122177.fb2 Die schwarze Bruderschaft - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 4

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Mike runzelte fragend die Stirn und beugte sich weiter vor, um in dem flackernden Licht genauer zu erkennen, was Singh entdeckt hatte.

Es war eine Art Bild, das offenbar schon vor sehr langer Zeit tief in den Stein der Wände hineingemeißelt worden war. Mike mußte wieder einen Schritt zurücktreten, um es in seiner ganzen Größe überblicken zu können. Es schien eine Art Symbol darzustellen. Ein mehr als mannsgroßer Kreis, von dessen Rand gezackte Linien nach außen liefen; so als hätte ein Kind mit krakeliger Hand versucht, eine Sonne zu malen. Auch im Inneren des Kreiseswaretwas, aber Mike konnte beim besten Willen nicht sagen, was. So absurd der Gedanke war, aber die Umrisse schienen sich zubewegen,als versuchten sie, sich seinen Blicken zu entziehen. »Was mag das sein?« fragte Mike erstaunt. Singh zuckte abermals mit den Schultern. »So etwas habe ich noch nie gesehen«, gestand er. Nach einer Sekunde des Zögerns fügte er hinzu: »Aber es ist irgendwie... gespenstisch. « Mike spürte plötzlich ein eisiges Frösteln. Es war nicht nur so, daß dieses Eingeständnis für den normalerweise so wortkargen Inder schon etwas Besonderes darstellte, es zeigte Mike, daß auch er den Hauch des Fremden, Unheimlichen spürte, von dem Mike sich bis jetzt immer noch eingeredet hatte, daß er ihn sich nur einbildete...

»He, da unten! Was ist los? Lebt ihr noch?« Mike fuhr erschrocken zusammen, aber zugleich war er auch erleichtert, Bens Stimme zu hören, denn ihr Klang riß ihn abrupt in die Wirklichkeit zurück. Rasch wandte er sich um und rief: »Alles in Ordnung! Uns ist nichts passiert!« »Na, dann ist es ja gut«, antwortete Ben. »Aber vielleicht bewegt ihr euch mal hier herauf. Hier wird's nämlich brenzlig!«

Mike und Singh tauschten einen raschen, erschrockenen Blick, dann rannten sie gemeinsam los. Der Rückweg nach oben kam Mike viel länger vor als der hinab - es mußten mindestens fünfundzwanzig oder dreißig Stufen sein, und er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, so weit nach unten gelaufen zu sein.

Aber mit diesem sonderbaren Gebäude stimmte ja ohnehin so manches nicht.

Ben erwartete sie mit sichtbarer Ungeduld. »Wo bleibt ihr denn?« fragte er. »Ich habe schon gedacht, ihr hättet dort unten ein kleines Kaffeekränzchen abgehalten. « »Aber wir waren doch nur -« begann Mike, kam jedoch nicht dazu, weiterzusprechen. Ben hatte sie nicht allein erwartet. Hinter ihm hatten sich Chris, Juan und Serena versammelt, und jetzt tauchte auch Trautmann auf. Er war sehr bleich und hatte eine häßliche Platzwunde auf der Stirn, schien aber ansonsten unverletzt zu sein, wie Mike erleichtert feststellte.

»Wo wart ihr so lange?« fragte er in ungewöhnlich ruppigem Ton.

»Er ist uns entkommen«, gestand Mike kleinlaut. »Wir waren direkt hinter ihm, aber er ist einfach verschwunden. Und noch etwas ist sehr eigenartig dort unt-«

»Das spielt jetzt keine Rolle. « Trautmann schnitt ihm mit einer entsprechenden Handbewegung das Wort ab. »Wir müssen hier raus! Gibt es unten einen anderen Ausgang?«

»Nein«, antwortete Mike. »Das ist es ja. Ich -« Er brach abermals mitten im Satz ab, denn was er hinter Trautman und den anderen erblickte, das ließ ihn schlagartig verstehen, was Ben gerade mitbrenzlig werdengemeint hatte.

Das Gebäude, dessen Tür sie durchbrochen hatten, schien eine Art Lagerhaus zu sein. Der Lkw hatte einen ganzen Berg von Kisten und Fässern niedergewalzt, ehe er umgestürzt war, so daß auf dem Boden Holzteile, Metallstücke und die Trümmer der zerborstenen Tür verstreut lagen. Aber die so entstandeneÖffnung war keineswegs leer. Mike schätzte, daß es mindestens zwei Dutzend Männer sein mußten, die sich auf der Straße und am Eingang des Gebäudes versammelt hatten. Und obwohl er gegen das helle Sonnenlicht draußen ihre Gesichter nicht erkennen konnte, spürte er die gespannte Stimmung doch sehr deutlich. Von der Menge ging ein unwilliges Murren und Raunen aus, und Mike sah eine allgemeine, erregte Bewegung. Und es kamen mit jedem Moment mehr Männer hinzu.

»Sie scheinen nicht besonders gut gelaunt zu sein«, sagte Ben.

Trautman schnaubte. »Was erwartest du? Dieser Narr hätte ein Blutbad anrichten können! Es ist ein Wunder, daß wir niemanden überfahren haben!«Und nachdem der Fahrer verschwunden ist, halten sie euch natürlich für die Schuldigen,fügte Astaroths Stimme in Mikes Gedanken hinzu.

»Vielleicht solltenwirmit ihnen reden«, sagte Mike zögernd. »Es ist ja nichts passiert, und... « Daswürde ich dir nicht raten,sagte Astaroth.Verschwindet lieber von hier. Sie warten nur auf einen Anlaß, sich auf euch zu stürzen.

Mike berichtete den anderen rasch, was er von Astaroth erfahren hatte. Trautman nickte. »Das habe ich mir schon gedacht«, sagte er düster. »Diese Leute hier sind im Moment sowieso nicht gut auf Ausländer zu sprechen -und wir haben die halbe Straße demoliert. «

»Wir müssen hier raus«, pflichtete ihm Singh bei. Aber das war leichter gesagt als getan. Mikes Blick glitt hilfesuchend durch den Raum, aber er fand nicht, wonach er suchte. Das Gebäude war anscheinend tatsächlich nur eine große Lagerhalle. Mit Ausnahme der Tür, durch die sie hereingerast waren, und der Kellertreppe gab es keinen weiteren Ausgang... »Das kann ja heiter werden«, murmelte Juan.

»Wolltest du nicht ein bißchen Aufregung?« fragte Ben spöttisch.

Juan schenkte ihm einen bösen Blick. »Ja. Aber eigentlich wollte ich nicht gelyncht werden. « Mike fand das nicht besonders komisch. Selbst ohne Astaroths Worte wäre mittlerweile beim besten Willen nicht mehr zu übersehen gewesen, wie aufgebracht die Menge war. Aus dem unwilligen Murren war ein Chor wütender Stimmen geworden. Fäuste wurden geschüttelt, und der eine oder andere hatte auch einen Knüppel mitgebracht, den er zornig in ihre Richtung schwenkte. Zu seinem Entsetzen sah Mike sogar zwei Männer, die mit Krummsäbeln bewaffnet waren. »Ich verstehe das nicht«, sagte Ben. »Klar, daß sie nicht besonders erfreut sind -aber die tun ja so, als hätten wir wer weiß was angestellt. «

»Vielleicht... haben wir doch jemanden überfahren, ohne es zu merken?« fragte Serena zögernd. Für eine Sekunde machte sich betroffenes Schweigen breit, dann drehte sich Mike zu Astaroth herum und sah ihn fragend an.

Nein,lautete die Antwort des Katers.Aber ihr solltet euch bewaffnen. Das meine ich ernst.Die letzten Sätze behielt Mike vorsichtshalber für sich -wenn sich diese Anzahl von Männern auf sie stürzte, dann hätten sie mit oder ohne Waffen keine besonders guten Aussichten, hier lebend herauszukommen. »Ich rede mit ihnen«, sagte Trautman entschlossen. Er machte einen Schritt, um seine Ankündigung in die Tat umzusetzen, und blieb sofort wieder stehen. Seine Bewegung hatte eine neuerliche heftige Woge von Flüchen und Drohungen ausgelöst. Fünf oder sechs Männer hatten den Lagerraum mittlerweile ganz betreten, und weitere folgten ihnen; noch zögernd, aber mit jedem Schritt mutiger werdend. Alle waren bewaffnet.

»Wenn wir kämpfen müssen, flieht jeder für sich!« sagte Ben. »Wir treffen uns am Hafen. « »Witzbold«, knurrte Juan. »Wenndiesich auf uns stürzen, treffen wir uns im Himmel wieder. « Die Männer näherten sich ihnen weiter. Mike sah aus den Augenwinkeln, wie Trautman sich spannte und Singh einen Schritt in seine Richtung machte; wohl, um ihn zu beschützen, sollte es ernst werden. Mike machte sich jedoch nichts vor gegendieseÜbermacht hatte nicht einmal der Sikh-Krieger eine Chance. »Achtung!« schrie Ben plötzlich. »Sie kommen!« Mike fuhr entsetzt zusammen und trat rasch vor Serena. Erst dann sah er, daß Ben sich getäuscht hatte. Tatsächlich war in die aufgeregte Menge plötzlich eine angstvolle Bewegung gekommen. Draußen auf der Straße gellten nun Schreie, und er sah Schatten und hektisch rennende Gestalten. Etwas klirrte, und wieder hörte er einen Schrei, der diesmal eindeutig schmerzerfüllt klang.

Auch die Männer, die sich ihnen bereits genähert hatten, fuhren erschrocken herum. Die Menge schien regelrecht in Panik zu geraten, und er hörte auch Geräusche, die eindeutig auf einen Kampf schließen ließen.

In der nächsten Sekunde schon wurde aus seinem Verdacht Gewißheit. Ein gellender Schrei erklang, und dann stolperte eine Gestalt in einem braunen Kaftan in die Halle herein und brach zusammen. Drei, vier weitere Männer folgten ihm, offensichtlich in großer Hast vor irgend etwas fliehend, und dann teilte sich die Mauer aus Leibern, die die Tür bisher versperrt hatte, und sie sahen endlich,wasall diese Männer derart in Schrecken versetzte:

Mike atmete tief durch. Es waren zwei große, in der Farbe der Nacht gekleidete Gestalten, die unter die Männer fuhren. Sie waren unbewaffnet, aber das machte keinen Unterschied. Ihre Bewegungen waren so schnell, daß Mike sie kaum sah. Er wußte sofort, wen sie vor sich hatten -Yasal und Hasim, Lady Grandersmith' Leibwächter, aber sie schienen nur wirbelnde schwarze Schatten zu sein, unter deren Hieben und Tritten die Menschenmenge auseinanderstob wie eine Schafherde, unter die der Wolf gefahren war. »Al Achawwiya al sauda'!«

Zuerst war es nur eine Stimme, die diese fremdartigen Worte schrie, aber gleich darauf stimmte die gesamte Menge in den Ruf ein, und die schienen die Panik endgültig komplett zu machen. Mike wußte nicht, was die Worte bedeuteten, aber allein ihr unheimlicher Klang jagte auch ihm einen eisigen Schauer über den Rücken. Hatten bisher noch einige besonders tapfere Männer versucht, die beiden tobenden Beduinen aufzuhalten, so warfen nun auch die letzten ihre Waffen fort und stürzten davon. Auch die Männer, die bereits zu ihnen hereingekommen waren, fuhren herum und suchten ihr Heil in der Flucht.

Nicht allen gelang es. Mike sah voller Entsetzen, wie Yasal einen der Flüchtenden mit einem gewaltigen Satz einholte und ihn so mühelos durch die Luft schleuderte wie ein Kind eine Stoffpuppe. Der Mann prallte gegen die Wand, rappelte sich mit der Kraft der Verzweiflung wieder auf und humpelte davon. Yasal setzte ihm nach und holte ihn mit einem einzigen Schritt ein.»Nein!«

Serenas Stimme war so scharf, daß für den Bruchteil einer Sekunde alles mitten in der Bewegung zu erstarren schien. Yasal, der den unglückseligen Burschen bereits wieder gepackt und diesmal hoch über den Kopf erhoben hatte, um ihn mit tödlicher Wucht auf den Boden zu schmettern, hielt inne und wandte sich Serena zu.

»Nein!« sagte Serena noch einmal. »Tu das nicht! Es ist nicht nötig! Sie fliehen doch!«

Für eine Sekunde stand der schwarzgekleidete Beduine da und starrte Serena an, und es war Mike, als fände ein stummer Zweikampf zwischen ihnen statt. Er selbst war sicher, daß er dem durchdringenden Blick der unheimlichen Augen keinen Sekundenbruchteil lang standgehalten hätte -aber am Ende war es Serena, die das stumme Duell gewann. Nicht unbedingt sanft, aber auch nicht mit der furchtbaren Gewalt, zu der er ausgeholt hatte, setzte Yasal den Mann zu Boden und wandte sich dann vollends zu ihnen herum. »Puh«, sagte Chris. »Das war knapp. « Mike fragte sich, was er damit meinte -ihre Rettung vor der aufgebrachten Menge oder Serenas Eingreifen, das dem Mann mit großer Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet hatte.

Die aufgebrachte Menge war inzwischen fast verschwunden. Zwei oder drei Nachzügler humpelten noch davon, aber ansonsten schien die Straße mit einem Male wie ausgestorben. Es war, als reiche die bloße Anwesenheit der beiden Beduinen allein, um alles menschliche Leben in weitem Umkreis zu vertreiben. »Danke«, sagte Trautman. »Das war wirklich Rettung in letzter Sekunde. Was ist passiert? Wieso seid ihr hier, und was war mit dem Fahrer los?« Weder Yasal noch Hasim antworteten, und plötzlich erinnerte sich Mike wieder daran, daß er keinen der beiden jemals auch nur ein Wort hatte sagen hören. »Das sollten wir vielleicht später klären«, sagte Ben nervös. »Ich meine... sie könnten zurückkommen. « »Und selbst wenn nicht, hat bestimmt jemand die Polizei gerufen«, fügte Chris hinzu.

»Und?« fragte Mike. »Vor zehn Sekunden hättest du dir nochgewünscht,daß die Polizei kommt, oder?«

»Ihr kennt die Polizei Kairos nicht«, sagte Trautman mit einem schiefen Lächeln.»Ichmöchte ihr jedenfalls nicht erklären müssen, was hier passiert ist... « Er überlegte eine Sekunde, dann wandte er sich wieder an Yasal und Hasim.

»Könnt ihr uns von hier wegbringen?« Möglicherweise sprachen die beiden kein Englisch, aber zumindest verstanden sie es. Yasal nickte, und Hasim machte eine entsprechende Handbewegung über die Schulter nach draußen.

»Also gut«, sagte Trautman. »Dann nichts wie raus hier. «

»Und unsere Sachen?« fragte Serena. Trautman warf einen Blick durch den Raum. Was nicht bei dem Zusammenprall des Wagens mit dem Tor zerstört worden war, das war in einem heillosen Chaos überall verstreut. Er schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, aber dafür bleibt uns keine Zeit«, sagte er bedauernd. »Sei froh, daß wir noch am Leben sind, Serena. Kommt jetzt. Wir müssen weg. Und außerdem möchte ich mich gerne mit Lady Grandersmith über einige Eigenschaften ihrer Dienstboten unterhalten. «

»Sie können sich gar nicht vorstellen, wie leid es mir tut«, sagte Lady Grandersmith zum wiederholten Mal an diesem Abend. Sie schüttelte abermals den Kopf und sah Mike und die anderen der Reihe nach und mit aufrichtiger Sorge an.

Es war mittlerweile später Nachmittag. Sie saßen auf der Terrasse des Hauses, von dem Lady Grandersmith gesprochen hatte -das sich als Prachtbau von der Größe und Ausstattung eines kleinen Schlosses entpuppt hatte -, und tranken eisgekühlten Zitronentee, und obwohl erst wenige Stunden verstrichen waren, seit sie mit so knapper Not dem sicheren Tod entgangen waren, kam Mike ihr Abenteuer schon fast wie ein böser Traum vor.

Yasal und Hasim hatten sie zu einem Wagen geführt, der gar nicht weit entfernt in einer Seitenstraßegeparkt gewesen war, und die beiden hatten auch gleich noch für eine Überraschung gesorgt: Yasal erwies sich nämlich als ausgezeichneter Fahrer, der sie in einem höllischen Tempo, aber nichtsdestotrotz sehr sicher aus der Stadt gebracht hatte. Danach war es eine gute Stunde nach Westen gegangen, zu Anfang noch über eine asphaltierte Straße, später über einen schmalen Weg und schließlich durch die Wüste. Und gerade als Mike ernsthaft darüber nachzudenken begonnen hatte, ob es das Haus der Lady Grandersmith denn überhaupt gab, hatten sie diese Oase erreicht: ein kleines Paradies, das versteckt in einem Dünental lag und aus einem kristallklaren Quellsee und einem Palmenwäldchen bestand, unter dessen Schatten das Haus lag. »Ich verstehe immer noch nicht, wie der Bursche wissen konnte, daß wir auf einen Wagen warten«, sagte Ben kopfschüttelnd. Er nippte an seinem Zitronentee, behielt aber Lady Grandersmith dabei über den Rand des Glases hinweg scharf im Auge. Er machte aus seinem Mißtrauen keinen Hehl, obwohl Lady Grandersmith ihnen bereits mehrmals erklärt hatte, was wirklich passiert war. Und ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen, begann sie sich allmählich darüber zu ärgern. Trotzdem tat sie es geduldig noch einmal. »Die Schuld trifft auch mich, junger Mann«, antwortete sie. »Ich gebe es zu. Ich habe länger für meine Reisevorbereitungen gebraucht, als ich gedacht hatte, und als ich schließlich mit dem Wagen zum Hotel kam, wart ihr nicht mehr da. «

»Ja«, sagte Ben säuerlich. »Wir waren schon unterwegs. Mit einem anderen Wagen. «

Lady Grandersmith machte ein betrübtes Gesicht. »Ich kann es mir nur so erklären, daß irgend jemand vom Hotelpersonal wußte, daß ihr auf eine Fahrgelegenheit wartet. «

»Und hat seinen Onkel gerufen, der Ehrenmitglied bei der örtlichen Mafia-Filiale ist?« fragte Ben. Lady Grandersmith überging den sarkastischen Unterton und nickte ernst. »So etwas kommt leider immer wieder vor. Dies ist ein armes Land, Ben; und euer Hotel ist eines der teuersten in der Stadt. So etwas lockt fast zwangsläufig alle möglichen zwielichtigen Gestalten an. Glaub mir, ich bedauere am meisten, was passiert ist, aber ihr hattet trotz allem noch großes Glück. « »Ja«, sagte Trautman. »Wären Ihre beiden Bediensteten nicht zufällig aufgetaucht... « »Oh, so zufällig war das nicht«, erklärte Lady Grandersmith mit einem Seitenblick auf Hasim, der mit vor der Brust verschränkten Armen einige Meter abseits stand und auf weitere Befehle wartete. Mike fühlte sich in seiner Gegenwart nach wie vor unbehaglich. Daß die beiden Beduinen ihnen gerade das Leben gerettet hatten, änderte nichts daran. »Nein?« fragte Mike.

»Nein«, bestätigte Lady Grandersmith. »Wir haben euch nur um wenige Minuten verpaßt. Als ich hörte, was geschehen war, habe ich Yasal und Hasim losgeschickt, um euch zu suchen. Wie sich gezeigt hat, keine Sekunde zu früh. «

»Das stimmt«, sagte Trautman schaudernd. »Ich verstehe bis jetzt nicht, warum die Leute so erbost waren. Sie hätten uns gelyncht, wären die beiden nicht aufgetaucht. «

Lady Grandersmith lachte leise. »Kein Wunder. Wissen Sie überhaupt, wo Sie waren?« »Nein«, antwortete Trautman.

»Seien Sie froh«, sagte Lady Grandersmith. »Die Gegend gehört zu den schlimmsten der ganzen Stadt. Diese Leute waren nicht wütend, weil ihr etwasgetanhabt, Mister Trautman, sondern weil Sie und die Kinder ihnen auf die Schliche zu kommen drohten. Kein Räuber hat es gern, wenn sein Versteck

bekannt wird. « Plötzlich wurde sie sehr ernst. »Glauben Sie mir

- sie hätten euch alle getötet. «

Das klang plausibel. Und trotzdem... irgendwie überzeugte es Mike noch nicht. Er mußte unentwegt an den Ausdruck von Angst auf den Gesichtern der Männer denken, den Yasals und Hasims Erscheinen hervorgerufen hatte -und die Brutalität, mit der die beiden gegen die Männer vorgegangen waren. Auch Mike hatte schon um sein Leben kämpfen müssen, und das mehr als einmal, aber er wäre niemals auf die Idee gekommen, einem Gegner nachzusetzen, der bereits floh. »Aber nun ist es ja überstanden«, sagte Lady Grandersmith in verändertem Ton. »Es tut mir leid, daß ihr eure Sachen eingebüßt habt -vor allemdu, Serena, aber das war das kleinere Übel, denke ich. « Sie blinzelte Serena verschwörerisch zu. »Ich bin sicher, daß ich noch ein paar kleine Souvenirs für euch finde, bevor ihr abreist. « »Was morgen der Fall sein wird«, sagte Trautman. »Morgen schon?« Lady Grandersmith wirkte überrascht, obwohl sie es eigentlich besser wissen mußte. »Das hatten wir besprochen«, erinnerte Trautman. »Jaja«, antwortete Lady Grandersmith hastig. »Das stimmt. Aber... « Sie schwieg einen Moment. »So, wie die Dinge liegen, sollten Sie sich überlegen, doch noch ein paar Tage hierzubleiben. Sie sind meine Gäste, solange Sie wollen. «

»Das ist sehr freundlich von Ihnen, Lady Grandersmith. Aber -« begann Trautman, wurde aber sofort wieder von ihr unterbrochen:

»Das ist nicht nur freundlich, ich fürchte, esmußsein«, sagte Lady Grandersmith. »Sehen Sie, was heute in der Stadt geschehen ist, hat garantiert für eine Menge Aufsehen gesorgt. Ich fürchte, es wird jetzt nicht mehr so einfach werden, die Dinge zu besorgen, die Sie noch brauchen. Wir sollten ein, zwei Tage verstreichen lassen, nur zur Sicherheit. Die Polizei war sicher bereits im Hotel, und auch die Leute, denen Sie gerade noch einmal entkommen sind, sind nicht zu unterschätzen. Glauben Sie mir - Sie nehmen meine Einladung besser an und verlängern Ihren Urlaub noch um ein paar Tage. «