157997.fb2 Blockadebrecher - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 6

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»No, Sir, dieses Land bringt uns kein Glück. Wir haben aufgegeben, als der Schnee schmolz. Jetzt wollen wir nach Kalifornien, wie alle hier.« Sie zeigte auf die provisorische Stadt aus Hütten und Zelten. »Warum sollen nur die anderen durch das Gold reich werden?«

»Wir wollen auch nach Kalifornien«, sagte Jacob und stellte sich, Irene und Jamie vor.

Irene fragte:

»Mrs. O'Faolain, worauf warten Sie und all die Menschen hier?«

»Worauf? Auf ein Schiff natürlich! Aber es laufen längst nicht genügend Schiffe Fogerty an, die weiter nach Kalifornien fahren. Wir hätten gleich den Landweg nehmen sollen, dann wären wir jetzt schon da!«

»Das sind ja schöne Aussichten«, seufzte Irene enttäuscht.

Immer wieder, wenn sie sich Carl Dilger nahe glaubte, schob das Schicksal ein Hindernis dazwischen.

Dann aber war sie entsetzt über sich selbst, als sie sich bei dem Gedanken ertappte, daß ihr das nicht nur unlieb war. Denn so konnte sie das länger hinauszögern, vor dem sie sich schon lange insgeheim fürchtete: die Trennung von Jacob!

»Wie sieht es mit Unterkünften aus?« fragte Jacob mit Blick auf die nahen Häuser von Fogerty. »Wir haben noch nicht mal ein vernünftiges Zelt. Und das Schlafen im und unterm Wagen sind wir eigentlich über.«

»Oh, es gibt Unterkünfte in der Stadt«, antwortete die Irin. »Seitdem die Leute geradezu in Scharen nach Kalifornien strömen, haben eine Menge Bürger ihre Häuser in Pensionen umgewandelt. Außerdem gibt es noch einen riesigen Kasten, der sich Fogerty Grand Hotel nennt. Aber egal wo, die Zimmer sind teuer. Auch die Bürger von Fogerty hat der Goldrausch erfaßt!«

»Und es gibt wirklich keine Möglichkeit, per Schiff nach Kalifornien zu kommen?« erkundigte sich Irene noch einmal.

»Vor wenigen Tagen kam ein Schiff aus Deutschland an, das als nächsten Hafen San Francisco ansteuern will. Es hat wohl Fracht für Frisco geladen. Ein paar Plätze sind auf dem Kahn frei geworden, weil er einige Auswanderer mitbrachte, die sich anscheinend nichts aus Gold machen. Sie sind gestern schon ins Landesinnere aufgebrochen, um sich dort irgendwo als Farmer niederzulassen.« Das Gesicht der Irin nahm einen bitteren Ausdruck an. »Ich wünsche ihnen mehr Glück, als wir es hatten. Sie können es bestimmt gebrauchen!«

»Was ist mit diesem Schiff?« hakte Irene nach.

»Bis jetzt hat es keine neuen Passagiere aufgenommen. Der Kapitän und Captain Stout befürchten wohl einen Aufruhr derjenigen, die nicht an Bord kommen. Es heißt, an Bord sei allenfalls Platz für hundert Menschen.«

»Wer ist Captain Stout?« wollte Jacob wissen.

»Der Kommandant der hiesigen Garnison. Na ja, was sich so Garnison nennt. Es ist nur eine Handvoll Soldaten. Die meisten werden wohl an der Front gebraucht.«

Jacob wußte sofort, daß die Irin vom Bürgerkrieg sprach, der nun schon seit drei Jahren zwischen den Nord- und den Südstaaten tobte.

»Ist der Kapitän ein Deutscher?« fragte er weiter, als er daran dachte, daß das Schiff aus Deutschland gekommen war.

»Ich glaube schon, ja«, nickte die Irin. »Obwohl es unter dem Sternenbanner segelt.«

»Vielleicht läßt sich da was machen«, murmelte der junge Auswanderer.

Das Gesicht der Witwe hellte sich auf, und sie fragte:

»Sie sind auch aus Deutschland, nicht wahr?«

»Richtig«, bestätigte Jacob. »Man hört es uns wohl an.«

»Ein wenig«, antwortete die Frau auf der Straße höflich. »Falls Sie den Kapitän sprechen, würden Sie dann an die O'Faolains und die Connors denken, Sir?«

»Ich werde sehen, was sich machen läßt.«

»Vielen Dank!« sagte die Frau, und es klang aufrichtig.

Sie ging mit ihrem Sohn von der Straße, und auch die beiden Kleiderschränke gaben den Weg frei.

Jacob löste die Bremse, trieb die Pferde an und bemerkte zu Irene:

»Das waren die höflichsten Iren, die ich jemals getroffen habe.«

Die junge Frau lächelte und erwiderte:

»Wie haben die Nonnen, die mich aufgezogen haben, doch immer gesagt: Es geschehen noch Zeichen und Wunder!«

*

Der etwa achtjährige Junge mit dem blonden Haarschopf rannte, so schnell er konnte, zum Hafen. Er hieß Frankie Herbert, und er hatte einen wichtigen, eiligen Auftrag zu erledigen. Noch dazu ein Auftrag, der ihm die Wahnsinnssumme von zwei Dollar einbrachte.

Golddollar, wohlgemerkt!

Fogerty hatte noch nie so viele Menschen beherbergt wie in diesen Tagen. Immer mehr vom angeblich Gelobten Land namens Oregon enttäuschte Siedler drängte es zur Küste, um eine Schiffspassage nach Kalifornien zu ergattern.

Natürlich hätten sie auch über Land reisen können, wie es einige andere taten. Aber den Menschen, die zum Pazifik reisten, war der Landweg zu lang und zu beschwerlich.

Sie hatten sich lange genug abgemüht, um mit ihrer Hände Arbeit eine Existenz aufzubauen, gottgefällig und natürlich auch gewinnträchtig - seelisch und materiell. Aus dem einen oder anderen Grund war es ihnen nicht gelungen.

Es war wie überall auf der Welt. Einige schafften, was sie sich vorgenommen hatten, und andere scheiterten. Und letztere zogen woanders hin, um neu anzufangen - und besser.

Aus diesem Grund waren sie oder ihre Vorfahren schon in die Neue Welt gekommen. Aus diesem Grund wollten sie jetzt nach Kalifornien.

Warum sich auf den Feldern ihrer Farmen abmühen, wenn die Goldfelder einen so viel größeren und vor allen Dingen schnelleren Gewinn versprachen?

Schnell sein, das war bei der Jagd nach Reichtum wichtig. Deshalb verzichteten viele auf den Landweg. Er dauerte einfach zu lange. Was nutzte es, nach Kalifornien zu kommen, wenn die Goldfelder dann bereits geplündert waren und andere reich gemacht hatten?

Schließlich konnte niemand garantieren, daß auch jetzt soviel Gold aus dem Boden zu holen war wie damals beim großen Goldrausch im Jahre 1849!

Doch bis jetzt hielt der Run auf die Goldfelder an. Jedes glitzernde Körnchen, das gefunden wurde, wuchs in den Berichten der Menschen zu einer ganzen Ader und lockte weitere Glücksritter in das fruchtbare große Land, das Mexiko 1848 an die Vereinigten Staaten von Amerika abgetreten hatte.

Und kaum jemand machte sich Gedanken darüber, daß nicht jeder reich werden konnte, nicht die meisten und nicht einmal viele. Fast jeder hielt sich für den Auserwählten, mochten vernünftig gebliebene Freunde und Verwandte auch noch so sehr auf die vom Goldfieber Befallenen einreden. Liebe mochte einen Menschen blind machen, das Gold machte ihn zusätzlich taub und engstirnig.

Auch Frankie Herbert sah nur das Gold vor seinen Augen. Den Golddollar in seiner Tasche und den, den er erhalten sollte, wenn er die Nachricht ablieferte.

Mehrmals rempelte er andere Menschen an, ohne weiter auf sie zu achten. Er entschuldigte sich nicht, und ihr Schimpfen und Fluchen berührte ihn nicht. Ja, das meiste davon hörte er nicht einmal.

Endlich lag der Hafen vor ihm. Lagerhäuser, Kisten und Fässer, Schiffe mit hohen Schornsteinen und noch höheren Masten. Für ein paar Sekunden blieb der Junge stehen, um diese große Welt zu betrachten, die Ferne und Abenteuer verhieß.

Ihm, der keinen anderen Hafen kannte, erschien es jedenfalls groß. Ein Mann aus New York oder San Francisco hätte nicht einmal darüber gelacht, den kleinen Hafen von Fogerty als groß zu bezeichnen - er hätte nur nachsichtig gelächelt.

Das Gold, das in seiner Tasche und in seinem Kopf brannte, riß ihn aus den Träumereien, denen er sich sonst stundenlang hingab, wenn sich der Sohn des Fleischers John Herbert im Hafen herumtrieb.

Zielstrebig steuerte er auf den Liegeplatz der ALBANY am unteren Hafen zu. Er brauchte nicht einmal seine rudimentären Kenntnisse der Schrift zu bemühen, um den in seinen Augen großen Segler zu finden. Natürlich hatte er sich die Ankunft der Bark nicht entgehen lassen und wußte daher ganz genau, wo sie lag.