123878.fb2 Jake Djones und die H?ter der Zeit - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 44

Jake Djones und die H?ter der Zeit - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 44

Während Zeldt etwas mit einem seiner Wissenschaftler besprach, wurden Jake, Topaz und Charlie von den Wachen über die steinerne Brücke aus dem Labor eskortiert.

»Eure Freunde erwarten euch bereits«, erklärte Mina unterwegs in süffisantem Tonfall. »Wir werden Gnade vor Recht ergehen lassen und dafür sorgen, dass euch ein gemeinsames Ende zuteilwird.«

Sie hatten die Bibliothek kaum betreten, da erkannten sie die beiden bedauernswerten Gefangenen, von denen Mina gesprochen hatte.

»Nathan!«, rief Topaz aus.

»Sag jetzt nicht, du hättest mich vermisst«, erwiderte Nathan zwinkernd und humpelte auf sie zu.

Hinter ihm kauerte Paolo Cozzo reglos am Boden. »Charlie, Jake, wie schön, euch lebendig zu sehen«, sagte Nathan mit einem Nicken. Als sein Blick Jake streifte, sah er verdutzt ein zweites Mal hin. »Diese Garderobe hast du doch nicht etwa selbst zusammengestellt?«, fragte er bewundernd und kniff die Augen zusammen. »Dieser Schattenriss, perfekt! Und erst die Frisur, mein Kompliment. Zu einem so vollendeten Stilwechsel, und das kurz vor dem Weltuntergang, gehört eine ordentliche Portion Mut. Das muss ich neidlos anerkennen.«

Paolo schüttelte nur verzweifelt den Kopf. »So redet er die ganze Zeit – als wäre nichts geschehen.«

Zeldt betrat mit seiner Zeitbombe unterm Arm die Bibliothek und schob das Bücherregal an seine alte Stelle zurück.

»Ich darf das Auslaufen meines Schiffes nicht versäumen«, sagte er und kehrte den Agenten den Rücken zu. »Deshalb werde ich euch nun bedauerlicherweise verlassen müssen.«

Er nickte Mina zu, die daraufhin die Metalltür entriegelte, hinter der von Bliecke zwei Tage zuvor den Tod gefunden hatte.

»Auf der anderen Seite dieser Kammer befindet sich eine Tür, die sich in exakt einer Stunde öffnen wird. Dahinter liegt ein Labyrinth. Lediglich ein einziger seiner zahlreichen Ausgänge führt aus dem Schloss hinaus«, erklärte der Prinz zum Abschied.

»Ein Ausgang?!«, rief Paolo. »Ihr werdet uns gehen lassen?«

»Du naiver Einfaltspinsel«, tadelte Zeldt ihn mit einem Lächeln. »Ich sagte dies nicht, weil ihr ihn erreichen könntet – das ist unmöglich –, sondern lediglich, um euren Schmerz und eure Angst noch ein wenig zu steigern.«

»Wie aufmerksam von Euch«, kommentierte Nathan nonchalant. »Es ist mir ein Rätsel, wie Ihr so lange unverheiratet bleiben konntet.«

Zeldt drehte sich noch einmal um und bedachte Topaz mit einem langen, ernsten Blick.

»Ich denke, diese arme, verlorene Seele sollte uns begleiten«, flüsterte er schließlich mit einem scheußlichen Blitzen in den Augen.

Topaz’ Augen weiteten sich vor Entsetzen.

»Ihr rührt sie nicht an!«, brüllte Jake, machte sich von dem Wachsoldaten los und ergriff Topaz’ Arm.

Topaz warf ihm einen Blick zu, als versuchte sie, ihm etwas zu sagen, doch was auch immer es war, Jake konnte es nicht entschlüsseln.

»Lass sie los, dann hat zumindest sie eine Chance«, flüsterte Nathan ihm ins Ohr, und Jake gehorchte.

Auf ein Nicken von Zeldt hin trieben die Wachen Jake, Nathan, Charlie und Paolo auf die offene Kammer zu.

»Ein Letztes noch«, sagte Zeldt mit erhobener Hand, und die Wachen hielten inne. Er deutete auf Jake. »Du wolltest wissen, wo deine Eltern sind …«

Mit angehaltenem Atem blickte Jake dem Prinzen in die eiskalten Augen.

»Wenn du erst das Labyrinth betreten hast«, fuhr Zeldt fort, »wirst du es nur allzu bald erfahren. Ich rate dir, dich gut darauf vorzubereiten.«

Jake riss sich ein zweites Mal los und stürzte sich auf Zeldt. Er hatte gerade seine Hände um den Hals des Prinzen gelegt, als er einen fürchterlichen Hieb im Rücken spürte und wie gelähmt zu Boden ging.

»Fort mit ihnen!«, bellte Zeldt und strich seine weiße Halskrause glatt, während die Gefangenen in die Kammer geschleift wurden.

»Menschen sind stärker, als Ihr glaubt!«, schrie Jake ihm nach. Das Letzte, was er sah, war Zeldts Hand, wie sie sich über Topaz’ Mund legte. Dann schlug mit einem Krachen die Tür der Kammer zu.

Nathan konnte sich eine letzte Stichelei nicht verkneifen. »Mademoiselle Schlitz«, rief er durch die geschlossene Tür, »Ihr solltet wirklich meinen Rat, was Eure unglückselige Vorliebe für Rot betrifft, beherzigen – sie verdirbt Euren wundervollen Teint!«

Zeldt schritt die breite Treppe zum Eingangsportal hinab, neben ihm Mina, die Kiste mit der Beulenpest-Bombe fest in den Armen haltend. Hinter ihnen folgte eine totenblasse Topaz. Als der Prinz das Ende der Treppe erreicht hatte, blieb er stehen.

Diener eilten herbei und legten ihm einen glänzend silbernen Brustpanzer an, dazu eiserne Handschuhe, einen Helm mit schwarzem Federschmuck und einen prächtigen Pelzumhang, auf dessen Schultern zwei Tigerköpfe prangten. Zeldts Leibdiener überprüfte das Werk, zupfte noch einen winzigen Fussel von dem Pelzumhang – dann zog sich die Dienerschaft mit gesenkten Köpfen zurück.

Als der Prinz in voller Rüstung durch das Eingangsportal trat, wurde er von pflichtschuldigem Applaus begrüßt. Alle seine Komplizen, deren Töchter und Söhne mit großen Augen die beeindruckende Erscheinung des Prinzen bewunderten, waren gekommen, um ihren Herrn gebührend zu verabschieden.

Daneben hatte sich Zeldts Leibgarde versammelt. Mit gezückten Schwertern standen sie in Habachtstellung, den Rücken gerade.

Der Prinz bedachte die versammelte Menge mit einer wohlwollenden Geste, dann ging er zu dem blutroten Fuhrwerk und begutachtete die Fracht – fünfhundert Bücher, die bald ihren tödlichen Inhalt über Europa ergießen würden. Zufrieden ließ er den Blick über die Kisten schweifen und nickte.

Die Tür des eisernen Karrens wurde verriegelt, und Mina gab dem hässlichen Kutscher und dessen ebenso hässlichen Gehilfen ein Zeichen. Das Pferdegespann setzte sich in Bewegung, passierte das Tor und machte sich auf den Weg Richtung Süden.

Sogleich fuhr eine zweite, offene Kutsche vor. Der Prinz setzte sich mit feierlicher Miene auf die Rückbank, Mina mit der Pestbombe daneben. Sie winkte einer Wache, und von Blieckes Hund wurde an einer Leine zu der Kutsche gebracht. Jaulend ließ Felson sich hinaufziehen und verkroch sich sogleich mit eingezogenem Schwanz unter der Sitzbank.

Eine weitere Wache schob nun auch Topaz auf die Kutsche zu, doch sie rührte sich nicht.

»Komm und setz dich zu mir, meine Liebe«, sagte Zeldt mit säuselnder Stimme und tätschelte den Platz neben sich. »Erzähl mir, was du in letzter Zeit so getrieben hast. Unser letztes Treffen liegt Jahrhunderte zurück.«

Als Topaz sich immer noch nicht bewegte, wurde sie von zwei Soldaten in die Kutsche gehoben. Sie saß neben Zeldt, würdigte ihn jedoch keines Blickes. Mina musterte Topaz mit einem gehässigen Lächeln.

Dann verließ auch die Kutsche des Prinzen den Schlosshof und fuhr zu dem verborgenen Hafen, in dem die Lindwurm, Zeldts Kriegsschiff, mit blutroten Segeln zum Auslaufen bereitlag.

26

SCHLANGEN UND TREPPEN

Alles klar bei euch?«, hallte Nathans Stimme durch die stockfinstere Kammer.

Charlie grunzte nur, und Paolo erwiderte: »Man hat mich in ein steinernes Verlies geworfen, ohne Essen oder Wasser, und ich werde wahrscheinlich bald sterben … Es ging mir noch nie besser.«

»Das ist die Einstellung, die wir brauchen!«, rief Nathan und ignorierte den Sarkasmus in Paolos Stimme. »Und du, Jake? Bei dir auch alles in Ordnung?«

Es kam keine Antwort.

»Jake? Hörst du mich?«

Natürlich hatte Jake Nathan gehört (in der Enge der Kammer war es ganz und gar unmöglich, ihn nicht zu hören), aber er war mit den Gedanken woanders. Und ihm war nicht nach Reden zumute. Nichts war für Jake in Ordnung. Seit Zeldts Bemerkung, er würde allzu bald erfahren, wo seine Eltern waren, und er sollte sich besser gut darauf vorbereiten, tobten die schlimmsten Ängste in seinem Kopf, denn er wusste, dass dies nur eins bedeuten konnte. Und er wollte endlich wissen, welche furchtbare Erkenntnis in diesem verdammten Labyrinth auf ihn wartete. Und gleichzeitig wünschte er, er würde es nie erfahren. Außerdem war Topaz gerade entführt worden. Die Tatsache, dass er sie nur ein paar Tage gekannt hatte – dass er keine Gelegenheit gehabt hatte, seine Gefühle für sie auch nur halbwegs zu verstehen, geschweige denn sie zu erklären –, spielte dabei keine Rolle. Jake spürte eine tiefe Verbundenheit mit ihr, als wäre sie ein Teil von ihm. Er sehnte sich beinahe ebenso sehr nach ihr, wie danach, endlich die Wahrheit über das Schicksal seiner Familie zu erfahren.

»Falls du dir Sorgen machst über das, was Zeldt gesagt hat …«, sagte Nathan, als hätte er seine Gedanken gelesen, »… nun, ich denke, wir sollten in dieser Sache keine voreiligen Schlüsse ziehen.« In Wahrheit fürchtete Nathan, nachdem er im Kerker das Marks-and-Spencer-Etikett gefunden hatte, selbst das Schlimmste, aber er sah es als seine heilige Pflicht an, die Moral hochzuhalten.

»Er hat recht«, bestätigte Charlie. »Hat keinen Sinn, sich Sorgen zu machen, bevor wir handfeste Beweise haben.«