157997.fb2 Blockadebrecher - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 12

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Auf die kurze Entfernung war Schelps Taschenwaffe genauso tödlich wie die große Faustfeuerwaffe des Unbekannten hinter der Tür.

»Scheint in Ordnung zu sein«, sagte der Mann hinter der Tür laut.

Die Mitteilung war für den oder die anderen Menschen im Hotelzimmer bestimmt.

Die Tür wurde ganz aufgezogen.

Der Mann, dem Hansen gegenüberstand, war groß und wuchtig.

Auf den ersten Blick wirkte er auf den Kapitän wie ein alter Soldat, obwohl er Zivil trug: schwarze Hosen und einen hellen Rock, unter dem an der rechten Hüfte ein schwarzledernes Holster hervorlugte.

Diese verschließbare Revolvertasche nach militärischem Zuschnitt bestärkte Hansens Eindruck, es mit einem Soldaten zu tun zu haben. Ebenso die kerzengerade Haltung des Mannes, der entschlossene Ausdruck in dem von einem großen Schnurrbart mit nach oben gezwirbelten Enden verzierten Gesicht und die lässige Art, wie er den schweren Leach & Rigdon-Revolver hielt. Der Leach & Rigdon war unter den Südstaatlern verbreitet.

»Kommen Sie rein, beide!«

Der scharfe Ton machte aus der Einladung einen Befehl. Und auch der Revolver, der noch in der Faust des Mannes lag.

Der Bewaffnete verschloß die Tür wieder hinter den beiden Besuchern.

Diese stellten verwirrt fest, daß sie sich mit dem anderen allein in dem großen, luxuriös ausgestatteten Salon befanden. Mit wem hatte er eben gesprochen?

Die Antwort erschien in Gestalt zweier weiterer Personen, die hinter einem Vorhang hervortraten. Er verbarg den Durchgang zu einem großen Schlafzimmer. Ein Mann und eine Frau hatten sich dort versteckt gehalten.

Der zweite Mann war kleiner als der erste, was aber nicht so auffiel, da er bedeutend schmaler war, fast drahtig. Sofort erkannte man den Südländer. Die Haut war olivfarben, das Haupthaar sowie der gepflegte Oberlippen- und Kinnbart tiefschwarz.

Er trug keine sichtbare Waffe, aber die rechte Außentasche seines blauen Samtrocks war verdächtig stark ausgebeult. Und die rechte Hand schwebte immer in Höhe dieser Tasche.

Über die Frau ließ sich so gut wie gar nichts sagen. Es war die Dame in Schwarz, die den Jungen zur ALBANY geschickt hatte. Ihr langes Kleid war so schwarz wie der Hut mit dem undurchdringlichen Schleier, wie ihre Stiefeletten und ihre Handschuhe. Man sah nicht ein Stück Haut. Nur etwas Haar, einige Locken, die unter dem Hut hervorquollen. Sie waren so rot wie Schelps Haare.

»Er ist es«, stellte die Frau fest, nachdem sie den Deutschen in der Stutzerkleidung eingehend gemustert hatte. »Er entspricht haargenau der Beschreibung, die ich von Arnold Schelp habe.«

Jetzt erst steckte der Mann mit dem Schnurrbart die langläufige Waffe zurück ins Holster und sagte:

»Verzeihen Sie die Vorsicht, aber wir dürfen nichts riskieren. Gestatten Sie, daß ich mich vorstelle: Captain Abel McCord von der Armee der Konföderierten Staaten von Amerika.«

In seinen Worten schwang Stolz mit. Stolz auf seinen Rang und noch mehr auf die Armee, in der er diente.

Der Südländer wollte nicht zurückstehen. Er trat einen Schritt vor, verneigte sich leicht und sagte mit spanischem Akzent:

»Ich bin Don Emiliano Maria Hidalgo de Tardonza, Sonderbevollmächtigter der mexikanischen Exilregierung.«

»Ich wußte gar nicht, daß Benito Juarez sich bereits im Exil befindet«, erwiderte Schelp.

Der Mexikaner musterte ihn genau, konnte aber nicht herausfinden, ob die Bemerkung des Deutschen ernst gemeint war.

Schließlich sagte er:

»Senor Schelp, ich spreche nicht von diesem indianischen Usurpator Juarez, sondern von der rechtmäßigen Regierung.

Juarez befindet sich noch in Mexiko.« Er senkte seine Stimme und verlieh ihr gleichzeitig einen verschwörerischen Beiklang. »Aber bestimmt nicht mehr lange!«

Schelp nickte wenig beeindruckt, verneigte sich vor der Frau und sagte:

»Sie müssen demnach Mrs. oder Miß V. Smith sein, Madam.«

»Mrs. Smith, ja.«

Ihre Stimme klang kalt, als sei vor langer Zeit jedes Gefühl in der Frau gestorben.

»Und wo ist Mr. Smith, wenn ich mir diese Frage erlauben darf?«

»Ich trauere um ihn, Mr. Schelp. Ich habe erst vor kurzem erfahren, daß die Yankees ihn hingerichtet haben.«

»Mein Beileid«, sagte Schelp und versuchte, ehrlich betroffen zu klingen.

Obwohl Captain McCord seinen Revolver weggesteckt hatte und auch Schelp offenbar nicht mehr ans Schießen dachte, fühlte sich Hansen nicht wohler. Diese illustre Gesellschaft beunruhigte ihn. Zwei Deutsche, zwei Amerikaner und ein Mexikaner. Wo so viele Interessen aufeinanderstießen, mußte es einfach zu Reibungen kommen.

»Nehmen Sie Platz, Gentlemen«, sagte die Frau.

Ihre behandschuhte Rechte wies auf eine dick gepolsterte Sitzgruppe.

Die beiden Deutschen setzten sich auf eine Couch, Mrs. Smith und der Mexikaner in große Sessel.

Der konföderierte Offizier holte eine Flasche KentuckyWhiskey und füllte zwei Gläser, für sich und für Schelp. Alle anderen lehnten ab.

Auch Piet Hansen, der zwar in der Regel nie etwas gegen einen guten Schluck einzuwenden hatte, jetzt aber lieber einen klaren Kopf behalten wollte.

McCord angelte sich einen Stuhl, setzte sich zu den anderen und fragte, als er das schmale Glas hob:

»Dürfen wir auf einen erfolgreichen Abschluß des Unternehmens anstoßen, Mr. Schelp?«

Der Angesprochene hob ebenfalls sein Glas und lächelte.

»Aber ja doch, Captain McCord. Im Bauch der ALBANY lagert genau die Fracht, die Ihre Verbindungsleute in Deutschland bei mir bestellt haben. Die Reise nach Fogerty verlief dank Käpten Hansens nautischen Fähigkeiten reibungslos. Ich hoffe, das wird auch auf den Rest der Fahrt zutreffen!«

»Deshalb sind wir hier«, sagte McCord und deklamierte dann feierlich: »Auf den Süden!«

Er leerte sein Glas mit einem kräftigen Zug.

»Auf den Süden«, wiederholte Schelp, allerdings längst nicht so begeistert, und leerte ebenfalls sein Glas.

In Gedanken fügte er hinzu: Und auf die Golddollars in der konföderierten Kriegskasse!

McCord wandte sich an Piet Hansen und fragte: »Können Sie morgen nach Sonnenaufgang ablegen, Käpten?«

Der Seebär nickte.

»Ja, Captain. Frischwasser und frische Vorräte sind an Bord. Wir müssen nur noch durch Losentscheid die Passagierfrage klären.«