157972.fb2 Attentat auf Abraham Lincoln - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 13

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»Und der Schuß?«

»Ein Irrtum. Wir hielten dich erst für Hauptmann Gerber.«

Martin rutschte aus dem Sattel. Er und Irene fielen sich in die Arme.

Schließlich fragte sie, ob er etwas von Jacob gehört hatte.

»Nein, nichts«, antwortete Martin und schüttelte traurig den rotblonden Kopf.

*

»Das war's«, lachte Bloody Bill Andersen, als sich Jacob nicht mehr rührte. »Dem dreckigen Yankee-Schwein ist die Puste ausgegangen.«

William Quantrill sprang von der großen Vorratskiste auf, auf der er thronte. »Hast du ihn etwa umgebracht, Bill?«

»Sieht ganz so aus«, verkündete Quantrills Unterführer mit einem breiten Grinsen. »Diesem Dutch ist die Luft weggeblieben.«

»Dann kann er uns nichts mehr verraten!« empörte sich der Captain.

»Was soll's. Dafür haben wir ja noch den Seemann. Der wird schon sein Maul auf-«

Das letzte Wort ging in einem gurgelnden Laut unter, als Jacobs rechte Faust unter Andersons Kinnlade krachte, gefolgt von der linken Faust des Deutschen. Bloody Bill verlor das Gleichgewicht und fiel zur Seite, von Jacob herunter.

Jacob war heilfroh, daß sein Plan funktioniert hatte. Sonst wäre er jetzt tatsächlich tot gewesen. Er hatte den toten Mann gespielt, um seinen Gegner zu täuschen. Und der Prahlhans Anderson war tatsächlich darauf hereingefallen und hatte von Jacob abgelassen, bevor diesem wirklich die Luft wegblieb. Er hätte es keine zehn Sekunden mehr ausgehalten.

Jetzt atmete er gierig die Luft ein, während er sich taumelnd erhob.

Die Freischärler wurden mucksmäuschenstill. Anfangs hatten fast alle mit einem leichten Sieg ihres Unterführers gerechnet. Der Kampf hatte jetzt eine Wendung genommen, die aller gebannte Aufmerksamkeit beanspruchte. Auch Quantrill sah seinem Fortgang mit neugierig aufgerissenen Augen zu.

Als Anderson wieder auf die Beine kam, stand Jacob längst über ihm und deckte ihn mit einem Schlaghagel ein, der den Vollbärtigen immer wieder zu Boden schickte. Sobald er sich erhob, fing er sich neue Hiebe ein. Bald war Andersons Bart rot vom Blut, das aus vielen Platzwunden in seinem Gesicht lief.

Jacob trieb seinen Gegner in den Bach hinein, in dem Anderson schließlich auf allen vieren kniete. Er wirkte mit dem durchnäßten Bart und langen Haar wie eine überdimensionale nasse Katze. Eine ausnehmend häßliche Katze.

Doch als sich die Katze aus dem Wasser erhob, war sie ein gefährliches Raubtier, das statt scharfer Pranken und Reißzähne einen Revolver benutzte. Der Hahn klickte gefährlich, als Anderson die Waffe auf Jacob richtete.

»Genug gespielt, Dutch«, keuchte Bloody Bill, am Ende seine Kräfte. »Jetzt fährst du ohne Umschweife zur Hölle!«

Ein Schuß krachte und noch einer.

Der erste riß Anderson die Waffe aus der Hand und schleuderte sie ans Ufer. Der zweite erfolgte, als der Hahn von Andersons Revolver beim Aufprall auf dem Boden auf das Zündhütchen schlug.

In der Nähe der Kontrahenten stand Frank James mit rauchender Waffe und sah Anderson mit einem unschuldigen Lächeln an. »Tut mir leid, Bill, aber du warst nicht ganz fair. Außerdem nützt dem Captain ein toter Gefangener nichts.«

Anderson sah seinen Kameraden haßerfüllt an, stieß einen wütenden Schrei aus und stapfte aus dem Wasser, um sich erneut mit Jacob anzulegen. Aber der Freischärler war am Ende seiner Kräfte und dem jungen Zimmermann nicht mehr gewachsen. Nach einem kurzen Schlagabtausch lag Bloody Bill auf der Wiese, alle viere von sich gestreckt.

Plötzlich war das Geschehen in ihrer Mitte für die Freischärler nicht mehr interessant. Der Kreis öffnete sich. Die Männer bildeten eine Gasse für einen zivil gekleideten Reiter, der auf einem erschöpften Pferd ins Lager ritt und vor Quantrill aus dem Sattel sprang. Dabei verlor der Reiter seinen Hut, und Jacob erkannte, daß es ein etwa sechzehnjähriges Mädchen war.

*

Tate McMillan berichtete Quantrill von dem Mann, der auf ihre Farm gekommen war, und von Abraham Lincoln und Allan Pinkerton. Jacob, der noch immer auf dem Kampfplatz stand, konnte alles mit anhören.

Quantrill sah Jacob an und strahlte über das ganze Gesicht. »Du hast ja wirklich die Wahrheit gesagt, sieh an. Ein ehrlicher und tapferer Mann. Schade, daß du nicht auf unserer Seite stehst. Männer wie dich kann ich immer gebrauchen.«

Jacob verstand, daß dies die Aufforderung war, sich Quantrills Schar anzuschließen. Aber allein der Gedanke, zu dieser Mordbande zu gehören, widerte ihn an. Und das sagte er Quantrill auch.

Das Lächeln auf dessen Gesicht blieb, war aber nurmehr eine Maske. »Wenn das so ist, brauchen wir dich nicht mehr.« Er wandte sich an seine Männer. »Wir haben es eilig und können die Gefangenen nicht mitnehmen. Liquidiert sie!«

Als die Männer ihre Revolver ziehen wollten, war Jacob schneller und richtete Andersons Waffe, die er bei der Ankunft des Mädchens, die alle abgelenkt hatte, aus dem Gras aufgelesen und unter seiner Jacke versteckt hatte, auf den Guerillaführer. »Ich mag diese Art Waffe nicht, Quantrill, aber ich denke, ich kann sie benutzen. Wenn Ihre Männer auf mich schießen, nehme ich Sie auf jeden Fall mit, wohin auch immer.«

Quantrill setzte die Maske des Lächelns ab. »Der Dutch meint es ernst, Männer. Also haltet eure Zeigefinger steif.« Er sah wieder Jacob an. »Was verlangst du?«

»Zwei Pferde und freien Abzug für Lieutenant Slyde und mich.«

»Einverstanden. Männer, bringt den tapferen Seemann her. Und zwei Pferde für die Yankees.«

Ein paar Freischärler machten sich davon. Pferde wurden nicht geholt, aber Slyde, der kaum aufrecht stehen konnte. Jesse James und Cole Younger hielten ihn in ihrer Mitte. Der Lauf von James' Revolver war auf den Kopf des Offiziers gerichtet.

»Was soll das?« fragte Jacob.

»Im Schach nennt man das ein Remis«, sagte Quantrill. »Keiner von uns kann den nächsten Zug tun. Schießen meine Männer auf dich, erschießt du mich. Aber erschießt du mich, erschießen meine Männer deinen Freund. Jetzt kommt es darauf an, wer die stärkeren Nerven hat.«

Er schien die Situation tatsächlich zu genießen, stand seelenruhig da und wartete, was Jacob tun würde. Letzterer wußte, daß er im Zugzwang war. Er konnte die vier Dutzend Männer um sich herum nicht ständig im Auge behalten. Über kurz oder lang mußten sie ihn überwältigen. Das war es, worauf sich Quantrill verließ.

Aber Lieutenant Slyde machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Vielleicht hatte er die Situation erkannt. Jedenfalls erwachten die Lebensgeister in ihm noch einmal. Er bäumte sich auf und wollte sich von seinen Bewachern lösen.

In dem Gerangel krachte der Schuß aus Jesse James' Waffe. Mit einem Loch in der Stirn sackte der Marineoffizier zu Boden. Er war tot.

Die Ereignisse überstürzten sich. Das Krachen des Schusses schien die Erstarrung von allen genommen zu haben. Vierzig Hände griffen nach ihren Waffen, auch die von Quantrill. Der Guerillaführer wollte seine beiden schweren Revolver gleichzeitig ziehen.

Jacob zog den Stecher durch. Seine Kugel traf Quantrills Brust. Der Getroffene ließ seine Waffen los und fiel rücklings zu Boden.

Der Deutsche nutzte die Verwirrung und schwang sich auf Tate McMillans Pferd, trieb es an, durch die Uniformierten hindurch auf den Ausgang des Canyons zu. Nachdem sich die Freischärler von ihrer Überraschung erholt hatten, schickten sie ihm einen wütenden Kugelhagel hinterher.

Zu spät. Der flüchtende Reiter war hinter einer Biegung verschwunden, und die Kugeln klatschten wirkungslos gegen die rötlichen Felsen.

Jacob besaß nicht viel Erfahrung mit Pferden, hatte sich auf seiner dreijährigen Wanderschaft als Zimmermannsgeselle zumeist auf Schusters Rappen fortbewegt. Er konnte sich gerade mal im Sattel halten, aber das tat er mit aller Kraft. Er stieß dem Tier, wie er es bei anderen Reitern gesehen hatte, die Hacken in die Flanken und trieb es mit wilden Schreien zu noch größerer Schnelligkeit an. Obwohl der schlanke Falbe durch den Ritt zum Redrock Canyon ziemlich erschöpft war, gab er sein Bestes und trug seinen Reiter in Windeseile dem schmalen Durchgang entgegen.

Als die beiden turmartigen Felsen vor ihm in die Höhe wuchsen, dachte Jacob mit Erschrecken an die beiden Wächter.

Während er mit der linken Hand die Zügel festhielt, zog er mit der rechten Andersons Revolver aus seiner Jackentasche.

Da bellte auch schon ein Schuß auf. Mit rauchendem Karabiner stand ein Guerilla auf dem rechten Felsen. Jacob bot auf dem dahinrasenden Pferd ein schlechtes Ziel, und der Schuß mußte daher fehlgegangen sein.

Der Mann auf dem linken Felsen ließ sich mehr Zeit, ging in die Knie, legte den Karabiner auf einer kegelförmigen Erhöhung auf und zielte in Ruhe.

Ohne die Geschwindigkeit zu verringern, gab Jacob zwei Schüsse auf den Freischärler ab. Er hatte fast keine Erfahrung mit Schußwaffen und gab sich keinen großen Hoffnungen hin, einen Treffer zu erzielen. Aber der Mann auf dem linken Felsen kippte zur Seite. Der Schuß aus seiner Waffe löste sich, doch die Kugel verschwand im Himmel.

Jacob konnte kaum glauben, den Mann getroffen zu haben. Vielleicht war er, was Schußwaffen betraf, tatsächlich ein Naturtalent, wie schon Ansbert von Waiden nach Jacobs Duell mit Bertram Arning zu ihm gesagt hatte.