Trautman.

Jacques hob unwillig die Hand und fuhr zu Ah'Kal gewandt fort: »Wir haben mit ihnen geredet. Du hast Recht, Ah'Kal. Sie waren zornig, weil ich aus Unwissenheit etwas getan habe, was ich nicht hätte tun dürfen. Und doch haben sie mir verziehen und sie haben mir versprochen, dass dir und deinem Volk nichts geschehen wird.«

Mike war vollkommen fassungslos. Was hatte Jacques vor? Wusste er nicht, dass er alles nur noch viel schlimmer machen würde, wenn auch nur die winzigste Kleinigkeit geschah, die Ah'Kal bloß die Vermutung gab, dass er sein Versprechen nicht einlösen würde?

»Wenn du die Wahrheit sprichst«, sagte Ah'Kal, »warum zürnt Ogdy dann noch?«

»Er ist ein gewaltiger Gott«, antwortete Delamere ernst. »Und auch sein Zorn ist gewaltig. Er wird sich beruhigen, aber es wird noch einige Tage dauern. Doch ihr müsst keine Angst haben. Die Sonne wird die Dunkelheit wieder besiegen und niemandem wird ein Leid geschehen.«

Ah'Kal schwieg dazu. Der Panzer aus grauer Asche auf seinem Gesicht machte es unmöglich, darin zu lesen, aber Mike konnte sich lebhaft vorstellen, was in dem alten Mann vorging. Delameres Behauptung war haarsträubend. Kein Mensch auf der Welt konnte voraussagen, ob die Aktivität der Vulkane in den nächsten Stunden oder auch Tagen aufhörte, gleich blieb oder gar zunahm.

Und als wären seine Gedanken das Stichwort gewesen, trug der Wind plötzlich ein dumpfes Grollen an ihr Ohr, und als sie sich alle erschrocken herumdrehten, sahen sie einen großen, blendend weißen Feuerball, der den halben Himmel in Flammen zu setzen schien.

Das musste der große Ausbruch sein, von dem Delamere gesprochen hatte. Er war gekommen -mit einigen Stunden Verspätung zwar, aber er war gekommen.

Erst dann begriff er, dass ihnen diese Verspätung das Leben gerettet hatte. Wäre die NAUTILUS in den Mahlstrom dieser Gewalten geraten, wäre sie in Bruchteilen von Sekunden einfach zerfetzt worden. »Ogdy!«, flüsterte Ah'Kal. Sekundenlang starrte er aus weit aufgerissenen Augen in die weiße Glut, die sich immer noch höher und höher dem Himmel entgegenwälzte, dann flüsterte er noch einmal den Namen seines Feuergottes und sank langsam auf die Knie. Hinter ihm taten seine Krieger dasselbe und Mike sah aus den Augenwinkeln, wie sich auch die Pahuma auf der anderen Seite des Sees auf die Knie fallen ließen und ihren Gott um Gnade anflehten. Trautman sah die Situation etwas pragmatischer. Er griff unter die Jacke, zog das Sprechgerät heraus und versuchte Kontakt mit der NAUTILUS aufzunehmen. Im ersten Moment hörte Mike nur die schon bekannten Stör-und Pfeifgeräusche, aber dann konnte er in all dem Krachen und Piepsen doch ganz leise und verzerrt Bens Stimme erkennen. »Wir haben es gesehen«, schrie Ben. »Kommt herunter! Um Gottes willen, schnell!«

»Dazu ist keine Zeit mehr!«, antwortete Trautman. »Bringt die NAUTILUS in Sicherheit! Auf die andere Seite der Insel!« »Und was ist mit euch?«

»Uns passiert nichts«, behauptete Trautman mit einer Überzeugung, die Mike nicht annähernd teilte. »Aber es kommt eine Flutwelle! Wenn sie die NAUTILUS in der Bucht erwischt, werdet ihr zerschmettert. Bringt das Schiff aufs Meer hinaus!« »Sie sollen sich beeilen«, fügte Delamere hinzu. »Sie haben wahrscheinlich nicht einmal eine halbe Stunde Zeit.«

»Ich habe es verstanden«, sagte Ben, ehe Trautman Jacques' Worte wiederholen konnte. »Dann verliert keine Zeit mehr«, sagte Trautman. »Wir treffen uns unten am Strand, wenn alles vorbei ist.«

»Wenn es dann noch einen Strand gibt«, murmelte Delamere.

»Ihr Pessimismus kommt ein bisschen spät«, sagte Mike. »Haben Sie nicht gerade behauptet, dass uns nichts geschehen könnte?« »Und was hätte ich sagen sollen?«, fauchte Jacques.

»Dass wir es versucht haben, es aber nicht funktioniert hat? Dann hätten uns diese Wilden doch gleich umgebracht!«

Er sprach so laut, dass Ah'Kal eine gute Chance hatte, seine Worte zu verstehen. Mike sah den Pahuma erschrocken an, aber der alte Insulaner reagierte nicht, sondern fuhr fort seine Götter um Gnade anzuflehen.

»Außerdem hat es funktioniert«, fuhr Delamere fort. Er klang jetzt trotzig. »Das da hinten hätte genauso gut auch hier passieren können!« »Sagen Sie mir nur eins«, sagte Trautman. »Sind wir hier in Sicherheit oder nicht?«

»Vielleicht«, antwortete Jacques und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Der Ausbruch ist weit entfernt, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.« »Wie beruhigend«, murmelte Mike. Er sah wieder nach Norden. Aus dem Weiß war ein unheimliches, mit Gelb durchsetztes Rot geworden, das sich immer und immer noch höher in den Himmel emporwälzte. Der Ausbruch war weit entfernt. Und trotzdem ...Die Höhlen,sagte Astaroth in seinen Gedanken. »Höhlen?«