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Sobald die Hauptlampen angeschaltet wurden, setzte in der Farmglocke das Hin und Her des Checkup ein; wüster Lärm und hektische Betriebsamkeit herrschten. Reihenweise wurden Sandbuggys herausgeschafft und jeder Farmboy kümmerte sich um sein Fahrzeug.
Makian befand sich mal hier mal da, hielt sich aber nie zu lange an einer Stelle auf. Hennes teilte mit seiner tonlosen, durchdringenden Stimme die Gruppen ein, und legte die Fahrtwege durch die weitläufige Farm fest. Als er an David vorbeiging, blieb er stehen.
»Williams«, sagte er, »hast du immer noch vor, beim Checkup mitzumachen?«
»Das werde ich mir nicht entgehen lassen.«
»In Ordnung. Da du keinen eigenen Buggy hast, teile ich dir einen aus dem allgemeinen Fuhrpark zu. Von da ab wird es deine Aufgabe sein, ihn zu warten und in fahrbereitem Zustand zu halten. Jede Reparatur oder Beschädigung, die wir als vermeidbar ansehen, wird dir vom Lohn abgehalten. Verstanden?«
»Ist schon recht.«
»Ich teile dich Griswolds Gruppe zu. Ich weiß, daß ihr beide nicht miteinander auskommt, aber da draußen ist er unser bester Mann, und du bist ein Erdbubi ohne Erfahrung. Mir wäre es nicht recht, dich einem weniger guten aufzuhalsen. Kannst du einen Sandbuggy fahren?«
»Ich glaube, mit etwas Übung werde ich mit jedem fahrbaren Untersatz fertig.«
»So, wirst du das? Wir werden dir Gelegenheit geben, das zu beweisen.« Er stand im Begriff fortzugehen, als sein Blick hängenblieb. »Und was glaubst du, wohin du gehst?« bellte er. Bigman hatte gerade den Versammlungsraum betreten. Er trug neue Kleider, und seine Stiefel blitzten wie Spiegel. Die Haare waren straff gekämmt, und sein Gesicht sah blankgescheuert aus. »Zum Checkup, Hennes. Mister Hennes«, er zog die Worte lang. »Ich stehe nicht unter Arrest und werde immer noch als ordentlicher Farmboy bezahlt, obwohl Sie mich in die Küche abkommandiert haben. Das heißt, ich darf beim Checkup mitmachen. Das bedeutet ebenfalls, daß ich ein Recht auf meinen alten Wagen und meine alte Gruppe habe.«
Hennes zuckte die Achseln. »Du steckst die Nase oft in die Vorschriften, und es steht da so drin, schätze ich. Aber noch eine Woche, Bigman, eine Woche. Wenn du deine Nase danach noch irgendwo auf Makians Gebiet zeigst, sorge ich dafür, daß ein richtiger Mann auf dir rumtrampelt und dich zu Mus verarbeitet.«
Hinter Hennes' Rücken vollführte Bigman eine Drohgebärde. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf David. »Schon mal ein Nasenstück benutzt?«
»Richtig noch nicht. Ich habe natürlich davon gehört.«
»Davon gehört haben ist nicht dasselbe wie benutzen. Paß auf, ich zeige dir, wie man es macht. Nein, nein, nimm deine Daumen da raus. Sieh her, wie ich die Hände halte, so ist es richtig. Jetzt über den Kopf damit und sorg dafür, daß die Riemen im Nacken nicht verdreht sind, sonst bekommst du hinterher Kopfschmerzen. Kannst du durchgucken?«
Der obere Teil von Davids Gesicht hatte sich in eine plastikumschlossene Monstrosität verwandelt, und der Doppelschlauch, der von beiden Seiten von den Sauerstoffzylindern an seinem Kinn vorbeiführte, verringerte weiter jede Ähnlichkeit mit einem menschlichen Wesen.
»Hast du beim Atmen Schwierigkeiten?« erkundigte sich Bigman.
David rang nach Luft. Er riß sich das Nasenstück herunter. »Wie schaltet man das ein? Es ist kein Ventil da.«
Bigman lachte. »Das ist die Revanche für den Schreck, den du mir gestern nacht eingejagt hast. Man braucht kein Ventil. Sobald die Wärme und der Druck deines Gesichtes einen Kontakt auslösen, speisen die Zylinder automatisch Sauerstoff ein, und sie stellen sich automatisch wieder ab, sobald du das Nasenstück abnimmst.«
»Dann stimmt damit etwas nicht. Ich.«
»Ist alles in Ordnung. Um der Marsatmosphäre zu entsprechen, gibt es den Druck bei einem Fünftel des Normaldrucks ab. Wenn man gegen die normale Erdatmosphäre ankämpfen muß, kann man hier nichts einatmen. Da draußen in der Wüste geht es ganz leicht. Und die Sauerstoffmenge reicht auch, obwohl nur ein Fünftel des Drucks vorhanden ist. Du atmest ihn nämlich in reiner Form, bekommst also genausoviel wie gewohnt. Denk an eins: durch die Nase einatmen, aber durch den Mund ausatmen. Wenn man durch die Nase ausatmet, beschlägt die Sichtscheibe, und das wäre nicht gut.«
Er stolzierte um Davids großen aufrechten Körper herum und schüttelte dabei den Kopf. »Weiß nicht, was ich zu deinen Stiefeln sagen soll. Schwarz-weiß! Du siehst aus wie ein Müllkutscher oder so.« Mit mehr als nur einem Anflug von Selbstgefälligkeit schaute er auf seine eigenen chartreuse und zinnoberroten Kreationen hinab.
»Ich komme zurecht, du gehst besser zu deinem Wagen. Es hat ganz den Anschein, als ob es gleich losgeht«, sagte David.
»Du hast recht. Also bleib locker. Paß auf den Gravitationswechsel auf. Er ist schwer auszuhalten, wenn man ihn nicht gewohnt ist. Und Erdbewohner.«
»Was?«
»Halt die Augen offen. Du weißt, was ich meine.«
»Danke, werde ich.«
Die Sandbuggys stellten sich in Neunerkarrees auf. Insgesamt waren es mehr als hundert. Und bei jedem ließ ein Farmboy einen kritischen Blick über Reifen und Kontrollinstrumente schweifen. An jedem Fahrzeug waren handgemalte Aufschriften, die lustig sein sollten. Der für David aus der Garage geschobene Wagen war mit den Zeichen von einem halben Dutzend der Vorbesitzer übersät, es fing mit »Mädchen aufgepaßt« rings um den geschoßförmigen Bug des Wagens an und hörte mit »das ist kein Stauborkan, das bin ich«, auf der hinteren Stoßstange auf.
David kletterte hinein und machte die Tür zu. Sie schloß dicht ab. Es war nicht einmal eine Fuge zu erkennen. Direkt über seinem Kopf befand sich ein mit zwei Filtern versehener Entlüftungsstutzen, der den Druckausgleich zwischen draußen und drinnen ermöglichte. Das Glas war nicht ganz klar. Es wies einen Nebelhauch auf, der von Dutzenden von Stauborkanen zeugte, in die der Wagen geraten war und überstanden hatte. Die Bedienungsmechanik kam David vertraut vor. Größtenteils handelte es sich um Standardinstrumente, wie sie bei Bodenfahrzeugen üblich waren. Die wenigen ungewohnten Knöpfe erklärten ihre Bedienung gleichsam von selbst.
Griswold kam vorbei und gestikulierte wütend in seine Richtung. Er öffnete die Tür.
»Klapp deine Windschutzscheibe runter, du Pfeife. Wir fahren nicht in einen Orkan!« brüllte er.
David suchte nach dem richtigen Knopf und fand ihn an der Lenkseite. Die Frontscheibe, die aussah, als sei sie an das Metall angeschweißt, teilte sich in zwei Hälften und versank in der Halterung. Die Sichtverhältnisse verbesserten sich. Natürlich, dachte er. Die Marsatmosphäre würde schwerlich genug Wind entfachen, um sie zu beeinträchtigen. Und jetzt war Sommer auf dem Mars. Kalt würde es nicht sein.
Eine Stimme rief: »Hallo, Erdbewohner!« Er sah hoch. Bigman winkte ihm zu. Er war ebenfalls in Griswolds Neunergruppe. David winkte zurück. Ein Kuppelabschnitt hob sich. Neun Wagen rumpelten unbeholfen hinein. Der Abschnitt schloß sich hinter ihnen. Minuten vergingen, dann öffnete er sich wieder, war leer, und die nächsten neun bewegten sich hinein. Direkt neben Davids Ohr klang urplötzlich und laut Griswolds Stimme. David drehte den Kopf und bemerkte einen kleinen Empfänger am Wagendach dicht hinter seinem Kopf. Die kleine grillartige Öffnung am oberen Ende der Längsseite war das Sprechmikrofon.
»Gruppe acht, fertig?«
Die Stimmen erklangen eine nach der anderen: »Nummer eins, fertig.« »Nummer zwei, fertig.« »Nummer drei, fertig.« Nach Nummer sechs entstand eine kurze Pause. Die dauerte nur wenige Sekunden. Dann rief David: »Nummer sieben, fertig.« Dann kam »Nummer acht, fertig.« Bigmans dünnes Stimmchen ertönte als letzte. »Nummer neun, fertig.« Der Kuppelabschnitt hob sich erneut, und die Wagen vor David setzten sich in Bewegung. David trat langsam auf den Resistor, Elektrizität strömte in den Motor als er die Zündung einschaltete. Sein Sandbuggy machte einen Satz nach vorn und krachte beinahe ins Heck des vorausfahrenden Buggys. Er ließ den Resistor mit einem Ruck kommen und fühlte, wie der Wagen unter ihm erzitterte. Er rollte sanft weiter. Die Schleuse umgab sie wie ein kleiner Tunnel und schloß sich wieder.
Er hörte das Zischen der Luft, die aus der Schleuse in die eigentliche Kuppel gepumpt wurde. Er fühlte wie sein Herz zu hämmern begann, aber seine Hände lagen ruhig auf dem Lenkrad.
Seine Kleidung bauschte sich auf, und die Luft entwich fauchend an der Linie, wo die Stiefel sich an die Schenkel schmiegten. Ein Kribbeln machte sich an Händen und Kinn bemerkbar. Er kam sich wie aufgebläht, aufgequollen vor. Wiederholt mußte er schlucken, um den wachsenden Schmerz in den Ohren zu mildern. Nach fünf Minuten bemerkte er, wie er im Bemühen, genug Sauerstoff zu bekommen, zu keuchen begann.
Die anderen stülpten sich die Nasenstücke über.
Er machte das gleiche, und diesmal strich der Sauerstoff leicht durch die Nasenlöcher. Er atmete tief durch und ließ die Luft aus dem Mund entweichen. Seine Arme und Füße kribbelten noch, aber das Gefühl begann zu verschwinden.
Und nun öffnete sich der Abschnitt vor ihm, und die platten, rötlichen Marsdünen glitzerten im schwachen Licht der Sonne. Als sich der Abschnitt hob, drang ein einstimmiger Schrei aus den Kehlen von 8 Farmboys.
»Sand voraus!« Die vordersten Wagen rollten an. Das war der traditionelle Schlachtruf der Farmboys, in der dünnen Marsluft klang er fast wie ein feiner Sopranchor.
David ließ den Resistor einrasten und kroch über die Linie, die die Grenze zwischen Kuppelmetall und Marsboden darstellte.
Und dann traf es ihn mit Wucht!
Der plötzliche Schwerkraftwechsel kam ihm wie ein rasanter Fall aus 300 Meter Höhe vor. 120 seiner 180 Pfund verschwanden, als er die Linie überquerte, und sie verließen ihn durch die Magengrube. Er umklammerte das Lenkrad, während die Illusion von fallen, fallen, fallen, anhielt. Der Sandbuggy tanzte wild hin und her.
Der Klang von Griswolds Stimme verlor ihre Heiserkeit selbst in der unpassenden Dumpfheit, die ihr durch die dünne Luft aufgezwungen wurde, nicht. Unter diesen Bedingungen wurden Schallwellen nur schlecht geleitet. »Nummer sieben! Zurück in die Linie!«
David kämpfte mit der Lenkung, kämpfte mit seinen eigenen Halluzinationen, er kämpfte darum, klar sehen zu können. Er saugte Sauerstoff durch sein Nasenstück, und langsam ging das Schlimmste vorüber.
Er konnte sehen, wie Bigman ängstlich in seine Richtung schaute. Er nahm kurz seine Hand vom Lenkrad, um zu winken, dann konzentrierte er sich auf die Straße vor sich.
Die Marswüste war fast völlig flach und leer. Nicht einmal ein Busch war zu sehen. Dieses Gebiet war seit wer weiß wie vielen tausend oder millionen Jahren tot und verlassen. Ihn überkam der Gedanke, er könne sich vielleicht irren. Vielleicht war der Wüstensand mit blaugrünen Mikroorganismen überzogen gewesen, bis die Menschen gekommen waren und sie abgeflammt hatten, um für ihre Farmen Raum zu schaffen.
Die Wagen vorne zogen dünne Staubfahnen hinter sich her, die langsam hochstiegen, wie in einem Film, der in Zeitlupe ablief. Genauso langsam legte sich der Staub wieder.
Davids Wagen hing weit zurück Er erhöhte seine Geschwindigkeit und bemerkte, daß etwas falsch lief. Die anderen vor ihm klebten am Boden, er selbst aber hüpfte wie ein Feldkaninchen. Bei jedem noch so unbedeutenden Geländefehler, bei jedem vorstehenden Steingrat hob sein Wagen ab. Er trieb träge um Zentimeter hoch, und die Räder sangen schrill ohne Widerstand. Er setzte sanft wieder auf, und wenn die rasenden Räder Widerstand fanden, schoß er mit einem Ruck nach vorne.
Dieser Umstand kostete ihn Boden, und wenn er mehr Gas gab, um aufzuholen, verschlimmerten sich die Bocksprünge.
Daran war natürlich die niedrige Gravitation schuld, aber den anderen gelang es, das auszugleichen. Er fragte sich, wie sie es anstellten. Es wurde kalt. Selbst während des Marssommers, so schätzte er, lag die Temperatur kaum über dem Gefrierpunkt. Er konnte direkt in die Sonne am Himmel schauen; eine zwergenhafte Sonne, die in einem dunkelroten Himmel hing. Er konnte drei oder vier Sterne erkennen. Die Luft war zu dünn, um sie zu verdecken und um das Licht so zu brechen, daß sich das Himmelblau der Erde bildete.
Wieder erscholl Griswolds Stimme: »Wagen eins, vier und sieben nach links. Wagen zwei, fünf und acht geradeaus. Wagen drei, sechs und neun nach rechts. Die Wagen zwei und drei übernehmen die Führung ihrer Gruppe.«
Griswolds Wagen, die Nummer eins, begann nach links abzubiegen, und David, dem Fahrzeug mit den Augen folgend, bemerkte die dunkle Linie am Rand des Horizontes. Nummer vier folgte Nummer eins, und David drehte das Rad scharf nach links.
Was folgte, kam für ihn überraschend. Sein Wagen fing blitzartig an zu schleudern, wobei ihm kaum Zeit blieb, sich dessen bewußt zu werden. Er riß verzweifelt am Lenkrad und drehte es in die entgegengesetzte Richtung. Er schaltete den Strom aus und fühlte, wie die Räder über den Boden rutschten, während der Wagen weitertaumelte. Vor ihm drehte sich die Wüste, so daß er nur noch ihre rostrote Farbe sah.
Dann hörte er im Empfänger Bigmans dünnen Schrei: »Tritt auf den Notraster. Er liegt rechts von den Resistoren.«
David suchte verzweifelt nach dem Notraster, was immer das sein mochte, aber seine schmerzenden Füße fanden nichts. Die dunkle Linie am Horizont erschien vor ihm und verschwand wieder. Sie war jetzt viel schärfer und breiter. Selbst in diesem blitzartigen Augenblick wurde ihre Beschaffenheit erschreckend deutlich. Es war einer der langen, schnurgeraden Marskanäle. Wie die viel zahlreicheren auf dem Erdmond, gab es hier Risse auf der Planetenoberfläche, die sich gebildet hatten, als die Welt im Laufe der Jahrmillionen austrocknete. Sie waren bis zu dreißig Meter breit, und keine Menschenseele wußte, wie tief sie hinabreichten.
»Es ist ein dicker rosa Knopf«, schrie Bigman. »Tritt einfach überall drauf.«
David tat wie ihm geheißen, und da war ein plötzliches leichtes Nachgeben unter seinen Zehen. Die rasche Bewegung seines Sandbuggys verwandelte sich in ein protestierendes Schleifen, das an ihm zerrte. Der Staub kam wolkenweise hoch, drückte ihm die Luft ab und vernebelte alles.
Er kauerte über dem Lenkrad und wartete. Der Wagen verlor eindeutig an Geschwindigkeit. Und schließlich kam er zum Stillstand.
Er lehnte sich zurück und atmete einen Augenblick lang ruhig durch. Dann legte er das Nasenstück ab, putzte die Innenseite, während die kalte Luft derweil in Nase und Augen biß und setzte es wieder auf. Seine Kleidung war vom Staub rötlichgrau und sein Kinn verkrustet. Er konnte den trockenen Geschmack auf den Lippen spüren, und das Innere des Wagens war vollkommen verschmutzt.
Die beiden Wagen seiner Abteilung hatten neben ihm angehalten. Griswold entstieg dem einen, das Nasenstück ließ sein stoppliges Gesicht abgrundtief häßlich erscheinen. David wurde die Vorliebe der Farmboys für Stoppeln und Bärte plötzlich klar. Sie dienten als Schutz gegen den dünnen kalten Marswind.
Griswold fauchte, wobei gelbe unregelmäßige Zähne sichtbar wurden. Er sagte: »Erdbewohner, die Reparaturkosten für den Wagen werden dir vom Gehalt abgezogen. Du hast gehört, was Hennes gesagt hat.«
David öffnete die Tür und kletterte heraus. Von draußen bot der Wagen einen noch zerstörteren Anblick, falls es überhaupt möglich war. Die Reifen hingen in Fetzen, und die riesigen Zähne, die offensichtlich die »Notraster« waren, ragten heraus.
»Keinen Pfennig zieht ihr mir ab, Griswold. Mit dem Wagen hat etwas nicht gestimmt«, erwiderte David mit Bestimmtheit.
»Stimmt genau. Es war der Fahrer. Ein dummer, transusiger Fahrer, das hat an dem Wagen nicht gestimmt.«
Ein weiterer Wagen quietschte heran, und Griswold schaute sich danach um.
Seine Bartstoppeln schienen sich aufzurichten. »Verzieh dich bloß, du Wanze. Los, an die Arbeit.« Bigman sprang aus seinem Wagen. »Nicht, bevor ich mir die Kiste von dem Erdbewohner angesehen habe.«
Auf dem Mars wog Bigman weniger als 40 Pfund, und mit einem einzigen langen flachen Sprung stand er neben David. Er bückte sich kurz und straffte sich wieder. »Wo sind die Anpreßstangen, Griswold«, fragte er.
»Was sind Anpreßstangen, Bigman?«, erkundigte sich David.
Die Worte sprudelten nur so aus dem kleinen Burschen hervor: »Wenn man diese Sandbuggys unter niedriger Gravitation fährt, werden dreißig Zentimeter dicke Träger auf jede Achse geflanscht. Bei hoher Gravitation nimmt man sie ab. Tut mir leid, Junge, aber ich habe nicht im Traum daran gedacht, es könnte das sein, was.«
David unterbrach ihn. Er bleckte die Zähne. Das würde erklären, warum sein Wagen bei jeder Unebenheit abgehoben hatte, während die anderen am Boden geklebt hatten. Er wandte sich Griswold zu. »Hast du gewußt, daß die nicht montiert waren?«
Griswold fluchte. »Jeder ist für seinen eigenen Wagen verantwortlich. Wenn du nicht gemerkt hast, daß sie fehlen, ist das deine eigene Nachlässigkeit.«
Inzwischen waren alle Wagen erschienen. Um die drei hatte sich ein Kreis von bärtigen Männern gebildet. Sie waren still, aufmerksam und griffen nicht ein. Bigman wütete: »Du großer Quarzklotz, der Mann ist noch naß hinter den Ohren. Man kann nicht erwarten, daß.«
»Ruhig, Bigman«, fuhr David dazwischen. »Das ist meine Sache. Ich frage dich noch mal, Griswold, hast du vorher davon gewußt?«
»Und ich habe dir gesagt, Erdie, in der Wüste muß jeder auf sich selbst aufpassen. Ich werde nicht deine Amme spielen.«
»Geht in Ordnung. Wenn das so ist, dann werde ich jetzt auf mich selbst aufpassen.«
David sah sich im Kreis um. Sie standen fast am Ende des Kanals. Drei Meter weiter, und er wäre ein toter Mann gewesen. »Allerdings wirst du jetzt auch auf dich selber aufpassen müssen, weil nämlich ich deinen Wagen nehmen werde. Du kannst meinen zur Kuppel zurückfahren oder meinetwegen auch hierbleiben.«
»Beim Mars!« Griswolds Hand zuckte an seine Hüfte. Ein plötzlicher kehliger Aufschrei kam aus dem Kreis der Umstehenden.
»Fairer Kampf, fairer Kampf!«
Die Gesetze der Marswüste waren rauh, aber bei einer Übervorteilung wurde die Grenze gezogen. Das galt als abgemacht und wurde durchgesetzt. Nur durch solche stillschweigenden Vorsichtsmaßregeln konnte ein Mann vor einem Kraftdolchstich in den Rücken oder einen Blasterschuß in den Bauch geschützt werden.
Griswold starrte in die harten Gesichter rings um ihn. »Wir tragen das in der Kuppel aus. An die Arbeit, Leute«, sagte er.
»Ich treff dich in der Kuppel, wenn du willst«, sagte David. »Inzwischen tritt mal zur Seite.«
Er ging ohne Hast weiter, und Griswold trat einen Schritt zurück »Du dummer Anfänger. Mit Nasenstücken auf dem Kopf können wir uns nicht schlagen. Hast du außer Stroh sonst noch was in deinem Kopf?«
»Dann nimm doch dein Nasenstück ab«, sagte David, »ich tue es auch. Halt mich in einem fairen Kampf auf, wenn du kannst.«
»Fairer Kampf!« kam es zustimmend von der Menge, und Bigman schrie: »Tu es oder laß es bleiben, Griswold.« Er sprang vor und riß dabei Griswold den Blaster von der Hüfte.
David legte die Hand an sein Nasenstück. »Fertig?«
»Ich zähle bis drei«, rief Bigman.
Die Männer schrien verwirrt durcheinander. Nun warteten sie gespannt auf die Dinge, die da kommen sollten. Griswold schaute wild um sich.
Bigman fing an zu zählen: »Eins.«
Bei »drei« zog David sein Nasenstück ruhig ab und warf es einschließlich der daran befestigten Zylinder beiseite. Er stand ungeschützt da und hielt die Luft in der nicht zu atmenden Marsatmosphäre an.
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