123878.fb2 Jake Djones und die H?ter der Zeit - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 3

Jake Djones und die H?ter der Zeit - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 3

Es war eine Pause gefolgt, und dann waren Jakes Eltern, wie jedes Mal, in schallendes Gelächter ausgebrochen. Sie hatten beide einen unerschütterlichen und absolut ansteckenden Humor; praktisch alles konnte sie zum Lachen bringen, am allermeisten aber ein bestimmter Schlag von Kunden: arrogante Managertypen und affektierte Yuppiedamen wie Dolores Devises.

Alan und Miriam zogen es vor, über die Dinge zu lachen, anstatt sich von ihnen runterziehen zu lassen.

»Wir müssen mal wieder für ein paar Tage verschwinden, Schatz, leider«, hatte seine Mutter dann zu Jake gesagt und versucht, möglichst beiläufig zu klingen.

Jake war enttäuscht gewesen, und Miriam hatte kleinlaut hinzugefügt: »Meine Schuld. Hab mal wieder nicht daran gedacht, mir das Datum aufzuschreiben. Eine Messe in Birmingham, unvorstellbar langweilig, aber wir müssen hin. Der Vertreter hat gemeint, wir sollten mal unser ›Sortiment erweitern‹.«

»Granit und Sandstein sind total in im Moment«, hatte Alan gut gelaunt erklärt.

»Wir fahren heute, gleich von hier.« Miriam hatte auf einen roten Koffer hinter der Theke gedeutet und vorsichtig gesagt: »Rose wird nach dir sehen, solange wir weg sind. Das geht doch in Ordnung, Jake, oder?«

Eigentlich hatte Jake nicken wollen, aber es war eher ein Schulterzucken daraus geworden. Vor drei Jahren hatten seine Eltern angefangen, diese Messen zu besuchen, zuerst nur einmal im Jahr, aber in diesem Jahr waren sie schon zweimal bei einer gewesen und hatten ihre Abreise beide Male erst in allerletzter Sekunde angekündigt.

»Freitagnachmittag sind wir wieder zurück«, hatte seine Mutter mit einem Lächeln erklärt und Jakes dicke Locken zerzaust. »Und dann unternehmen wir was Tolles zusammen!«

»Wir haben ein paar Überraschungen geplant«, hatte sein Vater hinzugefügt.

Miriam hatte ihre Arme um Jake geschlungen und ihn fest an sich gedrückt. »Wir lieben dich so sehr!«

Jake hatte sich eine Weile drücken lassen und sich dann losgemacht. Er hatte gerade seinen Schulblazer wieder glatt gestrichen, da hatte sein Vater ihn ebenfalls in eine kräftige Umarmung geschlossen.

»Pass auf dich auf, Jake«, hatte er gesagt, und Jake hatte sich ein weiteres Mal befreien müssen.

»Danke. Amüsiert euch gut, ihr beiden«, hatte Jake gemurmelt und ohne sich noch einmal umzudrehen den Laden verlassen, um seinen Nachhauseweg fortzusetzen.

Nachdenklich hatte er den Greenwich Park durchquert und sich auf eine Bank gesetzt. Es tat ihm leid, dass er sich nicht richtig von seinen Eltern verabschiedet hatte, aber er hatte ihnen eben eine kleine Lektion erteilen wollen, damit sie ihn in Zukunft früher über ihre Geschäftsreisen informierten – eine sturmfreie Bude zu haben, war ja schön und gut, aber Jake wollte das nächste Mal einfach früher Bescheid wissen.

Nach einer Stunde hatte er dann aber doch noch mal das Bedürfnis verspürt, sie zu sehen, bevor sie abfuhren, und war zurück zum Laden gegangen. Doch es war zu spät gewesen. Das Geschäft war geschlossen, die Lichter im Schaufenster aus, der rote Koffer nicht mehr da.

Wie versprochen war Alans Schwester Rose noch am selben Abend gekommen. Jake mochte sie sehr, denn Rose nahm nie ein Blatt vor den Mund; sie war exzentrisch und äußerst unterhaltsam. Sie trug jede Menge klimpernden Schmuck, den sie von ihren Weltreisen mitgebracht hatte, unterhielt sich gern und ausgiebig mit den unterschiedlichsten Leuten, auch und gerade, wenn sie sie eben erst kennengelernt hatte, und sagte oft zu Jake: »Das Leben ist so kurz, man muss es in vollen Zügen genießen!«

Die Tage mit ihr waren unterhaltsam und abwechslungsreich gewesen, und Freitagnachmittag direkt nach Schulschluss war Jake wie ein Blitz aus dem Schulgebäude geschossen, denn an diesem Tag hatten seine Eltern von der Messe zurückkommen sollen. Er wollte so schnell wie möglich nach Hause und war ein weiteres Mal durch den Greenwich Park gehastet. Er hatte gerade die wie eine Armee heranrollenden schwarzen Sturmwolken am Horizont gesehen, da waren Jupitus Cole und Norland, der Chauffeur, plötzlich vor der Königlichen Sternwarte aufgetaucht.

Erst Tage danach sollte Jake die besondere Bedeutung dieses Ortes bewusst werden: Im Jahr 1668 hatte Robert Hooke dort, zusammen mit anderen Gelehrten von der eben erst gegründeten Royal Society, seine intensiven astronomischen Beobachtungen begonnen, die Jahrhunderte später ihren Teil zur Entdeckung der Verbindung zwischen Raum und Zeit beitragen sollten.

Diese Begegnung war kaum eine Stunde her, und jetzt saß Jake hier in dieser mehr als ungewöhnlichen Bibliothek und wartete darauf, sein Leben schon bald »unwiderruflich verändert vorzufinden«, wie Jupitus Cole es genannt hatte.

Unvermittelt schwang die Bürotür auf. »Sie können jetzt reinkommen, Mr Djones«, sagte sein »Gastgeber« knapp.

Jake stand auf. Er wollte gerade auf die Tür zugehen, als er merkte, dass alle im Raum ihn unverwandt anstarrten, um sich dann, als er genauso unverwandt zurückstarrte, schnell wieder an die Arbeit zu machen. Dann betrat er Jupitus Coles Büro.

3

SCHIFFE UND DIAMANTEN

Schließ die Tür«, befahl Jupitus. Er saß bereits wieder am Schreibtisch und schrieb eifrig mit seinem Füller. Jupitus hatte frische Sachen angezogen, die beinahe identisch waren mit denen, die er zuvor getragen hatte: weißes Hemd, schwarze Krawatte, dunkles, tailliertes Jackett und eine Hose mit grauen Nadelstreifen. Die nassen Kleidungsstücke lagen neben ihm auf dem Boden.

Jake sah sich in dem mit Holz getäfelten Büro um. Es war eine regelrechte Schatzkammer, randvoll mit erlesenen Kostbarkeiten: In einer Ecke stand die Marmorbüste eines römischen Kaisers, in einer Vitrine waren Schwerter und andere antike Waffen ausgestellt, auf dem Parkettboden lag ein Tigerfell, das riesige Maul weit aufgerissen, an den Wänden hingen Gemälde mit Porträts von Adligen und Königen, außerdem gab es weitere Globen und Landkarten. Neben dem prasselnden Kamin stand ein riesenhafter ausgestopfter Vogel mit einem beeindruckend großen Schnabel, der Jakes besondere Aufmerksamkeit erregte.

»Ist das …?«

»Ein Dodo, genau«, sagte Jupitus, ohne von seinen Papieren aufzublicken. »Einer der Letzten, die auf unserer Erde gewandelt sind. Aber damit ist es nun, wie man deutlich erkennen kann, auch für ihn vorbei. Und du fragst dich wahrscheinlich, was du hier eigentlich machst und wer wir alle sind.«

»Noch viel mehr als das: Vor allem möchte ich wissen, woher Sie meine Eltern kennen«, erwiderte Jake.

»Zuerst muss ich mir deine Augen mal ansehen«, entgegnete Jupitus, ohne auf Jakes Worte einzugehen.

»Meine Augen …?«

Jupitus öffnete eine Schublade in seinem Schreibtisch und zog ein fein gearbeitetes Instrument aus dunklem Holz mit silbern glänzenden Metallteilen daran hervor. Für Jake sah es aus wie eine dieser Lupen, mit denen Juweliere teure Edelsteine untersuchen. Jupitus streifte den Riemen über den Kopf, schob das Okular über sein rechtes Auge und kam um den Tisch herum.

»Setz dich auf diesen Stuhl«, befahl er.

»Mit meinen Augen ist alles in Ordnung.«

Jupitus reagierte nicht, sondern wartete, bis Jake tat, wie er ihn geheißen hatte, und schließlich setzte Jake sich zögernd hin.

»Stell das hier ab«, sagte Jupitus und deutete auf Jakes Schultasche.

Jake nahm die Tasche von der Schulter und legte sie auf den Tisch.

Mit einem Drehregler schaltete Jupitus eine kleine Lampe an dem Gerät ein und hob Jakes Kinn. »Augen möglichst weit auf, bitte«, sagte er und beugte sich nach vorn, um Jakes rechte Pupille zu inspizieren.

»Was soll das Ganze?«

»Schhhh!« Jupitus zog eine Grimasse und wechselte zu Jakes linkem Auge. »Und jetzt schließe deine Augen, so schnell du kannst.«

Jake gehorchte, und Jupitus richtete die Lichtquelle an dem Gerät abwechselnd auf seine geschlossenen Lider.

»Jetzt sag mir, was für Formen du siehst.«

»Formen? Ich sehe rein gar nichts.«

»Natürlich tust du das! Du siehst Umrisse. Umrisse verschiedener Größe, aber alle mit derselben Form – Rechtecke, Quadrate, Kreise, was siehst du? Schau genau hin.«

Jake konzentrierte sich, und tatsächlich sah er etwas. »Hmm, sieht irgendwie aus wie … Diamanten.«

»Diamanten? Wirklich? Keine Rechtecke oder Quadrate?«, fragte Jupitus ungläubig.

»Ja doch! Diamanten. Jede Menge.«

Jupitus wirkte wütend, als hätte Jake ihn beleidigt. »Sind sie symmetrisch geformt, klar definiert oder verschwommen?«, bohrte er nach.

»Die Umrisse sind klar, würde ich sagen.«

Bebend holte Jupitus tief Atem. »Du Glückspilz«, sagte er kaum hörbar, zog das Instrument vom Kopf und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück.