Um das Szenario, das sich gegenwärtig anbahnt, zu verstehen, müssen wir unser Augenmerk auf das Klimageschehen richten. Im Jahr des Supersturms wird in der nördlichen Hemisphäre der Sommer bis weit in den Herbst anhalten – so wie das jetzt schon oft der Fall ist. Die Polkappe und die arktischen Gletscher werden bis in den Oktober hinein schmelzen.
Während sich die Erdoberfläche erwärmt, baut sich in der Stratosphäre extreme Kälte auf Grund dafür sind die Treibhausgase, die sich dicht über der Erdoberfläche konzentrieren und so die Wärme daran hindern, in die höheren Schichten der Atmosphäre zu entweichen. Dieses Problem wurde 1998 zum ersten Mal erkannt und ist seitdem von Jahr zu Jahr ernster geworden. Bis 1999 sind die Temperaturen in der Stratosphäre, die in der Regel bei minus 45 Grad liegen, auf minus 62 Grad gesunken. Inzwischen betragen sie im Schnitt minus 73 Grad. In der der Erdoberfläche nahen Troposphäre, vor allem in der Arktis, sind die Temperaturen unterdessen beständig gestiegen. Wie von verschiedenen Modellen zur globalen Klimaerwärmung vorausgesagt, verläuft der Anstieg in den mittleren Breiten gemäßigt und im hohen Norden dramatisch. Einer bloßen Zunahme um zwei Grad in Phoenix, Arizona, steht ein Plus von acht Grad am Nordpol gegenüber.
Ein solcher Wärmestau nahe der Erdoberfläche gepaart mit eisiger Kälte in den oberen Bereichen der Atmosphäre ist noch nie von Meteorologen registriert und in keinem der Modelle zur Wettervorhersage erfasst worden. Insofern stellt der Supersturm eine Überraschung dar.
Tatsächlich ist es an der Erdoberfläche so warm, dass Hokaido, Japans nördliche Insel, überhaupt keinen Schnee mehr bekommt. Und in New York hat es in den letzten Jahren bis auf gelegentliche Schauer so gut wie gar nicht geregnet. Aber jetzt scheinen die Regengüsse kein Ende mehr zu nehmen. Amerikanische Wissenschaftler haben schon berechnet, warum die Wochenenden feuchter als die Arbeitstage sind. Ihrer Meinung nach liegt das daran, dass die Luftverschmutzung unter der Woche ihre höchsten Werte erreicht, sich mit dem Wasserdampf in der Luft mischt und die immer schwerer werdenden Wolken sich ab Freitag leeren.
Im Januar wird das Wetter kälter. In Kanada gibt es einen Kälteeinbruch, und im Norden frieren einige Seen zu. In Kansas City ist der Himmel klar, und an Silvester hat man einen einmaligen Blick auf den Sternenhimmel. In Grönland dagegen ist der Sachverhalt ein ganz anderer. Hier bietet sich ein merkwürdiges Bild.
Aus dem Süden weht eine starke Warmluftströmung heran, und der ohnehin schon dezimierte Grönlandgletscher entlädt erneut gewaltige Eismassen in die Fjorde. In dem Maße, in dem sich die Warmluft über der Erde staut, steigen die Temperaturen – nicht nur in Grönland, sondern in der gesamten Arktis. Das Eis, das nach mehreren warmen Jahren bereits geschwächt ist, beginnt zu schmelzen. Von den Polkappen steigt Wasserdampf nach oben, und obwohl eigentlich tiefster Winter sein sollte, bilden sich riesige offene Wasserflächen.
Warmluft strömt zur Küste, und während man in New York einen weiteren Januar ohne Wintermantel genießen kann, braut sich über der Baffin Bay der große Sturm zusammen. Doch es ist nicht das einzige Unwetter. Die Bedingungen sind in der ganzen südlichen Arktis die gleichen. Weil die Polkappe so dezimiert ist, fällt die Strömung kalter Luft nach Süden nicht so stark aus, wie sie sein sollte. Zugleich drängt von den niedrigen Breitengraden Warmluft heran, die die Temperaturen immer weiter nach oben treibt. In einem Gebiet, wo in dieser Jahreszeit nur Schnee liegen sollte, beginnt es zu regnen. Das führt zwangsläufig zu Schmelze. Rasch sammelt sich eine in dieser Form noch nie da gewesene Flut von Süßwasser an. Was sich nicht ins Meer ergießt, verdunstet. Weiter südlich dagegen kühlt das Meer wegen der polaren Strömung ab, sodass dort auf einmal klirrende Kälte herrscht. Vielerorts spottet man schon über all das Gerede von globaler Erwärmung, ohne zu ahnen, dass es genau dieses Phänomen war, das den Frost gebracht hat.
Zu diesem Zeitpunkt liegt die Oberflächentemperatur jenseits des Polarkreises weit unter null. In höheren Bereichen pumpt die Strömung aus den Tropen aber weiterhin Warmluft nach Norden. Damit nicht genug: Die zwei Luftschichten erzeugen einen Strudel, der mit ungeheurer Kraft extrem kalte Luft aus der Stratosphäre ansaugt.
In Satellitenbildern wird der Sturm zunächst als Serie von nicht miteinander verbundenen Wolkenwirbeln sichtbar, die sich nach und nach zu einer Front knapp oberhalb des Polarkreises vereinen. Dabei entfalten sie über offenem Wasser ihren stärksten Sog.
Innerhalb der Sturmgebilde beginnen Superzellen auszubrechen, während am Pol weiterhin arktische Kälte und Warmluft aus dem Süden aufeinander prallen. Das alles vollzieht sich in einer nach der Schnee- und Eisschmelze mit Wasserdampf übersättigten Atmosphäre.
Ein Tornado fegt durch sechs sibirische Dörfer, und in Juneau schlägt ein Sturm mit einer Windgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern zu, der die Straßen fast einen Meter hoch mit Hagelkörnern bedeckt. Obwohl die Jahreszeit dafür eigentlich vorbei ist, breiten sich über dem Südatlantik tropische Tiefs aus.
Die Satellitenbilder enthüllen nun allmählich ein neues Phänomen. Weltweit werden riesige Gebiete von einer Wolkendecke überzogen – und die dickste hängt über der Arktis.
Fürs Erste behält der Trend zur Erderwärmung die Oberhand. Die Kaltfront zieht sich nach Norden zurück, während weiterhin Wasserdampf in die Atmosphäre entweicht. Doch in die nördlichen Meere strömt erneut bei der Schmelze frei gewordenes Süßwasser. In Toronto steigen die Temperaturen auf 25 Grad, während Sankt Petersburg eine bizarre Kombination aus ewiger Nacht und schwüler Wärme erlebt. In Moskau ist es der erste Winter, in dem die vielen obdachlosen Kinder nicht frieren müssen.
Bis zum 5. Februar steigen von dem Schnee und Eis in der ganzen Umgebung des Nordpols Dampfwolken auf, und die einzige stabile Eisschicht liegt gut 150 Kilometer vom Pol entfernt.
Mittlerweile hüllen Wolken die gesamte nördliche Hemisphäre ein, während Milliarden Tonnen von Schnee und Eis in Wasser und Wasserdampf umgewandelt werden. In der Arktis sind die langen Nächte pechschwarz, und wenn dünnes Licht die Wolken durchdringt, kann man sehen, wie sie von Westen nach Osten rasen.
Mit einem Schlag ist der Wetterkanal der am meisten eingeschaltete Fernsehsender der Welt – vorausgesetzt die Übertragung durch die Satelliten ist nicht gestört.
Als die Wolkendecke über der Arktis sich verdichtet, hören die Temperaturen auf zu steigen. Eine Zeit lang kommt das den Leuten normal vor. Der Frühling ist zu jung, als dass schon jetzt eine dauerhafte Erwärmung stattfinden könnte. Doch bald erreicht die Lage Dimensionen, die in der Geschichte der Menschheit beispiellos sind. Seit dem Versiegen des Nordatlantikstroms, der bisher immer für gemäßigte Temperaturen gesorgt hat, gibt es nichts mehr, das den Fall der kalten Luft aus den Höhen der Stratosphäre in die warme, feuchte Atmosphäre verhindern kann.
Die tropische Strömung, die von einer riesigen Fläche aufgeheizten Meerwassers erzeugt wird, entwickelt einen extremen Sog. Und während all diese geballte Energie noch ein Gleichgewicht sucht, brauen sich Stürme von noch nie da gewesener Gewalt zusammen.
Ein Gleichgewicht lässt sich nicht mehr herstellen. Von Alaska bis Hawaii, von Sebastopol bis Minsk und über der kanadischen Arktis entwickelt sich eine Störung nach der anderen.
Die Meteorologen vom National Weather Center verfolgen die Entwicklung voller ratloser Ehrfurcht. Derart wilde Unwetter hat es noch nie gegeben. Ein Tornado verwüstet Warschau. Venedig wird von einer Sturmflut aus der sonst immer so friedlichen Adria überschwemmt. Stürme mit Windgeschwindigkeiten von 200 Stundenkilometern walzen Südengland nieder. Die großen Schleusen in der Themsemündung müssen geschlossen werden. In den Niederlanden wird Katastrophenalarm gegeben, als das Meer einen Deich nach dem anderen überflutet. Paris erlebt einen schlimmen Elektrosturm, dem ein Dutzend Menschen zum Opfer fallen. In der Nähe von Kansas City wird ein Tornado beobachtet, der drei Stunden lang auf Bodenhöhe tobt und 900 Camper in ihren Wohnmobilen tötet.
Windböen mit Geschwindigkeiten von 160 Stundenkilometern und mehr fegen über New England hinweg und bringen sintflutartigen Eisregen. Die Temperaturen, die unter dem schwarzen Himmel bisher abnormal hoch waren, beginnen nun zu fallen. Die Wolken reflektieren so viel Sonnenlicht ins All, dass sogar die überhitzten Tropen nicht mehr genügend Energie liefern können, um einen Ausgleich zu schaffen.
Der enorme Energieaustausch, der sich zwischen der von extrem kalter Luft aus der Stratosphäre gespeisten Arktis und den überhitzten Tropen entwickelt hat, erzeugt nun eine Serie von Zyklonen, die wie taumelnde Derwische rings um die Arktis jagen. Einige dieser Stürme enthalten Dauerwinde mit Geschwindigkeiten von bis zu 120 Stundenkilometern und Böen, die das Doppelte erreichen können. Abermillionen tote und geschwächte Bäume werden entwurzelt, sodass über Nacht ganze Wälder in Brachland verwandelt werden. Da ihm nun keine Bäume mehr im Weg stehen, kann der Wind umso wütender über das leere Land rasen.
Die Temperaturen an der Erdoberfläche sinken weiter. Die Winde werden immer heftiger.
In British Columbia tauchen die ersten Flüchtlinge auf und erzählen wahre Horrorgeschichten von Hagelstürmen, die ganze Hochhäuser niedergerissen und Straßen unpassierbar gemacht haben. Bald aber – zu bald – sickert der Flüchtlingsstrom nur noch. Dann versiegt er ganz.
Die ersten Einwohner von Quebec, dann von Ottawa und schließlich von Toronto ziehen südwärts. In Westkanada ist eine wahre Auswanderungswelle in Richtung Vereinigte Staaten im Gange. Dort werden Anweisungen, die Grenze zu öffnen, widerrufen. Der Gouverneur von Maine mobilisiert die Nationalgarde.
Binnen weniger Tage verschlechtert sich die Lage derart dramatisch, dass die Maßnahmen zur Abschottung des eigenen Landes jede Bedeutung verlieren. Winde mit Geschwindigkeiten von 200 Stundenkilometern peitschen über die Great Lakes und bringen Eisregen und Schneeschauer. Die Wolken türmen sich höher als je zuvor auf; ihre Spitzen reichen bis weit in die Stratosphäre. Wenn die feuchte Luft des Sturms dieses extrem kalte Gebiet passiert, kühlt sie sich unvorstellbar schnell ab und stürzt aus 20 Kilometern Höhe der Erde entgegen.
Nach und nach organisiert sich ein halbes Dutzend Stürme zu größeren Systemen. Jetzt tritt ein völlig neues Phänomen auf: Die extrem vereiste Luft in den Wolkenspitzen, die bis in die Stratosphäre hinaufreichen, erreicht den Boden so schnell, dass sie sich nicht mehr erwärmen kann. Was immer diese Todessäulen berühren, gefriert binnen Minuten. Die Siedlungen in der Arktis sind von jedem Kontakt mit der Außenwelt abgeschnitten. Eine Möglichkeit, sie zu erreichen, gibt es nicht: Der Verkehr über Land ist zusammengebrochen, und Flugzeuge können nicht aufsteigen. Die Satelliten melden nichts von dem, was sich unter der dichten Wolkendecke abspielt. Die Opfer, von denen einige so schnell erfroren sind, dass ihnen das Abendessen noch im Mund steckt, wird man erst in Tausenden von Jahren finden. Wie bei den Mammuts, die ihnen im letzten Sturm vorangegangen sind, werden ihre Überreste der Zukunft offenbaren, dass etwas Rätselhaftes und Schreckliches geschehen sein muss, doch mit ihnen ist auch die Erinnerung an den Kataklysmus gestorben.
Während die Stürme sich weiter vereinigen, wird die tropische Strömung selbst zum Gefahrenherd. Dauerwinde mit einer Geschwindigkeit von über 230 Stundenkilometern fegen von Süden her über die Rocky Mountains hinweg und zerstören jede menschliche Siedlung, die ihnen im Weg ist. Nördlich der Linie Denver-Richmond ist kein Flugverkehr mehr möglich.
Im Weißen Haus wird eine Sonderkonferenz einberufen, aber die Vertreter der NOAA aus Colorado können nur per Telefon daran teilnehmen, weil inzwischen jede Reise zu langwierig und vor allem gefährlich wäre. Die Ankunft der Flüchtlingsströme aus dem Norden hat im mittleren Teil der Vereinigten Staaten eine Massenpanik ausgelöst, und weil sich nun immer mehr Menschen dem Treck nach Süden anschließen, drohen die Wirtschaft und der Dienstleistungsbereich zusammenzubrechen.
Während im Weißen Haus die Krisenkonferenz abgehalten wird, peitschen Böen mit Geschwindigkeiten von über hundertsechzig Kilometern durch die Straßen Washingtons. Russland ist telefonisch nicht mehr erreichbar. Schweden, Norwegen und Finnland melden Schneestürme von noch nie da gewesener Heftigkeit.
Die königliche Familie von Großbritannien ist auf ihrem schottischen Sitz Balmoral von einem Eissturm eingeschlossen worden, der die ganze Gegend lahm gelegt hat. Man wird sie nie wieder lebend sehen.
Der amerikanische Präsident ruft den nationalen Ausnahmezustand aus und verhängt das Kriegsrecht. Dazu mobilisiert er die Nationalgarde, aber inzwischen ist die Lage so dramatisch, dass nur ein kleiner Teil der Einheiten aufmarschieren kann.
Die Autobahnen sind mit Wagen verstopft, die allesamt in Richtung Süden unterwegs – oder vielmehr nicht mehr unterwegs – sind. Die Messstation der NOAA in Colorado fällt wegen Windschäden aus.
Zwei Tage nach der Konferenz im Weißen Haus leitet die Regierung ihren Umzug in ein vom Sturm verschont gebliebenes Gebiet ein, aber dafür ist es zu spät. Der Präsident und seine Mitarbeiter sind wie jeder Normalbürger gezwungen, die Straßen zu benutzen, die zwischen Virginia und Texas hoffnungslos überfüllt sind.
Über größeren Wasserflächen toben inzwischen Dauerwinde mit Geschwindigkeiten von 300 und mehr Stundenkilometern. Die vielen Stürme haben sich jetzt zu einem gigantischen Zyklon vereinigt. Dieser läuft im Prinzip wie jeder andere Hurrikan ab, nur hat er ein Ausmaß erreicht, wie man es nie für möglich gehalten hätte. Seine Zirkulation reicht von den Tropen bis hin zum nördlichen Polarkreis.
Stockholm, Helsinki, Moskau, Sankt Petersburg, Edinburgh, Toronto, Vancouver und Fairbanks, um nur einige von den großen Städten der Welt zu nennen, sind von jeder Kommunikation abgeschnitten.
Die Satellitenstation im australischen Pine Gap meldet, dass die Kommunikation mit Florida infolge extremen Wetters gestört ist.
Der Kontakt zwischen dem Hauptquartier der CIA in Langley, Virginia, und Pine Gap bricht ab. Wenig später erhält es auch keine Mitteilungen von seinem Kontrollzentrum im Norden Kaliforniens mehr. Die amerikanischen Interessen können in der südlichen Hemisphäre nicht mehr vertreten werden.
Nach Russland ist nun auch China verstummt. In den letzten Meldungen der Wetterstationen war von Dauerwinden über dem Pazifik die Rede, die Geschwindigkeiten von bis zu 360 Stundenkilometern erreichten. Weiter nördlich müssen die Werte noch höher sein und stellen vermutlich alle bisher gemessenen Rekorde in den Schatten. Aber die Meteorologen können nur raten.
Der Wetterkanal in Miami sendet noch immer. Dort laufen die Drähte heiß, und man meldet jede verfügbare Information. Florida, Alabama, Mississippi, Louisiana und Texas haben innerhalb von zehn Tagen 30 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Da der Kontakt mit den Bundesbehörden abgebrochen ist, haben die Gouverneure dieser Staaten eine Ad-hoc-Allianz gebildet. Die Führung der Landstreitmacht hat sich bereit erklärt, sich dem Kommando der provisorischen Notstandsregierung zu unterstellen. Das Kriegsrecht ist verhängt worden, und in Städten wie Dallas am südlichen Rand des Sturmgebiets, die selbst schlimme Schäden erlitten haben und unter der Last von zwei Millionen Flüchtlingen schier ersticken, werden ertappte Plünderer auf der Stelle erschossen.
Es ist nicht zufassen, aber der Sturm schwillt weiter an. Außerhalb seines Gebiets sinkt der Luftdruck auf nie für möglich gehaltene Tiefstwerte ab. Die Atmosphäre der Erde gerät völlig aus den Fugen – und das gibt letztlich den Ausschlag, dass das Wettersystem aus seinem gewohnten Gleichgewicht gerissen wird und vollends zusammenbricht.
Unterdessen entlädt der Sturm den Wasserdampf, der sich in seinem Innern aufgebaut hat, in Form von gewaltigem Schneefall, der mehrere Kontinente zudeckt.
Damit wird die geballte Energie endlich neutralisiert und der Sturm verebbt allmählich. Es dauert allerdings noch zwei Wochen, bis wieder der erste Lichtstrahl die Oberfläche dessen erreicht, was einmal der reichste und am höchsten entwickelte Teil der Erde war.
Nach dem Sturm hat sich die Landschaft von Grund auf verändert. Nördlich von Oklahoma steht kein Baum mehr. Das ganze Land ist eine einzige Eisfläche. An der kanadischen Grenze ist das Eis drei, über der Tundra sogar zwölf Meter dick. Die nördliche Polkappe ist wieder aufgetaucht, und vom All aus gesehen scheint sie in wenigen Wochen auf das Dreifache ihrer früheren Größe angewachsen zu sein.
Der Schein trügt jedoch. Was sich dort gebildet hat, ist frisches Eis, und es ist nicht komprimiert. Als der März in den April übergeht, beginnt das Eis an seinen südlichen Rändern bereits wieder zu schmelzen. Einen Monat später ist der Mississippi mancherorts bis zu fünfzehn Kilometer breiter. New Orleans ist überschwemmt. Das Delta ist zerstört.
In den Sommermonaten gibt es die schlimmste Flut, die die Menschheit je erlebt hat – zumindest in historischer Zeit. Die Gebiete, die vom Sturm verschont geblieben sind, müssen jetzt mit seinen Folgen fertig werden.
In den tiefer gelegenen Bereichen von Alabama, Louisiana, Mississippi und Texas bildet sich ein riesiger See. Er wird nur eine kurzlebige Erscheinung sein und innerhalb weniger Jahre stetig schrumpfen, aber das ändert nichts daran, dass ein großer Teil des amerikanischen Viehbestands ertrinkt. Ganze Städte verschwinden unter seinen Fluten.
Weiter nördlich bleiben die Temperaturen niedrig. Das liegt zum einen am Eis, das die Wärme abstrahlt. Zum anderen ist wegen der Winde, die weiter über den Nordatlantik fegen, so viel Wasser verdunstet, dass der Salzgehalt des Meeres wieder gestiegen ist, was das Gleichgewicht der Strömungen noch stärker beeinträchtigt.
Der Nordatlantikstrom kehrt jetzt südlich von New York um und nicht mehr bei Grönland. Außerdem fließt der Golfstrom, der bisher immer milde Winter nach Europa gebracht hat, nicht mehr so weit nach Norden. Stattdessen endet er bereits vor der Bucht von Biscaya auf der Höhe von Südfrankreich und Nordspanien. England hat jetzt ein Klima wie Lappland vor dem Sturm. Im nächsten Winter wird die Frostgrenze in Amerika bis nach Zentralflorida reichen.
Die Zivilisation der nördlichen Völker, die die Menschheit jahrtausendelang geprägt hat, hat eine nie für möglich gehaltene Katastrophe erlebt. In dem einstmals produktivsten Teil der Welt liegen unter dem Eis eine Milliarde Tote begraben.
In dem, was von Amerika erhalten geblieben ist – ein schmales Gebiet zwischen dem Atlantik und dem Golf von Mexiko –, setzt der Zerfall ein. Weil es keine zentrale Regierung mehr gibt, brechen die Staaten in voneinander unabhängige Einzelgebilde auseinander.
Die westliche Zivilisation, wie wir sie kennen, existiert nicht mehr.