122179.fb2 Die sieben Sonnen - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 29

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„Geh'n wir zum Schiff zurück“, keuchte Alvin. „Ich kann nicht richtig atmen.“

Als sich die Luftschleuse hinter ihnen geschlossen hatte und sie sich wieder wohler fühlten, besprachen sie ihr weiteres Vorgehen. Für eine ausführliche Erforschung mußten sie viele Kuppeln ausprobieren, in der Hoffnung, einen Bau zu finden, der keine Warnung ausstrahlte, den man also betreten konnte. Wenn das mißlang — aber Alvin wollte dieser Möglichkeit erst ins Auge sehen, wenn ihm nichts anderes mehr übrigblieb.

Nach einer Stunde war es soweit, und zwar auf dramatischere Art, als er sich das hätte träumen lassen. Sie hatten den Roboter zu einem halben Dutzend Kuppeln geschickt, stets mit demselben Ergebnis, als sie auf eine Szene stießen, die in dieser sauberen, gut verpackten Welt völlig fehl am Platze war.

Unter ihnen lag ein weites Tal; auch hier standen die undurchdringlichen Kuppeln. In der Mitte des Tales war die unverwechselbare Narbe einer großen Explosion zu sehen — einer Explosion, die Trümmer in alle Richtungen kilometerweit verstreut und einen flachen Krater in den Boden gebrannt hatte.

Und neben dem Krater lag das Wrack eines Raumschiffs.

21

Sie landeten am Schauplatz dieser alten Tragödie und schritten langsam auf den gewaltigen, zertrümmerten Rumpf zu. Nur ein kurzer Abschnitt des Schiffes — entweder der Bug oder das Heck — war erhalten; das übrige mußte bei der Explosion zerstört worden sein. Während sie sich dem Wrack näherten, dämmerte Alvin langsam ein Gedanke, der stärker und stärker und schließlich zur Gewißheit wurde.

„Hilvar“, sagte er, „ich glaube, das ist das Schiff, das auf dem ersten Planeten landete.“

Hilvar, der es vorzog, Sauerstoff zu sparen, nickte nur. Er hatte den gleichen Einfall gehabt. Er konnte als Lehre für unvorsichtige Besucher dienen, dachte er. Hoffentlich nahm sich Alvin das zu Herzen.

Sie erreichten den Rumpf und starrten in das Innere des Schiffes. Es war, als schaue man in ein großes, säuberlich entzweigeschnittenes Gebäude; Böden, Wände und Decken gaben einen verzerrten Aufriß des Schiffsquerschnitts. Alvin fragte sich, welche seltsamen Wesen wohl im Wrack ihres Fahrzeuges liegen mochten.

„Das verstehe ich nicht“, sagte Hilvar plötzlich. „Dieser Schiffsteil ist zwar schwer beschädigt, aber doch im wesentlichen intakt. Wo ist das übrige? Kann es sein, daß das Schiff im Weltraum auseinanderbrach und nur dieser Teil hier abstürzte?“

Erst als sie den Roboter ausgeschickt und das Gebiet um das Wrack genau untersucht hatten, fanden sie die Lösung. Es gab nicht den geringsten Zweifel, als Alvin die Reihe niedriger Erdhügel fand, jeder drei Meter lang.

„Sie sind also hier gelandet“, sagte Hilvar nachdenklich, „und haben die Warnung ignoriert. Sie waren neugierig, genau wie du. Sie versuchten, diese Kuppel aufzubrechen.“

Er deutete auf die andere Seite des Kraters, auf die glatte, unberührte Schale, in der die verreisten Herren dieser Welt ihre Schätze versiegelt hatten. Aber sie war keine Kuppel mehr, sondern beinahe eine vollkommene Kugel, denn der Boden unter ihr war weggesprengt.

„Sie zertrümmerte ihr Schiff und tötete viele Besatzungsmitglieder.

Trotzdem gelang es ihnen, das Raumschiff zu reparieren und wieder zu starten, indem sie diesen Teil abschnitten und alle wichtigen Geräte entfernten. Das muß eine Aufgabe gewesen sein!“

Alvin hörte ihn kaum. Er blickte auf das merkwürdige Zeichen, das ihn an diese Stelle geführt hatte — ein schmaler Stab, um den im oberen Drittel ein waagrechter Ring schwebte. Obwohl es fremdartig und seltsam wirkte, konnte er die stumme Botschaft verstehen, die es durch alle Zeiten bewahrt hatte.

Unter diesen Steinen lag zumindest die Antwort auf eine Frage. Sie durfte unbeantwortet bleiben, was immer diese Wesen gewesen sein mochten, sie hatten ihre Ruhe verdient.

Hilvar hörte kaum, was Alvin auf dem Weg zurück zu ihrem Schiff flüsterte.

„Ich hoffe, sie sind heimgekommen“, sagte er.

„Und wohin jetzt?“ fragte Hilvar, als sie wieder im Weltraum schwebten.

Alvin starrte nachdenklich auf den Bildschirm. „Meinst du, ich sollte zurückkehren?“

„Es wäre vernünftiger. Vielleicht hält unser Glück nicht mehr lange, und wer weiß, welche Überraschungen diese Planeten noch für uns bereithalten?“

Das war die Stimme der Vernunft und der Vorsicht, und Alvin lauschte ihr jetzt aufmerksamer, als er das noch vor ein paar Tagen getan hätte.

Aber er hatte einen weiten Weg zurückgelegt, und sein ganzes Leben auf diesen Augenblick gewartet; er wollte nicht umkehren, solange es noch so viel zu sehen gab.

„Ab sofort bleiben wir im Schiff“, sagte er, „und landen nirgends mehr.

Das müßte doch genügend Sicherheit verbürgen.“

Hilvar zuckte die Achseln, als weigere er sich, die Verantwortung für die kommenden Ereignisse zu übernehmen. Jetzt, da Alvin ein gewisses Maß an Vorsicht zeigte, wollte er nicht gerne zugeben, daß er ebensosehr drauf brannte, ihre Entdeckungsreise weiterzuführen, obwohl er längst jede Hoffnung auf intelligentes Leben aufgegeben hatte.

Vor ihnen lag eine Doppelwelt, ein großer Planet mit einem kleineren Trabanten. Der Riese hätte ein Zwilling des Planeten sein können, den sie als zweiten aufgesucht hatten; er war in die gleiche Decke aus giftigem Grün eingehüllt. Es hatte keinen Sinn, hier zu landen; diese Geschichte kannten sie schon.

Alvin ließ das Schiff in geringer Höhe über die Oberfläche des Trabanten gleiten; er brauchte keine Warnung von den komplizierten Schutzmechanismen, um zu wissen, daß es hier keine Atmosphäre gab. Alle Schatten hatten scharfe, abgeschnittene Ränder, und zwischen Tag und Nacht gab es keine Abstufungen. Es war die erste Welt, auf der er etwas der Nacht Vergleichbares entdeckte, denn über dem Horizont stand nur eine der etwas weiter entfernten Sonnen. Die Landschaft wurde von einem dunklen Licht überflutet, als sei sie in Blut getaucht.

Viele Kilometer flogen sie niedrig über Berge dahin, die noch so schroff und zerrissen wie in den fernen Zeitaltern ihrer Geburt emporragten.

Diese Welt kannte weder Veränderung noch Fäulnis, sie war nie von Wind und Regen heimgesucht worden. Hier wurden keine Ewigkeitsanlagen gebraucht, um die Dinge in ihrer alten Frische zu erhalten. Aber wenn es keine Luft gab, konnte es auch kein Leben gegeben haben — oder doch?

„Natürlich“, sagte Hilvar, als ihn Alvin danach fragte. „An dieser Vorstellung ist biologisch gesehen nichts Absurdes. Leben kann im luftleeren Raum nicht entstehen — aber es kann Formen entwickeln, die darin überleben werden. Es muß unzählige Male geschehen sein, sobald ein bewohnter Planet seine Atmosphäre verlor.“

„Aber glaubst du denn, daß intelligente Lebensformen in einem Vakuum existieren würden? Hätten sie nicht gegen den Verlust ihrer Luft vorgesorgt?“

„Wahrscheinlich, wenn er eingetreten wäre, nachdem sie genug Verstand besaßen, um das verhindern zu können. Wenn sich jedoch die Atmosphäre verflüchtigte, solange sie noch in einem primitiven Zustand lebten, müßten sie sich entweder anpassen oder untergehen. Nachdem sie sich angepaßt haben, könnten sie eine sehr hohe Intelligenz entwikkeln. Ja, sogar mit großer Wahrscheinlichkeit — der Anreiz wäre nämlich gewaltig.“

Dieses Argument blieb rein theoretischer Natur, dachte Alvin, soweit es diesen Planeten betraf. Nirgends gab es ein Zeichen, daß er jemals Leben, intelligent oder nicht, beherbergt hatte. Aber worin lag in diesem Fall der Zweck dieser Welt? Das gesamte Sternsystem der Sieben Sonnen war künstlich geschaffen, und auch diese Welt mußte Teil ihres grandiosen Entwurfs sein.

Man konnte sich vorstellen, daß sie ausschließlich Schmuckzwecken diente — als Mond am Himmel ihres riesigen Begleiters.

Aber auch in diesem Fall hätte man doch irgendeinen Zweck damit verbunden.

„Schau“, sagte Hilvar, auf den Bildschirm deutend. „Dort drüben rechts.“

Alvin veränderte den Kurs des Raumschiffes, und die Landschaft kippte.

Die roterleuchteten Felsen verschwanden bei der Geschwindigkeit, mit der sie darüber hinwegrasten; dann stabilisierte sich das Bild, und unten lag der unverwechselbare Beweis für Leben.

Unverwechselbar — aber auch unverständlich. Er hatte die Form einer langen Reihe von Säulen, die jeweils dreißig Meter voneinander entfernt und doppelt so hoch waren. Sie erstreckten sich in die Ferne, schrumpften in der Perspektive, bis sie der Horizont verschlang.

Alvin steuerte das Schiff nach rechts und flog an der Säulenreihe entlang; er fragte sich, welchem Zweck sie wohl gedient haben könnte. Die Säulen waren völlig gleichgeartet und marschierten in ununterbrochenem Gänsemarsch über die Berge und hinab in die Täler.

Nichts deutete darauf hin, daß diese Säulen jemals etwas zu tragen gehabt hätten; sie waren glatt, ohne besondere Merkmale und verjüngten sich ein wenig zur Spitze hin.

Ganz plötzlich veränderte die Reihe ihre Richtung und wandte sich in einem scharfen Winkel nach rechts. Das Raumschiff schoß mehrere Kilometer über diesen Punkt hinaus, ehe Alvin reagieren und das Schiff in die neue Richtung bringen konnte.

Die Säulen setzten sich in ungebrochener Reihenfolge über die Landschaft fort. Dann, achtzig Kilometer von der ersten Ecke entfernt, beschrieben sie wieder einen rechten Winkel. Bei diesem Tempo, dachte Alvin, werden wir bald wieder dort sein, wo wir angefangen haben.

Die endlose Folge der Säulen hatte sie so hypnotisiert, daß sie die Lücke mehrere Kilometer hinter sich gelassen hatten, ehe Hilvar rief, und Alvin, der überhaupt nichts bemerkt hatte, mit dem Schiff umkehrte. Sie schwebten langsam herab, und als sie über der von Hilvar gefundenen Stelle kreisten, begann in ihnen ein phantastischer Argwohn aufzukeimen — obwohl ihn zuerst keiner der beiden auszusprechen wagte.

Zwei Säulen waren an ihrer Basis abgebrochen. Sie lagen auf dem Felsboden.

Das war noch nicht alles; die beiden Säulen rechts und links von dieser Lücke waren von einer unwiderstehlichen Kraft zur Seite gebogen.

Es gab keine Ausflucht vor der Schlußfolgerung. Jetzt wußte Alvin, was sie überflogen hatten; er hatte ähnliches oft in Lys gesehen, es aber der erschreckenden Ausmaße wegen nicht gleich erkannt.

„Hilvar“, sagte er und wagte kaum, seine Gedanken in Worte zu fassen,