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Ron machte eine triumphierende Geste mit seiner Faust und ließ eine Serie von heiseren Lachern los, die einige schüchtern-aussehende Zweitklässler drüben neben dem Fenster hochschrecken ließ. Ein zögerliches Grinsen machte sich auf Harrys Gesicht breit, als er zusah, wie Ron sich auf dem Kaminvorleger kugelte.
Hermine warf Ron einen Blick von tiefer Empörung zu und widmete sich wieder ihrem Brief.
»Nun?«fragte Ron endlich und schaute zu Harry hoch.»Wie war es?«
Harry überlegte einen Moment.
»Naß«sagte er wahrheitsgemäß.
Ron machte ein Geräusch, das entweder Jubel oder Empörung ausdrücken konnte, es war schwer zu sagen.
»Weil sie geweint hat,«setzte Harry schwermütig fort.
»Oh,«sagte Ron und sein Lächeln verschwand etwas.»Küßt Du so schlecht?«.»Weiß«nicht,«sagte Harry, der das noch gar nicht in Betracht gezogen hatte und sich sofort Sorgen machte.»Vielleicht ist es so«
»Natürlich nicht,«sagte Hermine abwesend, sie schrieb immer noch an ihrem Brief.
»Woher weißt Du das?«sagte Ron sehr schneidend.
»Weil Cho in letzter Zeit die Hälfte ihrer Zeit mit heulen verbringt,» sagte Hermine unsicher.»Sie tut es zur Essenzeit, auf den Toiletten, überall.«
»Man sollte denken ein wenig küssen sollte sie aufmuntern,«sagte Ron grinsend.
»Ron,«sagte Hermine mit würdevoller Stimme, und tauchte die Spitze ihres Federkiels in ihre Tintenflasche,»Du bist das unsensibelste Warzenschwein, von dem ich je das Unglück hatte, es zu treffen.«
»Was soll das denn heißen?«sagte Ron entrüstet.»Welches Mädchen heult schon, während es gerade von jemandem geküßt wird?«
»Ja,«sagte Harry ein wenig verzweifelt,»wer macht das?«
Hermine schaute die beiden mit einem fast bedauernden Blick an.
»Versteht ihr nicht, wie Cho sich im Moment fühlt?«fragte sie.
»Nein,«sagten Harry und Ron gleichzeitig.
Hermine seufzte und legte ihren Federkiel beiseite.
»Nun, offensichtlich ist sie sehr traurig wegen Cedrics Tod. Dann nehme ich an, ist sie verwirrt, weil sie in Cedric verliebt war und nun ist sie in Harry verliebt und sie ist sich nicht im Klaren, wen sie lieber mag. Dann wird sie sich schuldig fühlen, sie wird denken, daß sie die Erinnerung an Cedric beschmutzt, weil sie Harry überhaupt geküßt hat und sie wird sich Gedanken machen, was die anderen über sie sagen werden, wenn sie mit Harry geht. Und wahrscheinlich kann sie sich ihrer Gefühle für Harry eh«nicht klar werden, weil er derjenige ist, der bei Cedric war, als er starb, also ist das alles sehr durcheinander und schmerzlich. Oh, und sie hat Angst, daß sie aus dem Ravenclaw Quidditch-Team geworfen wird, weil sie so schlecht gespielt hat.
Eine leicht verblüffte Stille folgte dem Ende dieser Rede, dann sagte Ron,»Ein Mensch kann das alles gar nicht auf einmal fühlen, er würde explodieren.«
»Nur weil du die emotionale Bandbreite eines Teelöffels hast, heißt das nicht, daß das bei allen so sein muß,«sagte Hermine garstig und nahm ihren Federkiel wieder auf.
»Sie war diejenige, die angefangen hat,«sagte Harry.»Ich hätte nicht – sie kam sozusagen auf mich zu – und als nächstes hängt sie an mir und heult – ich wußte nicht, was ich machen sollte -«
»Kann ich dir nicht verdenken, Kumpel,«sagte Ron und sah beunruhigt aus von dem bloßen Gedanken daran.
»Du hättest nur nett zur ihr sein müssen,«sagte Hermine und schaute unruhig zu ihm auf,»das warst Du doch, oder?«
»Nun,«sagte Harry, während eine unangenehme Hitze in seinem Gesicht aufstieg,»Ich sozusagen – tätschelte ihren Rücken ein bischen.«
Hermine sah aus, als könnte sie ein Augenrollen nur schwer unterdrücken.
»Nun, Ich nehme an, es hätte schlimmer sein können,,«sagte sie.»Wirst Du sie wiedersehen?«
»Ich muß, oder?«sagte Harry.»Wir haben DA-Treffen, oder nicht?«
»Du weißt was ich meine,«sagte Hermine ungeduldig.
Harry sagte nichts. Hermines Worte eröffneten eine ganze Palette von neuen furchterregenden Möglichkeiten. Er versuchte sich vorzustellen, wie er mit Cho irgendwo hinging – Hogsmeade, zum Beispiel – stundenlang mit ihr alleine. Natürlich, sie hatte bestimmt erwartet, daß er sich mit ihr verabredet, nachdem was gerade passiert ist war…
der Gedanke ließ seinen Magen schmerzvoll zusammenkrampfen.
»Na ja,«sagte Hermine abwesend, schon wieder in ihren Brief vertieft,»Du wirst noch genügend Möglichkeiten haben, sie zu fragen.«
»Was ist, wenn er sie nicht fragen will?«sagte Ron, der Harry mit einem ungewöhnlich gewitzten Ausdruck auf seinem Gesicht beobachtet hatte.
»Sei nicht albern,«sagte Hermine unsicher.»Harry ist seit Jahrzehnten in sie verliebt, oder Harry?«.Er antwortete nicht. Ja, er war seit Jahrzehnten in Cho verliebt, aber immer wenn er sich sie beide zusammen vorgestellt hatte, war da immer eine Cho die Spaß hatte, entgegenstehend einer Cho, die unkontrolliert in seine Schulter schluchzte.
»Wem schreibst Du überhaupt diesen Roman?«fragte Ron Hermine und versuchte das Stück Pergament, das nun auf dem Boden hing zu lesen. Hermine zog es hoch, außer Sichtweite.
»Viktor.«
»Krum?«
»Wie viele andere Viktors kennen wir?«
Ron sagte nichts, aber sah verärgert aus. Sie saßen in Stille für weitere zwanzig Minuten, Ron machte seinen Verwandlungskünste-Aufsatz unter viel ungeduldigem Schnauben und ausstreichen fertig, Hermine schrieb ununterbrochen bis zum Ende des Pergaments, rollte es vorsichtig auf und versiegelte es, und Harry starrte ins Feuer und wünschte sich mehr als alles andere, daß Sirius«Kopf darin erscheinen würde, um ihm einige Ratschläge über Mädchen zu geben. Aber das Feuer knisterte und brannte nur runter und runter, bis die rotglühenden Holzstücke zu Asche zerbröckelten und als er sich umschaute, sah Harry das sie mal wieder die letzten im Gemeinschaftsraum waren.
»Nun, gute Nacht,«sagte Hermine und gähnte heftig, als sie zur Treppe zum MädchenschlaFraum ging.
»Was sieht sie in Krum?«fragte Ron nach, als er und Harry zum JungenschlaFraum hochstiegen.
»Nun,«sagte Harry die Sache abwägend,»Ich denke, er ist älter, oder… und er ist ein internationaler Quidditch-Spieler
…«
»Ja, aber abgesehen davon,«sagte Ron, gereizt klingend,»Ich meine, er ist ein griesgrämiger Blödmann, oder?«
»Ein bischen griesgrämig, ja,«sagte Harry, dessen Gedanken noch immer bei Cho waren.
»Sie zogen in Stille ihre Umhänge aus und ihre Schlafanzüge an; Dean, Seamus und Neville schliefen bereits. Harry legte seine Brille auf seinen Nachttisch und legte sich ins Bett, aber er zog die Vorhänge um sein Himmelbett nicht zu, sondern starrte auf das Stückchen sternenklaren Himmel, das man durch das Fenster neben Nevilles Bett sehen konnte.
Hätte er letzte Nacht um diese Zeit gewußt, daß er 24 Stunden später Cho Chang geküßt haben würde…
»Nacht,«brummte Ron, von irgendwo rechts neben ihm.
»Nacht,«sagte Harry.
Vielleicht ist sie das nächstemal… wenn es ein nächstes mal gibt… ein wenig fröhlicher. Er hätte nachfragen sollen, wahrscheinlich hatte sie das erwartet und war jetzt wirklich sauer auf ihn… oder lag sie im Bett, immer noch über Cedric weinend? Er wußte nicht was er glauben sollte. Hermines Erklärung hatte alles scheinbar nur noch komplizierter und nicht einfacher zu verstehen gemacht.
Das sollten sie uns hier beibringen, dachte er, als er sich auf die Seite drehte, wie die Köpfe der Mädchen funktionieren
… das währe irgendwie nützlicher als Weissagungen.
Neville schniefte im Schlaf.
Eine Eule heulte irgendwo draußen in der Nacht.
Harry träumte, daß er zurück im DA Raum war. Cho beschuldigte ihn, daß er sie unter einem falschen Vorwand hier her gelockt habe; sie sagte er habe ihr einhunertfünfzig Schoko-Frosch-Karten versprochen, wenn sie kommen würde.
Harry widersprach… Cho schimpfte,«Cedric hat mir einen Haufen Schoko-Frosch-Karten gegeben, schau!«Sie zog händeweise Karten aus dem inneren ihres Umhangs uns warf sie in die Luft. Dann verwandelte sie sich in Hermine, die sagte,«Du weißt, du hast es ihr versprochen, Harry. Ich denke du solltest ihr statt dessen besser etwas anderes geben…
wie wäre es mit deinem Feuerblitz?«Harry beteuerte, daß er Cho seinen Feuerblitz nicht geben könne, weil Umbridge ihn habe, und wie dem auch sei die ganze Sache sei lächerlich, er sei nur zum DA Raum gegangen, um ein paar Weihnachtkugeln aufzuhängen, die aussahen wie Dobbys Kopf…
Der Traum veränderte sich…
Sein Körper fühlte sich glatt, kraftvoll und beweglich an. Er glitt zwischen glänzenden metallenen Stäben, über dunklen, kalten Stein… er war flach am Boden, auf seinem Bauch schlängelnd… es war dunkel, trotzdem konnte er Dinge um sich herum wahrnehmen, die in kräftigen, vibrierenden Farben schimmerten… er wendete seinen Kopf…
beim ersten flüchtigen Blick war der Korridor leer… aber jetzt… ein Mann hockte vor ihm auf dem Boden, sein Kinn hing herab auf seine Brust, seine Umrisse schimmerten in der Dunkelheit… Harry fuhr seine Zunge aus… er schmeckte den Geruch des Mannes in der Luft… er war am Leben, aber schläfrig… er sass vor einer Tür am Ende des Korridors
… Harry sehnte sich danach den Mann zu beißen… aber er mußte den Impuls unterdrücken… er hatte eine wichtigere Aufgabe zu erledigen…aber der Mann bewegte sich… ein silberner Umhang fiel von seinen Beinen als er Aufsprang;.Harry sah seinen vibrierenden, verschwommenen Umriss sich über ihn erheben, er sah einen Zauberstab der aus dem Gürtel gezogen wurde… er hatte keine Wahl… er erhob sich weit über den Boden und stieß zu, einmal, zweimal, dreimal, versenkte seine Reißzähne tief in das Fleisch des Mannes, er fühlte dessen Knochen brechen zwischen seinen Kiefern, fühlte den warmen Strom aus Blut…
Der Mann schrie vor Schmerzen… dann wurde er still… er stürzte rückwärts gegen die Wand… Blut spritzte auf den Boden.
Seine Stirn tat schrecklich weh… sie war kurz davor zu zerspringen…
»Harry! HARRY!«
Er öffnete seine Augen. Jeder Zentimeter seines Körpers war bedeckt von kaltem Schweiß. Seine Bettdecke war um ihn gewickelt wie eine Zwangsjacke; Er fühlte sich als würde ein weiß glühender Feuerhacken auf seiner Stirn liegen.
»Harry!«
Ron stand über ihm schaute zutiefst erschrocken aus. Am Fußende von Harrys Bett waren noch mehr Leute. Er schlug die Hände an den Kopf; er war blind vor Schmerz… er rollte zur Seite und erbrach sich über den Rand seiner Matratze.
»Er ist wirklich krank,«sagte eine verängstigte Stimme. _ Sollen wir jemanden rufen?«
»Harry! Harry!«
Er mußte es Ron sagen, es war sehr wichtig, daß er es ihm erzählte…
Tief Luft holend, zog er sich zurück ins Bett, mit dem festen Willen sich nicht noch einmal zu übergeben, der Schmerz machte ihn halb blind.
»Dein Vater,«er schnappte nach Luft und hob seinen Oberkörper. _ Dein Vater… wurde angegriffen…«
»Was?«was sagte Ron verwirrt.
»Dein Vater! er wurde gebissen, es ist wahr, da wahr überall Blut…«
»Ich hol Hilfe,«sagte die gleiche verängstigte Stimme und dann hörte Harry Schritte, die aus dem Schlafsaal rannten.
»Harry, Kumpel,«sagte Ron unsicher, _ du… du hast nur geträumt…«
»Nein!«sagte Harry wütend; es war entscheidend, daß Ron ihn verstand.
»Es war kein Traum… kein gewöhnlicher Traum… Ich war dort… Ich hab es gesehen…
… ich hab es getan…!«
Er konnte hören, wie Seamus und Dean miteinander tuschelten, aber es kümmerte ihn nicht.
Die Schmerzen in seinem Kopf waren ein wenig leichter geworden, dennoch schwitzte er immer noch und ihn überlief ein fiebriger Schauer. Er würgte wieder und Ron sprang rückwärts aus dem Weg.
»Harry, dir geht es nicht gut,«sagte er zitternd.
»Neville holt gerade Hilfe.«
»Ich bin in Ordnung!«würgte Harry heraus und presste seinen Mund in den Schlafanzug, er zitterte unkontrolliert.
»Mit mir ist alles in Ordnung, über deinen Vater mußt du dir Sorgen machen – wir müssen herausfinden, wo er ist – er blutet wie verrückt – Ich war – Es war eine riesige Schlange.«
Er versuchte aufzustehen, aber Ron drückte ihn zurück ins Bett; Dean und Seamus flüsterten immer noch irgendwo in der nähe. Harry wußte nicht ob eine Minute vergangen war oder zehn; er sass einfach nur da zitterte und fühlte wie ganz langsam der Schmerz aus seiner Narbe wich… dann kamen eilige Schritte die Treppe hoch und er hörte wieder Nevills stimme.
»Hier her, Professor.«
Professor McGonagall hastete ihn einer Robe mit Schottenmuster in den Schlafsaal, ihre Brille sass schief auf dem Rücken ihrer knochigen Nase.
»Was ist los, Potter? Wo tut es weh?«
Er hatte sich noch nie so gefreut sie zu sehen; er brauchte jetzt ein Mitglied des Ordens des Phönix, nicht jemanden der ein großes Getue um ihn machte und nutzlose Tränke verschrieb.
»Es ist Rons Vater,«sagte er sich wieder aufsetzend…»Er wurde von einer Schlange angegriffen und es ist wahr, ich hab gesehen, wie es passiert ist.«
»Was meinen sie damit, sie haben gesehen, wie es passiert ist?«fragte Professor McGonagall und zog ihre Augenbrauen zusammen.
»Ich weiß nicht… Ich hab geschlafen und dann war ich dort,,«
»Sie meinen sie haben das geträumt?«
»Nein!«sagte Harry zornig; wollte ihn den niemand verstehen?
»Zuerst habe ich von etwas völlig anderem geträumt, etwas dummes… und dann wurde es unterbrochen. Mr Weasly schlief auf dem Boden und er wurde von einer riesigen Schlange angegriffen, da war so viel Blut, er ist in Ohnmacht gefallen, jemand muß herausfinden, wo er ist…«
Professor McGonagall starrte ihn durch ihre schiefe Brille an, als währe sie entsetzt über das was sie sah. _ Ich lüge nicht und ich bin nicht verrückt«sagte Harry zu ihr, er begann zu schreien.
_ Ich habe ihnen erzählt, ich habe gesehen wie es passiert ist!«
»Ich glaube ihnen, Potter,» sagte Professor Mc Gonagall knapp.«
»Ziehen sie sich an – wir gehen zum Schulleiter!«.