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Indessen ergriff Hauer den Klumpen mit einer Zange, tauchte ihn ins Wasser und reichte ihn seinem Herrn, gelb und glänzend.

»Reines Gold«, murmelte der Mönch respektvoll.

»Gleichwohl ist es nicht völlig rein«, sagte Peyrac, »sonst hätten wir nicht das Phänomen des Aufblitzens beobachtet, das das Zeichen für Silberbeimischung ist.«

Nachdem der Mönch sich von seinem Staunen erholt hatte, fragte er, ob er eine Probe dieses Produktes haben könne, um sie seinem Wohltäter, dem Erzbischof, zu übergeben.

»Bringt ihm ruhig diesen Klumpen rohen Goldes aus dem Schoß unserer Corbières-Berge mit«, sagte Graf Peyrac, »und erklärt ihm, daß dieses Gold aus einem Gestein kommt, das schon welches enthält, und daß es an ihm liegt, auf seinem Grund die eine oder andere Lagerung zu entdecken, die ihn reich machen wird.«

Conan Becher wickelte den Klumpen, der mindestens zwei Pfund wog, sorgfältig in ein Taschentuch und erwiderte nichts.

Die Heimreise wurde durch einen Zwischenfall unterbrochen, der scheinbar unbedeutend war, in der Folgezeit jedoch eine gewisse Rolle im Leben Angéliques und ihres Gatten spielen sollte.

Auf halbem Wege nach Toulouse, am zweiten Reisetag, begann die Stute, auf der Angélique ritt, zu lahmen, da sie sich an einem Kieselstein der Straße verletzt hatte. Es gab kein Ersatzpferd, falls man nicht eines von der Kutsche nehmen wollte, die mit vieren bespannt war; aber Angélique mochte keins der derben Zugtiere besteigen. So suchte sie in der Kutsche Zuflucht, in der Bernalli bereits Platz genommen hat-te. Sie wußte, welch kümmerlicher Reiter er war, und bewunderte um so mehr, daß er so lange Reisen unternahm, um einen Stoßheber zu betrachten oder über die Schwerkraft der Körper zu diskutieren. Überdies war der aus verschiedenen Ländern verbannte Italiener arm und reiste ohne Diener auf gemieteten Pferden. Trotz der schaukelnden Bewegung des Wagens war er entzückt über das, was er einen »bemerkenswerten Komfort« nannte, und als Angélique ihn lachend um ein Plätzchen bat, zog er verwirrt seine Beine zurück, die er unter der Bank ausgestreckt hatte.

Der Graf und Bernard d’Andijos ritten eine Weile neben der Kutsche her, aber als die Straße eng wurde, mußten sie, vor allem wegen des von der Equipage aufgewirbelten Staubs, etwas zurückbleiben. Zwei berittene Diener zogen dieser voraus.

Die Straße wurde immer enger und gewundener. Am Ausgang einer scharfen Biegung blieb die Kutsche knarrend stehen, und ihre Insassen sahen eine Gruppe von Reitern vor sich, die ihnen den Weg zu versperren schien. »Beunruhigt Euch nicht, Madame«, sagte Bernalli, während er zum Fenster hinausschaute. »Es sind nur die Lakaien einer andern Kalesche, die aus der entgegengesetzten Richtung kommt.«

»Aber wir können doch auf dieser schmalen Straße nicht ausweichen!« rief Angélique aus.

Vorn erhob sich Gelärm, da sich die Diener der beiden Parteien einander ausgiebig beschimpften. Die Neuhinzugekommenen verlangten in herausforderndem Ton, die Kutsche von Madame de Peyrac solle zurückfahren, und um deutlich zu machen, daß sie des Rechts auf Vorfahrt sicher seien, begann einer der Lakaien heftige Peitschenhiebe auszuteilen, die wahllos die Leute der Gegenpartei und die Pferde des Gespanns trafen. Die Tiere bäumten sich, der Wagen schwankte, und Angélique hatte das Gefühl, in den Abgrund gerissen zu werden. Sie stieß einen Schrei aus.

Inzwischen war Joffrey de Peyrac auf dem Schauplatz erschienen. Mit zorniger Miene ritt er auf den Mann mit der Peitsche zu und schlug ihm mit seiner Reitgerte mitten ins Gesicht. In diesem Augenblick kam der zweite Wagen an und blieb mit knirschender Bremse stehen. Ihm entstieg ein beleibter, apoplekti-scher Mann, der in ein Spitzen- und Bänderjabot gezwängt und mit ebensoviel Puder wie Staub bedeckt war. Er fuchtelte mit einem Stock durch die Luft, um den eine Seidenrosette befestigt war, und schrie:

»Man wagt es, meine Leute zu schlagen! Wißt Ihr nicht, Ihr Tölpel von einem Reiter, daß Ihr es mit dem Präsidenten des Parlaments von Toulouse zu tun habt, Baron Masseneau, Grundherrn von Pouillac und andern Besitzungen? Ich fordere Euch auf, Euch davonzumachen und uns vorbeifahren zu lassen.«

Der Graf wandte sich um und grüßte den Ankömmling übertrieben ehrerbietig.

»Sehr erfreut, mein Herr. Seid Ihr verwandt mit einem Sieur Masseneau, einem Notariatsschreiber, von dem man mir erzählt hat?«

»Monsieur de Peyrac!« rief der andere ein wenig verlegen aus. Doch sein von der Mittagssonne zusätzlich angefachter Zorn legte sich deswegen noch lange nicht, und sein Gesicht verfärbte sich violett.

»Damit Ihr Bescheid wißt, möchte ich bemerken, daß mein Adel nicht minder verbrieft ist als der Eurige, Graf! Ich könnte Euch das Diplom der Königlichen Kammer zeigen, das meine Erhebung in den Adelsstand bestätigt.«

»Ich vertraue Euch, Messire Masseneau. Der Staat stöhnt noch darüber, daß er Euch so hoch erhoben hat.«

»Ich verlange, daß Ihr mir über diese Anspielung Rechenschaft gebt. Was habt Ihr mir vorzuwerfen?«

»Findet Ihr nicht, daß dies ein schlecht gewählter Ort für eine solche Unterhaltung ist?« fragte Joffrey de Peyrac, der alle Mühe hatte, sein Pferd zu bändigen, das durch die Hitze und den dicken, roten Mann, der da vor ihm mit einem Stock in der Hand gestikulierte, unruhig geworden war. Doch Baron Masseneau gab sich nicht geschlagen.

»Es steht Euch nicht eben wohl an, vom Staat zu reden, Herr Graf! Denn Ihr geruht ja nicht einmal mehr zu den Versammlungen des Parlaments zu erscheinen.«

»Ich interessiere mich nicht mehr für ein Parlament ohne Autorität. Ich würde dort nur Arrivierten und Emporkömmlingen begegnen, die danach gieren, von Monsieur Fouquet oder Kardinal Mazarin ihre Adelstitel zu kaufen, indem sie gleichzeitig die letzten Sonderfreiheiten des Languedoc hingeben.«

»Monsieur, ich bin einer der höchsten Beamten der Justiz des Königs. Das Languedoc ist seit langem ein Bestandteil des Staats und mit der Krone verbunden. Es ist unschicklich, in meiner Gegenwart von Sonderfreiheiten zu reden.«

»Es ist im Interesse des Wortes Freiheit selbst unschicklich, es in Eurer Gegenwart auszusprechen. Ihr seid unfähig, seinen Sinn zu erfassen. Ihr taugt nur dazu, von den Zuwendungen des Königs zu leben. Das ist es, was Ihr ihm dienen nennt.«

»Das ist immerhin eine Weise, während Ihr ...«

»Ich verlange nichts von ihm, aber ich schicke ihm ohne jeden Verzug die Steuern meiner Leute, und ich bezahle sie ihm in gutem, reinem Gold, das ich aus meinem Boden gezogen oder durch meinen Handel verdient habe. Wißt Ihr, Monsieur Masseneau, daß ich bei der Million Livres, die das Languedoc auf bringt, mit einem Viertel beteiligt bin? Dies den viertausendfünfhundert Edelleuten und elftausend Bürgerlichen der Provinz zur Kenntnisnahme.«

Der Parlamentspräsident hatte sich nur eins gemerkt.

»Durch Handel verdienen!« rief er in entrüstetem Tone aus. »Es stimmt also, daß Ihr Handel treibt?«

»Ich treibe Handel und produziere. Und ich bin stolz darauf. Denn es liegt mir nicht, dem König die Hand hinzuhalten.«

»Oh, Ihr spielt den Stolzen, Monsieur de Peyrac. Aber macht Euch das eine klar: das Bürgertum und der junge Adel sind es, die die Zukunft und die Stärke des Königreichs darstellen.«

»Ich bin entzückt darüber«, sagte der Graf, der wieder zu seinem ironischen Ton zurückfand. »Möge der neue Adel also zeigen, was sich gehört, indem er die Höflichkeit hat, sich zu entfernen, um die Kutsche vorbeizulassen, in der Madame de Peyrac ungeduldig wartet.«

Doch der neue Baron stampfte eigensinnig in den Staub und den Pferdemist.

»Es besteht keinerlei Veranlassung, daß ich mich als erster zurückziehe. Ich wiederhole, daß mein Adel dem Euren ebenbürtig ist.«

»Aber ich bin reicher als Ihr, einfältiger Affe«, donnerte Joffrey. »Und da bei den Bürgerlichen einzig das Geld zählt, zieht Euch zurück, Monsieur Masseneau, laßt das Vermögen vorbei.«

Er galoppierte drauflos und sprengte die Diener des Beamten auseinander. Dieser hatte eben noch Zeit, zur Seite zu weichen, um der anrollenden Kutsche mit dem Wappen des Grafen zu entrinnen. Der Kutscher, der nur auf ein Zeichen seines Herrn gewartet hatte, war glücklich, über das Bedientenpack eines gemeinen Bürgers zu triumphieren.

Im Vorbeifahren sah Angélique einen kurzen Augenblick das puterrote Gesicht des Sieur Masse-neau, der, seinen bebänderten Stock schwingend, schrie:

»Ich werde einen Bericht machen ... Ich werde zwei Berichte machen . Monseigneur d’Orléans, der Statthalter des Languedoc, wird in Kenntnis gesetzt

werden ... und der Ministerrat des Königs dazu.«

Eines Morgens, als Angélique mit ihrem Gatten die Bibliothek des Palastes betrat, entdeckte sie Clément Tonnel, den Haushofmeister, der damit beschäftigt war, auf Wachstafeln Büchertitel zu notieren. Er schien verlegen und suchte Tafeln und Stift zu verbergen.

»Naseweiser Bursche, Ihr scheint Euch wahrhaftig für das Latein zu interessieren!« rief der Graf mehr überrascht als verärgert aus.

»Ich habe immer etwas für die Gelehrsamkeit übrig gehabt, Herr Graf. Mein Ehrgeiz war es, Notariatsschreiber zu werden, und es bedeutet eine große Freude für mich, dem Hause nicht nur eines großen Herrn, sondern auch eines ausgezeichneten Gelehrten anzugehören.«

»Es sind wohl kaum meine alchimistischen Bücher, die Euch über rechtliche Dinge zu belehren vermögen«, sagte Joffrey stirnrunzelnd, denn die verschlagene Art des Bedienten hatte ihm nie gefallen. Als einzigen von allen seinen Leuten duzte er ihn nicht.

Nachdem Tonnel sich entfernt hatte, sagte Angélique nachdenklich:

»Ich kann mich über die Dienste dieses Clément nicht beklagen, aber ich weiß nicht, weshalb mich seine Anwesenheit zunehmend bedrückt. Wenn ich ihn anschaue, habe ich das Gefühl, daß er mich an etwas Unangenehmes erinnert; und doch habe ich ihn aus dem Poitou mitgebracht.«

»Pah!« machte Joffrey, indem er mit den Schultern zuckte. »Es fehlt ihm ein wenig an Diskretion, aber solange ihn seine Wißbegierde nicht dazu verführt, in meinem Laboratorium herumzuschnüffeln . Im übrigen wird mein Mohr schon aufpassen. Clément muß der Sohn von Bauern oder sehr kleinen Handwerkern und mit der Absicht in Dienst gegangen sein, voranzukommen und sich zu bilden. Für einen beweglichen und aufgeschlossenen Geist gibt es kein besseres Mittel, die Umgangsformen der Großen kennenzulernen.«

Trotz dieser Worte fühlte sich Angélique auch weiterhin unerklärlich beunruhigt. Oftmals im Lauf des Tages drängte sich das pockennarbige Gesicht des Haushofmeisters in ihre Gedanken. Und doch war dieser Mann das einzige Stück »Heimat« in Languedoc, ein vorzüglich geschulter Diener, der sich nie einen Tadel zugezogen hatte. Er war zurückhaltend und ziemlich still, aber das Hausgesinde fürchtete ihn. Man erkannte seine Erfahrung und seine Fähigkeiten an, und immer gab es einen Schwarm junger Burschen, die als Küchenjungen in das Palais des Grafen Peyrac aufgenommen werden wollten, um unter der Leitung Clément Tonnels ihre Lehrzeit durchzumachen. Indessen mochte man ihn nicht, und das war verständlich, denn er stammte aus einer andern Gegend und hatte ein steifes Wesen.

Kurze Zeit danach erbat er Urlaub, um zur Regelung von Erbschaftsangelegenheiten nach Niort zurückzukehren. »Er hört offenbar nie auf zu erben«, dachte Angélique. Sie erinnerte sich, daß er schon einmal aus dem gleichen Grunde eine Stelle hatte verlassen müssen. Meister Clément versprach, im kommenden Monat zurück zu sein, aber als sie ihn sorgfältig das Gepäck auf seinem Pferd verschnüren sah, überkam Angélique eine Ahnung, daß sie ihn nicht so bald wiedersehen würde. Ihre Absicht, ihm einen Brief für ihre Familie anzuvertrauen, gab sie im letzten Augenblick auf.

Als er abgereist war, wurde sie plötzlich von dem unerklärlichen Verlangen erfaßt, Monteloup und das Heimatland wiederzusehen. Dabei sehnte sie sich nicht einmal so sehr nach ihrem Vater. Obzwar sie sehr glücklich geworden war, grollte sie ihm immer noch ein wenig wegen der Art, in der er sie verheiratet hatte. Ihre Brüder und Schwestern waren in alle Winde verstreut. Der alte Wilhelm war tot, und den Briefen, die sie bekam, entnahm sie, daß die Tanten zänkisch und kindisch und die Amme immer despotischer wurden. Ihre Gedanken wanderten kurz zu Nicolas, aber Nicolas war nach ihrer Hochzeit aus der Gegend verschwunden.

Angélique ging ihrem Wunsch auf den Grund und wurde sich bewußt, daß nur der Gedanke sie in die Heimat trieb, Schloß Plessis aufzusuchen und festzustellen, ob sich das berüchtigte Giftkästchen noch in seinem Versteck befand. Eigentlich bestand kein Grund, warum es nicht mehr dort sein sollte.