123297.fb2 Harry Potter und der Stein der Weisen - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 12

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»HARRY POTTER!«

Das Herz sank ihm wesentlich schneller in die Hose, als er gerade eben für seinen Flug aus luftiger Höhe zurück auf die Erde gebraucht hatte. Mit zitternden Knien stand er auf

»Nie, während meiner ganzen Zeit in Hogwarts -«

Professor McGonagall war fast sprachlos vor Entsetzen und ihre Brillengläser funkelten zornig.»Wie kannst du es wagen, du hättest dir den Hals brechen können -«

»Es war nicht seine Schuld, Professor -«

»Seien Sie still, Miss Patil«

»Aber Malfoy -«

»Genug, Mr. Weasley. Potter, folgen Sie mir, sofort.«

Harry sah noch Malfoys, Crabbes und Goyles triumphierende Gesichter, als er benommen hinter Professor McGonagall hertrottete, die raschen Schritts auf das Schloß

zuging. Er würde von der Schule verwiesen werden, das hatte er im Gefühl. Er wollte etwas sagen, um sich zu verteidigen, doch mit seiner Stimme schien etwas nicht zu stimmen. Professor McGonagall eilte voran, ohne ihn auch nur anzublicken; um Schritt zu halten, mußte er laufen. Jetzt hatte er es vermasselt. Nicht einmal zwei Wochen lang hatte er es geschafft. In zehn Minuten würde er seine Koffer packen. Was würden die Dursleys sagen, wenn er vor ihrer Tür auftauchte?

Es ging die Vordertreppe hoch, dann die Marmortreppe im Innern des Schlosses, und noch immer sagte Professor McGonagall kein Wort. Sie riß Türen auf und marschierte Gänge entlang, den niedergeschlagenen Harry im Schlepptau. Vielleicht brachte sie ihn zu Dumbledore. Er dachte an Hagrid: von der Schule verwiesen, doch als Wildhüter noch geduldet. Vielleicht konnte er Hagrids Gehilfe werden. Ihm drehte es den Magen um, als er sich das vorstellte: Ron und den anderen zusehen, wie sie Zauberer wurden, während er über die Ländereien humpelte mit Hagrids Tasche auf dem Rücken.

Professor McGonagall machte vor einem Klassenzimmer Halt. Sie öffnete die Tür und steckte den Kopf hinein.

»Entschuldigen Sie, Professor Flitwick, könnte ich mir Wood für eine Weile ausleihen?«

Wood?, dachte Harry verwirrt; war Wood ein Stock, den sie für ihn brauchte?

Doch Wood stellte sich als Mensch heraus, als ein stämmiger Junge aus der fünften Klasse, der etwas verdutzt aus Flitwicks Unterricht herauskam.

»Folgt mir, ihr beiden«, sagte Professor McGonagall, und sie gingen weiter den Korridor entlang, wobei Wood Harry neugierige Blicke zuwarf

»Da hinein.«

Professor McGonagall wies sie in ein Klassenzimmer, das leer war, mit Ausnahme von Peeves, der gerade wüste Ausdrücke an die Tafel schrieb.

»Raus hier, Peeves!«, blaffte sie ihn an. Peeves warf die Kreide in einen Mülleimer, der ein lautes Klingen von sich gab, und schwebte fluchend hinaus. Professor McGonagall schlug die Tür hinter ihm zu und musterte die beiden jungen.

»Potter, dies ist Oliver Wood. Wood, ich habe einen Sucher für Sie gefunden.«

Der zuvor noch ratlose Wood schien nun plötzlich hellauf begeistert.

»Meinen Sie das ernst, Professor?«

»Vollkommen ernst«, sagte Professor McGonagall forsch.

»Der Junge ist ein Naturtalent. So etwas habe ich noch nie gesehen. War das Ihr erstes Mal auf einem Besen, Potter?«

Harry nickte schweigend. Er hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging, doch offenbar wurde er nicht von der Schule verwiesen, und allmählich bekam er wieder ein Gefühl in den Beinen.

»Er hat dieses Ding aufgefangen nach einem Fall aus zwanzig Metern«, sagte Professor McGonagall zu Wood gewandt.»Hat sich nicht einmal einen Kratzer geholt. Nicht einmal Charlie Weasley hätte das geschafft.«

Wood guckte, als ob all seine Träume auf einen Schlag wahr geworden wären.

»jemals ein Quidditch-Spiel gesehen, Potter?«, fragte er aufgeregt.

»Wood ist Kapitän der Mannschaft von Gryffindor«, erklärte Professor McGonagall.

»Außerdem hat er genau die richtige Statur für einen Sucher«, sagte Wood, der nun mit prüfendem Blick um Harry herumging.»Leicht, schnell, wir müssen ihm einen anständigen Besen verschaffen, Professor, einen Nimbus Zweitausend oder einen Sauberwisch Sieben, würd ich sagen.«

»Ich werde mit Professor Dumbledore sprechen und zusehen, daß wir die Regeln für die Erstkläßler etwas zurechtbiegen können. Weiß Gott, wir brauchen eine bessere Mannschaft als letztes Jahr. Platt gemacht von Slytherin in dem letzten Spiel – ich konnte Severus Snape wochenlang nicht in die Augen sehen… «

Professor McGonagall sah Harry mit ernstem Blick über die Brillengläser hinweg an.

»Ich möchte hören, daß Sie hart trainieren werden, Potter, oder ich könnte mir das mit der Bestrafung noch einmal überlegen.«

Dann lächelte sie plötzlich.

»Ihr Vater wäre stolz auf Sie. Er war selbst ein hervorragender Quidditch-Spieler.«

»Du machst Witze.«

Sie waren beim Abendessen. Harry hatte Ron gerade erzählt, was passiert war, nachdem er mit Professor McGonagall ins Schloß gegangen war. Ron hatte gerade ein Stück Steak mit Nierenpastete auf halbem Weg in den Mund, doch er vergaß völlig zu essen.

»Sucher?«, sagte er.»Aber Erstkläßler werden nie – du mußt der jüngste Hausspieler seit mindestens -«

» – einem Jahrhundert sein«, sagte Harry und schaufelte sich Pastete in den Mund. Nach der Aufregung am Nachmittag war er besonders hungrig.»Wood hat es mir erzählt.«

Ron war so beeindruckt und aus dem Häuschen, daß er nur dasaß und Harry mit offenem Mund anstarrte.

»Nächste Woche fange ich an zu trainieren«, sagte Harry.»Aber sag's nicht weiter, Wood will es geheim halten.«

Fred und George kamen jetzt in die Halle, sahen Harry und liefen rasch zu ihm.

»Gut gemacht«, sagte George mit leiser Stimme,»Wood hat es uns erzählt. Wir sind auch in der Mannschaft – als Treiber.«

»Ich sag's euch, dieses Jahr gewinnen wir ganz sicher den Quidditch-Pokal«, meinte Fred.»Seit Charlie weg ist, haben wir nicht mehr gewonnen, aber die Mannschaft von diesem Jahr ist klasse. Du mußt wohl ganz gut sein, Harry, Wood hat sich fast überschlagen, als er es erzählt hat.«

»Übrigens, wir müssen gleich wieder los, Lee Jordan glaubt, er habe einen neuen Geheimgang entdeckt, der aus der Schule herausführt.«

»Wette, es ist der hinter dem Standbild von Gregor dem Kriecher, den wir schon in unserer ersten Woche hier entdeckt haben. Bis später.«

Kaum waren Fred und George verschwunden, als jemand auftauchte, der weit weniger willkommen war: Malfoy, flankiert von Crabbe und Goyle.

»Nimmst deine letzte Mahlzeit ein, Potter? Wann fährt der Zug zurück zu den Muggeln?«

»Hier unten bist du viel mutiger, und deine kleinen Kumpel hast du auch mitgebracht«, sagte Harry kühl. Natürlich war überhaupt nichts Kleines an Crabbe und Goyle, doch da der Hohe Tisch mit Lehrern besetzt war, konnte keiner von ihnen mehr tun, als mit den Knöcheln zu knacken und böse Blicke zu werfen.

»Mit dir würd ich es jederzeit allein aufnehmen«, sagte Malfoy.»Heute Nacht, wenn du willst. Zaubererduell. Nur Zauberstäbe, kein Körperkontakt. Was ist los? Noch nie von einem Zaubererduell gehört, was?«

»Natürlich hat er«, sagte Ron und stand auf»Ich bin sein Sekundant, wer ist deiner?«

Malfoy musterte Crabbe und Goyle.

»Crabbe«, sagte er.»Mitternacht, klar? Wir treffen uns im Pokalzimmer, das ist immer offen.«

Als Malfoy verschwunden war, sahen sich Ron und Harry an.

»Was ist ein Zaubererduell?«, fragte Harry.»Und was soll das heißen, du bist mein Sekundant?«

»Naja, ein Sekundant ist da, um deine Angelegenheiten zu regeln, falls du stirbst«, sagte Ron lässig und machte sich endlich über seine kalte Pastete her. Er bemerkte Harrys Gesichtsausdruck und fügte rasch hinzu:»Aber man stirbt nur in richtigen Duellen mit richtigen Zauberern. Alles, was du und Malfoy könnt, ist, euch mit Funken zu besprühen. Keiner von euch kann gut genug zaubern, um wirklich Schaden anzurichten. Ich wette, er hat ohnehin erwartet, daß du ablehnst.«

»Und was, wenn ich mit meinem Zauberstab herumfuchtle und nichts passiert?«

»Dann wirf ihn weg und hau Malfoy eins auf die Nase«, schlug Ron vor.

»Entschuldigt, wenn ich störe.«

Beide sahen auf. Es war Hermine Granger.

»Kann ein Mensch hier nicht mal in Ruhe essen?«, sagte Ron.

Hermine ignorierte ihn und wandte sich an Harry.

»Ich habe unfreiwillig mitbekommen, was du und Malfoy beredet habt -«

»Von wegen unfreiwillig«, murmelte Ron.

» – und ihr dürft einfach nicht nachts in der Schule herumlaufen, denkt an die Punkte, die Gryffindor wegen euch verliert, wenn ihr erwischt werdet, und das werdet ihr sicher. Das ist wirklich sehr egoistisch von euch.«

»Und dich geht es wirklich nichts an«, sagte Harry.

»Auf Wiedersehen«, sagte Ron.

Trotz allem konnte man nicht gerade von einem gelungenen Abschluß des Tages reden, dachte Harry, als er später noch lange wach lag und hörte, wie Dean und Seamus einschliefen (Neville war noch nicht aus dem Krankenflügel zurückgekehrt). Ron hatte ihm den ganzen Abend lang Ratschläge erteilt, zum Beispiel:»Wenn er versucht, dir einen Fluch anzuhängen, dann weich ihm besser aus, ich weiß nämlich nicht, wie man sie abblocken kann.«Wahrscheinlich würden sie ohnehin von Filch oder Mrs. Norris erwischt werden, und Harry hatte das Gefühl, daß er sein Glück aufs Spiel setzte, wenn er heute noch eine Schulregel brach. Andererseits tauchte ständig Malfoys grinsendes Gesicht aus der Dunkelheit auf – das war die große Gelegenheit, ihn von Angesicht zu Angesicht zu schlagen. Er konnte sie nicht sausen lassen.

»Halb zwölf«, murmelte Ron schließlich,»wir sollten aufbrechen.«

Sie zogen die Morgenmäntel an, griffen sich ihre Zauberstäbe und schlichen durch das Turmzimmer, eine Wendeltreppe hinab und in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Ein paar Holzscheite glühten noch im Kamin und verwandelten die Sessel in gedrungene schwarze Schatten. Sie hatten das Loch hinter dem Porträt schon fast erreicht, als eine Stimme aus nächster Nähe zu ihnen sprach:»Ich kann einfach nicht glauben, daß du das tust, Harry.«

Eine Lampe ging flackernd an. Es war Hermine Granger, die einen rosa Morgenmantel trug und auf der Stirn eine tiefe Sorgenfalte.

»Du!«, sagte Ron zornig.»Geb. wieder ins Bett!«

»Ich hätte es fast deinem Bruder erzählt«, sagte Hermine spitz,»Percy, er ist Vertrauensschüler, und er hätte das hier nicht zugelassen.«

Harry konnte es nicht fassen, daß sich jemand auf so unverschämte Weise einmischte.

»Los, weiter«, sagte er zu Ron. Er schob das Porträt der fetten Dame beiseite und kletterte durch das Loch.

So schnell gab Hermine jedoch nicht auf Sie folgte Ron durch das Loch hinter dem Bild und fauchte wie eine wütende Gans.

»Ihr schert euch überhaupt nicht um Gryffindor, sondern nur um euch selbst. Ich jedenfalls will nicht, daß Slytherin den Hauspokal gewinnt und ihr sämtliche Punkte wieder verliert, die ich von Professor McGonagall gekriegt habe, weil ich alles über die Verwandlungssprüche wußte.«

»Hau ab.«

»Na gut, aber ich warne euch, erinnert euch an das, was ich gesagt habe, wenn ihr morgen im Zug nach Hause sitzt, ihr seid ja so was von -«

Doch was sie waren, erfuhren sie nicht mehr. Hermine hatte sich zu dem Porträt der fetten Dame umgedreht, um zurückzukehren, doch das Bild war leer. Die fette Dame war zu einem nächtlichen Besuch ausgegangen und Hermine war aus dem Gryffindor-Turm ausgesperrt.

»Was soll ich jetzt tun?«, fragte sie mit schriller Stimme.

»Das ist dein Problem«, sagte Ron.»Wir müssen weiter, sonst kommen wir noch zu spät.«

Sie hatten noch nicht einmal das Ende des Ganges erreicht, als Hermine sie einholte.

»Ich komme mit«, sagte sie.

»Das tust du nicht.«

»Glaubt ihr, ich warte hier draußen, bis Filch mich erwischt? Wenn er uns alle drei erwischt, sage ich ihm die Wahrheit, nämlich daß ich euch aufhalten wollte, und ihr könnt es ja bestätigen.«

»Du hast vielleicht Nerven _«, stöhnte Ron.

»Seid still, beide!«, zischte Harry.»Ich hab etwas gehört.«

Es hörte sich an wie ein Schnüffeln.

»Mrs. Norris?«, flüsterte Ron und spähte durch die Dunkelheit.

Es war nicht Mrs. Norris. Es war Neville. Er lag zusammengekauert auf dem Boden und schlief, doch als sie sich näherten, schreckte er hoch.

»Gott sei Dank, daß ihr mich gefunden habt! Ich bin schon seit Stunden hier draußen. Ich hab das Paßwort vergessen und bin nicht reingekommen.«

»Sprich leise, Neville. Das Paßwort ist ›Schweineschnauze‹, aber das wird dir nicht weiterhelfen, die fette Dame ist nämlich ausgeflogen.«

»Was macht dein Arm?«, fragte Harry.

»Wieder in Ordnung«, sagte Neville und zeigte ihn vor.»Madam Pomfrey hat ihn in einer Minute heil gemacht.«

»Gut. Nun hör mal zu, Neville, wir müssen noch weiter, wir sehen uns später -«

»Laßt mich nicht allein!«, rief Neville und rappelte sich hoch.»Ich will nicht alleine hier bleiben, der Blutige Baron ist schon zweimal vorbeigekommen.«

Ron sah auf die Uhr und blickte dann Hermine und Neville wütend an.

»Wenn wir wegen euch erwischt werden, ruhe ich nicht (-her, bis ich diesen Fluch der Popel gelernt habe, von dem uns Quirrell erzählt hat, und ihn euch auf den Hals gejagt habe.«

Hermine öffnete den Mund, vielleicht um Ron genau zu erklären, wie der Fluch der Popel funktionierte, doch mit einem Zischen gebot ihr Harry zu schweigen und scheuchte sie alle weiter.

Sie huschten Gänge entlang, in die der Mond Lichtstreifen durch die hohen Fenster warf. Nach jeder Ecke erwartete Harry, sie würden auf Filch oder Mrs. Norris stoßen, doch sie hatten Glück. Sie rannten eine Treppe zum dritten Stock empor und gingen auf Zehenspitzen in Richtung Pokalzimmer.

Malfoy und Crabbe waren noch nicht da. Die Vitrinen aus Kristallglas schimmerten im Mondlicht. Pokale, Schilder, Teller und Statuen blinkten silbern und golden durch die Dunkelheit. Sie drückten sich leise an den Wänden entlang und behielten dabei die Türen auf beiden Seiten des Raumes im Auge. Harry nahm seinen Zauberstab heraus für den Fall, daß Malfoy hereinsprang und sofort loslegte. Die Minuten krochen vorbei.

»Er kommt zu spät, vielleicht hat er Muffensausen gekriegt«, flüsterte Ron.

Ein Geräusch im Zimmer nebenan ließ sie zusammenschrecken. Harry hatte gerade den Zauberstab erhoben, als sie jemanden sprechen hörten – und es war nicht Malfoy.

»Schnüffel ein wenig herum, meine Süße, vielleicht lauern sie in einer Ecke.«

Es war Filch, der mit Mrs. Norris sprach. Harry, den ein fürchterlicher Schreck gepackt hatte, ruderte wild mit den Armen, um den anderen zu bedeuten, sie sollten ihm so schnell wie möglich folgen. Sie tasteten sich zur Tür, die von Filchs Stimme wegführte. Kaum war Nevilles Umhang um die Ecke gewischt, als sie Filch das Pokalzimmer betreten hörten.

»Sie sind irgendwo hier drin«, hörten sie ihn murmeln,»wahrscheinlich verstecken sie sich.«

»Hier entlang!«, bedeutete Harry den andern mit einer Mundbewegung, und mit entsetzensstarren Gliedern schlichen sie eine endlose Galerie voller Rüstungen entlang. Sie konnten Filch näher kommen hören. Neville gab plötzlich ein ängstliches Quieken von sich und rannte los, er stolperte, klammerte seine Arme um Rons Hüfte und beide stürzten mitten in eine Rüstung.

Das Klingen und Klirren reichte aus, um das ganze Schloß aufzuwecken.

»LAUFT!«, rief Harry, und die vier rasten die Galerie entlang ohne sich umzusehen, ob Filch folgte. Sie schwangen sich um einen Türpfosten und liefen einen Gang runter und dann noch einen, Harry voran, der jedoch keine Ahnung hatte, wo sie waren oder hinrannten. Schließlich durchrissen sie einen Wandbehang und fanden sich in einen Geheimgang wieder. Immer noch rennend kamen sie in der Nähe des Klassenzimmers heraus, wo sie Zauberkunst hatten und von dem sie wußten, daß es vom Pokalzimmer meilenweit entfernt war.

»Ich glaube, wir haben ihn abgehängt«, stieß Harry außer Atem hervor, lehnte sich gegen die kalte Wand und wischte sich die Stirn. Neville war pfeifend und prustend in sich zusammengesunken.

»Ich – hab's euch – gesagt«, keuchte Hermine und griff sich an die Seite, wo sie ein Stechen spürte,»ich – hab's – euch – doch – gesagt.«

»Wir müssen zurück in den Gryffindor-Turm«, sagte Ron,»so schnell wie möglich.«

»Malfoy hat dich reingelegt«, sagte Hermine zu Harry,»Das siehst du doch auch, oder? Er hat dich nie treffen wollen – Filch wußte, daß im Pokalzimmer etwas vor sich ging, Malfoy muß ihm einen Tipp gegeben haben.«

Sie hat vermutlich Recht, dachte Harry, doch das würde er ihr nicht sagen.

»Gehen wir. «

So einfach war es freilich nicht. Nach kaum einem Dutzend Schritten rüttelte es an einer Türklinke und aus einem Klassenzimmer kam eine Gestalt herausgeschossen.

Es war Peeves. Er bemerkte sie und gab ein freudiges Quietschen von sich.

»Halt den Mund, Peeves, bitte, wegen dir werden wir noch rausgeworfen.«

Peeves lachte gackernd.

»Stromern um Mitternacht im Schloß herum, die kleinen Erstkläßler? Soso, soso. Gar nicht brav, man wird euch erwischen.«

»Nicht, wenn du uns nicht verpetzt, Peeves, bitte.«

»Sollte es Filch sagen, sollte ich wirklich«, sagte Peeves mit sanfter Stimme, doch mit verschlagen glitzernden Augen.»Ist nur zu eurem Besten, wißt ihr.«

»Aus dem Weg«, fuhr ihn Ron an und schlug nach ihm, was ein großer Fehler war.

»SCHÜLER AUS DEM BETT!«, brüllte Peeves,»SCHÜLER AUS DEM BETT, HIER IM ZAUBERKUNSTKORRIDOR«

Sie duckten sich unter Peeves hindurch und rannten wie um ihr Leben bis zum Ende des Gangs, wo sie in eine Tür krachten – und die war verschlossen.

»Das war's«, stöhnte Ron, als sie verzweifelt versuchten die Tür aufzudrücken.»Wir sitzen in der Falle! Das ist das Ende«

Sie hörten Schritte. Filch rannte, so schnell er konnte, den Rufen von Peeves nach.

»Ach, geh mal beiseite«, fauchte Hermine. Sie packte Harrys Zauberstab, klopfte auf das Türschloß und flüsterte:»Alohomora!«

Das Schloß klickte und die Tür ging auf – sie stürzten sich alle auf einmal hindurch, verschlossen sie rasch hinter sich und drückten die Ohren dagegen, um zu lauschen.

»In welche Richtung sind sie gelaufen, Peeves?«, hörten sie Filch fragen.»Schnell, sag's mir.«

»Sag ›bitte‹.«

»Keine blöden Mätzchen jetzt, Peeves, wo sind sie hingegangen?«

»Ich sag dir nichts, wenn du nicht ›bitte‹ sagst«, antwortete Peeves mit einer nervigen Singsangstimme.

»Na gut – bitte.«

»NICHTS! Hahaaa! Hab dir gesagt, daß ich nichts sagen würde, wenn du nicht bitte sagst! Haha! Haaaaa«Und sie hörten Peeves fortrauschen und Filch wütend fluchen.

»Er glaubt, daß diese Tür verschlossen ist«, flüsterte

Harry,»ich glaube, wir haben's geschafft – laß los, Neville!«

Denn Neville zupfte schon seit einer Minute ständig an

Harrys Ärmel.»Was?«

Harry wandte sich um und sah, ganz deutlich, was. Einen

Moment lang glaubte er, in einen Alptraum geschlittert zu sein – das war einfach zu viel, nach dem, was bisher schon passiert war.

Sie waren nicht in einem Zimmer, wie er gedacht hatte.

Sie waren in einem Gang. In dem verbotenen Gang im dritten Stock. Und jetzt wußten sie auch, warum er verboten war.

Sie sahen direkt in die Augen eines Ungeheuers von Hund, eines Hundes, der den ganzen Raum zwischen Decke und Fußboden einnahm. Er hatte drei Köpfe. Drei Paar rollender, irrsinniger Augen; drei Nasen, die in ihre Richtung zuckten und zitterten; drei sabbernde Mäuler, Aus denen von gelblichen Fangzähnen in glitschigen Fäden der Speichel herunterhing.

Er stand ganz ruhig da, alle sechs Augen auf sie gerichtet, und Harry wußte, daß der einzige Grund, warum sie nicht schon tot waren, ihr plötzliches Erscheinen war, das ihn überrascht hatte. Doch darüber kam er jetzt schnell hinweg, denn es war unmißverständlich, was dieses Donnergrollen bedeutete.

Harry griff nach der Türklinke – wenn er zwischen Filch und dem Tod wählen mußte, dann nahm er lieber Filch.

Sie liefen rückwärts. Harry schlug die Tür hinter ihnen zu, und sie rannten, flogen fast, den Gang entlang zurück. Filch war nirgends zu sehen, er mußte fortgeeilt sein, um anderswo nach ihnen zu suchen, doch das kümmerte sie nicht. Alles, was sie wollten, war, das Ungeheuer so weit

wie möglich hinter sich zu lassen. Sie hörten erst auf zu rennen, als sie das Porträt der fetten Dame im siebten Stock erreicht hatten.

»Wo um Himmels willen seid ihr alle gewesen?«, fragte sie und musterte ihre Morgenmäntel, die ihnen von den Schultern hingen, und ihre erhitzten, schweißüberströmten Gesichter.

»Das ist jetzt egal – Schweineschnauze, Schweineschnauze«, keuchte Harry, und das Porträt schwang zur Seite. Sie drängten sich in den Aufenthaltsraum und ließen sich zitternd in die Sessel fallen.

Es dauerte eine Weile, bis einer von ihnen ein Wort sagte. Neville sah tatsächlich so aus, als ob er nie mehr den Mund aufmachen würde.

»Was denken die sich eigentlich, wenn sie so ein Ding hier in der Schule eingesperrt halten?«, sagte Ron schließlich.»Wenn es einen Hund gibt, der mal Auslauf braucht, dann der da unten.«

Hermine hatte inzwischen wieder Atem geschöpft und auch ihre schlechte Laune zurückgewonnen.

»Ihr benutzt wohl eure Augen nicht, keiner von euch?«, fauchte sie.»Habt ihr nicht gesehen, worauf er stand?«

»Auf dem Boden?«, war der Beitrag Harrys zu dieser Frage.»Ich habe nicht auf seine Pfoten geschaut, ich war zu beschäftigt mit den Köpfen.«

»Nein, nicht auf dem Boden. Er stand auf einer Falltür. Offensichtlich bewacht er etwas.«

Sie stand auf und sah sie entrüstet an.

»Ich hoffe, ihr seid zufrieden mit euch. Wir hätten alle sterben können – oder noch schlimmer, von der Schule verwiesen werden. Und jetzt, wenn es euch nichts ausmacht, gehe ich zu Bett.«

Ron starrte ihr mit offenem Mund nach.

»Nein, es macht uns nichts aus«, sagte er.»Du könntest

glatt meinen, wir hätten sie mitgeschleift, oder?«

Doch Hermine hatte Harry etwas anderes zum Nachdenken gegeben, bevor sie ins Bett ging. Der Hund bewachte etwas… Was hatte Hagrid gesagt? Gringotts war der sicherste Ort auf der Welt, mit Ausnahme vielleicht von Hogwarts.

Es sah so aus, als hätte Harry herausgefunden, wo das schmutzige kleine Päckchen aus dem Verlies siebenhundertundneunzehn steckte.