124896.fb2 Menschen f?r den Mars - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 4

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Aherne kam nicht dazu zu antworten. Plötzlich war das Poltern vieler Schritte zu hören, in das sich laute, gefährliche Rufe mischten. Dann wurde die Tür aufgestoßen, und Sully Roberts, der eine Sauerstoffmaske aus Plastik trug, stürmte herein, gefolgt von einem halben Dutzend seiner Männer.

»Dafür werden Sie büßen, Echavarra!« stieß Roberts wütend hervor. Seine Männer formierten sich im Kreis um Aherne. Im Hintergrund erkannte Aherne zwei oder drei verblüffte Peruaner, die sich auf die Zehenspitzen hoben, um in den Raum blicken zu können.

»Was meinen Sie, Mr. Roberts?«

»Ich meine, daß Sie diesen Mann entführt haben!« Roberts wandte sich besorgt Aherne zu. »Hat man Sie einem körperlichen Zwang unterworfen?«

Aherne schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin…«

»Hier scheint ein Mißverständnis vorzuliegen«, sagte Echavarra ruhig. »Mr. Aherne wurde nicht entführt. Er kam am frühen Morgen aus freien Stücken her, um unsere Kolonie zu inspizieren. Ist es nicht so, Mr. Aherne?«

Der UN-Mann sah, wie sich die Mienen der Männer um Carter spannten. Sie waren besorgt. War es Echavarra gelungen, ihn auf seine Seite zu ziehen? Aherne beschloß, im Augenblick keine Stellung zu beziehen.

»Ich kann nicht sagen, daß ich entführt wurde«, erklärte er. »Ich bin tatsächlich freiwillig hierhergekommen.«

»Da hören Sie es«, sagte Echavarra.

In Roberts’ Miene spiegelten sich Angst und Besorgnis. »Aber…«

»Ich möchte Ihnen versichern, daß Mr. Aherne keinem körperlichen Zwang unterworfen wurde«, sagte Echavarra. »Wenn Sie uns nun entschuldigen wollen, möchte ich unsere Diskussion beenden und…«

»Wir rechnen damit, daß Mr. Aherne sich nicht dem in unserer Kolonie festgelegten Programm entzieht«, sagte Roberts. »Wir wären sehr enttäuscht, wenn er hier bei Ihnen bliebe.«

»Mr. Roberts hat recht, Señor Echavarra«, sagte Aherne. »Im Augenblick bin ich der Carter-Kolonie verpflichtet.«

»Ich hoffe. Sie werden der Angelegenheit, über die wir sprachen, sorgfältige Beachtung schenken, Mr. Aherne.«

»Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen«, versprach Aherne. »Wie die Dinge jetzt stehen, gedenke ich mich auf die Entscheidung der Vollversammlung zu stützen.«

»Das liegt bei Ihnen«, sagte Echavarra und verbeugte sich höflich. »Ich hoffe aber, Sie noch einmal zu sehen, bevor Sie den Mars verlassen. Vielleicht sind Sie dann anderen Sinnes geworden.«

»Vielleicht«, sagte Aherne. Er wandte sich an Roberts. »Ich denke, es ist Zeit zurückzugehen.«

Als sie in der dünnen Luft der peruanischen Kolonie den Weg zur Luftschleuse nahmen, ließ Roberts erkennen, wie tief seine Besorgnis gewesen war.

»Wir waren sehr in Unruhe, Mr. Aherne. Sobald wir erfuhren, daß Sie die Kolonie in Begleitung eines dieser kleinen Indianer verlassen hatten, machten wir uns auf den Weg.«

»Was befürchteten Sie?« fragte Aherne, als sie die Luftschleuse erreichten.

»Da Sie keine Nachricht hinterlassen hatten, nahmen wir an, Sie seien entführt worden. Wir konnten nicht ahnen, daß Sie den Peruanern einen Besuch abstatten würden, ohne uns zu benachrichtigen«, sagte Roberts.

Aherne hörte den stummen Vorwurf heraus. Sie geben mir zu verstehen, daß es keine Art ist, einfach davonzulaufen, dachte er. Oder sie nehmen an, ich sei doch entführt worden und wollte es nur nicht zugeben.

»Echavarra und ich sind alte Bekannte«, sagte er. »Wir hatten oft miteinander zu tun, bis sein Plan der Ablehnung verfiel.«

»Er ist natürlich ein Phantast«, erklärte Roberts schnell. Er half Aherne in die Sandraupe und folgte ihm. »Seine Idee, die menschliche Konstitution den Marsverhältnissen anzupassen, ist doch glatter Unsinn.«

»Ich bin nicht so sicher.«Die düstere Miene, die seine Worte bei Roberts hervorriefen, entging Aherne nicht. Er wußte, daß es nicht fair von ihm war, aus dem verzweifelten Wunsch Roberts’, seine Zustimmung zu finden, Vorteil zu schlagen, aber es bereitete ihm stilles Vergnügen, den andern an der Angel zappeln zu lassen.

Nach langem Schweigen fragte Roberts: »Beabsichtigen Sie, sich für die andere Kolonie einzusetzen?«

Aherne überlegte, welche Antwort er geben sollte. Er sah keinen Anlaß, daß Roberts sich um eine Entscheidung sorgte, die er, Aherne, längst gefällt hatte.

»Nein«, sagte er. »Natürlich nicht. Die UN haben bereits die Unterstützung der Carter-Kolonie beschlossen. Ich sehe keinen Anlaß, das Thema Echavarra noch einmal zur Sprache zu bringen.«

* * *

Besorgte Mienen grüßten ihn, als er die Luftschleuse der UN-Kuppel durchquerte und die Kolonie wieder betrat. Die restlichen Komiteemitglieder und eine Handvoll aufgeregter Kolonisten stürmten auf ihn zu. Bevor Dr. Raymond Carter zu Worte kam, schaltete Roberts sich ein und erklärte, wo Aherne geblieben war.

»Besuch bei Echavarra?« sagte Carter. »Bei diesem Phantasten? Hatte er interessante Nachrichten für Sie? Das letzte, was ich von ihm hörte, war, daß er seine Indianer für ein Leben auf dem Jupiter vorbereitet — oder war es die Photosphäre der Sonne?«

Aherne lächelte über die Übertreibung, enthielt sich aber einer Äußerung dazu. »Es tut mir leid, daß ich Sie warten ließ«, sagte er. »Ich hielt es für gerechtfertigt, die peruanische Kolonie ebenfalls kennenzulernen. Schon um die beiden Kolonien miteinander vergleichen zu können.«

Carter musterte ihn unbehaglich. »Ich hoffe, daß Echavarra Ihnen keinen Sand in die Augen streute.«

»Nein«, sagte Aherne. »Bis jetzt sehe ich jedenfalls keinen Grund, mich von der Entscheidung der Vollversammlung zu distanzieren.«Er sah, wie Carter erleichtert aufatmete und fügte schnell hinzu: »Natürlich will ich zuvor Ihre Kolonie im einzelnen besichtigen, um festzustellen, welche Fortschritte Sie erzielt haben und wie Ihre Zukunftsaussichten zu bewerten sind.«

»Gewiß«, nickte Carter. »Wenn Sie es wünschen, können Sie mit der Besichtigung sofort beginnen. Miß Greer wird sich glücklich schätzen, Sie auf allen Wegen zu begleiten.«

Carter schien fast übermäßig dankbar, daß Aherne nicht zu dem peruanischen Genetiker übergegangen war. Während Aherne das Herz der Kolonie in Begleitung der schönen Miß Greer besichtigte, wünschte er, offener zu den Kolonisten sein zu können, ihnen seine Anerkennung auszusprechen und die Hoffnung, daß seine Empfehlung das Weiterbestehen der Kolonie garantierte.

Aber er mußte sichergehen. Es war gefährlich, sich Gefühlsregungen hinzugeben, die seine Urteilskraft schwächen konnten. Seine Entscheidung mußte kühl und vernunftmäßig erfolgen. Noch waren die Würfel nicht gefallen.

* * *

Miß Greer war groß, schlank und hübsch. In ihrem Eifer schien sie geneigt, Aherne in jeder Beziehung entgegenzukommen. Er fragte sich im stillen, wieweit dieses Entgegenkommen wohl gehen würde.

»Sie sind unverheiratet?« fragte er, weil es ihm unwahrscheinlich schien, daß ein so attraktives Mädchen keinen Mann gefunden hatte.

Sie senkte den Blick. »Mein Mann ist tot«, sagte sie. »Ich führe wieder meinen Mädchennamen, wie es hier üblich ist.«

»Oh, es tut mir leid, das zu hören.«Sie bogen in die lange Reihe niedriger Häuser zwischen der Luftschleuse und der Schule ein. Die Schule war ihr erstes Ziel.

»Er wurde während des Baues der Kuppel getötet«, fuhr Miß Greer fort. »Es gab insgesamt elf Todesfälle. Ich bin seinetwegen hierhergekommen; jetzt bleibe ich, weil hier eine Arbeit auf mich wartet.«

Aherne murmelte etwas Unverständliches; er wollte auf dem Gebiet der Tatsachen bleiben, sich nicht in Gefühlsregungen verlieren. »Wie starben die Männer?« fragte er.

»Ein Teil des Baues stürzte ein. Es war der einzige größere Unfall, den wir zu verzeichnen hatten.«

»Und wie steht es mit Krankheitsfällen?«

»Sie sind selten. Meist sind es Kleinigkeiten. Bevor wir die Luftschleuse mit einem Posten besetzten, kam es vor, daß Kinder beim Spielen hinausliefen. Heute kann das nicht mehr passieren. Dann hatten wir im vergangenen Jahr eine ziemlich verbreitete Fleischvergiftung. Es gab keine Todesfälle, aber wir waren lange ziemlich krank. Unser größtes Problem ist die Schwerkraftkrankheit.«

»Wieso?«

»Nun, Sie wissen natürlich, daß die Schwerkraft hier nur vierzig Prozent der Erdschwerkraft beträgt, und daß es eine Zeitlang dauert, bis man sich daran gewöhnt hat. Verschiedene Kolonisten klagten über Verdauungsbeschwerden — die Speisen wollten nicht den vorgeschriebenen Weg nehmen. Ein anderes Problem, mit dem wir noch nicht fertig geworden sind, betrifft die Geburten. Die Konstitution der Frauen sträubt sich dagegen, Kinder bei weniger als einem halben g auf die Welt zu bringen. Die Muskulatur schafft es einfach nicht.«

Dies war ein Faktor, den Aherne nicht in seine Überlegungen eingeschlossen hatte. »Aber es werden doch Kinder hier geboren, nicht wahr?«

»O ja.« Miß Greers Miene erhellte sich. »Warten Sie, bis Sie unseren Schulraum gesehen haben! Aber mit jeder Geburt ist ein Risiko verbunden. Wir haben eine kleine g-Kammer gebaut, in der alle Entbindungen erfolgen. Wir müssen alle werdenden Mütter im Auge behalten und für ihre Einlieferung in die Kammer sorgen, sobald die Wehen einsetzen. Gelegentlich gibt es eine Frühgeburt, und es fehlt die Zeit, die Frau in die Kammer zu schicken. Dann entstehen natürlich Komplikationen.«

Aherne nickte. Für ihn war Miß Greer die ideale Führerin. Sie war nicht nur attraktiv, sondern auch eng mit dem Leben in der Kolonie verbunden. Durch sie mochte er Tatsachen erfahren, die er sonst nie herausgefunden hätte.