122730.fb2 F?hrte nach Andromeda - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 6

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4.

NEW FRONTIER an General Avidan.

In zehn Minuten wird das letzte Mitglied der Besatzung eingeschläfert. Alle Systeme des Schiffes sind klar. Bisher keinerlei Ausfälle oder Pannen. Dies ist für einige Jahre die letzte Nachricht vom ersten Interstellarschiff. Drückt uns die Daumen.

Gez: M. G.

Nachdenklich zerknüllte Marsh den schmalen Papierstreifen mit der letzten Nachricht. »Machen wir weiter«, sagte er leise und hörte dem Klang seiner Stimme nach.

Für ein Raumfahrzeug war der Platz enorm großzügig, aber in den letzten Wochen waren sich die Mitglieder der Crew mehr als einmal gegenseitig auf die Nerven gefallen; es hatte einige Streitereien, zum Glück aber keine ernsthaften Auseinandersetzungen gegeben.

Eine umfangreiche Checkliste in der Hand, ging Marsh zum letzten Mal rund durch die Zentrale; sorgsam schaltete er alle Handsteuerungen aus und hakte die aktivierten Automaten auf der Liste ab. Erleichtert seufzte der Mann auf, als der letzte Posten abgestrichen werden konnte. Marsh ging hinunter in die Wohnetage; hinter ihm fuhren die Schotte aus den Wänden und verriegelten sich für eine lange Zeit. Wie in der Zentrale legte Marsh in der Wohnsektion jedes überflüssige Gerät still; das letzte Zimmer, das er betrat, war sein eigenes. Er legte die Checkliste auf seinen Schreibtisch; gedankenlos durchwühlte er seine Taschen, bis er die Zigarettenschachtel gefunden hatte.

»Merkwürdiges Gefühl«, sagte er im Selbstgespräch; er nahm einen Schluck aus dem Whiskybecher und setzte ihn wieder ab. »In ein paar Minuten werde ich klinisch tot sein.«

Marsh sah flüchtig auf seine Uhr; mit einer hastigen Bewegung drückte er die halbgerauchte Zigarette aus. Er brauchte nur wenige Minuten, um sich auszuziehen und seine Kleider ordnungsgemäß in den Schränken zu verstauen, dann patschte er auf bloßen Füßen abwärts in die Schlafsektion. Aus einem Fach nahm er einen langen Gummischlauch und wickelte ihn um den linken Oberarm; mit den Zähnen hielt er das Ende des Schlauches fest und wartete einige Sekunden, bis sich auf der Haut deutlich die Venen abzeichneten. Sorgfältig achtete Marsh darauf, daß die Injektionsspritze auch nicht das kleinste Bläschen Luft mehr enthielt, bevor er die Nadel an den Arm setzte und ins Fleisch stach. Er wußte, daß das Mittel, das er gerade mit dem Kolben in die Vene preßte, ihn in einigen Minuten besinnungslos machen würde. Gummischlauch und Spritze verschwanden wenig später wieder in Wandfächern, während Marsh sich auf einem langen, flachen Operationstisch ausstreckte und ergeben darauf wartete, daß das Medikament seine Wirkung zeigte.

Seine rechte Hand faßte nach oben und klammerte sich an einen Handgriff; Marshs Atem ging flacher, als sich langsam eine wohltuende Müdigkeit in seinen Gliedern ausbreitete. Sekunden, bevor er das Bewußtsein verlor, riß er den Handgriff nach unten, dann ließ er den Arm auf den Tisch sinken und schlief ein.

Der Automat wartete genau fünf Minuten; er benutzte die Zeitspanne, um den regungslosen Körper des Mannes mit stählernen Klemmen am Tisch festzuklammern. Wieder spannte sich ein Band um Marshs Oberarm. Elektronische Augen tasteten die Haut ab und suchten nach den leichten Erhöhungen am Handgelenk, unter denen das Blut des Raumfahrers pulsierte. Zwei blitzende Skalpelle klappten vor und öffneten die Pulsschlagadern.

Aus dem Boden neben dem Operationstisch wuchs eine Maschine. Ihre Arme tasteten nach der Wunde und schlossen den Blutkreislauf des Menschen an ihr Leitungssystem an. Von der Decke senkte sich eine gläserne Glocke auf den Körper herab und schloß ihn von der Umwelt ab; während die Luft im Innern des Hohlraumes immer kälter wurde, sorgte ein intensiver Beschuß des Körpers mit ultravioletten Strahlen dafür, daß jede erdenkliche Infektion ausblieb.

Langsam kroch die Anzeige des Thermoelements nach unten.

4 Grad Celsius.

Während die Maschine nach und nach das gesamte Blut aus Marshs Körper heraussaugte, füllte sie das Netzwerk des Kreislaufsystems mit einer hellgelben, leichtflüssigen Masse. Es handelte sich um einen Blutersatz, der den Vorzug hatte, vor allem die hochempfindlichen Hirnzellen sehr lange Zeit mit dem lebenswichtigen Sauerstoff versorgen zu können.

Das menschliche Blut wurde in einem großen Glasgefäß gesammelt und dann abrupt in einen Behälter mit flüssigem Stickstoff getaucht. In wenigen Sekunden waren die Blutzellen fest gefroren.

0 Grad.

Die Fläche, auf der Marshs Körper lag, klappte langsam in der Mitte nach unten; weiße Dämpfe stiegen auf und hüllten den regungslosen Körper ein.

Minus 40 … minus 60 … minus 100 Grad.

Marsh Garfields Körper lag auf dem Boden des Beckens; über ihm klappte die Decke des Gefäßes wieder zusammen. Tiefer und tiefer fraß sich die eisige Kälte in seinen Körper, bis sie alle Fasern gleichmäßig abgekühlt hatte. Auch das Kunstblut erstarrte in den Adern.

Nach den überkommenen Vorstellungen der Medizin war Marsh Garfield tot.

Zeit verging, langsam oder schneller, je nach dem Standpunkt des Betrachters.

Auf der Erde waren Jahre vergangen; fast zehnmal hatten die Digitaluhren die letzten Ziffern der Jahreszahlen geändert. Menschen waren gestorben, andere wurden geboren und brachten ihre Eltern zur Verzweiflung.

An Bord der NEW FRONTIER tickte ebenfalls eine Uhr, im gleichen Rhythmus wie die Chronometer auf der Erde, doch das Datum auf den Zifferblättern war wesentlich anders. Gemessen wurde der Ablauf der Zeit von einer Atomuhr, deren Genauigkeit in Zahlen kaum mehr anzugeben war; geduldig wie die in ihren Zellen schlafenden Menschen wartete der Steuerleitcomputer darauf, daß zwei Zahlenkolonnen übereinstimmten.

Die Uhr zeigte auf Halbzeit. Sobald das Datum den Grenzwert überstiegen hatte, nahm der Computer seine Arbeit auf. Impulse jagten durch die Leitungssysteme und stoppten den Antrieb; wenig später wurden die kleinen Korrekturdüsen gefeuert. Das Schiff drehte sich langsam um seine Querachse. Hin und her bewegte sich der Schiffskörper, bis die Sterne auf dem Panoramaschirm mit den Speicherwerten des Computers identisch waren. Dann flammte das Haupttriebwerk wieder auf und spie die Lichtteilchen in die Schwärze des Leerraumes; jetzt wurde die Fahrt des Schiffes verzögert. Im Zielsystem sollte die Geschwindigkeit gleich Null sein.

Die tiefgefrorenen Passagiere der NEW FRONTIER nahmen von den Vorgängen an Bord ihres Schiffes nichts wahr; für ihre vereisten Hirne gab es keine Zeit mehr.