122177.fb2 Die schwarze Bruderschaft - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 14

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»Er hat uns nicht hinausgelassen«, antwortete Mike. »Was?! Aber -«

»Keine Angst«, unterbrach ihn Singh. »Sie werden uns nichts tun. Wahrscheinlich brauchen sie nur unsere Hilfe. Sie haben auch auf der TITANIC niemand anderen bei sich geduldet. «

»Also gut«, antwortete Trautman. Seine Stimme wurde bereits leiser, und Mike sah, daß nun der helle Fleck vor ihnen zu wachsen begonnen hatte. Das Schiff hatte wieder Fahrt aufgenommen, ohne daß sie es gemerkt hatten. »Aber paßt auf euch auf. Wir kommen nach, so rasch wir können. «

Damit riß die Verbindung ab. Sie waren offensichtlich schon zu weit voneinander entfernt. Ihr Ziel kam jetzt schnell näher. Der helle Fleck, dem sich die NAUTILUS in rasendem Tempo näherte, wurde schnell größer, und nach kaum einer Minute brachen der Turm und der zackengekrönte Rücken des Schiffes durch die schäumende Oberfläche des Sees, der in Cheops' geheimer Grabkammer lag. Das Schiff schaukelte wild hin und her, so daß Mike sich hastig am Steuer festklammerte.

Kaum hatte er seinen festen Halt wiedergefunden und einen Blick nach draußen geworfen, da schrie er überrascht auf.

Die große Höhle war hell erleuchtet, und sie war nicht mehr leer. Am Ufer des Sees drängten sich Dutzende, wenn nicht sogar Hunderte von schwarzgekleideten Gestalten.

»Was ist das?« murmelte er. »Die Schwarze Bruderschaft«, antwortete Singh. »Aber... aber Lady Grandersmith hat doch gesagt, daß es nur noch diese drei gibt!«

Singh machte eine Geste, die wohl andeuten sollte, daß er das

auch nicht verstand, dann deutete er nach draußen. »Schau! Dort ist sie. Lady Grandersmith. « »Und Serena!« fügte Mike aufgeregt hinzu. »Und Astaroth!«

Tatsächlich stand Lady Grandersmith zwischen den schwarzgekleideten Gestalten, die sich am Ufer drängten. Und unmittelbar neben ihr war Serena, auf deren Schulter der riesige schwarze Kater hockte. Sie waren zu weit entfernt, um etwas genau zu erkennen, aber eigentlich, dachte Mike verblüfft, sehen sie nicht wie Gefangene aus.

»Komm!« sagte er. Voller Ungeduld fuhr er herum, schwamm in dem noch immer mit Wasser gefüllten Turm nach oben und öffnete die Luke. Mike stemmte sich mit einer kraftvollen Bewegung hinaus, trat rasch zwei Schritte zur Seite, um Platz für Singh zu machen, und nahm dann seinen Helm ab. Mittlerweile hatten Lady Grandersmith und Serena das Ufer ebenfalls erreicht, und er sah jetzt, daß er sich nicht getäuscht hatte: Serena wirkte ausgesprochen fröhlich und sehr erleichtert. Vielleicht hatte sie ebenso wie er nicht mehr damit gerechnet, daß sie sich jemals wiedersehen würden. »Serena!« schrie Mike. »Geht es dir gut?« »Ja!« rief sie zurück. »Kommt heraus. Schnell! Sie haben keine Sekunde mehr zu verlieren!«Sie?dachte Mike verblüfft. Wovon sprach Serena da? So rasch er konnte, kletterte er den Turm hinab, lief über das Deck der NAUTILUS nach hinten und watete die letzten Meter zum Ufer.

Währenddessen bewegte sich die kleine Armee aus Schwarzgekleideten rasch auf die NAUTILUS zu. Mike beobachtete verblüfft, wie einige von ihnen tauchten und unter dem Rumpf des Schiffes verschwanden. Er machte sich aber deswegen keine Gedanken, hastete ans Ufer und schloß Serena so kräftig in die Arme, daß ihr die Luft wegblieb.

»Serena! Gott sei Dank! Ich dachte schon, ich sehe dich niemals wieder. «

Serena machte sich aus seinem Griff los und holte übertrieben mühsam Luft. »Kein Grund, mich zu erwürgen!« beschwerte sie sich.

Mike lachte und umarmte sie abermals, tat es aber diesmal entsprechend vorsichtiger. Erst nach langen Sekunden löste er sich wieder von ihr und wandte sich dem Kater zu, der zu Boden gesprungen war und ihn mißtrauisch beäugte.

»Und du, Mäuseschreck? Alles in Ordnung?«Selbstverständlich,antwortete Astaroth.Was regst du dichauf? Und was soll diese Frage? Wo ich bin, istimmeralles in Ordnung.

Mike antwortete nicht darauf, sondern lachte nur laut und wurde sofort wieder ernst, während er sich an Serena wandte. »Geht es dir gut?« fragte er. »Haben sie dir etwas getan?«

»Getan? Mir?« Serena sah ihn an, als hätte er soeben die dümmste Frage gestellt, die sie in ihrem ganzen Leben gehört hatte. »Natürlich hat mir niemand etwas getan. Aber wir waren in großer Sorge um euch. Ich hatte schon Angst, ihr schafft es nicht mehr rechtzeitig. « »Beinahe hätten wir es auch nicht«, gestand Mike. »Aber jetzt erzähle -wo bist du gewesen, und was geht hier vor? Wo kommen all diese Männer her?« »Es sind Hasims und Sulans Brüder. « Es war Lady Grandersmith, die die Frage beantwortete, nicht Serena. Sie war näher

gekommen und betrachtete Mike auf eine so freundliche Art,

daß es ihm schwerfiel, ihr Lächeln nicht zu erwidern.

»So?« fragte er. »Haben Sie nicht selbst gesagt, daß sie die letzten sind?«

»Die letzten derer, die sich Al Achawwiya al sauda' nennen«, korrigierte ihn Lady Grandersmith mit einem geheimnisvollen Lächeln. »Nicht die letzten ihrer Art. Du wärst überrascht, wenn du wüßtest, wie viele es von ihnen gibt. «

»Wo?« fragte Mike. »Auf dem Sirius?« Lady Grandersmith starrte ihn an. »Aber du... woher... « Sie fing sich wieder. »Wie kommst du nur auf diese Idee, mein Junge? Der Sirius ist ein Stern, der unendlich weit von der Erde entfernt ist, weißt du das denn nicht?«

»Doch«, antwortete Mike. »Und ich weiß auch, daß er alle zweihundertfünfzig Jahre in einer ganz bestimmten Konstellation zur Erde steht. Wie heute, zum Beispiel. « Lady Grandersmith war nun fassungslos, aber Serena lachte. »Sagte ich Ihnen nicht, daß wir ihm trauen können?« fragte sie. Zu Mike gewandt, fügte sie hinzu: »Du weißt also alles. Aber das ist ja eigentlich klar -sonst hätte Hasim dich niemals hierhergebracht. Wo sind die anderen?«

»Singh ist noch an Bord«, antwortete Mike. »Und Trautman und die anderen kommen... äh... etwas langsamer nach. Ich fürchte, sie werden eine Stunde brauchen. «

»Das ist mehr als genug Zeit«, sagte Lady Grandersmith.

»Zeit? Wofür?«

Ihr Mißtrauen schien noch nicht völlig überwunden zu sein, denn sie sah ihn einige Sekunden lang nachdenklich an, ehe sie

antwortete. »Um sie wegzubringen. Zurück nach Hause. «

»NachHause?«Jetzt war Mike verblüfft. Er hatte angenommen, daß Hasim die Behälter mit den Schlafenden in irgendein Versteck bringen würde. »Nach Hause? Von hier aus? Aber... aber wie denn?« »Nur Geduld«, sagte Serena. »Sieh hin!« Sie deutete zum Ufer. Von der NAUTILUS her näherte sich ihnen eine zweite Gestalt in einem Taucheranzug -Singh, der Mike wesentlich langsamer folgte. Und jetzt tauchten auch die Schwarzgekleideten einer nach dem anderen wieder auf, wobei jeder einen der sechseckigen weißen Behälter in den Armen trug. Sie mußten durch die geöffnete Bodenschleuse in das Schiff hineingeschwommen sein.

Mike beobachtete neugierig, was weiter geschah. Die Männer trugen ihre Last ans Ufer, legten sie aber nicht ab, sondern näherten sich der gegenüberliegenden Wand der Höhle, auf der sich das sonderbare Relief befand, das Mike bei seinem ersten Besuch hier entdeckt hatte.

»Gib acht!« sagte Serena aufgeregt. »Jetzt geschieht es!«»Wasgesch-« begann Mike.

Zuerst war es nur ein seltsamer, schwingender Ton, der aus dem Nirgendwo zu kommen schien und den er viel weniger zu hören als mehr zuspürenschien; und es war ein Ton, wie er ihn noch nie zuvor vernommen hatte. Er war unglaublich schön; ein sphärisches, an-und abschwellendes Geräusch, das etwas in ihm berührte und ebenfalls zum Klingen brachte. Es war, als hörte er die Stimmen der Sterne. Dann sah er das Licht. Es glomm im Zentrum des in den Stein gemeißelten Kreises auf und breitete sich rasch darin aus, wie leuchtende Tinte in bewegtem Wasser. Die gezackten Linien, die vom äußeren Rand des Kreises ausgingen, begannen ebenfalls zu leuchten, und dann loderte das gesamte Gebilde in einem so hellen, strahlenden Licht auf, daß Mike geblendet die Hand vor die Augen hob und nur noch durch die Finger hindurchblinzeln konnte. »Was ist das?« fragte er.

»Der Weg nach Hause«, antwortete Lady Grandersmith. Ihre Stimme zitterte. »Sie haben es geschafft. Nach all den Jahren haben sie endlich den Weg zurück gefunden!«

Mike sah sie an und stellte fest, daß ihr die Tränen über das Gesicht liefen. »Sieh doch nur!« sagte Serena.

Mikes Blick folgte ihrer Geste wieder zum Licht. Die gleißende Helligkeit trieb ihm die Tränen in die Augen, aber was er erblickte, das war so unglaublich, daß er es kaum spürte.

Die schwarzgekleideten Gestalten traten mit ihrer Last einer nach der anderen in das Zentrum dieses lodernden Lichtes hinein -und verschwanden darin. Ihre Körper schienen sich aufzulösen, wie Eiskristalle, die direkt in die Sonne hineingefallen waren, aber es war nichts Zerstörerisches an diesem Anblick, er spürte keine Angst, sondern ein Gefühl des Glücks und der Erleichterung, das nicht aus ihm selbst kam, sondern von außen auf ihn einstürmte.

»Das... das ist... «

»Der Weg nach Hause«, führte Lady Grandersmith den Satz zu Ende. »Sie haben so lange auf diesen Tag gewartet, so unvorstellbar lange. Und nun ist es ihnen endlich vergönnt. «

Ja,dachte Mike.Aber um welchen Preis.Lady Grandersmith schien seine Gedanken zu spüren. »Was hast du?« fragte sie.

»Nichts«, sagte Mike. Um das Thema zu wechseln, drehte er sich zu Serena um. »Ich bin nur erleichtert, daß es vorbei ist. Und daß es dir gut geht. Wohin haben sie dich gebracht?«

»An einen Ort, über den ich nicht reden darf«, antwortete Serena, und es klang so einfach und zugleich so überzeugend, daß Mike diese Antwort ebenso akzeptierte, wie Trautman seine Antwort an Bord der NAUTILUS. »Aber warum weichst du Lady Grandersmith aus? Sie ist nicht deine Feindin. Im Gegenteil. Sie wollte nur helfen. «

»Das glaube ich Ihnen«, sagte Mike. »Es ist nur... «

»Was?« fragte Lady Grandersmith. »Keine Angst. Du kannst ganz frei sprechen. Sie würden niemals einem Menschen ein Leid antun. «

»So?« fragte Mike. »Und was war vor vier Jahren auf der TITANIC?«

Lady Grandersmith schwieg eine ganze Weile. Ein Schatten huschte über ihr Gesicht, und als sie endlich antwortete, klang ihre Stimme verändert und traurig. »Ich muß dir ihre Geschichte erzählen, glaube ich«, sagte sie. »Du weißt nun schon so viel, daß du wohl ein Recht dazu hast, und ich glaube, ich kann dir vertrauen. Sie kamen vor sehr langer Zeit hierher, weißt du? Vor Tausenden und aber Tausenden von Jahren, lange bevor es uns gab, ja bevor es Serenas Volk gab. Sie waren Reisende, Forscher. Das Schiff, mit dem sie kamen, stürzte ab, so daß ihnen der Weg nach Hause verwehrt blieb. Sie werden sehr alt, mußt du wissen, aber auch ihr Leben ist begrenzt, und die Zeit, die ihr Hilferuf nach Hause brauchte, war hundertmal länger, als sie zu leben hatten. Also versetzten sie sich in einen Schlaf, von dem nur einige wenige ausgenommen blieben. Die Wächter, die über die Schlafenden wachten. Niemand wußte, daß sie hier waren - außer einiger weniger Eingeweihten, zu denen auch mein Mann und ich gehörten. Das Schiff, das vor vier Jahren kam, sollte sie abholen, aber es kam anders. Alles war vorbereitet, die Kokons in aller Heimlichkeit, nachts und auf hoher See, zu übernehmen. Aber das Schicksal hat es nicht so gewollt. Weder Yasal noch Hasim oder Sulan wissen, was in jener Nacht wirklich geschehen ist -ob der Pilot des Schiffes einen Fehler beging, der Kapitän der TITANIC, und wahrscheinlich wird es auch niemand je herausfinden. Das Schiff kollidierte mit der TITANIC, und beide sanken, das ist alles, was wir wissen. « »Ja, und tausendfünfhundert Menschen fanden den Tod«, sagte Mike traurig. »Ich weiß, daß es keine Absicht war, Lady Grandersmith. Es war nur ein Unfall. Aber es... ich kann es einfach nicht vergessen. « »Und jetzt glaubst du, es wäre ihnen gleich?« fragte Lady Grandersmith sanft.

Mike zuckte mit den Achseln. »Ich... weiß einfach nicht, was ich glauben soll«, gestand er. »Und du hast immer noch Angst vor ihnen«, stellte Lady Grandersmith fest. »Weil du glaubst, daß ihnen ein Menschenleben nichts gilt. «

»Yasal hat sich selbst geopfert, um alle Spuren zu verwischen«, sagte Singh. »Und Mike und ich -und nun auch Serena und Sie selbst, Lady Grandersmith, das sollten Sie bedenken, sind die einzigen Menschen, die überhaupt von ihrer Existenz wissen. «

Lady Grandersmith' Miene wurde ernst. »Ich verstehe«, sagte sie. »Ihr habt Angst, daß sie uns alle töten, jetzt, wo sie am Ziel sind. « Sie schüttelte den Kopf. »Ja, ich glaube, ich kann euch verstehen. Aber da ist etwas, was ihr nicht wissen könnt. « »Und was?« fragte Singh.

Statt direkt zu antworten, stellte Lady Grandersmith eine Frage: »Ist euch nicht aufgefallen, daß es an Bord der TITANIC keine Toten gab?«