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Chefarzt Seldal war zugegen, weil er von Anfang an für Hellishomar verantwortlich gewesen war und über mehr medizinische Erfahrung mit dem Patienten verfügte als alle anderen, obwohl damit zu rechnen war, daß sich dies schon sehr bald ändern könnte. Der leitende Diagnostiker der Pathologie, der Tralthaner Thornnastor, und der gleichermaßen angesehene Terrestrier Conway, den man vor kurzem zum leitenden Diagnostiker der Chirurgie ernannt hatte, waren ebenfalls anwesend. Sie wollten nun herausfinden, weshalb Chefpsychologe O'Mara, der als einziger über genügend Einfluß verfügte, um kurzfristig ein Treffen auf derart hoher Ebene anzusetzen, es für erforderlich gehalten hatte, sie alle zusammenzurufen, um über einen Patienten zu sprechen, der sich angeblich schon ein gutes Stück auf dem Weg zu einer vollständigen Genesung befand.
Die Zusammenkunft erinnerte Lioren an die kürzliche Verhandlung vor dem Militärgericht, und auch wenn es sich bei der bevorstehenden Erörterung eher um medizinische als um juristische Fragen drehte, würde es, sobald es zum Kreuzverhör kam, seiner Ansicht nach sehr viel weniger freundlich zugehen. Als erster ergriff Seldal das Wort.
Indem er auf den großen medizinischen Bildschirm deutete, sagte er: „Wie Sie sehen können, ist der Patient mit einer großen Anzahl — beinahe dreihundert — Stichwunden eingeliefert worden, die sich gleichmäßig über den Rücken und die Seiten des Körpers sowie über den vorderen Bereich zwischen den Tentakeln verteilt haben, wo die Haut dünn ist und nur ein Mindestmaß an natürlichem Schutz bietet. Offenbar sind die Einstiche durch eine schnell fliegende, im Boden lebende Insektenart verursacht worden, die in die Wunden Eier gelegt und diese infiziert hat. Für die Behandlung dieses Leidens wurde die nallajimische Operationstechnik als die geeignetste Methode gehalten, und deshalb hat man die Operation mir übertragen. Wegen des ungewöhnlich großen Körpers des Patienten bin ich nur langsam vorangekommen, doch die Prognose ist gut, bis auf einen bedauerlichen Mangel an.“
„Doktor Seldal“, unterbrach ihn Thornnastor, dessen Stimme wie ein ungeduldiges, gedämpftes Nebelhorn klang. „Sie haben den Patienten doch bestimmt gefragt, wie er sich die Wunden zugezogen hat, oder?“
„Sicher, aber darüber hat mir der Patient keine Auskunft gegeben“, antwortete Seldal, wobei das schnelle Zwitschern seiner natürlichen Stimme unter der Übersetzung des Translators seine Verärgerung über die Unterbrechung widerspiegelte. „Ich hatte gerade sagen wollen, daß der Patient nur selten mit mir gesprochen hat und wenn, dann nie über sich selbst oder seinen Zustand.“
„Die Ausbreitung der Einstiche ist zu stark begrenzt, um an einen ziellosen Angriff eines Insektenschwarms denken zu lassen“, meldete sich Diagnostiker Conway erstmalig zu Wort. „Meiner Ansicht nach weisen die Winkel der Einstiche und der Umstand, daß sie auf einen deutlich abgegrenzten Bereich konzentriert sind, auf einen gemeinsamen Ausgangspunkt wie bei einer Explosion hin. Obwohl ich es auch für möglich halte, daß Hellishomar einen Insektenschwarm aufgescheucht hat und die Insekten dann über die Körperteile hergefallen sind, die ihnen am nächsten waren. Nach dem wenigen, was wir von der Spezies wissen, haben es die Groalterri schon immer abgelehnt, mit anderen Lebensformen zu sprechen, deshalb ist die Verschwiegenheit des Patienten vielleicht ärgerlich, aber nicht ungewöhnlich. Wir alle haben in der Vergangenheit schon des öfteren solch unkooperative Patienten behandeln müssen.“
„Während der Behandlung ist Hellishomar durchaus zur Mitarbeit bereit gewesen“, wandte Seldal ein. „Und wenn er etwas gesagt hat, ist er stets höflich und respektvoll gewesen, allerdings ohne ein Wort über sich selbst zu verlieren. Ich hatte geglaubt, sein Krankheitsbild hätte möglicherweise psychologische Hintergründe, und hatte deshalb Oberstabsarzt Lioren gebeten, sich mit dem Patienten zu unterhalten, weil ich gehofft.“
„Das ist doch wohl eine Angelegenheit für den Chefpsychologen“, schnitt ihm Thornnastor voller Ungeduld das Wort ab. „Was haben zwei vielbeschäftigte Diagnostiker hier überhaupt zu suchen?“
„Ich bin nicht zu Rate gezogen worden“, warf O'Mara mit leiser Stimme ein.
Einen Moment lang starrten O'Mara die vier Augen Thornnastors und die beiden von Conway an; dann richteten sich alle sechs auf Lioren. Wahrscheinlich durfte sich der Tarlaner glücklich schätzen, daß er die Gesichtsausdrücke von Tralthanern und Terrestriern nicht lesen konnte.
„. weil ich gehofft hatte, Lioren würde diesen schweigsamen Patienten ebenso erfolgreich zum Reden bringen wie bereits zuvor einen meiner anderen Patienten, den ehemaligen Diagnostiker Mannon“, beendete Seldal den Satz. „Damals bin ich mir nicht sicher gewesen, ob die Sache wichtig genug war, um den Chefpsychologen um Hilfe zu bitten. Doch mittlerweile hält Lioren diese Hilfe für notwendig, und nach Rücksprache mit dem Oberstabsarzt bin ich vollkommen seiner Meinung.“
Seldal machte es sich auf seiner Stange bequem, und Lioren legte zwei seiner mittleren Gliedmaßen auf den Tisch und versuchte, seine Gedanken zu ordnen.
Mit den sechs elefantenartigen Füßen stampfte Thornnastor unruhig auf den Boden, und zwar in einer Weise, die vermutlich auf Ungeduld oder Neugier hinwies.
Conway gab einen unübersetzbaren Laut von sich und sagte: „Oberstabsarzt Lioren, für die Besserung des nichtmedizinischen Zustands, die Sie bei Doktor Mannon herbeigeführt haben, der mein Ausbilder war und mein Freund ist, bin ich Ihnen äußerst dankbar. Aber wie können wir Ihnen bei dem helfen, was doch offensichtlich ein psychiatrisches Problem ist?“
„Bevor ich mit meinen Erklärungen beginne, möchte ich Sie darauf hinweisen, daß es mir lieber wäre, wenn Sie meinen früheren Titel nicht benutzen würden“, antwortete Lioren. „Wie Sie wissen, ist es mir untersagt worden, mich medizinisch zu betätigen, und außerdem habe ich dieser Tätigkeit abgeschworen, und den Grund dafür kennen Sie auch. Dennoch kann ich die Art und Weise, in der mein Verstand arbeitet, nicht ändern, und durch meine frühere Ausbildung komme ich zu dem Schluß, daß Hellishomars Problem nicht ausschließlich seelischer Natur ist. Doch zunächst muß ich kurz die evolutionäre und philosophische Vorgeschichte des Patienten erläutern.“
Thornnastors Füße blieben ruhig, und während Lioren die seltsam getrennten Zivilisationen der telepathischen Eltern und der eher technologisch orientierten Kleinen beschrieb und berichtete, wie stark die letzteren durch die Lehren der ersteren und durch die Ungewißheiten beim Herannahen des Erwachsenenalters beeinflußt wurden, gab es keine weiteren Unterbrechungen. Er erzählte ihnen, daß — wie O'Mara erklärt hatte — die Zivilisationen getrennt waren, weil die Kleinen eine bestimmte Evolutionsstufe noch nicht abgeschlossen hatten und ihre Intelligenz nach groalterrischen Maßstäben als unterentwickelt galt, bis sie erwachsen waren, auch wenn die Besorgnis der Eltern um ihre Nachkommen sehr groß war. Diese intelligente Großlebensform, die auf Groalter lebte, war körperlich derart gewaltig und hatte eine so extrem hohe Lebenserwartung, daß die Anzahl der Individuen streng kontrolliert werden mußte, wenn die Spezies nicht aussterben sollte. Wie Beobachtungen aus der Umlaufbahn ergeben hatten, bestand die groalterrische Gesamtbevölkerung aus nicht mehr als dreitausend Eltern und Kleinen, so daß die Geburt eines Nachkommen ein äußerst seltenes Ereignis darstellte und die Achtung der Eltern für ihr Neugeborenes entsprechend hoch war.
Lioren achtete sorgfältig darauf, in ganz allgemeinen Ausdrücken zu berichten, und war insbesondere darauf bedacht, nur solche Dinge mitzuteilen, deren Weitergabe ihm Hellishomar erlaubt hatte oder auf die er durch eigene Schlußfolgerungen gekommen war.
„Wie Sie zweifellos schon selbst bemerkt haben, sind die Auskünfte, die ich Ihnen zum Patienten erteilen möchte, unvollständig“, fuhr Lioren fort. „Dabei enthalte ich Ihnen absichtlich etwas vor, und dem Chefpsychologen O'Mara habe ich bereits erklärt, weshalb er und Sie teilweise im dunklen gelassen werden müssen.“
„Das wollen Sie O'Mara wirklich gesagt haben, und Sie sind noch am Leben?“ unterbrach ihn Conway, wobei er die Zähne entblößte.
„In bezug auf die groalterrische Zivilisation ist Hellishomar nämlich der erste und einzige Informant“, setzte Lioren seine Ausführungen fort, nachdem er zu der Überzeugung gekommen war, daß es sich bei Conways Einwurf nicht um eine ernsthafte Frage gehandelt haben konnte. „Seine Auskünfte sind für die Föderation und für das Orbit Hospital zwar von großem Wert, doch wie er mir gesagt hat, darf ein kleiner Teil davon nicht allgemein verbreitet werden. Sollte ich das Vertrauen des Patienten brechen, bestünde die Gefahr, beziehungsweise wäre es im Grunde sicher, daß diese wertvolle Informationsquelle versiegen würde. Meine Beobachtungen zum Verhalten und dem Gesundheitszustand des Patienten sind jedoch so vollständig und genau, wie es in meinen Kräften steht.“
Lioren machte eine kurze Pause, um Worte zu wählen, die ein Höchstmaß an Information mit vollständiger Vertraulichkeit verbanden. „Der Patient Hellishomar ist auf die unterbewußte Anweisung oder die Suggestion der Eltern hin — oder welches Mittel sie sonst eingesetzt haben, um den Captain des Schiffs im Orbit dazu zu bewegen — hierhergebracht worden, weil die Eltern gehofft haben, er könnte im Orbit Hospital behandelt werden. Sie selbst sind vom Körper und ihrer Veranlagung her nicht imstande, einem anderen intelligenten Lebewesen Schmerzen oder Verletzungen zuzufügen, und auf Groalter ist keine Behandlung möglich gewesen, weil die chirurgischen Verfahrensweisen der Kleinen für die komplizierte Tätigkeit der Entfernung einer großen Anzahl tief eingegrabener Insekten zwar genau genug, aber zu grob sind. Diesen Eingriff hat Chefarzt Seldal vorgenommen, wie nur er es kann, wobei es jedoch kaum zu einem Wortwechsel zwischen ihm und dem Patienten gekommen ist. Ich hingegen habe nichts anderes getan, als mich mit Hellishomar zu unterhalten, und habe dabei viele Gelegenheiten gehabt, sein Verhalten zu beobachten. Durch diese Beobachtungen bin ich zu dem Schluß gekommen — eine Folgerung, der Seldal und O'Mara inzwischen zustimmen — , daß die infizierten Insektenstiche nicht der einzige Grund gewesen sind, weshalb Hellishomar hierhergeschickt worden ist.“
Alle blickten ihn erstaunt an und standen so reglos da, daß das gesamte Büro mitsamt seinem lebenden Inhalt ein Hologramm hätte sein können.
„Wie sich aus unseren Gesprächen miteinander klar ergeben hat, ist Hellishomar viel zu groß und alt geworden, um weiterhin als Messerheiler unter den Kleinen zu leben und zu arbeiten, und müßte inzwischen sowohl die psychologischen als auch die körperlichen Veränderungen durchlaufen, die vor der vollständigen Entwicklung zum Erwachsenen stattfinden. Doch die Eltern sind nicht, wie es in einer solchen Zeit üblich ist, mit seinem Verstand in Berührung getreten, und falls sie es doch getan haben, ist er sich dessen zumindest nicht bewußt gewesen, weil seine telepathischen Fähigkeiten nicht funktionieren. Darüber hinaus ist Hellishomar möglicherweise geistig zurückgeblieben.“
Es trat eine kurze Stille ein, die von Thornnastor unterbrochen wurde. „Nach dem zu urteilen, was Sie uns bisher dargelegt haben, Oberstabsarzt Lioren, würde ich sagen, daß dies sogar sehr wahrscheinlich ist.“
„Verwenden Sie bitte nicht meinen früheren Titel, wenn Sie mit mir sprechen“, forderte ihn Lioren auf.
Der Terrestrier Conway machte mit einer Hand eine wegwerfende Geste. „Sie treten nach wie vor wie ein Oberstabsarzt auf, deshalb ist das Versehen entschuldbar. Doch wenn Sie davon überzeugt sind, daß Hellishomar schwachsinnig ist, dann ist das weder eine Angelegenheit für die pathologische noch für die chirurgische Abteilung. Was haben Thornnastor und ich also hier zu suchen?“
„Ich bin nicht ganz davon überzeugt, daß dieser Zustand auf einen Geburtsfehler zurückzuführen ist“, antwortete Lioren. „Deshalb ziehe ich eher die Theorie vor, nach der womöglich eine organische Abnormität vorliegt, von der die normale Entwicklung der telepathischen Fähigkeiten des Patienten vorübergehend in Mitleidenschaft gezogen wird, ohne jedoch die übrigen Gehirnfunktionen zu beeinträchtigen. Diese Theorie beruht sowohl auf meinen eigenen Verhaltensbeobachtungen als auch auf denen, die mir Seldal mitgeteilt hat, sowie auf Gesprächen mit dem Patienten, die ich nicht im Detail wiederholen werde.“
O'Mara stieß zwar einen unübersetzbaren Laut aus, sagte aber nichts. Lioren ließ sich durch die Unterbrechung nicht stören und fuhr fort: „Hellishomar ist ein Messerheiler, die groalterrische Entsprechung eines Chirurgen, und hat mir und gegenüber den Aufzeichnungsgeräten auf der Station bewiesen, wie harmonisch seine Muskeln zusammenwirken und wie äußerst genau er sie beherrscht, auch wenn seine chirurgische Arbeit nach unseren Maßstäben wegen der erheblichen Unterschiede zwischen seiner und unserer Körpergröße grob erscheint. Für die unkoordinierten Bewegungen oder die geistige Verwirrung, mit der normalerweise bei einem geschädigten oder auf andere Weise abnormen Gehirn zu rechnen ist, hat es jedenfalls keinerlei Anzeichen gegeben. Obwohl er noch ein unreifes Mitglied einer Spezies ist, deren erwachsene Gehirne unermeßlich höher entwickelt sind als unsere, hat er im Gespräch einen Verstand offenbart, der beweglich ist, klare Gedanken faßt und durchaus die subtileren philosophischen, religiösen und ethischen Fragen diskutieren kann, die während unserer Unterhaltungen aufgeworfen wurden. Das ist, wie ich zugeben muß, nicht das körperliche Verhalten und auch nicht das Denken, das man von jemandem erwartet, der seit der Geburt ein geschädigtes Gehirn hat. Meiner Ansicht nach liegt nur bei den telepathischen Fähigkeiten ein Defekt vor, und ich halte es für höchst wahrscheinlich, daß die Abnormität, die ihn verursacht, örtlich beschränkt ist und operiert werden kann.“
Wiederum nahm die Szenerie im Büro des Chefpsychologen die Züge eines Standbilds an. „Fahren Sie fort“, drängte Conway.
„Zum erstenmal haben die Groalterri die Föderation kontaktiert, damit wir am Orbit Hospital einen ihrer kranken Nachkommen heilen“, setzte Lioren seine Ausführungen fort. „Vielleicht hoffen sie, daß Hellishomar vollständig geheilt werden kann. Wir sollten unser Bestes geben, sie nicht zu enttäuschen.“
„Wir sollten unser Bestes geben, den Patienten nicht umzubringen“, stellte Conway klar. „Wissen Sie eigentlich, was Sie da verlangen?“
Bevor Lioren etwas sagen konnte, beantwortete Thornnastor die Frage. „Dazu wird die Untersuchung eines lebendigen Gehirns erforderlich sein, das bei vollem Bewußtsein ist und über das wir nicht das geringste wissen,
weil uns für eine vorherige Untersuchung keine Leichen von jungen Groalterri zur Verfügung stehen. Wir werden nach organischen Abnormitäten suchen müssen, wo wir nicht einmal wissen, was überhaupt normal ist. Mikrobiopsien und Sensorimplantate werden keine Werte von der für einen Eingriff am Gehirn benötigten Genauigkeit erbringen. Unsere Tiefenscanner können nicht eingesetzt werden, weil die Strahlungsstärke, die erforderlich wäre, um die Knochen eines Schädels von der Größe zu durchdringen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen störenden Einfluß auf die Fortbewegungsmuskulatur hätte, und daß ein Patient von Hellishomars Größe während einer Operation unwillkürliche Muskelbewegungen durchführt, können wir nicht riskieren. Deshalb werden wir uns mehr oder weniger — das hängt von den Ergebnissen der nichtchirurgischen Untersuchung ab — auf unser Glück und unseren Instinkt verlassen müssen. Ist der Patient über die Risiken aufgeklärt worden?“
„Bis jetzt noch nicht“, antwortete Lioren. „Aufgrund der letzten Unterhaltung mit dem Patienten ist es zu einer Art emotionaler Verstimmung gekommen. Hellishomar hat das Gespräch abgebrochen und mich gewaltsam aus der Station gedrängt, doch ich hoffe, die Verbindung zu ihm bald wiederaufzunehmen. Ich werde ihn über die Lage informieren und versuchen, seine Zustimmung zu erhalten und ihn zur Mitarbeit bei der Operation zu bewegen.“
„Zum Glück ist das Ihr Problem“, merkte Conway an, der erneut die Zähne entblößte. Dann wandte er sich an O'Mara. „In allen Angelegenheiten, die den Patienten Hellishomar betreffen, möchte ich den Auszubildenden Lioren bis auf weiteres unter meine Aufsicht gestellt haben. Ich werde die volle chirurgische Verantwortung für diesen Patienten übernehmen und ihn ganz oben auf meinen Operationsplan setzen. Thornnastor, Seldal und Lioren werden mir bei dem Eingriff assistieren. Und falls es jetzt nichts mehr gibt, was uns davon abhält, würde ich gern.“
„Bei allem Respekt, Diagnostiker Conway“, sagte Lioren in eindringlichem Ton, „mir ist es strengstens untersagt, mich medizinisch.“
„Das haben Sie bereits erwähnt“, schnitt ihm Conway das Wort ab, während er aufstand. „Sie werden nicht gebraucht, um Einschnitte vorzunehmen, sondern nur, um die Operation zu beobachten, Ratschläge zu geben und dem Patienten in allen nichtchirurgischen Fragen zu helfen. Sie sind von uns der einzige, der vielleicht über ausreichende Kenntnisse über das Gehirn und die Denkprozesse des Patienten verfügt — denn es handelt sich schließlich um Hellishomars Gehirn, an dem wir herumbasteln werden — , um zu verhindern, daß er als ein schlimmerer geistiger Krüppel endet, als er nach Ihren Worten bereits ist. Sie werden uns assistieren, und damit basta.“
Lioren versuchte immer noch, sich eine Antwort darauf einfallen zu lassen, als sich das Büro bereits bis auf ihn und O'Mara geleert hatte. Der Chefpsychologe war aufgestanden, was ein deutliche wortlose Aufforderung an Lioren war, ebenfalls zu gehen.
Der Tarlaner blieb jedoch, wo er war, und sagte zögernd: „Wenn ich die Diagnostiker Conway und Thornnastor einzeln um persönliche Gespräche gebeten hätte, wäre zwar dasselbe dabei herausgekommen, aber ich hätte viel Zeit vergeudet, weil es sich bei den beiden um vielbeschäftigte Leute handelt und Verabredungen mit ihnen für einen Auszubildenden nur unter Schwierigkeiten zu treffen sind. Für Ihre Hilfe, diese Angelegenheit beschleunigt zu haben, bin ich Ihnen sehr dankbar, insbesondere weil ich Sie und die beiden Diagnostiker nicht vollständig über den Patienten aufklären konnte. Aber Sie haben darüber geschwiegen, um mich nicht in Verlegenheit zu bringen, indem Sie die Aufmerksamkeit auf das lenken, was ich absichtlich übergangen habe.
Doch der Hauptgrund, Sie um Hilfe zu bitten, war für mich ein neues und noch ernsteres Problem“, fuhr Lioren fort. „Wiederum darf ich nur in allgemeinen Worten darüber sprechen.“
Einen Augenblick lang schien der Chefpsychologe unter Atemnot zu leiden, er erholte sich jedoch rasch und bat mit erhobener Hand um Ruhe. „Lioren, halten Sie uns eigentlich allesamt für schwachsinnig?“ erkundigte er sich mit sehr leiser Stimme.