123347.fb2 Heimat Erde - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 31

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»Immerhin kennen wir jetzt den Ort, wo er verborgen liegt.«

»Gewiß. Falls wir in unsere Zeit zurückkehren können, falls die Gespenster wissen, was sie tun, falls es wirklich ein Zeittor gibt und falls es eins ist, das uns nicht über unsere Zeit hinaus in die Zukunft befördert, dann ...«

»Meinst du das alles ernst?«

»Ich will mich so ausdrücken. Ich rechnete mit diesen Möglichkeiten.«

»Und wenn kein Zeittor vorhanden ist, Fletch? Wenn wir in dieser Zeit gefangen sind?«

»Wir werden alles versuchen. Irgendeinen Weg werden wir schon finden.«

Wir verließen das Haus und begannen den Abstieg über den Hang. Unter uns lagen der Fluß, das kleine Kornfeld, das Haus mit dem Unkrautgarten und dem Toten.

»Ich zweifle am Zeittor«, bekannte Cynthia. »Die Gespenster sind keine Wissenschaftler. Sie sind Stümper. Einen Sekundenbruchteil, haben sie uns versprochen, aber hierher haben sie uns geschickt.«

Unwillig knurrte ich. Wir hatten jetzt keine Zeit für Gerede. Aber sie blieb hartnäckig. Sie streckte eine Hand aus, um mich zurückzuhalten; ich wandte mich um.

»Fletch«, sagte sie, »wenn kein Zeittor existiert ... Du mußt mir antworten.«

»In dem Fall«, antwortete ich, »lassen wir uns dort unten im Haus nieder. Wir werden es säubern. Es ist bewohnbar, es gibt dort Werkzeug zum Arbeiten. Mit dem Korn als Saatgut können wir neue Felder anlegen. Wir werden fischen und jagen. Wir werden leben.«

»Und wirst du mich lieben, Fletch?«

»Ja«, sagte ich. »Ich werde dich lieben. Ich glaube, ich liebe dich schon jetzt.«

19

Während wir das Kornfeld passierten, überlegte ich, ob Cynthia recht haben konnte - nicht in der Beziehung, daß O'Gillicuddy und die anderen Gespenster lediglich unfähig wären, sondern weil sie für den Friedhof arbeiteten. Auf meine Frage hatte O'Gillicuddy ausdrücklich geantwortet, der Friedhof könne ihnen nichts anhaben, weshalb sie ihn nicht zu fürchten brauchten, und sie hätten nichts mit ihm zu schaffen. Vordergründig klang das überzeugend, aber konnten wir sicher sein, daß es sich um die Wahrheit handelt? Gab es überhaupt ein besseres Mittel, um uns loszuwerden als das, welches O'Gillicuddy und seine Kumpane angewendet hatten? Es war ein klarer Fall, saßen wir in einer anderen Zeit fest, aus der es kein Zurück gab, würde der Friedhof nie wieder Ärger mit uns haben.

Ich dachte an mein rosafarbenes Alden, Cynthias Heimat. Ich erinnerte mich an Thorney, wie er aufgeregt durch sein Arbeitszimmer schritt, von den verschollenen Anachroniern sprach und über wilde Schatzsucher schimpfte, die archäologische Fundstätten ausplünderten und damit die Archäologen der Möglichkeit beraubten, alte Kulturen zu studieren.

Und mit einem Gefühl der Bitterkeit gedachte ich meines schönen Plans, eine Komposition der Erde zu erstellen. Hauptsächlich aber, so glaube ich, dachte ich an Cynthia und ihren blödsinnigen Auftrag. Sie konnte sich von allen am wenigsten von diesem verrückten Abenteuer versprechen. Sie hatte ihre Karriere als Laufbursche für den guten alten Thorney begonnen - und nun sah man, was es ihr eingebracht hatte.

Falls kein Zeittor existierte, was konnten wir dann anderes tun als ich ihr vorgeschlagen hatte? Mir fiel nichts anderes ein; günstigstenfalls würde es ein ödes Leben werden, ein Leben, das weder für Cynthia eine Erfüllung bedeutete, noch für mich. Nichts vermochte den nächsten Winter aufzuhalten. Er würde nicht mehr lange auf sich warten lassen, und falls es kein Zeittor gab, stand uns nur eine kurze Frist zur Verfügung, um uns darauf vorzubereiten. Irgendwie würden wir bis zum Frühling durchhalten müssen, und bis dahin fänden wir vielleicht eine bessere Lösung.

Ich versuchte meine Gedanken von dieser Problematik abzuwenden, weil unsere Befürchtung sich bisher nicht bestätigt hatte, wir möglicherweise gar keinen Anlaß zu solchen Sorgen besaßen, doch wie sehr ich mich auch bemühte, meine Überlegungen kehrten immer wieder zu ihr zurück. Der schiere Schrecken dieser Aussicht schien mich in seinen Bann geschlagen zu haben.

Wir erreichten das Tal und folgten dem Fluß, bis wir wieder ins kleinere Tal gelangten, das zu der Felsspalte führte, worin wir uns auf der Flucht vor den Grabräubern verkrochen hatten. Wir schwiegen beide. Keiner von uns, so vermute ich, wagte zu sprechen.

Wir durchquerten das enge Tal, und als wir den letzten Hang umrundeten, sahen wir bereits die Felswände aufragen. Es war nicht mehr weit. Bald würden wir Gewißheit haben.

Als wir das Tal vollständig zu überblicken vermochten, blieben wir wie erstarrt stehen. Vor der Felswand standen zwei Kriegsmaschinen. Sie waren unübersehbar. Ich glaube, ich hätte ohnehin bald begriffen, was ich da sah, doch weil Elmer so oft von ihnen erzählt hatte, erkannte ich sie sofort.

Sie waren riesig. Schon ihre Panzerung bedingte ihre Riesenhaftigkeit. Mindestens dreißig Meter lang waren sie und ungefähr halb so breit. Ihre Höhe betrug wenigstens zehn Meter. Sie standen in ihrer ganzen Scheußlichkeit Seite an Seite, häßlich und kampfstark. Sie waren monströse Gebilde. Ihr bloßer Anblick ließ einen Menschen erschaudern.

Wir standen wie angewurzelt da und starrten sie an, und sie musterten uns. Man konnte ihre Blicke spüren.

Eine der Maschinen sprach uns an - oder jedenfalls kam aus ihrer Richtung eine Stimme, doch man konnte nicht feststellen, welche der beiden Maschinen sprach.

»Lauft nicht fort«, sagte sie. »Fürchtet euch nicht vor uns. Wir möchten mit euch reden.«

»Wir laufen nicht fort«, versprach ich. Es hätte auch, davon war ich überzeugt, wenig Sinn gehabt. Sie hätten uns innerhalb einer Minute gestellt. Dessen war ich mir sicher.

»Niemand will uns zuhören«, sagte die Maschine recht kläglich. »Alle fliehen vor uns. Wir möchten Freunde der Menschen sein, weil wir selbst menschlich sind. Wir irren umher ...«

»Wir werden euch zuhören«, versicherte Cynthia. »Worum geht es euch?«

»Dürfen wir uns vorstellen?« fragte die Maschine. »Ich bin Joe, und das dort ist Iwan.«

»Ich bin Cynthia«, sagte Cynthia. »Das ist Fletcher.«

»Warum lauft ihr nicht vor uns davon?«

»Weil wir uns nicht fürchten«, erwiderte Cynthia; dem Klang ihrer Stimme war indes zu entnehmen, daß sie sich sehr wohl fürchtete.

»Weil Fortlaufen wohl zwecklos wäre«, ergänzte ich.

»Wir sind zwei alte Veteranen«, begann Joe, »schon lange aus dem Krieg zurück und begierig darauf, beim Aufbau einer Welt des Friedens nach besten Kräften zu helfen. Wir sind weit herumgekommen, aber die wenigen Menschen, die wir trafen, waren an unserer Hilfe nicht interessiert. In der Tat haben wir den Eindruck, daß die Menschen eine starke Abneigung gegen uns empfinden.«

»Das ist verständlich«, antwortete ich. »Ihr oder euresgleichen, ihr habt ihnen während des Kriegs das Leben zur Hölle gemacht.«

»Wir haben das keineswegs«, sagte Joe. »Wir beide haben nie mutwillig einen Schuß abgefeuert. Keiner von uns. Der Krieg war längst vorüber, als wir zum Einsatz kamen.«

»Und wie lange ist das inzwischen her?«

»Ziemlich genau etwas über eintausendfünfhundert Jahre.« »Seid ihr euch dessen sicher?« fragte ich.

»Völlig«, entgegnete Joe. »Wir können es auf den Tag genau errechnen, wenn euch daran liegt.«

»Nicht nötig«, sagte ich. »Eintausendfünfhundert Jahre ist genau genug.«

Also hatte sich O'Gillicuddys sogenannter Sekundenbruchteil zu einem Zeitraum von mehr als achtzig Jahrhunderten ausgedehnt.

»Ich würde gerne wissen«, sagte Cynthia, »ob sich vielleicht einer von euch an einen Roboter namens Elmer erinnert ...«

»Elmer!«

»Ja, Elmer. Nach seinen Angaben hat er beim Bau der letzten Kriegsmaschinen mitgewirkt.«

»Woher kennt ihr Elmer? Wißt ihr, wo er ist?«

»Wir haben ihn kennengelernt«, sagte ich. »In der Zukunft.«

»Das ist ausgeschlossen«, antwortete Joe. »Man kann keine Leute in der Zukunft kennenlernen.«

»Es handelt sich um eine lange und verwickelte Geschichte«, erklärte ich. »Irgendwann werden wir sie euch erzählen.«

»Ihr müßt sie jetzt erzählen«, verlangte Joe. »Elmer ist ein alter Freund von mir. Er hat mich gewartet. Iwan nicht. Iwan ist von drüben, von der anderen Seite.«