122163.fb2 Die Insel der Vulkane - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 7

Die Insel der Vulkane - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 7

»Und es wäre ganz gut, wenn die Pahuma nicht allzu deutlich mitbekommen, dass sich die Boten der Vulkangötter mit ihren eigenen Zauberkarten streiten«, knurrte Singh.

Mike war ganz und gar nicht wohl bei der Geschichte. Er liebte es nicht, sich als Gott aufzuspielen. Inden allermeisten Fällen brachte das sehr viel mehr Ärger als Vorteile. Außerdem glaubte er nicht, dass sich Ah'Kal und seine Leute so einfach täuschen ließen. Trotzdem hielt er das Sprechgerät wieder in seine Richtung und hörte zu, wie Serena stockend mit dem Häuptling sprach.

Würde es dir viel ausmachen, mir zu erklären, was sie jetzt sagt?

Dasselbe wie vorher,antwortete Astaroth widerwillig.Sie versucht Ah'Kal davon zu überzeugen, dass ihr die Boten der Götter seid und sie euch gehorchen müssen. Ich fürchte nur, mit nicht allzu viel Erfolg. Wieso?

Delamere,antwortete Astaroth.Ah'Kal glaubt nicht, dass sich die Boten der Götter mit einem Mörder abgeben. Mörder?

Er hat fünf von ihnen getötet,sagte Astaroth. Mike zögerte einen Moment, dann winkte er Singh heran, gab ihm das Sprechgerät und wandte sich zu Jacques um.

»Ich will jetzt wissen, was hier wirklich passiert ist«, sagte er. »Wieso haben Sie auf die Pahuma geschossen?«

»Das habe ich dir doch schon gesagt«, antwortete Jacques störrisch.

»Ja. Aber es war nicht die Wahrheit«, erwiderte Mike. »Warum haben Sie wirklich auf sie geschossen?«

»Ich hatte keine Wahl«, verteidigte sich Delamere. »Ich habe nichts getan. Wir waren oben am Krater um ein paar Untersuchungen vorzunehmen und da haben sie uns einfach angegriffen! Wir mussten uns verteidigen!«

Für die Pahuma ist der Vulkankrater ein heiliger Ort,sagte Astaroth.Es ist ihnen bei Todesstrafe verboten, ihn zu betreten.

»Nachdem Sie ihren heiligen Ort entweiht haben«, fuhr Mike fort.

»Heiliger Ort! Quatsch!«, sagte Delamere. »Es ist ein Vulkankrater, mehr nicht! Ein Loch in der Erde, das mit Wasser gefüllt ist und bald Feuer speien wird!« Mike war regelrecht fassungslos. »Und Sie behaupten von sich, ein Wissenschaftler zu sein?« Er schüttelte den Kopf, ersparte sich aber jedes weitere Wort, als er Delameres verständnislosen Blick sah. Stattdessen wandte er sich wieder dem Häuptling zu. »Ah'Kal, ich muss mit dir reden«, sagte er. »Der Zauberkasten wird meine Worte übersetzen. Ich spreche deine Sprache nicht, aber ich verstehe sie.« Der alte Häuptling sah ihn wieder auf diese unheimliche durchdringende Weise an und auch Serena gab einen wenig schmeichelhaften Kommentar ab, übersetzte aber in der Folge getreulich seine Worte und Astaroth übersetzte Ah'Kals Antworten. Eine ziemlich komplizierte Art der Kommunikation, aber auch die einzige, die im Moment möglich war. »Warum bist du mit Kriegern gekommen, Ah'Kal?«, fragte er. »Wieso tragen deine Männer Waffen? Wir sind eure Freunde. Ogdy schickt uns, um euch zu warnen.«

Ah'Kals Augen funkelten vor Misstrauen. Er deutete anklagend auf Delamere. »Dieser da hat fünf unserer Männer getötet. Ogdy würde niemals eines seiner Kinder töten! Wenn du sagst, er ist dein Freund, dann lügst du!«

Allzu weit schien es mit der Gottesfurcht der Pahuma nicht her zu sein, dachte Mike. Er überlegte sich jedes Wort zweimal, als er weitersprach. »Ogdy zürnt euch nicht«, sagte er. »Dieser Mann gehört nicht zu uns. Und er ist auch nicht unser Freund. Aber ihr dürft seine Begleiter nicht für das verantwortlich machen, was er getan hat! Er hat einen schlimmen Fehler begangen. Zwei seiner Freunde haben bereits mit dem Leben dafür bezahlt. Es ist genug Blut geflossen.«

»Er hat Ogdys Auge entweiht«, beharrte Ah'Kal. »Niemand darf es betreten. Nun ist Ogdy zornig.« Er deutete auf das Meer hinaus. »Vielleicht werden wir alle sterben.«

»Niemand wird sterben«, antwortete Mike rasch. Ganz allmählich begann er zu begreifen, was hier wirklich passiert war. Für die Pahuma war der Vulkankrater offensichtlich heilig. Delamere hatte ihn wohl gegen ihren Willen betreten und damit einen großen Fehler begangen. Nun schienen sie zu glauben, dass die Erdbeben und das Feuer, das aus dem Meer brach, die Strafe der Götter für diesen Frevel war.

»Ich glaube dir nicht«, sagte Ah'Kal. »Ich glaube auch dem Zauberkasten nicht. Wenn ihr von Ogdy gesandt worden wäret, dann würdet ihr seinen Zorn nicht zu fürchten brauchen!«

»Wir sind sterbliche Menschen, genau wie ihr«, antwortete Mike. »Ogdy bedient sich unserer nur, um euch zu warnen. Ihr müsst diesen Ort verlassen, denn bald könnte hier das Gleiche geschehen wie dort.« Er deutete auf das Meer hinaus. Ah'Kals Blick folgte seiner Geste, aber dann schüttelte er wieder den Kopf »Ihr lügt!«, sagte er. »Ihr seid Zauberer, aber nicht Ogdy hat euch geschickt, ihr gehört zu ihnen!« Er deutete anklagend auf Delamere und der Ring der Krieger schloss sich wieder dichter um sie. »Das ist nicht wahr!«, protestierte Mike. »Wir sind hier um euch zu warnen. Ihr müsst fliehen! Alle!« »Ogdys Zorn wird sich wieder beruhigen, wenn der Frevel getilgt ist«, beharrte Ah'Kal. »Ich durchschaue euch! Ihr seid Zauberer! Ihr lügt! Ihr seid gekommen, um die Frevler zu retten, aber das lasse ich nicht zu! Ihr werdet genauso sterben wie sie!« Mike konnte regelrecht fühlen, wie die Feindseligkeit der Pahuma wuchs. Ah'Kal sprach weiterhin ganz ruhig, aber in seiner Stimme war plötzlich ein kalter Klang. Ganz langsam hob er das Sprechgerät an die Lippen und sagte: »Trautman? Ich fürchte, es läuft hier nicht ganz so, wie wir gehofft haben. Lassen Sie die NAUTILUS auftauchen. Und schalten Sie alle Scheinwerfer ein, die vorhanden sind.« »Hältst du das für eine gute Idee?«, fragte Trautman. »Nein«, gestand Mike. »Aber die Pahuma halten es, glaube ich, für eine gute Idee, uns zusammen mit Jacques und seinen Leuten im Kratersee zu kochen.« »Ich verstehe«, sagte Trautman düster. »Einen Moment.«

Mike war nicht einmal sicher, ob sie noch diesen einen Moment hatten. Ah'Kals Krieger schlossen sich immer dichter um sie und schüttelten ihre Waffen. Singh und Delamere waren dichter an ihn herangerückt.

»Sieh nach unten, Ah'Kal«, sagte er mit einer Ruhe in der Stimme, die er mittlerweile nur noch mit äußerster Willensanstrengung aufrechterhalten konnte. »Sieh aufs Meer. Und dann sage noch einmal, dass wir Lügner sind!«

Ah'Kal starrte ihn eine Sekunde lang aus seinen durchdringenden Augen an, dann drehte er sich herum und blickte in die Dunkelheit hinab, dorthin, wo sich der Strand und das Meer in der viel zu früh hereingebrochenen Nacht verbargen. Auch Mike sah in dieselbe Richtung. Nichts geschah. Zehn Sekunden verstrichen, dann zwanzig, schließlich dreißig. Der Strand blieb in vollkommener Schwärze verborgen, die von den glühenden Flammen, die noch immer durch das Meer am Horizont brachen, eher noch verteilt zu werden schien. Und dann, gerade als Mikes Nervosität zu wirklicher Angst zu werden begann, glomm in der Schwärze am Fuß der Vulkaninsel ein unheimliches, grünes Licht auf. Trautman bewies deutlich mehr als nur einen gewissen Sinn für Dramatik, als er die NAUTILUS auftauchen ließ. Noch unter Wasser schaltete das riesige Tauchboot sämtliche Scheinwerfer und Lampen ein, die sich an Bord befanden; mit dem Ergebnis, dass die gesamte Bucht in einem unheimlichen, grünen Licht zu erstrahlen schien, aus dem der Umriss der NAUTILUS ganz allmählich emporwuchs. Sie wirkte in diesem Moment tatsächlich viel mehr wie ein riesenhaftes, mythisches Ungeheuer, das aus einer fremden Welt erschien. Der Turm und der gezackte Rückenkamm des Schiffes tauchten schäumend aus den Wellen auf, und die gleißenden Scheinwerferstrahlen tasteten wie bleiche geisterhafte Finger über den Strand. Es war ein Anblick, der selbst Mike für einen Moment schier den Atem verschlug, obwohl er die NAUTILUS nun wirklich zur Genüge kannte. Und dann geschah noch etwas, und auch wenn sich Mike hinterher sagte, dass es nichts anderes als ein gewaltiger Zufall sein konnte, gab dieser Zufall doch wahrscheinlich den Ausschlag: Der brennende Horizont stieß eine letzte, noch gewaltigere Feuersäule aus und erlosch.

Im selben Augenblick, in dem die NAUTILUS endgültig durch die Wasseroberfläche brach, endete der unterseeische Vulkanausbruch. Das Donnern und Rumoren hörte auf und eine Sekunde darauf zitterte der Boden unter ihren Füßen nicht mehr. Ah'Kal drehte sich langsam zu ihm herum. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, den Mike nicht ganz deuten konnte. Er wirkte erschüttert, seltsamerweise aber immer noch misstrauisch. »Nun?«, fragte Mike. Serena machte sich nicht die Mühe, das Wort zu übersetzen, aber Ah'Kal schien seine Bedeutung doch zu erraten. Er deutete auf das Dorf auf der anderen Seite des Kratersees und sagte: »Lasst uns verhandeln.«

Es gab ein großes Hallo und deutliche Erleichterung, als Delamere seine Frau und den Rest der Expedition wieder sah. Trotzdem fiel die Begrüßung merklich kühler aus, als Mike erwartet hatte. Die Pahuma hatten sie in das größte Haus der Hüttensiedlung geführt, einen lang gestreckten Bau, dessen Inneres aus einem einzigen, großen Raum bestand, in dem sich selbst das Dutzend Gefangene fast verlor. Delamere stellte Mike und Singh seinen Begleitern vor und erzählte mit knappen Worten, was geschehen war. Zu Mikes Erleichterung sagte er nicht, von welchem ganz speziellen Unterseeboot er gerettet worden war. Aber das verschob das Problem nur um ein paar Stunden. Mike war immer noch nicht wohl bei dem Gedanken, so vielen Fremden das Geheimnis der NAUTILUS zu enthüllen. Im Augenblick aber hatten sie genug andere Probleme. Der Boden hatte zwar aufgehört zu beben, aber Mike war ziemlich sicher, dass sie nur eine Atempause gewonnen hatten. Und selbst Trautmans bühnenreifer Auftritt hatte nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt: Ah'Kal hatte zwar für den Moment darauf verzichtet, sie alle seinem vermeintlich zürnenden Feuergott zu opfern, war aber keineswegs bereit, mit seinem gesamten Volk die Insel zu verlassen. Er hatte versprochen, den Stammesrat einzuberufen und noch in dieser Nacht über das Schicksal der Fremden zu entscheiden, aber das war auch schon alles. Bis es so weit war, waren Singh und er ebenso eingesperrt worden wie alle anderen. Und was das Schlimmste war: Sie hatten die Hütte kaum betreten, da verstummte das Sprechgerät, mit dem er bisher den Kontakt zur NAUTILUS gehalten hatte. Er schaltete das Gerät ein paar Mal ein und aus, schüttelte es und schlug leicht mit den Fingerknöcheln dagegen, ohne mehr als ein misstönendes Rauschen zu ernten.

»Funktioniert es nicht mehr?« Mike sah hoch und blickte in Delameres Gesicht. Der Belgier war näher gekommen und musterte abwechselnd ihn und das Sprechgerät. »Das wundert mich gar nicht.« »Wieso?«

»Funktionieren diese Apparate genau so wie die normalen Funkgeräte, die wir normalen Menschen benutzen müssen?«, fragte Jacques spöttisch. Die ehrliche Antwort wäre gewesen, dass Mike nicht die geringste Ahnung hatte. Aber er ärgerte sich schon wieder über Delameres spöttischen Ton. Er nickte. »Ich denke schon.«

»Dann ist es ein Wunder, dass es bisher überhaupt funktioniert hat«, sagte Delamere. »Elektromagnetische Störungen. So etwas kommt oft vor, wenn es zu einem wirklich großen Vulkanausbruch kommt. Nicht nur dersichtbareTeil der Natur ist in Aufruhr, weißt du?«

»Damit wären wir ja dann gleich beim Thema«, sagte Singh, noch ehe Mike antworten konnte. »Wie viel Zeit bleibt uns noch?«

Delamere seufzte, verdrehte die Augen und maß Singh mit einem so verächtlichen Blick, dass es schon fast an eine Beleidigung grenzte. »Mein lieber Freund«, sagte er abfällig. »Ich dachte eigentlich, ich hätte mich klar und einigermaßen verständlich ausgedrückt. Offensichtlich ist das wohl nicht der Fall. Deshalb sage ich es noch einmal, ganz langsam und zum Mitschreiben: Ich weiß es nicht. Niemand kann das voraussagen, auch ich nicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben wir noch ein bisschen Zeit.« Singhs Gesicht verdüsterte sich. Bevor er jedoch explodieren konnte, trat Delameres Frau zwischen die beiden Kampfhähne, hob besänftigend die linke Hand in Singhs Richtung und legte die andere auf Delameres Schulter.

»Bitte entschuldigen Sie das unmögliche Benehmen meines Mannes, Monsieur ...?« »Singh«, sagte Singh kühl.

»Monsieur Singh«, fuhr Delameres Frau fort. »Mein Mann ist manchmal wirklich sehr unhöflich. Ich fürchte, über all seinen Forschungen vergisst er nur zu oft seine gute Erziehung. Diese Leute haben Kopf und Kragen riskiert, um unsere Leben zu retten. Also wäre es ja wohl das Mindeste, dass du ihnen ihre Frage beantwortest, meinst du nicht auch, Jacques?« Delamere antwortete mit einigen Sätzen in seiner Muttersprache, die Mike nicht verstand, zuckte aber dann mit den Schultern und wandte sich wieder an ihn und Singh. »Nicole hat Recht«, sagte er. »Ich entschuldige mich für mein Benehmen. Aber die Wahrheit ist, dass ich es wirklich nicht weiß. Kommt - ich erkläre es euch.«

Er sah sich suchend in der Runde um, ging schließlich ein paar Schritte weit und ließ sich in die Hocke sinken. »Ich beschäftige mich seit mehr als zehn Jahren mit diesem Teil des Ozeans«, begann er. »Aus vulkanologischer Sicht ist er sehr interessant, obwohl es kaum jemand weiß.« »Wieso?«, fragte Mike.

Delamere malte mit dem Zeigefinger eine Anzahl unregelmäßiger Kreise in den Sand. »Ich habe euch von den Inseln erzählt, erinnert ihr euch?« Er deutete nacheinander auf die krakeligen Kreise. »Sie stellen im Grunde nur den Gipfel eines gewaltigen Gebirges dar, das vom Meeresboden emporragt. Das hier ist die Insel, auf der ihr mich gefunden habt, dies hier ist Hathi, auf der wir uns gerade befinden. Dies « Er deutete auf einen weiteren Kreis. »-dürfte der Punkt sein, an dem der Ausbruch vorhin stattgefunden hat. Wenn die Theorie stimmt, die ich in den letzten zehn Jahren entwickelt habe, dann sind alle diese Berge durch ein riesiges System unterirdischer Lavatunnel miteinander verbunden.« Er streckte die Hand aus und begann die Kreise mit einer krakeligen Linie miteinander zu verbinden.

»Das sind sehr viel mehr Inseln, als auf unserer Karte verzeichnet sind«, sagte Mike. »Ich sagte doch: Es ist ein unterseeisches Gebirge«, antwortete Delamere. »Nicht alle Gipfel sind gleich hoch. Manche ragen nur wenige Meter weit aus dem Wasser, andere sehr weit, wie diese hier, und wieder andere gar nicht.«

»Wie viele von diesen Vulkanen gibt es?«, fragte Mike. Jacques hob die Schultern. »Das ist schwer zu sagen. Ich bin auf Karten angewiesen und habe leider kein solch fantastisches Boot zur Verfügung wie ihr. Aber ich vermute, dass es eine ganze Reihe sind ... vielleicht ein Dutzend, vielleicht sogar mehr.« »Und die brechen jetzt der Reihe nach aus«, vermutete Mike. »Warum?«

»Wenn ich das wüsste, würde ich den nächsten Nobelpreis bekommen«, antwortete Delamere ernst. »Niemand weiß wirklich, wann und warum Vulkane ausbrechen. Wenn meine Theorie stimmt und all diese Punkte wirklich untereinander verbunden sind, dann müssten die Ausbrüche sozusagen hintereinander erfolgen. Und wahrscheinlich in größer werdenden Abständen.« »Wieso?«

»Irgendwo tief unter uns, vielleicht fünfzig oder auch hundert Kilometer unter dem Meeresboden, hat sich ein ungeheurer Druck aufgebaut, der herausmuss. Ich vermute - ichhoffe -,dass er sich allmählich abbaut, sodass die Abstände zwischen den Eruptionen größer werden.«

Mike sah nachdenklich auf Delameres improvisierte Zeichnung hinab. Was sie selbst erlebt hatten, schien Jacques' Theorie zu bestätigen. Der Ausbruch, der die NAUTILUS unvorbereitet getroffen hatte, und die Katastrophe auf der Insel, auf der Delameres Basislager gestanden hatten, waren im Abstand weniger Minuten erfolgt. Der nächste Ausbruch, der, den sie gerade miterlebt hatten, war dagegen mehr als sechsunddreißig Stunden später erfolgt. »Aber sicher sind Sie nicht«, murmelte er. Delamere schüttelte traurig den Kopf. »Ich müsste mehr Informationen haben«, sagte er. »Wenn ich alle diese Krater sehen und untersuchen könnte oder wenigstens einige ... Vielleicht könnte ich dann eine genaue Prognose abgeben. So ist es unmöglich. Deshalb war ich ja letzten Endes oben am Krater.« »Leider sehen die Pahuma das nicht so«, sagte Mike. Seine Worte taten ihm fast auf der Stelle wieder Leid, denn er sah an Jacques' Reaktion, dass er sie wieder als Vorwurf wertete. Sich zu entschuldigen hätte es aber wahrscheinlich nur schlimmer gemacht und so fuhr er hastig fort: »Dann könnte es genauso gut auch plötzlich wieder aufhören? Wenn der Druck weg ist ... Die letzte Eruption war ziemlich heftig.« »Ich weiß, worauf du hinauswillst«, sagte Jacques. »Aber ich muss dich enttäuschen. Wenn die Messungen, die ich in den letzten Wochen durchgeführt habe, auch nur halbwegs korrekt sind, dann hat sich dort unten eine ungeheure Spannung aufgebaut. Es würde ein Dutzend Ausbrüche wie den von vorhin benötigen um sie abzubauen.«

»Oder einen besonders heftigen«, erwiderte Mike. »Könnte man ihn künstlich herbeiführen? An einer Stelle, an der er ungefährlich ist, meine ich?« »Theoretisch ja«, antwortete Jacques, schüttelte aber zugleich den Kopf. »Leidernurtheoretisch.« »Wie?«, fragte Mike.

»Ich ahne, woran du jetzt denkst«, sagte Delamere. »Aber es geht nicht, glaub mir. Man müsste eine Stelle auf dem Meeresgrund finden, an der der Lavastrom der Oberfläche besonders nahe kommt -«

»Wir haben ein Unterseeboot«, unterbrach Mike Delameres Satz.

»-und eine Sprengladung platzieren -« »Wir haben auch Dynamit an Bord«, sagte Mike. »-die das Vorstellbare übersteigt. Um diesen Druck abzubauen, müsste das Loch groß genug sein um die ganze Insel dreimal hineinzuwerfen.« Mike blieb hartnäckig. »Wie tief ist das Meer hier?«, fragte er.

»Drei-, manchmal viertausend Meter«, antwortete Delamere achselzuckend. »Kann die NAUTILUS so tief tauchen?«

»Spielend«, behauptete Mike.

»Es wäre trotzdem Selbstmord«, beharrte Jacques. »Ich würde Wochen brauchen um eine geeignete Stelle zu finden -wenn ich sie überhaupt finde. Und selbst wenn ... Kein Schiff würde die Explosion überstehen.«

»Sie kennen die NAUTILUS nicht«, sagte Mike. »Das muss ich auch nicht«, erwiderte Delamere ungerührt. »Du machst dir keine Vorstellungen von den Gewalten, die ein Vulkanausbruch freisetzen kann.«

»Ich habe die Insel gesehen, auf der Ihr Lager war«, sagte Mike, aber Jacques schüttelte wieder den Kopf. »Das war nichts. Ein Knallfrosch gegen das, was nötig wäre, um den Druck auf die Bergkette zu entlasten. Es ist sinnlos, glaub mir. Und selbst wenn es nicht so wäre, gäbe es keine Garantie. So etwas ist noch nie versucht worden. Wir müssen die Insel evakuieren.«

Mike widersprach nicht mehr. Seine Idee war ohnehin nicht besonders gut gewesen. Abenteuerlich und spannend -aber ziemlich hirnrissig. »Also gut«, sagte er. »Dann versuchen wir noch einmal mit Ah'Kal zu reden ... es sei denn, da ist noch etwas, was Sie uns verschwiegen haben.«

Für einen Moment wirkte Delamere tatsächlich betroffen, aber der Augenblick ging schneller vorbei, als Mike sich seiner Sache sicher sein konnte. Vielleicht tat er Jacques auch tatsächlich Unrecht. Sie waren alle nervös. Und so ganz nebenbei befanden sie sich auch alle in höchster Lebensgefahr. Er wandte sich um, ging zum Ausgang und wollte die Hütte verlassen, wurde jedoch von einem Eingeborenen daran gehindert. »Ah'Kal«, sagte er. »Ich muss Ah'Kal sprechen.«

Zumindest den Namen des Stammesführers musste der Krieger verstanden haben, aber er schüttelte nur den Kopf und gestikulierte aufgeregt und drohend mit seiner Waffe, sodass es Mike nicht angeraten erschien, zu nachhaltig auf seiner Forderung zu bestehen.