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»Löschen Sie das Licht, Abel!« verlangte die Frau.

Seufzend befolgte McCord die Aufforderung, kam dann zu der Frau zurück und legte sie wieder über die Sessellehne.

Sie dachte an den bevorstehenden Tag, an das Wiedersehen mit den deutschen Auswanderern und an die verschiedenen Möglichkeiten, sich an ihnen zu rächen, während der Offizier wenig gefühlvoll, fast hart, in sie eindrang.

Und als sie schließlich, mit hochgeschobenen Röcken über dem Sessel liegend, doch einen Anflug von Lust verspürte, dachte sie dabei nicht an McCord. Wie immer, wenn sie mit dem Captain intim war, schwebte vor ihrem geistigen Auge das Gesicht des einzigen Mannes, dem jemals ihr Herz gehört hatte.

*

Der Mann, der in der nachmitternächtlichen Finsternis durch den rückwärtigen Teil des Fogerty Grand Hotels schlich, war auf den ersten Blick eine überaus komische Erscheinung. Von der in einem bommelbeschwerten Zipfel auslaufenden Schlafmütze über das viel zu weite Nachthemd bis zu den ausgetretenen Filzpantoffeln, in denen die nackten Füße steckten.

Gar nicht komisch war allerdings das verkniffene, alarmierte Gesicht des älteren Mannes.

Und komisch wirkte auch nicht die wuchtige doppelläufige Schrotflinte, die er angespannt vor sich hielt, während er die finsteren Gänge im Parterre durchquerte, die zu dem Teil des Hotels gehörte, der Gästen nicht zugänglich war. Hier lagen die Küche und die Vorratsräume.

Jefferson Kinley brauchte nicht viel Licht. Eigenhändig hatte er beim Bau seines Hotels mitgeholfen. Er kannte jede Ecke, jede Unebenheit im Boden.

Und er wußte, wohin er sich wenden mußte. Die seltsamen Geräusche, die ihn aus dem Schlaf gerissen hatten, wiesen ihm den Weg.

Mal war es ein Klopfen, dann wieder eine Art Sägen. Aber mitten in der Nacht arbeitete doch niemand, weder der Hufschmied noch der Büchsenmacher, nicht der Stellmacher und nicht der Böttcher.

Die Geräusche kamen vom Hinterhof des Hotels. Nein, als Kinley draußen stand zwischen alten Lieferkisten und mit Abfällen und Regenwasser gefüllten Fässern, erkannte der die Wahrheit. Sie kamen aus dem halbfertigen großen Anbau, der einmal sein eigener Mietstall werden sollte. Und jetzt bemerkte er auch das Licht, das durch die unverfugten Ritzen nach draußen drang.

Er schlich näher, geräuschlos. Mit den jeden Laut dämpfenden Pantoffeln fiel ihm das nicht schwer. Außerdem, wer immer im halbfertigen Mietstall wütete, bei dem Lärm würde er Kinley kaum hören.

Der Mietstall besaß zwei Eingänge. Eine große Doppelflügeltür zeigte zur Benson Street hinaus und war für Tiere und Wagen gedacht. Die kleine Seitentür, zum Hof und zum Hotel hin gelegen, war nur Menschen vorbehalten.

Der Hotelier stellte fest, daß die Hoftür nur angelehnt war. Vorsichtig schob er sie so weit auf, daß er sich gerade eben hindurchzwängen konnte. Mehrere Öllampen waren in dem großen Raum verteilt und tauchten ihn in gleichmäßiges Licht.

Kinley hörte ein lautes, schnelles Hämmern. Aber er sah nicht, wer oder was dieses Geräusch verursachte. Der große Stall schien menschenleer.

Aber das konnte nicht sein!

Er sah auf die Lampen. Jemand hatte sie aufgestellt, um bei seiner nächtlichen Tätigkeit, welcher Art auch immer sie sein mochte, genügend Licht zu haben.

Der Mann im Nachthemd glaubte zu erkennen, daß die Geräusche aus dem vorderen Stallteil kamen, der zur Benson Street führte. Er ging den Geräuschen nach, nutzte jeden Pfeiler als Deckung und hielt die schwere Doppelläufige stets schußbereit.

Dann fuhr er zusammen wie vom Blitz getroffen.

»Hier oben bin ich, Mr. Kinley.«

Als Kinley sich von dem Schreck erholt hatte, sprang er ungelenk hinter einen großen Stoß Bauholz und riß den Waffenlauf nach oben. Dorthin, von wo die überraschende Stimme gekommen war. Der Hotelier war so nervös, daß er beinah losgefeuert hätte, beide Läufe!

»Schießen Sie nicht, Sir«, bat der Mann, der mit nacktem Oberkörper rittlings auf einem Querbalken des Dachstuhls hockte und einen schweren Hammer in der Hand hielt. »Auf die Entfernung würde Ihr Schrot mich in viele kleine Teile reißen. Wäre schwer, die alle wieder zusammenzuklauben.«

Erstaunt blickte Kinley zu dem großen, muskulösen jungen Mann hinauf, der wiederum den Hotelier mit einem fast entschuldigendem Lächeln auf dem offenen Gesicht ansah. Der Mann mit dem Hammer hatte so schwer gearbeitet, daß ein dicker Schweißfilm seine Haut bedeckte. Das helle Haar klebte in der Stirn.

»Mr. Adler«, stieß Kinley erstaunt hervor. »Was, zur Hölle, tun Sie hier?«

»Das sehen Sie doch, ich arbeite. Wie wir es abgemacht haben.«

»Aber mitten in der Nacht?«

»Miß Sommer und ich haben eine Passage auf der ALBANY ergattert, die morgen ausläuft. Sie haben uns Unterkunft und Verpflegung gewährt, Mr. Kinley. Dafür schulde ich Ihnen etwas.«

Jacob zeigte auf den Dachstuhl.

»Die Dachkonstruktion ist ziemlich wacklig. Ich versuche, ihr so viel Halt zu geben, daß Ihnen der Neubau nicht einstürzt, bis Sie einen neuen Zimmermann verpflichten können.«

Mit fassungslosem Gesicht ließ der Hotelier die Doppelläufige sinken.

»Ich habe ja schon gehört, daß ihr Deutschen ein fleißiges Völkchen seid. Aber daß ihr sogar die Nacht durcharbeitet!«

Er schüttelte den Kopf und meinte dann:

»Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz, Mr. Adler. Aber sehen Sie zu, daß Sie noch ein paar Stunden Schlaf bekommen. Und schlafen Sie nicht da oben ein. Sie könnten herunterfallen und sich das Genick brechen. Oder schlimmer noch, Sie könnten Ihr Schiff versäumen!«

Als Kinley den Mietstall verließ, begleitete ihn erneutes Hämmern.

*

Jacob hämmerte schon wieder, als die Sonne ihre ersten blaßrosa Finger über das sanft gewellte Land jenseits der provisorischen Stadt aus grotesken Zeltkonstruktionen und windschiefen Hütten ausstreckte.

Wie die angrenzende Stadt der festen Häuser lag auch hier noch alles im tiefen Schlaf, Menschen wie Tiere. Um so lauter dröhnten die Schläge des jungen Deutschen.

Diesmal benutzte er die bloße Faust. Die dünne Brettertür der wackligen Hütte erbebte geradezu unter seinen Schlägen. Diese Iren schienen einen bombenfesten Schlaf zu haben.

Als Jacob zum erneuten Schlag gegen die schon arg malträtierte Tür ausholte, wurde sie plötzlich aufgerissen.

Zwei grimmige Gesichter starrten den Deutschen aus mühsam geöffneten Augen an. Gesichter, die nicht auseinanderzuhalten waren: Bartly und Gypo Connor.

»Verdammt, was wollen Sie mitten in der Nacht?« blies einer der beiden dem Zimmermann eine dicke Schnapsfahne ins Gesicht.

Aus der Gesprächigkeit des Mannes schloß Jacob, daß es sich um Bruder Bartly handelte.

»Erkennen Sie mich nicht, Mr. Connor?«

Die Rechte des Iren kratzte durch das nach allen Seiten abstehende rostbraune Haar, die Linke über das schmutzige, löchrige Unterhemd fast gleicher Farbgebung unter der rechten Achsel. Dieses Verhalten sollte anscheinend die Gehirntätigkeit von Bartly Connor ankurbeln.

Plötzlich aber begann er zu schwanken, eine Auswirkung der Schlaf- oder Alkoholtrunkenheit - oder von beidem. Er brauchte beide Hände, um sich am Türrahmen festzuhalten. Jacob hatte den Eindruck, daß dadurch die ganze Hütte wackelte.

»Beim Heiligen Patrick, das ist der Dutch von gestern!« trompetete Bartly Connor das Ergebnis seiner geistigen Bemühungen hinaus, und Bruder Gypo nickte bestätigend.

Jacob trat einen halben Schritt zurück, um der Gefahr zu entgehen, sich durch das bloße Einatmen von Bartly Connors Ausdünstungen einen Vollrausch einzuhandeln. Außerdem vermischte sich der Schnapsdunst trotz seiner Stärke mit körperlichen Gerüchen, die den Verdacht nährten, Bartly Connor hätte das in billigen Fusel umgesetzte Geld lieber in ein gutes Stück Seife investieren sollen.

»Wecken Sie Ihre Schwester und Ihren Neffen, Mr. Connor«, sagte der Deutsche. »In nicht ganz drei Stunden verläßt die ALBANY Fogerty in Richtung San Francisco.«

Die schläfrigen Augen des Iren zogen sich skeptisch zusammen.