122730.fb2 F?hrte nach Andromeda - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 26

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5.

»Also weiter!« knurrte der Androide. »Auf zu dem eisernen Monstrum!«

Er wußte nicht, ob er noch im Beobachtungsbereich der Sonde war, aber er vertraute den Fernsteuerkünsten seiner Freunde. Es erwies sich als mühsam, sich durch die Menschen auf dem Marktplatz zu drängen. Immer wieder wurde der Androide unsanft angestoßen und zur Seite geschoben.

»Manieren sind das!« schimpfte Aphros ungehalten; wieder krachte ihm ein rücksichtsloser Ellbogen gegen die Rippen. »Paß doch auf, Trottel!«

»Wie war das, bitte?« sagte eine gefährlich klingende Stimme. »Sagtest du Trottel?«

Der Mann, der Aphros so unsanft behandelt hatte, stand nun vor dem Androiden und blinzelte ihn aus kleinen Augen an; er trug die Kleidung eines Edlen, und in seiner Begleitung erkannte Aphros einige männliche Sklaven mit besorgniserregender Muskulatur.

»Herr!« wimmerte der Androide. »Ich wollte nicht …«

»Es wird immer besser«, staunte der Edle. »Er wartet nicht einmal, bis ich ihm erlaube, mir seinen kotigen Atem ins Gesicht zu blasen. Das wirst du büßen, mein Junge – faßt ihn!«

Der Zuruf galt den Sklaven, die sofort näher kamen und Aphros umringten; der Androide sah kurz in die Gesichter und stellte fest, daß niemand ihm helfen würde, der Rachlust des Edlen zu entkommen – im Gegenteil. Er wich langsam einige Schritte zurück.

Der Androide täuschte Unterwürfigkeit vor; flehend hielt er die offenen Hände zwei Sklaven entgegen. Der Trick gelang – die Sklaven packten nicht allzu hart zu und zogen ihn gemächlich auf die Sänfte zu.

»Hier ist der Schuft, Herr!« sagte einer der Sklaven.

Auf diesen Augenblick hatte Aphros gewartet; da er über empfindlichere Wahrnehmungsorgane verfügte als durchschnittliche Menschen, hatte er den Druck der Sklavenhände an seinen Handgelenken genau registriert. Und er erfaßte auch den Sekundenbruchteil, in dem die Sklaven ihre Aufmerksamkeit von ihm auf ihren Herrn und Gebieter umschalteten. Diesen winzigen Augenblick ihrer Unachtsamkeit nutzte der Androide aus – ruckartig warf er sich zurück. Die beiden Männer, die ihn hielten, wurden von dieser Bewegung völlig überrascht – da sie ihren Griff um seine Handgelenke nicht lockerten, wurden sie gegeneinandergeschleudert und krachten mit den Schädeln zusammen.

Unwillkürlich lockerten sie ihren Zugriff; mit einem Ruck befreite sich Aphros und ließ seine Handkanten auf ihre Nacken niedersausen. Sie sanken zu Boden. Gleichzeitig setzte Aphros zu einem Sprung an, der ihn unmittelbar an die Sänfte brachte. Ein Schritt genügte, und er stand auf dem Gestell der Sänfte, gleich darauf auf dem Dach. Nur von dort aus hatte er eine Chance, die Menge zu überwinden, die sich um die Sänfte herum angesammelt hatte. Entschlossen warf sich Aphros dorthin, wo der Kreis der Menschen die geringste Dicke hatte.

Der Androide stürzte nach einigen Metern Flug auf die Köpfe der Umstehenden nieder. Einige Männer gingen zu Boden, als Aphros’ Knie und Ellbogen empfindliche Körperstellen trafen. Wesentlich schneller als jeder Normalmensch hatte sich Aphros abrollen lassen und stand wieder auf den Beinen. Er nutzte die noch immer beträchtliche Schockwirkung des Publikums aus und warf sich gegen die Menschen vor ihm.

»Platz da!« brüllte er und drosch rücksichtslos um sich. Zwei, drei Männer sanken zu Boden, dann wich die Menge angstvoll zurück. Er rannte los und bremste hinter einer Ecke ab.

»Haltet ihn!« schrie eine unangenehm schrille Stimme. »Eine fürstliche Belohnung demjenigen, der den Schurken faßt – tot oder lebend!«

»Schade«, murmelte Aphros. »Keine genaue Preisangabe – ich hätte gern gewußt, was mein Lockenkopf hier für einen Wert besitzt.«

Leise vor sich hin pfeifend ging er mit einem Gesicht voll unendlicher Langeweile weiter; niemand beachtete ihn – alles hielt nach einem Manne Ausschau, der verzweifelt um sein Leben rannte. Und so schritt er weiter durch Jenra.

Über ihm schwebte noch immer die unsichtbare Sonde und überwachte ihn – jedenfalls glaubte dies der Androide.

Giri bel Tarman stieß eine Reihe von Flüchen aus. »Wieso ist die Sonde ausgefallen?« schimpfte er. Planlos versuchte er sich an allen Kontrollmechanismen der Sonde. »Bild weg, Ton weg – immerhin steht der Ortungsschutz noch!«

»Können wir die Sonde wenigstens steuern?« wollte Danielle wissen. »Es könnte fatal werden, wenn das Ding irgendwo gegen ein Haus knallte und dabei sichtbar würde.«

»Keine Aufregung!« sagte Spooky beruhigend. »Die Fernsteuerung arbeitet auch noch! Und ich habe auch eine Erklärung für das Versagen der Sonde.«

»Die lautet?« fragte Giri knapp. Vorsichtshalber ließ er die Sonde zum Schiff zurückkehren.

Spooky grinste boshaft, während er erklärte: »Ähnliche Dinge gab es auf der Erde schon vor ewigen Zeiten – ein römischer Geschichtsschreiber hat überliefert, daß bei einem öffentlichen Auftreten des Caius Julius Cäsar das Volk so laut Beifall schrie, daß einige Vögel bewußtlos aus dem Himmel fielen – die Schallwellen hatten sie betäubt. Und einen ähnlichen Lärm haben wir gehört, als die Leute bei Aphros’ Sänftenakrobatik aufbrüllten.«

»Du meinst allen Ernstes …?« zweifelte Sirghia; Spooky nickte kurz.

»Warum nicht?« entgegnete er ruhig. »Ich halte es für durchaus möglich, daß der Schrei der Menge unsere Sonde taub und blind gemacht hat. Aber das ist jetzt nicht so wichtig. Die Frage ist – was fangen wir jetzt an, um erstens festzustellen, wo Aphros steckt, und zweitens, ihm nötigenfalls zu helfen?«

»Eine zweite Sonde!« schlug Danielle vor.

»Gut«, stimmte Spooky zu. »Aber wo sollen wir Aphros suchen? Wir können auf keinen Fall die Sonde so tief fliegen lassen, daß man auf den Bildschirmen Gesichter erkennt. Das aber müßten wir tun, um aus dieser uniformierten Menge einen einzelnen Menschen herauszupicken.«

Giri strich mit der Hand über das Kinn. »Ich nehme an, du willst dich ebenfalls auf den Weg nach Jenra machen – zusammen mit der zweiten Sonde.«

»Aber nicht allein!« warf Danielle ein. »Ich komme mit.«

Augenblicklich schüttelte Spooky den Kopf. »Viel zu gefährlich! Es reicht, wenn ich gehe.«

Aphros hatte sich den Stadtplan von Jenra sehr genau eingeprägt. Einen Teil der winzigen Gassen hatte die Kamera jedoch nicht erfaßt, und da die Straßen zudem weder numeriert noch mit Namen versehen waren, hatte der Androide sich fast verirrt.

»Dschungel der Großstadt!« knurrte er unwillig, als er wieder einmal an einer Kreuzung stand und nicht recht wußte, wohin er sich wenden sollte. Flüchtig sah Aphros nach oben, versuchte sich nach dem Sonnenstand zu orientieren und ging geradeaus weiter. Ein Seitenblick hatte ihm gezeigt, daß die Querstraße leicht gekrümmt verlief, daher schlug Aphros eine Richtung ein, die auf das geometrische Zentrum dieser Krümmung zielte – sein Gedächtnis sagte ihm, daß er dort auch die rätselhafte Säule finden würde.

Nach etwas mehr als zehn Minuten Fußmarsch hatte er einen großen Platz erreicht. Unübersehbar erhob sich das Monument in der Mitte des Runds. Der blanke Stahl warf das Sonnenlicht zurück und überschüttete den Platz mit einer Flut farbiger Reflexe.

Während er noch überlegte, wie er sich unauffällig der Säule nähern konnte, kam ihm der Zufall zu Hilfe. Ein kleines Mädchen mit zerzaustem, ziemlich unsauberem Haar ging ohne jede Furcht auf den Androiden zu und faßte nach seiner Hand.

»Hallo!« sagte das Mädchen einfach. »Ich bin Peko! Und wer bist du?«

»Aphros«, sagte der Androide überrascht. Ihm kam ein Gedanke. Vielleicht war die Kleine ganz nützlich.

»Hör mal, Peko«, meinte der Androide freundlich; vertrauensvoll lächelte das Mädchen ihn an. »Willst du mit mir gehen und mir alles zeigen – ich kenne mich noch nicht ganz aus.«

»Gern, Aphros«, antwortete die Kleine heiter. »Komm!«

Während er dem Mädchen folgte, sah er unwillkürlich nach oben. Er dachte an seine Freunde im Schiff, die jetzt vermutlich vor den Optiken saßen und sich vor Lachen bogen.

Pekos Redefluß war kaum zu stoppen; laut ihrem Geplapper hatte ihr Vater sieben Frauen und eine entsprechend große Kinderzahl. Das Kind schnurrte eine endlos erscheinende Namensliste herunter. Auf diese etwas anstrengende Art überquerte Aphros den Platz, und schließlich standen die beiden vor der Säule.

Sie bestand tatsächlich aus einem einzigen Block aus Stahl. Die gesamte Oberfläche wies nicht eine einzige Schramme auf. Zudem schimmerte das Metall, als seien jeden Tag Sklaven-Tausendschaften nur damit beschäftigt, den Block auf Hochglanz zu polieren.

»Schön, nicht?« fragte Peko arglos.

»Ja«, sagte Aphros nickend. »Wollen wir ein Spiel spielen?«

»Fein!« strahlte die Kleine. »Was wollen wir denn spielen?«

»Ich stelle dir jetzt ein paar Fragen«, erklärte Aphros, »und wenn du die richtige Antwort weißt, kaufe ich dir für jede richtige Antwort ein Bonbon!«

»Und wenn ich etwas Falsches sage?« wollte Peko wissen. »Muß ich dann ein Bonbon zurückgeben?«

Aphros schüttelte den Kopf. »Was du gewonnen hast, kannst du behalten! Machst du mit?«

»Fang an!« forderte das Mädchen ihn auf und lächelte schelmisch. »Du mußt sehr dumm sein, Aphros, daß du das Spiel spielen willst.«

Nachdem der Androide diese fundierte Stellungnahme verarbeitet hatte, erkundigte er sich: »Wieso bin ich dumm?«

»Ätsch!« meinte Peko selbstsicher. »Weil nämlich jeder alles über das da weiß. Darum nämlich!«

»Eins«, zählte Aphros laut. »Also: Was ist das?«

»Zwei«, rechnete Peko vor. »Das Monument.«

Himmel, dachte der Androide, wenn die Kleine die ganze Geschichte des Klotzes in einzelne Informationsstücke zerteilt, verliere ich ein Vermögen an Bonbons.

»Warum heißt es so?« fragte Aphros weiter.

»Weil es eines ist«, lautete die leicht erstaunt klingende Antwort. »Drei!«

Aphros schluckte. »Drei«, bestätigte er mit leisem Seufzen; Peko grinste nur. »Wer hat es so genannt?«

»Ich«, erklärte Peko schnell. »Vier!«

»Wieso du?« wollte Aphros wissen.

»Weil es eines ist, habe ich es so genannt«, sagte Peko schlagfertig. »Du hast gefragt, wer es Monument genannt hat – und das habe ich ja gerade gemacht. Fünf!«

Aphros gab auf; offenbar hatte er die so unschuldig dreinblickende Peko gewaltig unterschätzt. Nach zehn Minuten und achtunddreißig weiteren Bonbons hatte er herausgefunden, daß die Meßergebnisse der Sonde genau stimmten, daß vor Peko ihre Mutter das Monument schon Monument genannt hatte, weil deren Mutter das auch schon so gemacht hatte – an dieser Stelle brach Aphros erneut ab.

»Was kann man eigentlich damit machen?« fragte er und zeigte dazu ein ganz hinterhältiges Gesicht. Peko reagierte prompt.

»Das ist gemein!« schimpfte sie. »Jetzt muß ich dir ganz furchtbar viel von dem Monument erzählen und kriege dafür nur ein Bonbon. Für diese Frage fünf, oder ich mache nicht mehr mit!«

Mit einem halberstickten Röcheln der Verzweiflung gab Aphros sein Einverständnis.

»Vor langer, langer Zeit«, berichtete Peko, »gab es auf Makar viele Raumschiffe.«

Aphros entging nicht, daß sich die Stimme des Mädchens veränderte; vorher war sie hell und klar gewesen. Jetzt klang die Stimme anders: dumpfer, leiernd, als spule sie ein Band ab, das ein anderer besprochen hatte. Nun begriff er auch, warum das Mädchen ihn für dumm gehalten hatte – offenbar wurden alle Einwohner Jenras und wahrscheinlich auch des gesamten Planeten in frühester Kindheit mit dieser Geschichte förmlich konditioniert.

»Mit diesen Raumschiffen«, berichtete Peko weiter, »wurde Krieg geführt gegen die verbrecherischen Tanaer, die uns alle umbringen wollten. Nachdem dieser Krieg endlose Zeiten gedauert und unzählige Menschen verschlungen hatte, landete eines Tages ein ganz großes Raumschiff auf Makar, das weder den Makarern noch den Tanaern gehörte. Die Wesen in dem Schiff haben die Säule hier aufgebaut und allen verboten, jemals wieder Krieg zu führen. Und dann sind die Wesen wieder weggeflogen, nachdem sie viele unserer Raumschiffe zerstört hatten. Jeder Makarer wird, wenn er fünf Sommer gesehen hat, zu der Säule geführt. Sie öffnet sich dann und läßt das Kind herein. Wenn es nach kurzer Zeit wieder zum Vorschein kommt, kennt es diese Geschichte.

Und wenn ein Fremder auf Makar landet, wird er zu der Säule geführt. Nimmt sie ihn auf, dann ist er von diesem Zeitpunkt an ein Makarer. Die meisten aber kommen nie wieder!«

Grinsend verfolgte Giri das Geschehen auf dem Bildschirm. Sirghia war damit beschäftigt, noch einmal die Funkfrequenzen abzugrasen.

»Wenn alle Terraner so beschaffen sind wie diese beiden«, faßte der Morcone seine Eindrücke zusammen, »befürworte ich ein unbeschränktes Einreiseverbot für alle Erdmenschen.«

Selbstverständlich hatte Danielle sich durchgesetzt; sie begleitete Spooky auf seinem Ausflug nach Jenra. Da die erhöhte Schwerkraft die beiden ziemlich schnell erschöpft hätte, mußte auch Soleil den Ausflug mitmachen. Abwechselnd benutzten Spooky und Danielle den gelehrigen Mainares-Bären als Reittier – solange der jeweilige Reiter den Bären am Ohr kraulte, hatte Soleil nichts dagegen einzuwenden.

Es war Danielles Idee gewesen, das Angenehme mit dem Nützlichen zu koppeln – Soleil diente einmal als Transportmittel, zum anderen lieferte das Tier auch die Maske für die beiden Menschen. Sie sollten sich, wenn sie gefragt wurden, als Vaganten ausgeben, die auf dem Jahrmarkt einen dressierten Riesenbären vorführen wollten. Entsprechend waren sie auch eingekleidet worden.

»Nun, Freunde, wie geht es?« erkundigte sich Giri erheitert.

Die Beobachtung durch die Sonde hatte ergeben, daß sich kein Makarer in der Umgebung der beiden Terraner aufhielt; daher war auch ein Wechselgespräch über die Mikrophone und Lautsprecheranlagen der Sonde möglich.

»Diese Welt ist entsetzlich rückständig!« schimpfte Danielle. »Diese weißen, knöchellangen Kleider sind zum Ritt auf Bären denkbar ungeeignet. Ich habe ständig Angst, herunterzufallen!«

»Solange du bei einem solchen Sturz nur Kopfverletzungen davonträgst«, kommentierte Spooky boshaft, »wird sich der Schaden in erträglichen Grenzen halten.«

»Beiß ihn, Soleil!« ermunterte Danielle erbost den Bären. »Friß das Scheusal auf!«

»Willst du noch mehr wissen, Aphros?« fragte Peko, nachdem sie ihren Monolog beendet hatte. »Wollen wir weiterspielen?«

»Warte einen Augenblick«, murmelte der Androide; er war noch damit beschäftigt, die Informationen zu verarbeiten, die das Mädchen ihm gegeben hatte. Unwillkürlich fragte er sich, wie die Säule wohl reagieren würde, falls er versuchte, in das Monument einzudringen. War die Säule, wie er hoffte, ein Produkt der Stammeltern von Morconen, Terranern und Makarer, dann konnte ihm nicht allzuviel geschehen. Anders sah die Sache aus, wenn ein noch unbekanntes Volk das Monument errichtet hatte.

»He, Aphros, was ist mit dir?« fragte Peko den Androiden, der mit geschlossenen Augen vor ihr stand und angestrengt nachdachte.

»Genau das möchte ich auch wissen!« erklang eine tiefe Männerstimme.

Der Androide öffnete die Augen und sah den Sprecher an, einen hochgewachsenen, stämmigen Mann in einer Uniform, die dem Androiden unbekannt war. Erschrocken stellte Aphros fest, daß der Unbekannte in seinem ledernen Gürtel eine Strahlwaffe stecken hatte.

»Rede, Mann!« herrschte der Bewaffnete den Androiden an. »Was stehst du hier und grübelst? Solltest du die Geschichte des Monuments nicht kennen?«

»Unsinn!« wehrte Aphros ab; die Lage wurde langsam brenzlig.

»Gut denn«, meinte der Uniformierte. »Sage mir, wann der letzte Fremde von dem Monument verschlungen wurde!«

»Hm«, machte Aphros und grinste dazu. »Willst du mich veralbern, Freund?«

Der Uniformierte machte ein finsteres Gesicht; offenbar war die Anrede Freund nicht angebracht. Aphros bewegte sich langsam auf das Monument zu – nur wenige Schritte trennten ihn noch von der roten Linie, die die Säule umkreiste. Ihm war aufgefallen, daß die Makarer diese Grenzlinie sorgfältig vermieden.

»Stehenbleiben, du Narr!« warnte der Uniformierte.

Aphros sah ein, daß seih Spiel verloren war. Ein gewaltsamer Ausbruch verbot sich von selbst – einige hundert Passanten waren aufmerksam geworden und starrten den Androiden feindselig an. Für Aphros blieb nur noch ein Weg – zum Monument.

»He, Aphros!« rief die kleine Peko. »Lauf nicht weg – wo bleiben meine Bonbons?«

Ohne sich zu besinnen, rannte das Mädchen auf Aphros zu. Bevor irgend jemand eingreifen konnte, hatte das Mädchen den Androiden erreicht und prallte mit beträchtlicher Wucht gegen ihn. Unwillkürlich taumelte der Androide einen Schritt zurück, zusammen mit dem Mädchen, das sich an ihn klammerte. Die Menge schrie auf, als beide in das Innere des roten Kreises traten.

Der Uniformierte ließ die gezogene Waffe sinken; mit automatenhafter Schnelligkeit hatte sich um die Säule ein undurchdringlicher Vorhang aufgebaut. Rote Blitze zuckten aus dem flirrenden, gelblichen Feld.

Als der Energievorhang wieder erlosch, waren Aphros und das Mädchen verschwunden.

Ungerührt machte sich der Uniformierte daran, die Menge auseinanderzutreiben.

Danielle und Spooky hatten es wesentlich leichter als Aphros, durch die Stadt zu wandern – sobald die Makarer den Bären sahen, machten sie furchtsam Platz. Von Zeit zu Zeit stieß Soleil ein Brummen aus, das die Bürger Jenras in noch größere Furcht stürzte. Einige Männer griffen beim Anblick des Tieres sofort zu den Waffen, ließen sie aber sinken, als Spooky den Bären sich aufrichten ließ und sich ein wenig mit ihm balgte. Mit einem leichten Grinsen stellte DeLacy fest, daß die Waffenträger, sobald sie von der Ungefährlichkeit des Bären überzeugt waren, ihr Augenmerk vornehmlich auf Danielle richteten, der diese Bewunderung sichtlich gefiel.

»Endlich Männer, die meine Qualitäten zu schätzen wissen!« meinte sie halblaut zu Spooky; der Terraner hielt den Bären an einem Ohr, während die Frau auf dem Rücken des Tieres saß und mit den Beinen strampelte.

»Wir bleiben einstweilen hier«, sagte Spooky. »Wenn wir für genügend Aufregung und Trubel sorgen, wird sich Aphros vermutlich bald hier einstellen.«

»Einverstanden«, sagte Danielle. Sie stoppte den gemächlichen Trott des Bären und stieg ab.

Um sich die Zeit auf der Welt der acht Schläfer zu vertreiben, hatten sie Soleil damals zu einigen Dressurnummern abgerichtet. Die Makarer erwiesen sich als außerordentlich begeisterungsfähiges Publikum. Nach einer halben Stunde aber schien Soleil keine Lust mehr zu haben, legte sich hin und machte ein Nickerchen.

»Verdammt!« knurrte Spooky. »Wenn wir Soleil nicht ermuntern können, fällt das Publikum geschlossen über uns her.«

Vergeblich versuchten die beiden Menschen, den Bären in seiner Ruhe zu stören; ungerührt schnarchte Soleil weiter. Jetzt wurde das Publikum ärgerlich; ein Stein krachte auf den Boden.

»Auch das noch«, stöhnte Danielle. »Wenn ein Stein trifft …«

Sie hatte den Satz noch nicht ganz beendet, da war das Unglück bereits geschehen; ein kleiner Stein mit scharfen Kanten traf Soleil am Kopf. Ruckartig sprang das Tier auf.

»Ruhig, Soleil, ruhig!« versuchte Danielle den Bären zu beschwichtigen. Ein weiterer Stein machte ihre Bemühungen zunichte.

Das Tier hatte genau erkannt, aus welcher Richtung der Stein angeflogen kam; mit einem wütenden Brüllen stürzte Soleil vorwärts. Die Menge kreischte angsterfüllt auf und stob auseinander. Während die meisten sich schreiend in Sicherheit zu bringen suchten, griffen einige Beherzte zu den Waffen und stellten sich Soleil in den Weg.

»Soleil!« schrie Spooky verzweifelt. »Zurück!«

Von der Intelligenz des Bären war nicht mehr viel zu sehen. Mit einigen kraftvollen Prankenhieben trieb Soleil seine Widersacher auseinander; in das Angstgeschrei der Menge mischte sich das Wimmern von Verletzten. Der Bär hatte sich sein Opfer ausgewählt, einen jungen Mann, der laut um Hilfe schrie und verzweifelt rannte. Obwohl er den Tod im Nacken wußte, änderte der Mann die Richtung seiner Flucht, als er in die Nähe des roten Kreises kam. Er versuchte, einen Haken zu schlagen und lief um die Gefahrenzone herum.

Soleil wußte nichts von einer Gefahr; gradlinig stürmte der Bär hinter dem Mann her und geriet dabei in den Bannkreis. Als sich einige Sekunden später die Sicht wieder klärte und der Energievorhang verschwunden war, fehlte auch von Soleil jede Spur.

»Verdammt!« fauchte Abraham DeLacy wütend. »Auch das noch!«

»Was fangen wir jetzt an?« überlegte Danielle halblaut.

»Die Antwort werden wir bald wissen«, kommentierte Spooky bitter, als er die Menschen sah.

Langsam und schweigend schob sich eine Wand aus Leibern näher. Waffen blitzten auf. Merkwürdigerweise stand in den Gesichtern der Makarer eher Angst als Wut. Aus der Menge lösten sich einige Gestalten; sie trugen Uniformen, die die Terraner vorher nie gesehen hatten. Offenbar durften nur wenige ausgesuchte Männer diese Kleidung tragen – dafür sprach auch ihre moderne Bewaffnung.

Als die Männer mit den Strahlwaffen nahe genug heran waren, erkannten die Terraner deutlich, daß die Männer sich fürchteten; sie bewegten sich, als warteten sie auf einen Hinterhalt.

»Verstehe ich nicht«, meinte Danielle unsicher. »Wir sind offensichtlich unbewaffnet – aber sie sehen aus, als hätten sie Angst, mit bloßen Händen von uns getötet zu werden. Verstehst du das?«

»Überhaupt nicht«, gestand Spooky ratlos ein. »Aber ich fürchte, daß wir auch für dieses Problem bald eine Lösung finden werden.«

Es dauerte ziemlich lange, bis die Uniformierten die beiden Terraner eingekreist hatten; dann stürzten sie auf ein Kommando los. Danielle und Spooky wehrten sich nicht, und wenig später lagen sie gefesselt am Boden.

Ein Mann starrte minutenlang auf sie nieder. Sein Gesicht drückte große Ratlosigkeit und Verblüffung aus – als wundere er sich, daß es ihm und seinen Gefährten überhaupt gelungen war, die beiden zu überwältigen. »Wer seid ihr?« fragte er schließlich.

Brav sagten Danielle und Spooky ihre eingeübten Sprüchlein auf. Die Miene des Bewaffneten zeigte deutlich, daß er ihnen kein Wort glaubte.

»Nun gut«, meinte der Mann spöttisch. »Wenn ihr es nicht anders wollt – schafft sie fort! Der Goldene wird sie sehen wollen.«