125732.fb2 Planet der Verbrecher - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 12

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Barrent setzte sich auf. »Was ist passiert?« fragte er.

Doktor Wayn zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen. Vielleicht neigen Sie zu Kurzschlußreaktionen; und manchmal sind die Drogen auch nicht ganz rein. Aber diese Dinge passieren meistens nur einmal. Glauben Sie mir, Bürger Barrent, die Wirkung unserer Drogen ist sonst immer sehr, sehr angenehm. Ich bin sicher, daß Sie es das nächstemal genießen werden.«

Noch unter dem Einfluß des soeben Erlebten war Barrent fest

davon überzeugt, daß es für ihn kein zweitesmal geben würde.

Was immer es ihn auch kosten mochte, er würde es nicht wagen, diesen Alptraum noch einmal heraufzubeschwören.

»Bin ich jetzt süchtig?« fragte er.

»O nein«, antwortete der Doktor. »Die Sucht tritt erst nach dem dritten- oder viertenmal ein.«

Barrent dankte ihm und ging. Er kam an Arkdragens Tisch vorbei und fragte ihn, wieviel er schuldig wäre.

»Nichts«, antwortete Arkdragen. »Der erste Besuch geht immer auf Kosten des Hauses.« Er zeigte Barrent ein wissendes Lächeln.

Barrent verließ den Traumladen und eilte nach Haus. Er hatte eine Menge nachzudenken. Jetzt hatte er zum erstenmal den Beweis dafür, daß er einen vorsätzlichen und wohlüberlegten Mord begangen hatte.

Eines Mordes beschuldigt zu sein, an den man sich nicht erinnern kann, ist eine Sache für sich; sich eines Mordes zu erinnern, wegen dem man verurteilt worden ist, ist etwas völlig anderes. Einen solchen Beweis kann man schwer widerlegen

Barrent bemühte sich, sich über seine Gefühle in dieser Angelegenheit klarzuwerden. Vor seinem Besuch des Traumladens hatte er sich nie als Mörder gefühlt, ganz gleich, welcher Tat ihn auch die Behörden der Erde beschuldigt hatten. Schlimmstenfalls hatte er sich noch eingestanden, daß er vielleicht jemanden in einem Anfall unkontrollierbarer Wut getötet hatte. Aber einen Mord zu planen und ihn kaltblütig zu begehen...

Warum hatte er das getan? War sein Drang nach Rache so stark gewesen, daß er alle Bande, die die Zivilisation ihm auferlegte, abgeworfen hatte! Anscheinend war es so gewesen. Er hatte gemordet, und jemand hatte ihn angezeigt, und dann war er von einem Richter zur Deportation nach Omega verurteilt worden. Er war ein Mörder auf einem Verbrecherplaneten. Um hier erfolgreich zu leben, brauchte er nur seiner natürlichen Neigung zum Mord zu folgen.

Trotzdem fand Barrent dies äußerst schwierig. Er hatte erstaunlich geringen Geschmack am Blutvergießen. Am Tag der freien Bürger ging er zwar mit seiner Nadelstrahlwaffe hinaus auf die Straße, konnte sich aber nicht überwinden, einen Angehörigen der niedrigeren Klassen zu erledigen. Er wollte nicht töten, was ein geradezu lächerliches Vorurteil war, wenn man bedachte, wo und wer er war. Aber so lagen die Dinge nun einmal. Ganz gleich, wie oft Tem Rend oder Joe ihn auch über die Pflichten eines Bürgers aufklärten, Barrent betrachtete Mord doch als eine recht verabscheuungswürdige Tat.

Er suchte einen Psychiater auf, der ihm sagte, daß seine Abneigung gegen Mord in einer unglücklichen Kindheit wurzelte.

Diese krankhafte Angst war noch durch seine Erfahrung in dem Traumladen kompliziert worden. Aus diesem Grund hatte er gegen Mord, das höchste soziale Gut, eine innere Abneigung entwickelt.

Diese Neurose des Antimordens in einem Mann, der außerordentlich gut zum Töten geschaffen war, sagte der Psychiater, würde unvermeidlich zu Barrents Zerstörung führen. Die einzige Lösung wäre, diese Neurose zu beseitigen. Der Psychiater empfahl sofortige Behandlung in einem Sanatorium für verbrecherische Nichtmörder.

Barrent besuchte ein Sanatorium und hörte die wahnsinnigen Insassen über das Gute, über faires Verhalten, über die Heiligkeit des Lebens und über andere Obszönitäten plärren. Er hatte nicht die Absicht, sich ihnen anzuschließen. Vielleicht war er wirklich krank, aber so krank war er noch nicht!

Seine Freunde warnten ihn, daß seine wenig kooperative Einstellung ihn noch in ernstliche Schwierigkeiten bringen

würde.

Barrent mußte ihnen zustimmen; aber er hoffte, daß er auch der Aufmerksamkeit der höchsten Stellen, die die Gesetze schufen, entgehen würde, wenn er nur tötete, wenn es unbedingt erforderlich war.

Einige Wochen lang schien alles gut zu verlaufen. Er ignorierte die in ständig schärferem Ton gehaltenen Mitteilungen des Traumladens und besuchte auch die Messen im Wee Coven nicht mehr. Das Geschäft blühte, und Barrent verbrachte seine Freizeit mit dem Studium der selteneren Gifte und übte fleißig den Gebrauch seiner Nadelstrahlwaffe. Oft mußte er an das Mädchen denken. Er besaß noch immer die Pistole, die sie ihm geliehen hatte. Er fragte sich allmählich, ob er sie je wiedersehen würde.

Und er dachte viel an die Erde. Seit seinem Besuch im Traumladen kamen ihm zuweilen kurze Erinnerungsblitze, unzusammenhängende Bilder von einem verwitterten Steinhaus, eine Gruppe von Eichen, die Biegung eines Flusses, die durch Weidenzweige hindurchschimmerte. Diese verschwommenen Erinnerungsbilder von der Erde erfüllten ihn mit fast unerträglicher Sehnsucht. Wie bei den meisten Bewohnern von Omega bestand sein einziger wirklicher Wunsch darin, nach Hause zurückzukehren.

Und gerade das war unmöglich

Die Tage vergingen, und wenn sich Schwierigkeiten auftaten, dann immer völlig unerwartet. Eines Nachts erklang lautes Pochen an seiner Tür. Vom Schlaf noch ganz benommen, öffnete Barrent. Vier Männer in Uniform stießen die Tür weit auf und erklärten ihn für verhaftet.

»Aus welchem Grund?« fragte Barrent.

»Nichtanpassung an Drogen«, antwortete einer der Männer.

»Sie haben drei Minuten Zeit, sich anzukleiden.«

»Was ist die Strafe dafür?«

»Das werden Sie vor Gericht erfahren«, erklärte der Mann. Er winkte den beiden anderen und fügte hinzu: »Die einzige Art, einen Nichtsüchtigen zu heilen, ist Mord. Was?«

Barrent zog sich an.

Man führte ihn in einen Raum der weitläufigen Justizbehörde. Der Raum trug den Namen Känguruh-Gericht, zu Ehren alter angelsächsischer Rechtsabwicklung. Auf der gegenüberliegenden Seite der Halle befand sich die Sternenkammer. Gleich dahinter war das Gericht zur letzten Berufung.

Der Känguruh-Hof war durch eine hohe Holzwand in zwei Teile geteilt, denn auf Omega durfte der Angeklagte weder seinen Richter noch die Zeugen gegen ihn sehen.

»Der Angeklagte soll sich erheben«, ertönte eine Stimme hinter der Wand. Die Stimme war dünn, gleichmäßig und ausdruckslos und kam aus einem kleinen Lautsprecher. Barrent konnte die Worte kaum verstehen. Ton und Ausdruck waren ausgeschaltet auch das war bewußt geschehen. Selbst in der Sprache sollte der Richter anonym bleiben

»Will Barrent«, sagte der Richter, »Sie sind wegen eines Hauptvergehens, der Nichtanpassung an Rauschdrogen, und eines kleineren Vergehens, der religiösen Vernachlässigung, vor dies Gericht gestellt. Für das kleinere Vergehen haben wir die beschworene Zeugenaussage eines Priesters, für das Hauptvergehen die Zeugenaussage des Traumladens. Können Sie eine der beiden oder beide Anschuldigungen widerlegen?«

Barrent dachte einen Moment nach und sagte dann: »Nein, Sir, das kann ich nicht.«

»Im Moment«, fuhr der Richter fort, »kann Ihnen die Strafe für die religiöse Vernachlässigung erlassen werden, da es die erste Anklage dieser Art ist. Aber die Nichtsucht ist eines der Hauptvergehen gegen den Staat Omega. Die ununterbrochene

Benutzung von Rauschgift ist ein obligatorisches Vorrecht jedes freien Bürgers. Es ist allgemein bekannt, daß Vorrechte ausgenutzt werden müssen, sonst gehen sie verloren. Unsere Privilegien zu verlieren wäre gleichbedeutend mit dem Verlust des Grundsteins unserer Freiheit. Deshalb kommt die Vernachlässigung oder die Nichtinanspruchnahme eines Privilegs hohem Verrat gleich.«

Es entstand eine Pause. Die Wachen scharrten unruhig mit den Füßen. Barrent, der seine Situation als hoffnungslos betrachtete, stand aufrecht da und wartete.

»Drogen dienen vielen Zwecken«, fuhr der unsichtbare Richter erklärend fort. »Ich brauche wohl nicht ihre erstrebenswerten Qualitäten für den Benutzer aufzuzählen. Aber vom Gesichtspunkt des Staates aus betrachtet, will ich hervorheben, daß eine süchtige Bevölkerung eine loyale ist. Außerdem sind Drogen eine Haupteinnahmequelle der Steuern; sie veranschaulichen im Grunde unsere gesamte Lebensart. Hinzu kommt, daß Nichtsüchtige sich ohne Ausnahme als feindlich gegenüber den Institutionen auf Omega gezeigt haben. Ich gebe diese lange Erklärung ab, damit Sie die Strafe, die Ihnen auferlegt wird, besser verstehen können, Will Barrent.«

»Sir«, sagte Barrent, »ich habe falsch gehandelt, als ich die Drogen mied. Ich möchte mich nicht mit Unkenntnis der Lage entschuldigen, denn ich weiß, daß das Gesetz diese Entschuldigung nicht anerkennt. Aber ich bitte Sie ergebenst um eine weitere Chance. Ich bitte Sie zu bedenken, daß für mich noch immer die Möglichkeit besteht, süchtig zu werden und mich zu rehabilitieren.«

»Das Gericht erkennt das an«, antwortete der Richter. »Aus diesem Grund freut es sich, rechtliche Gnade im vollsten Ausmaß walten zu lassen. Anstatt totaler Hinrichtung dürfen Sie zwischen zwei geringeren Strafarten wählen. Die erste besagt, daß Sie wegen Ihres Verbrechens gegen den Staat die rechte Hand und das linke Bein verlieren sollen, aber nicht das Leben.«

Barrent schluckte und fragte: »Und die zweite Art, Sir?«

»Die zweite ist keine Strafe. Sie können sich einer Prüfung der höheren Mächte unterziehen. Und wenn Sie diese Prüfung überleben, werden Sie in der Gesellschaft wieder mit angemessenem Rang und geeigneter Stellung aufgenommen werden.«

»Ich unterziehe mich dieser Prüfung«, sagte Barrent.

»Sehr gut«, antwortete der Richter. »Der Fall läuft also weiter.«

Barrent wurde aus dem Raum geführt. Hinter sich hörte er ein rasch wieder unterdrücktes Lachen eines der Wachtposten. Hatte er falsch gewählt? Konnte eine solche Prüfung schlimmer sein als eine direkte Verstümmelung?

Auf Omega, so erzählte man sich wenigstens, konnte man zwischen ein Gerichtsverfahren und die Ausführung des Urteils nicht einmal die Klinge eines Messers schieben. Barrent wurde sofort in einen großen, runden, mit Steinen ausgemauerten Saal geführt. An der hohen, gebogenen Decke hingen weiße Lampen. Darunter befand sich eine Öffnung in der Wand, die eine Tribüne für Zuschauer enthielt. Die Tribüne war fast voll, als Barrent in den Raum trat. Ausgaben des gerichtlichen Tageskalenders wurden verkauft.

Einen kurzen Augenblick stand Barrent allein auf dem Steinboden. Dann glitt eine Öffnung in der Steinwand zurück, und eine kleine Maschine rollte herein.

Ein Lautsprecher nahe der Zuschauerrampe ertönte: »Meine Damen und Herren, Ihre Aufmerksamkeit, bitte! Sie erleben jetzt den Ausscheidungskampf Ö42-BG223 zwischen Bürger Will Barrent und GME 213. Nehmen Sie Ihre Plätze ein! Der Kampf beginnt in wenigen Minuten.«