125774.fb2 Poker um die Zukunft - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 19

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»Die zwei Tage sind um«, sagte er. »Die Zeitspanne, die sie mir zugebilligt haben. Ich bin ein Mann, der zu seinem Wort steht. Ich werde nicht versuchen, Sie länger hier festzuhalten. Ich weiß, daß Sie mit Lansing weiterziehen wollen, Mary. Wie steht es mit Ihnen beiden?« wandte er sich an Sandra und Jürgens. »Ich glaube, wir sollten uns Mary und Lansing anschließen«, antwortete Sandra. »Ich jedenfalls habe das vor. Die Stadt macht mir Angst.«

»Und was sagen Sie dazu?« fragte er Jürgens.

»Bei allem gehörigen Respekt«, sagte der Roboter »sehe ich keinen Sinn darin, hier länger zu verweilen.« »Was mich betrifft, so werde ich noch etwas bleiben«, entschied der General. »Später werde ich vielleicht zu Ihnen stoßen. Aber ich bin sicher, daß sich hier noch etwas verbirgt.« »Herr General«, sagte Lansing, »wir haben es heute nachmittag gefunden. Ich muß Sie aber warnen.«

Mit einem Satz war der General auf den Beinen. Die Flasche flog im hohen Bogen von seinem Schoß. Sie fiel auf den Boden, zerbrach aber nicht, sondern rollte ein Stück, bevor Lansing sie erwischte und aufhob.

»Sie haben es gefunden!« kreischte er. »Was ist es? Nun reden Sie schon.«

»General, setzen Sie sich!« sagte Lansing. Er sprach scharf, als weise er ein ungezogenes Kind zurecht.

Erstaunt über Lansings Ton ließ sich der General folgsam auf dem Schlafsack nieder. Lansing reichte ihm die Flasche. Er nahm sie und plazierte sie wieder auf seinem Schoß. »Und nun wollen wir alles in Ruhe besprechen«, sagte Mary. »Wir sollten uns genau überlegen, was wir tun wollen. Ich hatte Edward vorgeschlagen, unsere Entdeckung geheimzuhalten, aber er erinnerte mich an den Handel, den wir abgeschlossen hatten.«

»Aber warum?« rief der General. »Warum wollten Sie nichts sagen?«

»Weil das, was wir gefunden haben, sich unserem Verständnis entzieht. Wir kennen eine Funktion des Dinges, aber es gibt keine Möglichkeit, sie zu kontrollieren. Das Gerät ist gefährlich, man darf nicht mit ihm herumspielen. Wir dachten, irgendwo müßte ein Kontrollraum sein, haben aber keinen gefunden.« »Sie sind Ingenieurin«, sagte Jürgens. »Das macht Sie in dieser Hinsicht zu dem qualifiziertesten Mitglied der Gruppe. Warum erzählen Sie uns nicht einfach, was Sie gefunden haben?« »Willst du es nicht erzählen, Edward?« fragte sie. »Nein, es ist deine Aufgabe«, sagte Lansing.

Mary erzählte. Gebannt lauschten die anderen ihrem Bericht. Es gab ein paar Zwischenfragen, aber nicht viele. Nachdem sie geendet hatte, folgte eine lange Pause. Schließlich brach Jürgens das Schweigen. »Wenn ich Sie richtig verstehe, dann sind Sie der Überzeugung, daß die Menschen, die hier lebten, einen Vorstoß zu anderen Welten unternommen haben. Zu fernen Planeten, genauer gesagt, und nicht zu Alternativwelten.« »Daß es Alternativwelten gibt, ist ihnen vielleicht gar nicht bewußt gewesen«, sagte Lansing.

»Die Bewohner dieser Welt wollten von hier fort«, sagte Jürgens. »Und Sie meinen, die Apparatur, die Sie gefunden haben, und die Türen gehören zusammen, sind Teil desselben Forschungsprojektes?«

»So sieht es aus«, erwiderte Mary.

Der General meldete sich zu Wort. Er hatte sich so weit gefangen, daß er ruhig sprechen konnte. »Sie beide sind die einzigen, die das Ding gesehen haben. Ich bin der Ansicht, auch die übrigen sollten einen Blick darauf werfen.« »Ich wollte Sie nicht vom Gegenteil überzeugen«, sagte Mary. »Ich meine nur, wir sollten unser Vorgehen sehr genau überlegen. Sowohl Edward als auch ich sind übernommen worden. Einen kurzen Moment lang. Vielleicht war das nur ein Vorgeschmack auf das, was tatsächlich in der Maschine steckt.« »Und Sie haben nach einem Kontrollraum gesucht?« »Bis zum Einbruch der Dunkelheit«, sagte Lansing. »Ich kann mir gut vorstellen, daß der Kontrollraum im gleichen Gebäude untergebracht ist wie der Apparat«, sagte der General. »Daran haben wir natürlich auch gedacht. Aber es gibt dort keinen Raum. Der gesamte Platz wird von der Konstruktion selbst eingenommen. Anschließend haben wir uns überlegt, ob er in einem nahegelegenen Haus.«

»Das muß aber nicht notwendigerweise der Fall sein«, unterbrach Mary, »das ist mir inzwischen klargeworden. Der Kontrollraum kann sich überall in der Stadt befinden, überall auf dieser Welt.«

»Und Sie sagen, der Mechanismus der Maschine sei unverständlich? Sie haben keine Ahnung, wie er funktionieren könnte?«

»An der Apparatur ist kein einziges Teil, das mir bekannt vorkommt«, antwortete Mary. »Ich habe nichts gefunden, das auch nur in entferntester Analogie zu den auf meiner Welt verwendeten Maschinen stünde. Natürlich besteht die Möglichkeit, daß ich bei einer genaueren Untersuchung ein oberflächliches Verständnis der Funktionsweise gewinne. Die Sache ist nur, ich möchte nicht so nah an das Ding herangehen; ich möchte so wenig wie möglich damit zu tun haben. Edward und ich haben nicht die volle Wirkung mitbekommen, da bin ich sicher. Ich wage nicht, mir vorzustellen, was geschehen könnte, wenn man weiter als wir hineingeht.« »Was mich an dieser Stadt am meisten ängstigt, ist ihre Flachheit«, sagte Sandra. »Ich meine Flachheit nicht im wörtlichen Sinne, sondern die kulturelle Plattheit, die dieser Ort repräsentiert. Hier offenbart sich eine geistige Armut, die geradezu unvorstellbar ist. Es gibt keine Kirchen oder andere Kultstätten, keine Bibliotheken, Kunstgalerien oder Tonhallen. Es kommt mir unfaßlich vor, daß jemals ein Volk gelebt haben kann, so bar jeglicher Sensibilität. Ein Volk, das damit zufrieden war, ein derart plattes, ungeistiges Dasein zu fristen.« »Vielleicht war es ein Volk, das von einer einzigen Idee beherrscht wurde«, schlug Lansing vor, »eine Gemeinschaft, deren Forschen und Streben nur in eine einzige Richtung ging. Das ist für uns natürlich schwer zu verstehen, aber wir wissen nichts über die Antriebskräfte dieser Menschen. Ich könnte mir vorstellen, wenn es ein starkes gemeinsames Motiv gibt.« »Diese Diskussion führt zu nichts«, brummte der General. »Wir werden uns das Ding morgen früh ansehen, oder vielmehr ich werde das tun. Sie wollen ja sicherlich weiterziehen.«

»Wir bleiben bei Ihnen«, sagte Lansing. »So lange jedenfalls, wie Sie für Ihre Inspektion benötigen.«

»Aber ich bitte Sie inständig«, sagte Mary, »seien Sie um Gottes willen vorsichtig!« 20

»Ich bezweifle, daß die Maschine so gefährlich ist, wie Sie sie dargestellt haben«, stellte der General fest. »Vielleicht kann sie einem empfindsamen Menschen etwas anhaben. Aber ein Mann mit stärkeren Nerven, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht.«

»Ich nehme an, Sie sprechen von sich«, sagte Lansing. »Wenn Sie so denken, dann lassen Sie sich nicht abhalten. Spazieren Sie ruhig geradewegs hinein.«

»Sie liegen völlig falsch«, sagte Mary. »Ich bin kein sonderlich gefühlsbetonter Mensch. Edward vielleicht, Sandra mit Sicherheit. Der Pastor war empfindsam.«

»Der Pastor war absolut nicht empfindsam«, widersprach der General. »Ungefestigt und labil allenfalls, aber ansonsten ein Tölpel.«

Mary seufzte resigniert. »Ich will nicht mit Ihnen streiten.« Die fünf standen auf dem Laufsteg, in sicherer Entfernung vor der Apparatur. Die Katzenaugen leuchteten im Dunkel, der monotone Singsang erfüllte den Raum.

Jürgens brach das Schweigen. »Da ich selbst eine halbe Maschine bin, hatte ich erwartet, eine gewisse Beziehung zu dem Gebilde herstellen zu können. Natürlich konnte ich nicht allzuviel erwarten, denn auf meiner Welt gibt es nur die einfachsten Maschinen. Nichts, das dieser Apparatur auch nur im entferntesten ähnelt. Wie gesagt, ich hatte mich auf eine möglicherweise interessante Erfahrung gefreut, aber ich bin zutiefst enttäuscht.« »Fühlen Sie nichts?« fragte Sandra. »Nein, absolut nichts«, sagte Jürgens.

»So, jetzt haben wir die Maschinen also gesehen«, sagte der General. »Und was fangen wir mit ihnen an? Was sollen wir nun unternehmen?«

»Wir haben Ihnen nichts versprochen«, sagte Lansing. »Wir haben nur zugesagt, Sie zu begleiten, wenn Sie sich die Maschine ansehen wollen. Das haben wir getan, mehr werde ich jedenfalls nicht machen.«

»Welchen Nutzen hatte die Entdeckung dann überhaupt?« »Wir haben Ihnen doch schon einmal erklärt, daß wir im Moment keine Möglichkeit haben, das Gerät zu verstehen«, sagte Mary. »Sie haben nach etwas gesucht, hatten aber selbst keine Ahnung, was es sein könnte - also sind wir hinausgezogen und haben es für Sie gefunden. Ich habe Ihnen schon gestern abend gesagt, daß die Stadt uns umbringen wird, einen nach dem anderen. Der Pastor nannte sie die Hölle und ist vor dem Bösen geflohen. Wenn der Pastor recht hatte und sich in dieser Stadt etwas Böses verbirgt, dann könnte die Maschine ein Teil davon sein.« »Das glaube ich nicht, Sie etwa?«

»Nein, ich glaube es auch nicht, weil ich davon überzeugt bin, daß Maschinen an sich nicht böse sein können. Nichtsdestoweniger ist die Stadt ein unangenehmer Ort, und ich werde sie auf der Stelle verlassen. Kommst du mit, Edward?« »Geh du voraus, ich folge.«

»Warten Sie eine Minute«, rief der General. »Sie können mich doch jetzt nicht im Stich lassen, nicht jetzt, wo wir dem Ziel so nahe sind!«

»Welchem Ziel?« fragte Jürgens.

»Dem Ziel unserer Suche. Jetzt werden wir endlich die Antwort auf unsere Fragen finden.«

»Hier finden Sie sie nicht«, erwiderte Jürgens. »Die Maschine kann ein Teil der Antwort sein, aber nicht die ganze. Die Lösung des Rätsels werden Sie hier nicht finden.«

Der General setzte zum Sprechen an, war aber nicht fähig, artikuliert zu reden. Vor Wut und Enttäuschung lief sein Gesicht rot an. Plötzlich straffte er sich und schrie: »Wir werden ja sehen! Ich werde es Ihnen beweisen, Ihnen allen!« Noch während er schrie, sprang er nach vorn und rannte den Laufsteg entlang, genau in die Gasse zwischen den Apparaturen hinein.

Jürgens setzte ihm mit zwei schnellen Schritten nach, hatte aber Schwierigkeiten, mit der Krücke auf dem glatten Metall des Laufstegs Halt zu finden. Mit einem gezielten Tritt stieß Lansing ihm die Krücke unter dem Arm weg. Der Roboter strauchelte.

Der General rannte immer noch, er war schon weit in die Gasse vorgedrungen. Plötzlich begann sein Körper zu funkeln. Für einen Sekundenbruchteil steigerte sich das Funkeln zu strahlendem Glanz, dann war der General verschwunden. Geblendet vom Glanz und vom Schrecken gelähmt, standen die drei Menschen wie erstarrt auf dem Steg. Jürgens zog sich an der Krücke hoch und kam unsicher auf die Beine. »Wahrscheinlich verdanke ich Ihnen mein Leben«, sagte er zu Lansing.

»Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, daß ich Ihnen mit jedem gerade erreichbaren Gegenstand eins überziehen würde, falls Sie noch einen einzigen schmutzigen Trick versuchen sollten«, entgegnete Lansing.

»Ich kann ihn nicht mehr sehen«, sagte Sandra. »Der General ist nicht mehr da.«

Mary leuchtete in die Gasse hinein. »Ich auch nicht«, stellte sie fest. »Wahrscheinlich ist die Taschenlampe zu schwach.« »Ich glaube nicht, daß es an der Taschenlampe liegt«, meinte Jürgens. »Der General ist fort.«

»Aber unsere Körper sind doch dageblieben«, wandte sich Mary an Lansing.

»Wir sind den Steg auch nicht so weit hinuntergegangen wie der General«, sagte Lansing.

»Ja, daran wird es wohl liegen«, sagte sie. »Du glaubtest damals schon, die Maschine könnte auch die Fähigkeit haben, Körper zu transportieren. Ich hielt das für unwahrscheinlich. Offensichtlich habe ich mich geirrt.«

»Nun sind schon zwei gegangen«, seufzte Sandra. »Erst der Pastor, jetzt der General.«

»Vielleicht kommt der General ja wieder zurück«, versuchte Lansing sie zu trösten.

»Irgendwie glaube ich nicht daran«, sagte Mary. »Es wurde soviel Energie freigesetzt, daß er die Übernahme vielleicht nicht überlebt hat.«

»Man könnte auch sagen, er hat sich einen grandiosen Abgang verschafft«, sagte Jürgens. »Nein, nein, ich hätte das nicht sagen sollen. Es tut mir leid, ich habe es nicht so gemeint.«

»Schon gut«, beruhigte ihn Lansing. »Wenn Sie es nicht gesagt hätten, hätte es ein anderer getan.«

»Und nun?« fragte Sandra. »Was sollen wir jetzt tun?«

»Das ist die Frage«, sagte Mary. »Edward, gibt es irgendeinen Hinweis, ob er zurückkehren wird?«

»Einen Hinweis nicht, aber da wir zurückgekommen sind, dachte ich.«

»Bei uns war es anders.«