123298.fb2 Harry Potter und der Feuerkelch - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 42

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Veritaserum

Harry schlug bäuchlings auf, sein Gesicht drückte sich in die Erde; Grasgeruch stieg ihm in die Nase. Er hatte die Augen geschlossen gehalten, während der Portschlüssel ihn getragen hatte, und tat es auch weiterhin. Er rührte sich nicht. Alle Luft schien aus ihm herausgepreßt zu sein; der Kopf schwirrte ihm so heftig, als schwankte die Erde unter ihm wie das Deck eines Schiffes. Um den Schwindel zu lindern, umklammerte er das, was er in Händen hielt, noch fester – den glatten, kalten Henkel des Trimagischen Pokals und Cedrics leblosen Arm. Wenn er sie loslassen würde, so fürchtete er, würde er sofort wieder in die Dunkelheit hinabsinken, die vom Rand seines Bewußtseins her auf ihn zukroch. Schock und Erschöpfung hielten ihn am Boden, er atmete den Geruch des Grases ein und wartete… wartete darauf, daß jemand etwas unternahm… daß etwas geschah… und die ganze Zeit über spürte er noch dumpf die Narbe auf seiner Stirn brennen…

Eine Springflut aus ohrenbetäubendem Lärm verwirrte ihn, überall waren Stimmen, Fußgetrappel, Schreie… er blieb, wo er war, die Nase ins Gras gedrückt, als wäre dies ein Alptraum, der vorübergehen würde…

Ein Paar Hände packte ihn grob und drehte ihn um.

»Harry! Harry!«

Er öffnete die Augen.

Er sah den sternübersäten Himmel und Albus Dumbledore, der sich über ihn gebeugt hatte. Die dunklen Schatten einer vielköpfigen Menge schoben und drängten sich auf sie zu; Harry spürte im Nacken, wie die Erde unter ihrem Fußgetrappel erzitterte.

Er war am Rand des Irrgartens gelandet. Über sich sah er die Tribünen in die Höhe ragen, die menschlichen Gestalten, die sich auf ihnen bewegten, die Sterne am Himmel.

Harry ließ den Pokal los, doch Cedrics Arm klammerte er um so fester an sich. Er hob seine freie Hand und packte Dumbledore, dessen Gesicht vor seinen Augen immer wieder verschwamm, am Handgelenk.

»Er ist zurück«, flüsterte Harry.»Er ist zurück. Voldemort.«

»Was sagst du da? Was ist geschehen?«

Das Gesicht von Cornelius Fudge erschien verkehrt herum über Harry; es war weiß, starr vor Entsetzen.

»Mein Gott – Diggory!«, flüsterte er.»Dumbledore – er ist tot!«

Jemand wiederholte die Worte, die Schattengestalten, die auf sie zudrängten, keuchten sie den Umstehenden zu… und andere schließlich schrien – kreischten – die Worte in die Nacht hinaus -»Er ist tot! Er ist tot!«-»Cedric Diggory! Tot!«

»Laß ihn los, Harry«, hörte er Fudges Stimme sagen, und er spürte Finger, die versuchten, seine Hand von Cedrics leblosem Arm zu lösen, doch Harry umklammerte ihn nur noch fester.

Dumbledores Gesicht, noch immer verschwommen wie hinter einem Dunstschleier, kam jetzt näher.»Harry, du kannst ihm jetzt nicht mehr helfen. Es ist vorbei. Laß los.«

»Er wollte, daß ich ihn zurückbringe«, murmelte Harry – es schien ihm wichtig, dies zu erklären.»Er hat mich gebeten, ihn zu seinen Eltern zurückzubringen…«

»Das ist schon richtig, Harry… nun laß einfach los…«

Dumbledore bückte sich zu ihm hinunter, und mit einer für einen so alten und dünnen Mann erstaunlichen Kraft hob er Harry vom Boden und stellte ihn auf die Füße. Harry wankte. In seinem Kopf hämmerte es. Sein verletztes Bein wollte ihn nicht mehr tragen. Die Umstehenden rempelten sich an, drängten mit dunklen Mienen auf ihn zu -»Was ist passiert?«-»Was fehlt ihm?«

»Diggory ist tot!«

»Er muß in den Krankenflügel!«, verkündete Fudge laut.»Er ist krank, er ist verletzt – Dumbledore, Diggorys Eltern, sie sind hier, sie sind auf der Tribüne…«

»Ich nehme Harry mit, Dumbledore, ich nehm ihn schon -«

»Nein, es wäre besser -«

»Dumbledore, dort läuft Amos Diggory… er kommt hier rüber… meinen Sie nicht, Sie sollten es ihm sagen… bevor er ihn sieht -?«

»Harry, bleib hier -«

Mädchen schrien, schluchzten hysterisch… die Szenerie vor Harrys Augen begann merkwürdig zu flackern…

»Ist schon gut, Junge, ich bin bei dir… komm mit… Krankenflügel…«

»Nein, Dumbledore hat gesagt, ich soll bleiben«, nuschelte Harry, und in seiner Stirnnarbe hämmerte es so stark, daß er sich gleich übergeben würde; noch trüber wurde es ihm jetzt vor Augen.

»Du mußt dich hinlegen… komm jetzt mit…«

Eine Gestalt, größer und stärker als Harry, zog ihn halb, trug ihn halb durch die verängstigte Menge; Harry hörte die Leute keuchen, schreien und rufen, während der Mann, der ihn stützte, sich einen Weg durch das Gedränge bahnte und ihn hinüber zum Schloß führte, über den Rasen, vorbei am See und am Schiff der Durmstrangs; Harry hörte nichts als das schwere Atmen des Mannes, der ihm gehen half.

»Was ist passiert, Harry?«, fragte der Mann schließlich, während er Harry die Steintreppe hinauftrug. Klonk. Klonk. Klonk. Es war Mad-Eye Moody.

»Pokal war 'n Portschlüssel«, sagte Harry, als sie die Eingangshalle durchquerten.»Hat mich und Cedric auf einen Friedhof gebracht… und da war Voldemort… Lord Voldemort…«

Klonk. Klonk. Klonk. Die Marmortreppe hoch…

»Der dunkle Lord war da? Was ist dann passiert?«

»Cedric getötet… sie haben Cedric getötet…«

»Und dann?«

Klonk. Klonk. Klonk. Den Korridor entlang…

»Hat ein Elixier gebraut… hat seinen Körper wieder…«

»Der dunkle Lord hat seinen Körper wieder? Er ist zurückgekehrt?«

»Und die Todesser kamen… und dann haben wir uns duelliert…«

»Du hast dich mit dem dunklen Lord duelliert?«

»Bin davongekommen… mein Zauberstab… hat was Komisches gemacht… ich hab Mum und Dad gesehen… sie kamen aus dem Zauberstab…«

»Hier rein, Harry… hier rein, und dann setz dich… es geht dir gleich besser… trink das hier…«

Harry hörte einen Schlüssel in einem Schloß scharren und spürte, wie ihm eine Tasse in die Hände gedrückt wurde.

»Trink das… dann geht's dir besser… komm schon, Harry, ich muß ganz genau wissen, was passiert ist…«

Moody flößte ihm das Getränk ein; Harry hustete, etwas mit pfefferartigem Geschmack brannte ihm in der Kehle. Moodys Büro nahm nun klarere Umrisse an, und auch Moody selbst… er wirkte so weiß wie schon Fudge, und beide Augen waren starr und ohne Lidschlag auf Harry gerichtet.

»Voldemort ist zurückgekehrt, Harry? Bist du dir sicher? Wie hat er es geschafft?«

»Er hat etwas aus dem Grab seines Vaters genommen und etwas von Wurmschwanz – und von mir«, sagte Harry. Sein Kopf war jetzt klarer; seine Narbe schmerzte nicht mehr so stark; er konnte Moodys Gesicht deutlicher sehen, obwohl es im Büro dunkel war. Vom fernen Quidditch-Feld her hörte er immer noch Rufe und Schreie.

»Was hat der dunkle Lord von dir genommen?«, fragte Moody.

»Blut«, sagte Harry und hob den Arm. Wo Wurmschwanz' Dolch den Ärmel aufgeschlitzt hatte, war jetzt ein großer Riß.

Moody atmete mit lang anhaltendem, leisem Pfeifen aus.»Und die Todesser? Sind auch sie zurückgekehrt?«

»Ja«, sagte Harry.»Ungeheuer viele…«

»Wie hat er sie behandelt?«, fragte Moody leise.»Hat er ihnen verziehen?«

Doch jetzt fiel es Harry plötzlich wieder ein. Er hätte es Dumbledore sagen sollen, er hätte es ihm doch gleich sagen müssen -»In Hogwarts ist ein Todesser! Ein Todesser ist hier – er hat meinen Namen in den Feuerkelch getan, er hat dafür gesorgt, daß ich bis zum Schluß durchgehalten hab -«

Harry wollte aufstehen, doch Moody drückte ihn auf den Stuhl zurück.

»Ich weiß, wer dieser Todesser ist«, sagte er leise.

»Karkaroff?«, sagte Harry wild umherblickend.»Wo ist er? Haben Sie ihn gefaßt? Ist er eingesperrt?«

»Karkaroff?«, sagte Moody mit einem seltsamen Lachen.»Karkaroff ist heute Abend geflohen, als er das Dunkle Mal auf seinem Arm brennen spürte. Er hat zu viele treue Anhänger des dunklen Lords verraten und will ihm lieber nicht begegnen… aber er wird wohl nicht weit kommen. Der dunkle Lord hat Mittel und Wege, seine Feinde aufzuspüren.«

»Karkaroff ist fort? Er ist geflohen? Aber dann – dann hat er meinen Namen nicht in den Kelch geworfen?«

»Nein«, sagte Moody langsam.»Nein, er war es nicht. Ich habe es getan.«

Harry hörte es, doch er konnte es nicht glauben.

»Nein, das haben Sie nicht«, sagte er.»Nein, Sie waren es nicht… das können Sie nicht getan haben…«

»Ich versichere dir, ich habe es getan«, sagte Moody, und sein magisches Auge schwang herum und blieb auf der Tür ruhen, und Harry wußte, er vergewisserte sich, daß niemand draußen stand. Zugleich zückte Moody seinen Zauberstab und richtete ihn auf Harry.

»Er hat ihnen also verziehen?«, sagte er.»Den Todessern, die nicht bestraft wurden? Die Askaban entkommen sind?«

»Was?«, sagte Harry.

Er blickte auf den Zauberstab, den Moody auf ihn gerichtet hielt. Das war ein schlechter Scherz, unmöglich konnte es anders sein.

»Ich hab dich gefragt«, sagte Moody leise,»ob er diesem Abschaum verziehen hat, der nicht einmal versucht hat, ihn zu finden. Diesen verräterischen Feiglingen, die für ihn nicht einmal Askaban auf sich nehmen wollten. Diesen treulosen, wertlosen Dreckskerlen, die mutig genug waren, bei der Quidditch-Weltmeisterschaft maskiert durch die Gegend zu laufen, aber beim Anblick des Dunklen Mals, das ich an den Himmel schoß, schleunigst geflohen sind.«

»Sie haben… was reden Sie da…?«

»Ich hab's dir gesagt, Harry… ich hab's dir gesagt. Wenn es jemanden gibt, den ich mehr als alle anderen hasse, dann ist es ein Todesser, der davongekommen ist. Sie haben sich von meinem Herrn abgekehrt, als er sie am nötigsten brauchte. Ich hatte erwartet, daß er sie bestraft. Ich hatte erwartet, daß er sie foltert. Sag mir, daß er sie gequält hat, Harry…«

Plötzlich erschien ein irres Lächeln auf Moodys Gesicht.»Sag mir, daß er ihnen verkündet hat, daß ich allein ihm treu geblieben bin… daß ich bereit war, alles zu riskieren, um ihm den zu bringen, den er vor allen anderen wollte… dich.«

»Sie haben doch nicht… Sie – Sie können nicht sein…«

»Wer hat deinen Namen in den Feuerkelch geworfen, als Teilnehmer für eine andere Schule? Das war ich. Wer hat jedem Angst und Schrecken eingejagt, der dir womöglich etwas antun konnte oder dich daran gehindert hätte, das Turnier zu gewinnen? Das war ich. Wer hat Hagrid angestiftet, dir die Drachen zu zeigen? Das war ich. Wer hat dir geholfen herauszufinden, aufweiche Weise du den Drachen schlagen kannst? Das war ich.«

Moodys magisches Auge hatte sich nun von der Tür abgewandt. Es ruhte auf Harry. Sein schiefer Mund grinste schräger denn je.»Es war nicht einfach, Harry, dich durch diese Aufgaben zu führen, ohne Mißtrauen zu wecken. Ich mußte höllisch schlau sein, damit unter deinem Erfolg nicht meine Handschrift durchschimmerte. Dumbledore wäre schnell argwöhnisch geworden, wenn du die Aufgaben zu leicht gemeistert hättest. Ich mußte unbedingt erreichen, daß du in den Irrgarten kamst, am besten mit einem ordentlichen Vorsprung – dann, das wußte ich, hatte ich eine Chance, die anderen Champions loszuwerden und dir freie Bahn zu verschaffen. Aber ich mußte auch noch gegen deine Dummheit ankämpfen. Die zweite Aufgabe… da dachte ich schon, wir würden scheitern. Ich behielt dich im Auge, Potter. Ich wußte, du hattest dieses Eierrätsel nicht gelöst, also mußte ich dir einen weiteren Hinweis liefern -«

»Das haben Sie nicht«, sagte Harry mit heiserer Stimme.»Cedric hat mich auf die Spur gebracht -«

»Wer hat Cedric gesagt, er solle das Ei unter Wasser öffnen? Das war ich. Ich war mir ziemlich sicher, daß er dieses Wissen mit dir teilen würde. Anständige Leute sind so einfach hinters Licht zu führen, Potter. Ich war mir sicher, Cedric würde sich wegen der Drachen bei dir revanchieren wollen, und das hat er auch getan. Doch selbst dann noch, Potter, selbst dann noch wärst du um Haaresbreite gescheitert. Ich habe dich ständig beobachtet… all die Stunden, die du in der Bibliothek verbracht hast. Hast du nicht bemerkt, daß das Buch, das du brauchtest, die ganze Zeit über in deinem Schlafsaal war? Ich hab es früh genug dorthin verpflanzt, ich hab es diesem Longbottom gegeben, erinnerst du dich? Magische Wasserpflanzen des Mittelmeers und ihre Wirkungen. Das hätte dir alles Nötige über das Dianthuskraut verraten. Ich hätte erwartet, daß du die halbe Welt um Hilfe fragst. Longbottom hätte es dir sofort sagen können. Aber das hast du nicht… das hast du nicht… du hast einen stolzen Zug an dir, willst alles allein machen, und hättest fast alles ruiniert.

Was also konnte ich tun? Dich mit Wissen aus einer anderen unverdächtigen Quelle füttern. Du hast mir beim Weihnachtsball gesagt, ein Hauselfnamens Dobby hätte dir etwas geschenkt. Ich rief den Elfen ins Lehrerzimmer, er solle ein paar Umhänge zum Waschen abholen. Als er da war, begann ich ein lautes Gespräch mit Professor McGonagall über die Geiseln und ob Potter wohl darauf kommen würde, Dianthuskraut zu benutzen. Und dein kleiner Elfenfreund ist schnurstracks zu Snapes Vorratsschrank gelaufen und dann eilends zu dir…«

Moodys Zauberstab war immer noch drohend auf Harrys Herz gerichtet. Über seiner Schulter bewegten sich nebelhafte Gestalten im Feindglas an der Wand.»Du warst so lange in diesem See, Potter, daß ich schon dachte, du wärst ertrunken. Doch zum Glück hat Dumbledore deine Dummheit mit Edelmut verwechselt und dir viele Punkte dafür verpaßt. Da konnte ich wieder aufatmen.

In diesem Irrgarten heute Abend hast du es natürlich viel einfacher gehabt als vorgesehen«, fuhr Moody fort.»Ich ging außen herum Wache und beobachtete euch durch die äußeren Hecken. So konnte ich dir viele Hindernisse aus dem Weg fluchen. Als dann Fleur Delacour vorbeikam, verpaßte ich ihr einen Schocker. Krum jagte ich den Imperius-Fluch auf den Hals, damit er Diggory erledigt und dir den Weg zum Pokal freiräumt.«

Harry starrte Moody ins Gesicht. Er begriff einfach nicht, wie das möglich war… Dumbledores Freund, der berühmte Auror… der Mann, der so viele Todesser gefangen hatte… es ergab keinen Sinn… überhaupt keinen Sinn… Die nebelhaften Gestalten im Feindglas nahmen schärfere Umrisse an und waren nun deutlicher zu unterscheiden. Über Moodys Schulter blickend konnte Harry drei Personen ausmachen, die immer näher kamen. Doch Moody achtete nicht auf sie. Sein magisches Auge ruhte auf Harry.

»Der dunkle Lord hat es nicht geschafft, dich zu töten, Potter, und er hat sich so sehr danach gesehnt«, flüsterte Moody.»Stell dir vor, wie er mich belohnen wird, wenn er erfährt, daß ich es für ihn getan habe. Zuerst liefere ich ihm Harry Potter aus – du warst es nämlich, den er unbedingt brauchte, um wieder zu Kräften zu kommen – und dann töte ich ihn auch noch für ihn. Er wird mich ehren, höher als alle anderen Todesser. Von all seinen Gefolgsleuten wird er mich am höchsten schätzen… ich werde ihm näher sein als ein Sohn…«

Moodys normales Auge quoll hervor, das magische Auge blieb auf Harry ruhen. Die Tür war verriegelt, und Harry wußte, daß er niemals schnell genug an seinen Zauberstab herankommen würde…

»Der dunkle Lord und ich«, sagte Moody, und wie er über Harry aufragte und schräg grinsend auf ihn hinabstarrte, nahm sein Gesicht die Züge abgrundtiefen Wahnsinns an,»der dunkle Lord und ich haben viel miteinander gemein. So hatten wir beide sehr enttäuschende Väter… wirklich sehr enttäuschend. Wir beide litten unter der Schmach, nach diesen Vätern benannt zu werden. Und wir beide hatten auch das Vergnügen… das ungeheure Vergnügen… unsere Väter zu töten, um den weiteren Aufstieg des Schwarzen Ordens zu sichern!«

»Sie sind wahnsinnig«, sagte Harry – und es brach aus ihm hervor -»Sie sind wahnsinnig!«

»Wahnsinnig bin ich?«, sagte Moody mit jähzornig lauter Stimme.»Wir werden ja sehen! Wir werden sehen, wer wahnsinnig ist, nun, da der dunkle Lord zurückgekehrt ist, mit mir an seiner Seite! Er ist zurück, Harry Potter, du hast ihn nicht besiegt – und nun – besiege ich dich!«

Moody hob den Zauberstab, öffnete den Mund, Harry schob rasch die Hand in den Umhang -

»Stupor!«Ein blendend roter Lichtblitz flammte durchs Zimmer und unter lautem Splittern und Krachen zerbarst die Tür von Moodys Büro -

Moody schmetterte es rücklings auf den Fußboden. Harry, der immer noch auf die Stelle starrte, wo Moodys Gesicht gewesen war, sah jetzt, daß ihm aus dem Feindglas heraus Albus Dumbledore, Professor Snape und Professor McGonagall entgegenblickten. Er wandte sich um und sah die drei im Türrahmen stehen, Dumbledore mit ausgestrecktem Zauberstab an der Spitze.

In diesem Augenblick verstand Harry zum ersten Mal wirklich, warum es hieß, Dumbledore sei der einzige Zauberer, den Voldemort je gefürchtet habe. Der Ausdruck auf Dumbledores Gesicht, als er auf die bewußtlose Gestalt Mad-Eye Moodys hinabblickte, war schrecklicher, als Harry es sich je hätte vorstellen können. Kein gütiges Lächeln war zu sehen, kein Funkeln in den Augen hinter der Brille. In jeder Furche seines alten Gesichts stand die kalte Wut geschrieben; die Macht, die von Dumbledore ausging, war körperlich zu spüren, als strahlte er sengende Hitze ab.

Er trat ins Büro, schob einen Fuß unter den wie leblos daliegenden Moody und stieß ihn auf den Rücken, so daß sein Gesicht zu sehen war. Snape folgte ihm und blickte in das Feindglas, wo er sein eigenes Antlitz sehen konnte, das finster ins Zimmer spähte.

Professor McGonagall ging geradewegs auf Harry zu.

»Kommen Sie mit, Potter«, flüsterte sie. Die schmale Linie ihres Mundes zuckte, als würde sie gleich losweinen.»Kommen Sie mit… Krankenflügel…«

»Nein«, sagte Dumbledore scharf.

»Dumbledore, er sollte – schauen Sie ihn doch an – er hat heute Abend genug durchgemacht -«

»Er bleibt hier, Minerva, weil er verstehen muß«, sagte Dumbledore knapp.»Verstehen ist der erste Schritt, um etwas anzunehmen, und nur wenn er es angenommen hat, kann er sich erholen. Er muß wissen, wer ihm diese Qualen auferlegt hat, die er heute durchlitten hat, und warum.«

»Moody«, sagte Harry. Noch immer konnte er es nicht glauben.»Wie kann es denn Moody gewesen sein?«

»Dies ist nicht Alastor Moody«, sagte Dumbledore leise.»Du hast Alastor Moody nie kennen gelernt. Der wahre Moody hätte dich nicht aus meiner Nähe verschleppt, nach allem, was heute Abend geschehen ist. In dem Moment, da er dich mitnahm, ging mir ein Licht auf – und ich bin ihm gefolgt.«

Dumbledore beugte sich über den erschlafft daliegenden Moody und schob die Hand in seinen Umhang. Er zog Moodys Flachmann und ein Schlüsselbund hervor. Dann wandte er sich an Professor McGonagall und Snape.

»Severus, bitte besorgen Sie mir das stärkste Wahrheitselixier, das Sie haben, und dann gehen Sie hinunter in die Küche und bringen eine Hauselfe namens Winky hier hoch. Minerva, seien Sie so freundlich und gehen Sie hinunter zu Hagrids Haus, wo Sie einen großen schwarzen Hund im Kürbisbeet sitzen sehen werden. Bringen Sie den Hund hoch in mein Büro, sagen Sie ihm, ich werde in Kürze bei ihm sein, und dann kommen Sie zurück.«

Snape oder McGonagall mochten diese Anweisungen merkwürdig finden, sie verbargen ihre Verwunderung jedenfalls gut. Sie wandten sich unverzüglich um und verließen das Büro. Dumbledore ging hinüber zu dem großen Koffer mit den sieben Schlössern, steckte den ersten Schlüssel in eines der Schlüssellöcher und öffnete den Deckel. Der Koffer enthielt einen Haufen Zauberbücher. Dumbledore schloß den Deckel, steckte den zweiten Schlüssel ins zweite Loch und öffnete den Koffer erneut. Die Zauberbücher waren verschwunden; diesmal kamen eine Reihe kaputter Spickoskope zum Vorschein, ein paar Pergamentblätter und Federkiele und etwas, das ganz nach einem silbrig schimmernden Tarnurnhang aussah. Harry sah verdutzt zu, wie Dumbledore den dritten, vierten, fünften und sechsten Schlüssel in die zugehörigen Schlösser steckte, den Koffer jedes Mal erneut öffnete und immer etwas anderes zum Vorschein brachte. Dann steckte er den siebten Schlüssel ins Schloß, schlug den Deckel auf, und Harry schrie vor Entsetzen.

Er sah hinunter in eine Art Grube, einen unterirdischen Raum, und dort, drei Meter tief unten, offenbar tief schlafend, dürr und ausgemergelt, lag der wahre Mad-Eye Moody. Sein Holzbein war verschwunden, die Augenhöhle, in der sich das magische Auge hätte befinden sollen, wirkte leer unter dem eingefallenen Lid, und ganze Büschel seines grauweißen Haars waren abgeschnitten. Halb gelähmt vor Schreck musterte Harry abwechselnd den schlafenden Moody im Koffer und den ohnmächtigen Moody auf dem Fußboden.

Dumbledore kletterte in den Koffer, ließ sich in die Grube hinabfallen und landete leichtfüßig auf dem Boden neben dem schlafenden Moody. Er beugte sich über ihn.

»Unter Schock – und in der Gewalt des Imperius-Fluchs – sehr schwach«, sagte er.»Natürlich mußte er ihn am Leben halten. Harry, wirf mir den Mantel dieses Doppelgängers herunter, Alastor fühlt sich eiskalt an. Madam Pomfrey wird sich um ihn kümmern müssen, aber er scheint nicht unmittelbar in Gefahr zu sein.«

Harry tat, wie ihm geheißen; Dumbledore deckte Moody mit dem Mantel zu und kletterte aus dem Koffer. Dann griff er nach dem Flachmann, schraubte den Deckel auf und kippte die Flasche um. Eine dicke, klebrige Flüssigkeit ergoß sich auf den Fußboden.

»Vielsaft-Trank, Harry«, sagte Dumbledore.»Du siehst, wie einfach es war, und zugleich genial. Denn Moody trinkt tatsächlich immer nur aus seinem Flachmann, dafür ist er bekannt. Der Doppelgänger mußte den echten Moody natürlich in der Nähe behalten, damit er den Trank nachbrauen konnte. Du siehst ja sein Haar…«

Dumbledore blickte hinunter auf den Moody im Koffer.»Der Doppelgänger hat das ganze Jahr über immer wieder etwas davon abgeschnitten, du siehst, wo die Büschel fehlen. Aber ich würde vermuten, bei all der Aufregung heute Abend hat unser falscher Moody womöglich vergessen, den Trank so regelmäßig wie nötig zu schlucken… stündlich… und zur vollen Stunde… wir werden sehen.«

Dumbledore zog den Stuhl unter dem Schreibtisch hervor und setzte sich, die Augen auf den bewußtlosen Moody auf dem Boden gerichtet. Auch Harry starrte ihn an. Minutenlang sprachen sie kein Wort…

Dann begann sich das Gesicht des Mannes auf dem Boden vor Harrys Augen zu verändern. Die Narben verschwanden, die Haut glättete sich; die verstümmelte Nase heilte aus und begann zu schrumpfen. Die lange Mähne weißgrauen Haares zog sich in die Kopfhaut zurück und nahm die Farbe von Stroh an. Plötzlich und mit einem lauten Klonk fiel das Holzbein vom Körper ab und an seiner Stelle wuchs ein normales Bein unter dem Umhang hervor; und schon war auch der magische Augapfel aus dem Gesicht des Mannes gehüpft und ein echtes Auge war an seine Stelle getreten; das magische Auge kullerte wild kreiselnd über den Fußboden davon.

Harry sah einen Mann vor sich liegen, mit bleicher Haut, einigen Sommersprossen und einem Schöpf hellen Haares. Er wußte, wer dies war. Er hatte den Mann in Dumbledores Denkarium gesehen, hatte beobachtet, wie die Dementoren ihn aus dem Gerichtssaal geführt hatten, während er sich noch verzweifelt bemüht hatte, Mr Crouch davon zu überzeugen, daß er unschuldig sei… jetzt lagen dunkle Schatten um seine Augen und er sah viel älter aus…

Draußen auf dem Korridor ertönten hastige Schritte. Snape kam zurück, mit Winky auf den Fersen. Professor McGonagall folgte ihm einen Augenblick später.

»Crouch!«, sagte Snape und blieb wie angewurzelt im Türrahmen stehen.»Barty Crouch!«

»Du meine Güte«, sagte Professor McGonagall, und auch sie erstarrte und sah hinunter zu dem Mann auf dem Fußboden.

Winky, schmutzig und zerzaust, lugte hinter Snapes Beinen hervor. Ihr Mund öffnete sich weit und sie stieß einen spitzen Schrei aus.»Meister Barty, Meister Barty, was machen Sie denn hier?«

Sie stürzte vor und warf sich auf die Brust des jungen Mannes.»Ihr habt ihn totgemacht! Ihr habt ihn totgemacht. Ihr habt den Sohn vom Meister totgemacht!«

»Er ist nur geschockt, Winky«, sagte Dumbledore.»Bitte tritt zur Seite. Severus, haben Sie das Elixier?«

Snape reichte Dumbledore ein Glasfläschchen mit einer vollkommen klaren Flüssigkeit: das Veritaserum, mit dem er Harry im Unterricht gedroht hatte. Dumbledore stand auf, beugte sich über den Mann auf dem Boden, schleifte ihn hinüber zur Wand unter dem Feindglas, aus dem heraus die Spiegelbilder von Dumbledore, Snape und McGonagall immer noch finster auf sie alle herabsahen, und lehnte ihn mit dem Rücken aufrecht an die Mauer. Winky blieb zitternd, das Gesicht in den Händen, auf ihren Knien sitzen. Dumbledore zwängte den Mund des Mannes auf und träufelte ihm drei Tropfen ein. Dann richtete er den Zauberstab auf die Brust des Mannes und sagte:»Enervate.«Crouchs Sohn öffnete die Augen. Sein Gesicht war schlaff und er schielte. Dumbledore kniete sich vor ihm nieder, so daß ihre Gesichter auf gleicher Höhe waren.

»Können Sie mich hören?«, fragte Dumbledore ruhig.

Die Lider des Mannes zuckten.

»Ja«, murmelte er.

»Ich möchte, daß Sie uns erzählen, wie Sie hierher gekommen sind«, sagte Dumbledore leise.»Wie sind Sie aus Askaban entkommen?«

Crouch holte tief und bebend Luft, dann begann er mit matter, ausdrucksloser Stimme zu sprechen.»Meine Mutter hat mich gerettet. Sie wußte, daß sie todkrank war. Sie hat meinen Vater überredet, ihr einen letzten Wunsch zu erfüllen und mich zu retten. Er liebte sie, wie er mich nie geliebt hatte. Er willigte ein. Sie kamen mich besuchen. Sie gaben mir einen Schluck Vielsaft-Trank, der ein Haar meiner Mutter enthielt. Sie nahm einen Schluck Vielsaft-Trank mit einem Haar von mir. Und so nahmen wir die Gestalt des jeweils anderen an.«

Die zitternde Winky schüttelte den Kopf.»Reden Sie nicht weiter, Meister Barty, reden Sie nicht weiter, Sie machen Ihrem Vater noch Ärger!«

Doch Crouch holte erneut tief Luft und fuhr mit derselben matten Stimme fort:»Die Dementoren sind blind. Sie spürten, wie ein gesunder und ein sterbender Mensch in die Mauern von Askaban kamen. Und sie spürten, daß ein gesunder und ein sterbender Mensch Askaban wieder verließen. Mein Vater schmuggelte mich hinaus, ich hatte die Gestalt meiner Mutter angenommen für den Fall, daß uns ein Gefangener durch die Gitter seiner Zellentür beobachtete.

Meine Mutter starb kurz danach in Askaban. Sie achtete sorgfältig darauf, bis zum Ende regelmäßig den Vielsaft-Trank einzunehmen. Sie wurde unter meinem Namen und in meiner Gestalt begraben. Alle glaubten, sie sei ich.«

Die Lider des Mannes zuckten.

»Und was tat Ihr Vater mit Ihnen, als er Sie bei sich zu Hause hatte?«, fragte Dumbledore leise.

»Er tat so, als wäre meine Mutter gestorben. Ein stilles Begräbnis im kleinsten Kreis. Das Grab ist leer. Die Hauselfe hatte mich wieder aufgepäppelt. Dann mußte mein Vater mich verstecken. Er mußte mich überwachen. Er mußte mich mit einigen Flüchen belegen, um mich gefügig zu machen. Als ich meine Kräfte wiedergewonnen hatte, dachte ich nur noch daran, meinen Herrn zu suchen… und wieder in seine Dienste zu treten.«

»Wie hat Ihr Vater Sie gefügig gemacht?«, fragte Dumbledore weiter.

»Mit dem Imperius-Fluch«, sagte Crouch.»Ich stand unter der Herrschaft meines Vaters. Er zwang mich, Tag und Nacht den Tarnurnhang zu tragen. Ich war immer mit der Hauselfe zusammen. Sie war meine Wärterin und meine Pflegerin. Sie hatte Mitleid mit mir. Sie überredete meinen Vater, mir hin und wieder etwas Gutes zu tun. Als Belohnung für mein gutes Betragen.«

»Meister Barty, Meister Barty«, schluchzte die Hauselfe durch ihre Hände.»Sie dürfen es denen nie nicht sagen, wir kriegen Ärger…«

»Hat irgend jemand einmal entdeckt, daß Sie noch am Leben waren?«, fragte Dumbledore leise.»Wußte es jemand, außer Ihrem Vater und der Hauselfe?«

»Ja«, sagte Crouch und wieder zuckten seine Augenlider.»Eine Hexe im Büro meines Vaters. Bertha Jorkins. Sie kam eines Tages mit Papieren zu uns, die mein Vater unterschreiben sollte. Er war noch nicht zu Hause. Winky ließ sie eintreten und kam dann zu mir in die Küche zurück. Aber Bertha Jorkins hörte, daß Winky mit mir redete. Sie lauschte an der Tür und hörte genug, um zu erraten, wer sich unter dem Tarnurnhang verbarg. Dann kam mein Vater heim. Sie sagte ihm freimütig, was sie entdeckt hatte. Er belegte sie mit einem sehr starken Gedächtniszauber, damit sie es vergaß. Der Zauber war zu stark. Mein Vater glaubte, er habe ihr Gedächtnis auf Dauer geschädigt.«

»Warum kommt sie auch und schnüffelt bei meinem Meister rum?«, schluchzte Winky.»Warum läßt sie uns nicht in Ruhe?«

»Erzählen Sie mir, was sich bei der Quidditch-Weltmeister-schaft abgespielt hat«, sagte Dumbledore.

»Winky hatte meinen Vater dazu überredet«, sagte Crouch, weiterhin mit gleichförmiger Stimme.»Dazu hatte sie Monate gebraucht. Ich hatte das Haus jahrelang nicht verlassen. Quidditch hatte ich immer geliebt. ›Lassen Sie ihn gehen‹, sagte sie. ›Er ist ja unter dem Tarnurnhang. Er kann doch zusehen. Lassen Sie ihn doch einmal frische Luft schnappen.‹ Sie sagte, meine Mutter hätte es so gewollt. Meine Mutter sei gestorben, um mir die Freiheit zu schenken. Sie habe mich nicht gerettet, damit ich für den Rest meines Lebens eingesperrt bleiben müßte. Schließlich sagte er ja.

Alles war sorgfältig geplant. Mein Vater führte mich und Winky schon früh am Morgen nach oben in die Ehrenloge. Winky sollte sagen, sie würde einen Platz für meinen Vater besetzen. Ich sollte neben ihr sitzen, unsichtbar. Wir sollten warten, bis alle fort waren, und dann das Stadion verlassen. Keiner würde es je erfahren.

Aber Winky wußte nicht, daß ich allmählich stärker wurde. Ich begann gegen den Imperius-Fluch meines Vaters anzukämpfen. Es gab Zeiten, in denen ich fast wieder der Alte war. Manchmal spürte ich, daß ich mich seiner Herrschaft vollkommen entzogen hatte. Und so war es auch dort, in der Ehrenloge. Es war, als würde ich aus einem tiefen Schlaf erwachen. Ich fand mich draußen in der Öffentlichkeit, es war mitten im Spiel, und ich sah einen Zauberstab aus der Tasche eines Jungen vor mir ragen. Seit der Zeit vor Askaban hatte ich keinen Zauberstab mehr in die Hand nehmen dürfen. Ich stahl ihn. Winky hat es nicht mitbekommen. Winky hat Höhenangst. Sie hatte ihr Gesicht verborgen.«

»Meister Barty, böser Junge!«, wisperte Winky, und Tränen sickerten durch ihre Finger.

»Sie haben also den Zauberstab genommen«, sagte Dumbledore,»und was haben Sie damit gemacht?«

»Wir gingen zurück in unser Zelt«, sagte Crouch.»Dann hörten wir sie. Wir hörten die Todesser. Jene, die nie in Askaban saßen. Jene, die nie für meinen Herrn gelitten haben. Sie hatten sich von ihm abgewandt. Sie waren nicht versklavt, wie ich es war. Sie waren frei, ihn zu suchen, doch sie taten es nicht. Sie trieben nur ihre Spaße mit den Muggeln. Ihr Geschrei weckte mich. Mein Kopf war seit Jahren nicht mehr so klar gewesen. Ich war zornig. Ich hatte den Zauberstab. Ich wollte sie angreifen, weil sie meinem Herrn untreu waren. Mein Vater war aus dem Zelt gegangen, um die Muggel zu befreien. Winky bekam Angst, als sie mich so zornig sah. Sie benutzte ihre eigene Art von Zauber, um mich an sie zu fesseln. Sie zog mich aus dem Zelt, hinein in den Wald, weg von den Todessern. Ich versuchte sie aufzuhalten. Ich wollte zurück zum Zeltplatz. Ich wollte diesen Todessern zeigen, was Treue zum dunklen Lord bedeutet, und sie für ihre Treulosigkeit bestrafen. Ich nahm den gestohlenen Zauberstab und brannte das Dunkle Mal an den Himmel.

Dann kamen die Ministeriumszauberer. Sie schossen durch den Wald. Einer der Schockzauber kam durch die Bäume geflogen, unter denen Winky und ich standen. Das Band, das uns verknüpfte, zerriß. Wir beide wurden geschockt. Als sie Winky entdeckt hatten, wußte mein Vater, daß ich in der Nähe sein mußte. Er durchstöberte das Gebüsch, in dem man Winky gefunden hatte, und ertastete mich, der ich dort lag. Er wartete, bis die anderen Ministeriumsleute den Wald verlassen hatten. Dann belegte er mich erneut mit dem Imperius-Fluch und nahm mich mit nach Hause. Er verstieß Winky. Sie hatte ihn enttäuscht. Sie hatte es zugelassen, daß ich mir einen Zauberstab verschaffte. Sie hatte mich beinahe entkommen lassen.«

Winky stieß einen verzweifelten Klageschrei aus.

»Nun waren nur noch Vater und ich da, allein in unserem Haus. Und dann… und dann…«Crouch wiegte seinen Kopf hin und her und das Grinsen eines Irren breitete sich auf seinem Gesicht aus.»Dann kam mein Meister, um mich zu holen.

Er kam eines Nachts, sehr spät, in unser Haus, in den Armen seines Dieners Wurmschwanz. Mein Meister hatte herausgefunden, daß ich noch am Leben war. Er hatte Bertha Jorkins in Albanien entführt. Er hatte sie gefoltert. Sie berichtete ihm eine Menge. Sie erzählte ihm vom Trimagischen Turnier. Sie sagte ihm, der alte Auror Moody werde bald in Hogwarts unterrichten. Er folterte sie, bis er durch den Gedächtniszauber brach, mit dem mein Vater sie belegt hatte. Sie sagte ihm, ich sei aus Askaban entkommen. Mein Vater halte mich gefangen, damit ich mich nicht auf die Suche nach meinem Herrn machen könne. Und so erfuhr mein Herr, daß ich immer noch sein treuer Diener war – vielleicht der treueste von allen. Mein Herr entwarf einen Plan, der auf dem Wissen beruhte, das er Bertha abgepreßt hatte. Er brauchte mich. Er kam gegen Mitternacht zu unserem Haus. Mein Vater öffnete die Tür.«

Das Lächeln auf Crouchs Gesicht wurde noch breiter, als würde er sich an die schönste Begebenheit seines Lebens erinnern. Winkys angsterfüllte braune Augen lugten zwischen ihren Fingern hindurch. Sie schien zu entsetzt, um sprechen zu können.

»Es ging sehr schnell. Mein Herr unterwarf meinen Vater mit dem Imperius-Fluch. Nun war es mein Vater, der gefangen war und gehorchen mußte. Mein Herr zwang ihn, wie üblich seiner Arbeit nachzugehen, so zu tun, als wäre nichts geschehen. Und ich wurde befreit. Ich erwachte. Ich war wieder ich selbst, ich lebte, wie ich seit Jahren nicht mehr gelebt hatte.«

»Und was hat Lord Voldemort von Ihnen verlangt?«, wollte Dumbledore wissen.

»Er fragte mich, ob ich bereit sei, alles für ihn aufs Spiel zu setzen. Ich war bereit. Es war mein Traum, mein höchstes Ziel, ihm zu dienen, mich ihm zu beweisen. Er sagte, er müsse einen treuen Diener nach Hogwarts einschleusen. Einen Diener, der Harry Potter ganz unauffällig durch das Trimagische Turnier geleiten sollte. Einen Diener, der Harry Potter bewachen sollte. Der dafür sorgen müsse, daß er den Trimagischen Pokal erreicht. Der den Pokal in einen Portschlüssel verwandelt, welcher den Ersten, der ihn berührt, zu meinem Herrn bringen würde. Doch zuerst -«

»Brauchten Sie Alastor Moody«, unterbrach ihn Dumbledore. In seinen blauen Augen loderte es, doch seine Stimme blieb ruhig.

»Das waren Wurmschwanz und ich. Wir hatten den Vielsaft-Trank schon vorbereitet. Wir reisten zu seinem Haus. Moody wehrte sich mit Zähnen und Klauen. Es gab ein Durcheinander. Wir schafften es gerade noch rechtzeitig, ihn zu bändigen. Wir zwängten ihn in ein Fach seines eigenen magischen Koffers. Nahmen ein paar von seinen Haaren und fügten sie dem Gebräu hinzu. Ich trank davon und wurde Moodys Doppelgänger. Ich nahm ihm das Bein und das Auge. Ich war bereit, Arthur Weasley entgegenzutreten, als er kam, um das Gedächtnis der Muggel zu bearbeiten, die Lärm gehört hatten. Ich ließ die Mülleimer im ganzen Hof herumrollen. Ich sagte Arthur Weasley, ich hätte Eindringlinge auf meinem Hof gehört, und ihretwegen seien auch die Mülleimer losgegangen. Dann packte ich Moodys Kleider zusammen und machte mich auf den Weg nach Hogwarts. Ich hielt ihn am Leben, dem Imperius-Fluch unterworfen. Ich wollte ihn noch ausfragen. Wollte von seiner Vergangenheit erfahren, seine Gewohnheiten erlernen, damit ich sogar Dumbledore täuschen konnte. Ich brauchte auch sein Haar, um den Vielsaft-Trank zu brauen. Die anderen Zutaten waren einfach zu beschaffen. Die Baumschlangenhaut stahl ich aus dem Kerker. Als der Lehrer für Zaubertränke mich in seinem Büro ertappte, sagte ich, ich hätte Anweisung, es zu durchsuchen.«

»Und was wurde aus Wurmschwanz, nachdem Sie Moody angegriffen hatten?«, fragte Dumbledore.

»Wurmschwanz kehrte ins Haus meines Vaters zurück, um für meinen Herrn zu sorgen und meinen Vater zu bewachen.«

»Aber Ihr Vater ist entkommen«, sagte Dumbledore.

»Ja. Nach einer Weile begann er gegen den Imperius-Fluch anzukämpfen, genau wie ich es getan hatte. Es gab Zeiten, in denen er wußte, was vor sich ging. Mein Herr befand, es wäre nicht mehr sicher, wenn mein Vater das Haus verließe. Statt dessen zwang er ihn, Briefe an das Ministerium zu schreiben. Er gebot ihm zu schreiben, er sei krank. Aber Wurmschwanz vernachlässigte seine Pflichten. Er war nicht wachsam genug. Mein Vater entkam. Mein Herr vermutete, daß er sich nach Hogwarts durchschlagen würde. Mein Vater würde Dumbledore alles sagen, ihm alles gestehen. Er würde zugeben, daß er mich aus Askaban herausgeschmuggelt hatte.

Mein Herr benachrichtigte mich von der Flucht meines Vaters. Er wies mich an, ihn um jeden Preis aufzuhalten. So wartete ich und hielt Ausschau. Ich benutzte die Karte, die ich Harry Potter abgenommen hatte. Die Karte, die fast alles ruiniert hätte.«

»Karte?«, warf Dumbledore ein.»Welche Karte denn?«

»Potters Karte von Hogwarts. Potter hatte mich darauf gesehen. Er sah mich, als ich eines Nachts weitere Zutaten aus Snapes Büro stahl. Er dachte, ich wäre mein Vater, da wir denselben Vornamen tragen. Noch in dieser Nacht nahm ich Potter die Karte ab. Ich sagte ihm, mein Vater hasse schwarze Magier. Potter glaubte, mein Vater sei hinter Snape her.

Eine Woche lang wartete ich darauf, daß mein Vater in Hogwarts ankam. Endlich, eines Abends, zeigte mir die Karte, daß er das Gelände betreten hatte. Ich warf mir den Tarnumhang über und ging hinunter, um ihn zu stellen. Er lief am Waldrand entlang. Dann kamen Potter und Krum. Ich wartete. Ich konnte Potter nichts antun, mein Herr brauchte ihn. Potter rannte davon, um Dumbledore zu holen. Ich schockte Krum. Ich tötete meinen Vater.«

»Neeiiiin!«, jammerte Winky.»Meister Barty, Meister Barty, was sagen Sie da?«

»Sie töteten Ihren Vater«, sagte Dumbledore immer noch mit ruhiger Stimme.»Was haben Sie mit der Leiche getan?«

»Ich trug sie in den Wald. Bedeckte sie mit dem Tarnurnhang. Ich hatte die Karte bei mir. Ich verfolgte, wie Potter ins Schloß rannte. Er traf auf Snape. Dumbledore kam hinzu. Ich sah, daß Potter Dumbledore aus dem Schloß mitbrachte. Ich verließ den Wald, schlug einen Bogen und ließ sie vorbeigehen, dann kam ich hinzu. Ich sagte Dumbledore, Snape hätte mir gesagt, wohin ich gehen solle.

Dumbledore gab mir den Auftrag, nach meinem Vater zu suchen. Ich ging zurück zur Leiche meines Vaters. Beobachtete die Karte. Als alle fort waren, verwandelte ich die Leiche meines Vaters. Er wurde ein Knochen… ich zog den Tarnurnhang über und begrub den Knochen in der frisch umgegrabenen Erde vor Hagrids Hütte.«

Vollkommene Stille trat ein, durchbrochen nur von Winkys Schluchzern.

Dann sagte Dumbledore:»Und heute Abend…«

»Vor dem Abendessen erbot ich mich, den Trimagischen Pokal in den Irrgarten zu tragen«, wisperte Barty Crouch.»Verwandelte ihn in einen Portschlüssel. Der Plan meines Meisters gelang. Er ist wieder an die Macht gekommen und er wird mich ehren, wie es ein Zauberer nie zu träumen wagte.«

Das irrsinnige Lächeln erhellte noch einmal seine Züge, dann sank ihm unter dem Wehklagen und Schluchzen Winkys der Kopf auf die Schulter.