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Admet.
Es war lächerlich anzusehen. Wir verstunden das nicht, bis erst kurz ein junger Studiosus herunter kam, der uns die große Neuigkeit brachte, ein gewisser Wieland habe uns ungebeten wie Euripides die Ehre angetan, dem Volke unsre Masken zu prostituieren. Und der sagte das Stück auswendig von Anfang bis zu Ende her. Es hat's aber niemand ausgehalten als Euripides, der neugierig und Autor genug dazu war.
Euripides.
Ja, und was das Schlimmste ist, so soll er in eben den Wischen, die du herumträgst, seine Alceste vor der meinigen herausgestrichen, mich herunter und lächerlich gemacht haben.
Mercurius.
Wer ist der Wieland?
Literator.
Hofrat und Prinzenhofmeister zu Weimar.
Mercurius.
Und wenn er Ganymeds Hofmeister wäre, sollt er mir her. Es ist just Schlafenszeit, und mein Stab führt eine Seele leicht aus ihrem Körper.
Literator.
Mir wird's angenehm sein, solch einen großen Mann bei dieser Gelegenheit kennen zu lernen.
Wielands Schatten in der Nachtmütze tritt auf.
Wieland.
Lassen Sie uns, mein lieber Jacobi.
Alceste.
Er spricht im Traum.
Euripides.
Man sieht doch, mit was für Leuten er umgeht.
Mercurius.
Ermuntert Euch. Es ist hier von keinen Jacobis die Rede. Wie ist's mit dem Merkur? Ihrem Merkur? dem Deutschen Merkur?
Wielandkläglich.
Sie haben mir ihn nachgedruckt.
Mercurius.
Was tut uns das. So hört denn und seht.
Wieland.
Wo bin ich? Wohin führt mich der Traum?
Alceste.
Ich bin Alceste.
Admet.
Und ich Admet.
Euripides.
Solltet Ihr mich wohl kennen?
Mercurius.
Woher? — Das ist Euripides, und ich bin Merkur. Was steht Ihr so verwundert?
Wieland.
Ist das Traum, was ich wie wachend fühle? Und doch hat meine Einbildungskraft niemals solche Bilder hervorgebracht. Ihr Alzcste? Mit dieser Taille! Verzeiht! Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
Mercurius.
Die eigentliche Frage ist, warum Ihr meinen Namen prostituiert und diesen ehrlichen Leuten zusammen so übel begegnet.
Wieland.
Ich bin mir nichts bewußt. Was Euch betrifft, Ihr könntet, dünkt mich, wissen, daß wir Euerm Namen keine Achtung schuldig sind. Unsre Religion verbietet uns, irgend eine Wahrheit, Größe, Güte, Schönheit anzuerkennen und anzubeten außer ihr. Daher sind eure Namen wie eure Bildsäulen zerstümmelt und preisgegeben. Und ich versichre Euch, nicht einmal der griechische Hermes, wie ihn uns die Mythologen geben, ist mir je dabei in Sinn gekommen. Man denkt gar nichts dabei. Es ist, als wenn einer sagte: Recueil, Portefeuille.
Mercurius.
Es ist doch immer mein Name.
Wieland.
Haben Sie niemals Ihre Gestalt mit Flügel an Haupt und Füßen, den Schlangenstab in der Hand, sitzend auf Warenballen und Tonnen, im Vorbeigehn auf einer Tabaksbüchse figurieren sehn?
Mercurius.
Das läßt sich hören. Ich sprech Euch los. Und ihr andern werdet mich künftig ungeplagt lassen. So, weiß ich, war auf dem letzten Maskenballe ein gnädiger Herr, der über seine Hosen und Weste noch einen fleischfarbnen Jobs gezogen hatte und vermittelst Flügeln an Haupt und Sohlen seine Molchsgestalt für einen Mercurius an Mann bringen wollte.
Wieland.
Das ist die Meinung. So wenig mein Vignettenschneider auf Eure Statue Rücksicht nahm, die Florenz aufbewahrt, so wenig auch ich.