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Auch wenn der Supersturm vielleicht schon heraufzieht, haben wir auf dem Gebiet des Wissens den Höhepunkt in der Geschichte der Menschheit erreicht. Während wir hinab in den Abgrund der Zerstörung starren, erklimmen wir auch die höchsten Gipfel des Intellekts.
An Dutzenden verschiedenen Fronten macht das Wissen der Menschheit in einem Tempo Fortschritte, das noch vor wenigen Jahren niemand für möglich gehalten hätte. In die siebziger oder achtziger Jahre zurückzublicken heißt in eine sonderbare, veraltete Welt blicken, die langsamer und kleiner war und mit ihrem in jeder Hinsicht engen Horizont heute geradezu lachhaft beschränkt wirkt. Um Recherchen anzustellen, ging man 1985 noch in die Bibliothek. Reisen mit dem Flugzeug waren nur mit einem erheblichen Kostenaufwand möglich. Ein leistungsfähiger Computer füllte ein ganzes Zimmer. Das Internet gab es nicht. Wenn wir in die Zukunft schauten, auch in die des Wissens, sahen wir ein Grenzland mit lauter Mauern. Und nicht nur das, die ganze Umweltsituation wirkte hoffnungslos. Es herrschte Weltuntergangsstimmung, obwohl sich noch gar keine konkrete Gefahr abzeichnete, wie das heute der Fall ist.
Die meisten Vorhersagen, die 1985 umgingen, sprachen von einer verheerenden Bevölkerungsexplosion, der Zunahme der Umweltverschmutzung und dem schnellen Niedergang sämtlicher Lebensformen. Und verantwortlich waren ausschließlich wir. Statt nur einer von vielen Faktoren in einem ungemein komplexen allgemeinen Prozess zu sein, wurden wir als der einzige Auslöser gesehen. Unsere gesamte Umweltplanung wurde folglich durch Schuldgefühle beeinträchtigt. Die Fehler lagen irgendwie immer bei uns.
Trotz allem reagierte die Menschheit auf die Umweltkrise.
Erreicht haben wir Folgendes:
Die Rüstungsausgaben fielen von einem Spitzenwert von einer Trillion Dollar im Jahr 1988 auf 700 Billionen Dollar 1996. Windstrom und Sonnenenergie sind heute um ein Vielfaches billiger als vor 25 Jahren.
Allen – außer vielleicht den optimistischsten – Voraussagen zum Trotz ist die Erdbevölkerung deutlich langsamer gewachsen, als man 1985 angenommen hatte.
Kurz, weil die Umwelt unsere Existenz in Frage stellt, antworten wir mit einer massiven, die ganze Welt umfassenden Anstrengung, unser Überleben zu sichern. Und das haben wir geschafft, obwohl die Umweltpolitik im mächtigsten Land der Erde durch eine völlig verfehlte Debatte über ihre Notwendigkeit gelähmt wird.
Derselbe Schalter, der ab einer bestimmten »kritischen Masse« die Umwelt schlagartig von einem Zustand in einen anderen befördert, funktioniert auch in der menschlichen Gemeinschaft. So wie die Umwelt allmählich eine Schwelle zum Negativen erreicht, entwickelt die Menschheit ein Gegengewicht, das den Schalter vielleicht wieder in die richtige, die von uns gewollte Richtung bewegt.
Ein Teil des Wandels ist gesellschaftlicher Natur. Wir können uns heute kaum noch erinnern, wie die geopolitische Lage vor nur 15 Jahren aussah oder wie es damals um Wissenschaft und Technik bestellt war.
Die UdSSR war eine unverrückbare politische Realität. Es gab nur wenige, die ernsthaft ihre Langlebigkeit anzweifelten. Und welcher Politiker ging damals nicht davon aus, dass in absehbarer Zukunft ein zentral gelenkter Sowjetstaat Osteuropa fest im Griff haben würde?
Und doch – binnen weniger Jahre war Russland eine Föderation unabhängiger Staaten, Osteuropa frei und der sowjetische Kommunismus zusammengebrochen. Gegen alle Erwartungen war eine Schwelle erreicht, ein Schalter umgelegt worden – mit einem Schlag war eine neue Situation geschaffen worden.
Seitdem hat sich Europa einem Programm der Modernisierung und Selbsthilfe verschrieben, das in der Geschichte fast beispiellos ist. Wir hören meistens nur von Spannungen auf dem Balkan. Aber die Realität in Osteuropa ist doch, dass eine der unruhigsten Regionen der Welt im Begriff ist, einen massiven Aufräumprozess einzuleiten, der letztlich zu einer völligen Umstrukturierung einer veralteten und zutiefst schädlichen industriellen Infrastruktur führen wird.
Natürlich ist Osteuropa nur eine winzige Insel in einem weiten Meer der Verantwortungslosigkeit. In Asien fehlt es praktisch überall an Umweltbewusstsein. Das fängt an mit China, das sich mit Feuereifer einem Prozess der Selbstvergiftung verschrieben hat und dabei so gründlich zu Werke geht, dass unabhängig vom Klimawandel ein Großteil des chinesischen Gebiets in beängstigend kurzer Zeit für jeden Nutzen durch den Menschen unbrauchbar werden könnte.
Lateinamerika hat in den letzten 15 Jahren eine Massenmigration in die Hauptstädte und deren Hinterland erfahren. In ihrem Bemühen, die explodierenden Bevölkerungen mit Nahrung und Wohnraum zu versorgen, führen Länder wie Brasilien einen Vernichtungskrieg gegen die tropischen Wälder und siedeln Menschen in Gebieten an, die solche Eingriffe nicht intakt überleben können.
Damit haben diese Staaten einer Katastrophe Tür und Tor geöffnet, die fast so groß sein könnte wie diejenige, die offenbar China erwartet.
Für uns heißt das, dass wir trotz aller Erfolge in der jüngsten Vergangenheit mehr und Besseres leisten müssen. Wir brauchen einen Durchbruch.
Durchbrüche lassen sich nicht planen. Es wird einer gelingen, wenn niemand es vermutet, und zwar auf einem Gebiet, das eher den Randbereichen zugerechnet wird. Und sein Inhalt wird entweder aus neuem Wissen bestehen oder aus Kenntnissen, die eigentlich schon verworfen waren, aber von einem Visionär geborgen wurden.
Denkbar wäre ein solcher wissenschaftlicher Durchbruch in der Kernfusion, in der Entwicklung effizienter und zugleich umweltfreundlicher Technologien zur Speicherung von Energie oder in der Entdeckung eines Mittels, das Umweltgifte wie Kohlendioxid rückstandsfrei aus der Atmosphäre beseitigt.
All diese Bereiche bieten begründeten Anlass zu Hoffnung. Fortschritte versucht man aber auch mit Ansätzen zu erzielen, die eher als esoterisch betrachtet werden. So gibt es Bestrebungen, dem kosmischen Vakuum Energie zu entziehen, wovon sich die Betreiber endlose Ressourcen versprechen, mit deren Hilfe sogar Flüge in die entferntesten Bereiche des Alls möglich wären. Gelänge das, könnte sich die Menschheit jenseits unseres Sonnensystems ausbreiten, und der Bevölkerungsdruck auf dem Planeten Erde würde gemildert. Der Druck auf uns würde aber auch abnehmen, hätten wir einen Kernfusionsreaktor oder bessere, nachhaltigere Methoden für die Beheizung unserer Häuser. Beide Technologien sind verlockend nahe in Reichweite. Abwegiger sind da schon Vorstellungen wie die eines gewissen Nikola Tesla, der Anfang des letzten Jahrhunderts mit einem merkwürdigen Experiment aufzeigen wollte, dass die Möglichkeit besteht, elektrische Energie aus der Ionosphäre zu beziehen. Nun, es spricht einiges dafür, dass interessierte Kreise aus der Ölindustrie diese Technologie diskreditierten. Ob sie jemals funktionieren wird, ist natürlich fraglich. Gleichwohl ist in einer Welt, die dringend auf saubere Energie angewiesen ist, die Durchführung auch solcher Versuche unumgänglich.
Nie hat die Wissenschaft der Menschheit mehr Hoffnungen geboten als heute. Und nie war unsere Bereitschaft größer, daraus Nutzen zu ziehen. Selbst wenn die Weltwirtschaft mit der Umweltkatastrophe Vabanque spielt, bringt sie dennoch fantastische Geräte und Mittel hervor, die uns Gesundheit, Wohlstand und Glück bescheren. Am düsteren, grauen Horizont leuchten eben auch großartige Versprechen. Einerseits ist in China erfreulicherweise das durchschnittliche Realeinkommen pro Kopf um 400 Prozent gewachsen, andererseits müssen wir uns damit der Frage stellen, was geschehen würde, wenn der Durchschnittschinese genauso viel Öl verbrauchte wie jeder Amerikaner. China würde in diesem Fall täglich 80 Millionen Barrel Rohöl benötigen – womit der gegenwärtige Ausstoß, der weltweit bei 67 Millionen Barrel täglich liegt, mehr als verdoppelt würde.
China kann also gar nicht wachsen – sollte man meinen. Aber im ehemaligen Reich der Mitte drängen genauso wie überall auf der Welt erfindungsreiche, vielversprechende, brillante Leute nach vorne, und sollte ihre Entwicklung in einer Richtung blockiert werden, würde sie in eine andere ausweichen. Tatsächlich werden die Chinesen wohl nie so viel Öl verbrauchen wie die Amerikaner. Die Dinge werden eine ganz andere Entwicklung nehmen, die das verhindert. Dennoch, wenn die Geschichte ein Maß ist, wird der Durchschnittschinese in 20 Jahren weit wohlhabender sein als heute. Er wird über ein Auto verfügen, mehr und bessere Nahrung haben, Fernsehen, Speiseeis, Bildung, Kleidung, einen Computer und alles Sonstige, wonach er strebt.
Aber irgendwie wird seine Welt weniger Verschmutzung verursachen als die heutige. Gleichwohl bleibt die nagende Frage: Wird das genügen? Wird es uns gelingen, den Rand des Abgrunds zu verlassen?
Wir haben gesehen, wie das Ökosystem dieses Planeten mit seinem beständigen Hin- und Hergleiten zwischen Eiszeiten und Wärmeperioden uns wieder und wieder vor Herausforderungen gestellt hat. Stets heißt es: Ändere dich oder stirb, schwimm oder geh unter, nimm an der Evolution teil oder lande auf der Müllhalde der Natur.
Wir sind erneut an einem solchen Punkt angelangt, doch statt blind reagieren zu müssen, haben wir es diesmal in der Hand, die nahende Katastrophe zu erkennen. Auch wenn wir sie nicht vermeiden können, haben wir die Chance, das Unsere zu tun, um sie auf die beste mögliche Weise zu überleben.
Zeichen für einen schnellen Klimawandel sind überall zu sehen. Auf der ganzen Welt hinterlässt das immer gewaltsamer werdende Wetter unverkennbar seine Spuren. Mögen die Skeptiker, die die globale Erwärmung leugnen, die Lage noch so sehr beschönigen, der Aufruhr in der Natur ist und bleibt ein unbestreitbares Fakt. Die Stimmen der Menschen, die wegen wilder, abnormaler Stürme ihre Heimat verloren haben und nach Veränderungen rufen, werden auf Dauer viel eher gehört werden, als es die Washingtoner Lobbyisten mit ihrem Drängen nach dem Erhalt des Status Quo je für sich erhoffen können.
Unterdessen spielt sich um uns herum eine verborgene Umweltrevolution ab. So hat zwischen 1990 und 1997 der Verbrauch fossiler Brennstoffe lediglich um ein Prozent zugenommen, während die Weltbevölkerung um 12 Prozent wuchs. Im gleichen Zeitraum stieg der Verkauf von Solarzellen um jährlich 15 Prozent an. 1997 wurde schließlich eine Art Schwelle erreicht. Und wieder wurde einer dieser Schalter umgelegt, als die Menschen überall in der Dritten Welt erkannten, welche Möglichkeiten ihnen die Solarzellen boten: Sie konnten das Leben führen, von dem sie immer geträumt hatten. Und plötzlich schnellten in einem einzigen Jahr die Verkaufszahlen weltweit um 40 Prozent in die Höhe.
Die Stromproduktion durch Wind wächst seit zehn Jahren mit der verblüffenden Rate von jährlich 20 Prozent. Nicht Gas oder Öl, sondern Wind wird zukünftig die Schlüsselrolle bei der Energieerzeugung spielen. Laut Energieministerium der USA verfügen drei Staaten – Texas sowie North und South Dakota über genügend nutzbaren Wind, um damit den Strombedarf des gesamten Landes zu decken. Eine Technologie, die ohne jeden fossilen Brennstoff auskommt, ist zum Greifen nahe.
Ähnliche Veränderungen spielen sich im Transportwesen ab. Zahlreiche Städte und Länder streben nach Wegen, sich aus der Abhängigkeit vom Kraftfahrzeug als hauptsächlichem Beförderungsmittel zu lösen. Hierbei stimmt der Einzelne im wahrsten Sinne des Wortes mit den Füßen ab. Im vergangenen Jahrzehnt ist der Verkauf von Pkw zwar um 60 Prozent auf 37 Millionen jährlich gestiegen, doch gleichzeitig ist der Absatz von Fahrrädern um atemberaubende 424 Prozent auf 106 Millionen hochgeschnellt.
Die Bevölkerungen wachsen nicht mehr unkontrolliert. 14 Prozent der Menschheit leben jetzt in Gebieten mit gleichbleibender Bevölkerungsdichte. 40 weitere Länder, in denen mehr als die Hälfte der übrigen Erdbewohner leben, darunter auch China, weisen inzwischen eine Geburtenrate von weniger als drei Kindern je Frau auf. Das bedeutet, dass das Ende der unkontrollierten Vermehrung ein realistisches Ziel ist. Mehr noch, alles spricht dafür, dass die Bevölkerungskurve allen früheren Voraussagen zum Trotz weiter abflachen wird.
Die Menschheit will überleben. Wir wollen gedeihen. Und das gilt nicht nur für die Angehörigen der Ersten Welt mit ihrem aufwändigen Lebensstil, sondern auch für die ärmeren Länder. Sehr viele Menschen haben verstanden, dass die Bewahrung ihrer unmittelbaren Umgebung dem Erhalt ihrer Gesundheit und der Steigerung ihres Wohlstands dient.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts scheinen wir auf der Schwelle zu einer völlig neuen Art von Revolution zu stehen – einem Umsturz, der ähnlich drastische Auswirkungen auf unser Leben haben wird wie die industrielle Revolution des frühen 19. Jahrhunderts auf die Gesellschaft, die hinter uns zu lassen wir im Begriff sind. Hand in Hand mit der ökologischen Revolution dieses jungen Jahrtausends werden Fortschritte in der Wissenschaft gehen, die denjenigen Wirtschaftsformen, die auf die Umwelt achten, mehr Wohlstand und Lebensqualität bescheren werden. Die Verbraucher aller Kontinente, insbesondere die in der aufstrebenden Dritten Welt, werden umweltfreundliche Methoden der Stromerzeugung, des Transports und der Steigerung des Nahrungsmittelanbaus als wirtschaftlicher erfahren, als es die alten Formen waren.
Diese Vision ist alles andere als idealistisch. Wer möchte sich denn schon jeden Tag stundenlang mit Holzsammeln und Kochen an einem offenen Feuer abmühen oder viel Geld für Brennstoffe ausgeben, wenn mit Solarzellen das Gleiche mit sehr viel weniger an Aufwand und Kosten erreicht werden kann?
In einem Rennen gegen die Zeit versucht zurzeit ein großer Teil der Menschen, sich einer gewaltsam ausgebeuteten Natur anzupassen, bevor diese die Fähigkeit verliert, ihnen eine Daseinsgrundlage zu bieten.
1985 war Sensibilität gegenüber der Umwelt für die meisten ein Fremdwort. Nun, da Bildung und Erziehung immer mehr Menschen auf der ganzen Welt zugänglich werden, trifft das nicht mehr zu. Die Bürger von Honduras, die 1998 von dem Hurrican Mitch und verheerenden Fluten heimgesucht wurden, verstehen inzwischen durchaus, warum und wie dieser Sturm entstand. Sie haben begriffen, dass Anbautechniken zwangsläufig zu Überschwemmungen führen, wenn sie zu intensiv sind, der Boden ungeschützt bleibt und die Gefahren durch Erdrutsche ignoriert werden. Sie haben mit eigenen Augen gesehen, wie ein reißender Strom ihr Land beinahe komplett fortgespült hätte.
Werden sie zu den Anbautechniken zurückkehren, die den Schaden durch den Hurrikan potenzierten? Angesichts der lebhaften Nachfrage unter den honduranischen Campesinos nach landwirtschaftlicher Beratung ist das nicht zu befürchten. Wahrscheinlicher ist, dass der nächste Sturm auf ein Honduras trifft, dessen Bauern drohenden Erdrutschen weitaus effizienter vorgebeugt haben.
Mit anderen Worten: Die vom Kollaps bedrohte Umwelt tut, was sie im Laufe unserer Geschichte seit jeher getan hat – sie spornt uns zu immer größeren Leistungen an und lehrt uns unvergessliche Lektionen in Sachen Überleben.
Von dieser Perspektive aus gesehen, ist unsere instabile Umwelt der lebensnotwendige Ursprung von Evolution und Wandel, und je ernster unsere Umweltprobleme werden, desto kreativer antworten wir auf die Herausforderung.
Die Zukunft, die uns bevorsteht, ist fremdartig und doch vielversprechend – und es in jedem Fall wert, dass wir uns darauf einlassen. Das Leben in dieser wunderbaren, komplexen, faszinierenden und unendlich vielfältigen Weltzivilisation, die wir uns schaffen, bereitet uns doch alles in allem Genuss. Mehr noch, wie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit erfreuen wir uns an den Errungenschaften des Geistes. Lesen ist weltweit eine Wachstumsindustrie. Die Leute wollen mehr wissen und sind gerne bereit, Geist und Seele auf diese althergebrachte Weise zu nähren. Zugleich werden Film und Fernsehen immer ausgeklügelter und bieten in vielen Ländern der Welt eine schier grenzenlose Auswahl.
Um uns herum explodieren neue Technologien in einem Ausmaß, dass kein Futurologe eine zuverlässige Prognose dazu abgeben kann, wie die Welt in zehn, geschweige denn in 50 oder 100 Jahren aussehen wird. Wir, die Autoren, befinden uns in der gleichen Lage. Uns ist sehr wohl bewusst, dass die rasante Schaffung neuer Realitäten unsere gegenwärtige Vorstellungskraft in einem fort überrollt.
Schwindel erregende Fortschritte in der Herstellung von immer winzigeren Einheiten – für die Datenverarbeitung zum Beispiel – verheißen uns, dass wir bald in der Lage sein werden, ein in Informationen eingebettetes Leben zu führen. Wir werden unsere Wissensgebiete erweitern, ja, unser Bewusstsein durch fremde Erinnerungen oder Träume bereichern, und das alles mit dem gleichen Komfort, mit dem wir heute neue Software in unserem Computer speichern. In dem Maße, in dem wir die Mechanik des Denkens verstehen, nähern wir uns auch unserer Seele selbst, und womöglich entdecken wir in unserem Bestreben, eine intelligente Maschine zu bauen, was den so unendlich wichtigen Unterschied zwischen Intelligenz und Bewusstsein ausmacht.
Wenn wir das erreichen, werden Mensch und Maschine eine derart eng miteinander verknüpfte Gemeinschaft bilden, dass der Grenzbereich, in dem die Verantwortung des Menschen endet und die der Maschine beginnt, in einer schwer zu durchschauenden Grauzone liegen wird.
Angesichts der Probleme, denen wir uns gegenwärtig gegenübersehen, werden wir Wege finden, um immer höhere Intelligenz zu erzeugen und anzuwenden. So, wie die Entwicklung immer leistungsfähigerer Maschinen das 20. Jahrhundert prägte, wird die Erzeugung höherer Intelligenz das frisch begonnene definieren.
Es wird Maschinen geben, die intelligenter sind als wir, Apparate, die unsere Bedürfnisse und Probleme besser einschätzen und verstehen können als wir selbst. Spätestens dann wird es für viele der Rätsel, die uns heute noch überfordern, eine Lösung geben. Die Unfähigkeit der Wissenschaft, das zukünftige Klima vorauszusagen, wird kein Thema mehr sein, genauso wenig der Streit darüber, welche Planungen für eine möglichst gesunde Zukunft die sinnvollsten sind.
Wenn wir überleben, wird künstliche Intelligenz das große Bestreben des einundzwanzigsten Jahrhunderts sein. Wir werden herausfinden, ob eine intelligente Maschine jemals in der Lage sein wird, ein Bewusstsein zu entwickeln. Wir werden die Bedeutung der Seele genau erfassen können. Und in diesem Zusammenhang werden wir endlich den wahren Wert des Mensch-Seins begreifen… und zwar in einem Moment, in dem wir uns über das von der Natur Geschaffene zu einer neuen Form erheben, zu einer von uns selbst ersonnenen und entwickelten unvorstellbar mächtigen Kombination aus Mensch und Maschine.
Oder anders ausgedrückt: Am Vorabend des Supersturms werden wir unsere ganze Energie daransetzen, unser Überleben zu sichern. Der Gesellschaft kann es gelingen, das Unmögliche zu vollbringen. Und dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Werkzeuge erfunden werden, die wir noch nicht haben, ein funktionierendes Klimamodell zum Beispiel.
Warum sind wir uns dessen so sicher? Weil die Menschheit sich immer zu helfen wusste, wenn sie das zyklische Klima vor Probleme stellte. Seit unserer Entstehung ringen wir mit der Natur. Dieses Ringen wird wieder in den Vordergrund rücken; und weil uns eine Katastrophe, wenn nicht gar das Aussterben droht, werden wir unsere gesamten Fähigkeiten einsetzen.
Wir werden also kämpfen, genauso wie vor 100000 Jahren, als die Eiszeit zurückkehrte, und vor 8000 Jahren, als die Eiszeit uns alle in ihrem letzten Rückzugsgefecht fast ertränkt hätte.
Nach der letzten großen Herausforderung durch die Natur erfanden wir die Landwirtschaft. Wenn es eine alte menschliche Zivilisation gegeben hat, ist sie verschwunden und hat uns nichts als rätselhafte Überbleibsel hinterlassen. Gerade weil wir sie bis heute nicht kopieren können, erinnern sie uns eindringlich daran, dass der Zwang zum Wandel nicht nur Gewinn mit sich bringt, sondern auch Verlust.
Zu unseren Verlusten gehört offenbar das Wissen, das unsere Vorahnen veranlasste, das Rätsel von der Mühle des Hamlet zu hinterlassen. Wer immer den Mythos vom verrückten Müller und der fehlerhaften Mühle ersonnen hat, hat uns eine verschlüsselte Botschaft vor die Haustür gelegt. Und uns bewegt die Frage: Handelt es sich um ein allgemeines Sinnbild, oder ist tatsächlich eine ganze Zivilisation untergegangen, als der Müller zuletzt überschnappte?
Worauf es in unseren Augen ankommt, ist der Kern der Botschaft: Damals geschah etwas, das gewaltsam, gefährlich und zerstörerisch war, und es spricht alles dafür, dass es regelmäßig in dem großen Kreislauf wiederkehrt, der uns alle in seinem Griff hat und sich bald erneut vollenden wird.
So wie unsere vom Erfrieren bedrohten Vorfahren lernten, Kleider zu fertigen und sich zu gesellschaftlichen Gruppen zusammenzuschließen, müssen wir uns neue Technologien aneignen, wollen wir die Gefahren der kommenden Jahre unbeschadet überstehen.
Wir benötigen zuverlässigere Klimamodelle, die sich möglicherweise nur mithilfe intelligenter Maschinen erstellen lassen. Das Wetterproblem muss gelöst werden. Die Voraussagen müssen nahezu perfekt sein, damit auf ihrer Grundlage ein sinnvolles Vorgehen geplant werden kann. Eine Debatte, wie wir sie heute führen, die letztlich darauf hinausläuft, dass wir mit der Natur russisches Roulett spielen, ist logischerweise extrem gefährlich.
Es gibt noch eine zweite Grenze, die wir in unserem Bemühen, uns zu retten, überschreiten können, und die ist viel konkreter und fassbarer. Sie hat mit Achtsamkeit zu tun. Es hat in letzter Zeit genügend klimatische Umwälzungen gegeben, und die Veränderungen, insbesondere in der Arktis, erfolgen so schnell, dass die Warnzeichen eigentlich nicht mehr zu übersehen sind. Die gesellschaftlichen und politischen Ziele müssen neu festgelegt werden. Doch die Politik wird – womöglich zu unserem Verhängnis – durch kurzsichtige Debatten gelähmt.
Folglich kommt es auf den Einzelnen an. Jeder von uns muss begreifen, was er tun kann, und dann aus eigenem Antrieb handeln.
Schon wenn jeder Einzelne in der entwickelten Welt nur sein Haus abdichtet, den Wasserboiler mit einer Isolationsschicht abdeckt, den Thermostat für die Zentralheizung und die Klimaanlage auf höchstens 18 Grad im Winter und 23 Grad oder mehr im Sommer einstellt, lassen sich die Kohlendioxidemissionen beträchtlich senken. Die globale Erwärmung lässt sich damit verlangsamen, erst kaum merklich, dann aber immer spürbarer, wenn diese schlichten Maßnahmen von anderen aufgegriffen werden. Das wäre auch der Beginn der Stabilisierung des Wetters. Zugegeben, um unser Problem zu lösen, würde all das nicht genügen, aber wir würden etwas Zeit gewinnen.
Wir können auch unsere Autohersteller zwingen, Modelle zu entwickeln, die weniger Sprit verbrauchen. Der Prius von Toyota beispielsweise wird von einer Kombination aus Benzin- und Elektromotor angetrieben, der praktisch keine Abgase verursacht und auf 100 Kilometer lediglich 4,3 Liter verbraucht. Er muss nicht aufgeladen werden und hat etwa die doppelte Reichweite eines herkömmlichen Wagens. Die Karosserie ist identisch mit der des Corolla, er bietet also genügend Platz, und seine Geschwindigkeit ist mehr als ausreichend. Kurz, dieser und andere Vertreter der neuen Klasse sind nicht nur umweltfreundlich, sondern bieten jeden Komfort, den man von anderen Fahrzeugen gewohnt ist.
Neulich hat Ford den größten Kleintransporter der Geschichte eingeführt, einen robusten Neunsitzer, der sogar den Chevy Suburban in den Schatten stellt. Das nach den Standards von Trucks gebaute Gefährt ist ein Benzinfresser ersten Ranges und reiht sich ein in das Heer all der Geländewagen, die daraufhin konzipiert worden sind, lediglich die niedrigen Umweltkriterien zu erfüllen, die für Trucks gelten, und entsprechend die Luft verpesten.
Wollen wir im Sinne der Natur handeln, müssen wir in den Verkaufsräumen der Autohäuser zeigen, welche Macht wir als Verbraucher haben, und solche Gefährte links liegen lassen. Wir müssen darauf bestehen, dass unsere Regierungen die bestehenden Gesetze ändern und für Geländewagen und Wohnmobile die gleichen Emissionswerte einführen, die für Pkw gelten.
Wenn jeder für sich mit Veränderungen beginnt, zeichnet sich am Horizont eine ganz andere Zukunft ab. In dieser Zukunft überlebt unsere großartige Zivilisation, und ihr Wohlstand breitet sich auf umweltverträgliche Weise über die ganze Welt aus. Dann wird die Menschheit bis 2050 vermutlich bislang ungeahnte Dimensionen durchbrechen, im All Siedlungen errichten und als Ganzes gesund, glücklich, gebildet und voller Hoffnung in die Zukunft blicken.
Wir stehen am Rande eines Abgrunds und balancieren auf einem Drahtseil. Schaffen wir den Übergang oder stürzen wir ab? Unsere Vorfahren konnten sich nicht halten. Lassen Sie uns die Warnung beherzigen. Lassen Sie uns – diesmal – die andere Seite erreichen.