158046.fb2 Das Ende der Suche? - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 15

Das Ende der Suche? - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 15

»Das gute Stück sieht ziemlich neu aus«, stellte Irene fest. Sie hatte sich zu Jacob gebeugt, um den Doppeladler genau zu betrachten. »Man sieht nicht den kleinsten Kratzer.«

Twain stieß mit dem Suppenlöffel in Richtung der Frau, und seine Augen leuchteten auf.

»Sie haben es erkannt, Miß Sommer. Übrigens sehen sämtliche zehn Münzen so nagelneu aus. Und alle sind in der hiesigen Münzanstalt geprägt worden.«

Jacob wollte die Münze an Twain zurückgeben, hielt aber mitten in der Bewegung inne, weil er sich an etwas erinnerte.

»Mr. Twain, sagten Sie bei unserer ersten Begegnung nicht, Ihr Freund Harte hätte einen Posten in der Münze inne?«

Der Journalist nickte.

»So ist es. Bret ist dort einer der leitenden Beamten.«

»Dann könnte sein Verschwinden.«

»... mit seiner Tätigkeit in der Münze in Zusammenhang stehen«, fiel Twain dem deutschen Auswanderer ins Wort. »Genau das ist auch meine Überlegung. Ich denke, Bret war einer großen Schweinerei auf der Spur und wollte gestern mit mir darüber sprechen. Leider bin ich zu spät gekommen!«

Irene fragte: »Warum wollen Sie in diesem Zusammenhang alles über den Hai von Frisco wissen, Mr. Twain?«

»Sie sprachen es gerade aus, Miß Sommer, ich vermute einen Zusammenhang zwischen Brets Verschwinden und den Umtrieben des Hais.«

Das machte die beiden Deutschen neugierig. Aber sie mußten ein paar Minuten auf eine Erklärung warten.

Twain schwieg, bis der Kellner das Suppengeschirr ab- und die Hauptspeisen aufgetragen hatte. Dann endlich fuhr er fort: »Ich habe den heutigen Tag benutzt, um einige Nachforschungen anzustellen. Als Journalist habe ich so meine Quellen. Es heißt, seit der Brandnacht sind viele Männer des Hais in Barbary Coast gesehen worden. Und zwar am Raddampfer-Hafen, in der Nähe eines anrüchigen Lokals, dem Red Whale.«

»Und der Wagen, auf dem vermutlich ihr entführter Freund gelegen hat, ist in Richtung Barbary Coast gefahren!« rief Jacob aus. »Jetzt verstehe ich allmählich. Sie vermuten, der Hai hat sich irgendwie an den Geldbeständen der Münze bereichert.«

»Yeah«, sagte Twain. »Bret ist der Sache auf die Spur gekommen, war aber nicht vorsichtig genug. So denke ich es mir.«

»Dann sollten Sie sofort die Behörden unterrichten«, fand Irene.

Twain schüttelte den Kopf.

»Der Zeitpunkt ist noch nicht gekommen. Erst muß ich mehr in Erfahrung bringen. Ich will nicht durch unbedachtes Handeln den Faden zerreißen, der mich vielleicht zu Bret führt. Außerdem hat Bret aus irgend einem Grund auch nicht die Behörden verständigt, sondern wollte mit mir über die Sache reden.«

»Was wollen Sie dann unternehmen?« fragte die junge Frau.

»Nach Barbary Coast gehen und mich dort umsehen.« Twain blickte Jacob an. »Begleiten Sie mich, Mr. Adler?«

»Warum Jacob?« entfuhr es der erschrockenen Irene.

»Weil er den Hai von Frisco kennt. So ist es doch - oder?«

»Wenn Irenes Vermutung stimmt, daß es sich bei dem Hai um unseren alten Bekannten Max Quidor handelt, dann ist es in der Tat so«, bestätigte Jacob und erzählte dann von den unliebsamen Begegnungen, die er und Irene mit Quidor gehabt hatten.

»Sie müssen mit mir kommen, Adler!« bat der Journalist eindringlich. »Zusammen können wir den Hai vielleicht endlich unschädlich machen!«

»Ich halte das für zu gefährlich«, wandte Irene ein.

»Wir werden vorsichtig sein«, sagte Jacob.

Irenes grünblaue Augen blickten den Freund sorgenvoll an.

»Du. du gehst also mit, Jacob?«

»Ja, es muß sein. Wir beide wissen, wie gefährlich Quidor ist. Wenn ihm nicht endlich das Handwerk gelegt wird, müssen noch viele Menschen unter seiner Gier und seiner Bosheit leiden. Vorher aber bringe ich dich zurück zu Baseharts Haus.«

»Und wenn ich mit will nach Barbary Coast?«

Erneut schüttelte der Journalist seinen lockenumwallten Kopf.

»Barbary Coast ist nicht der richtige Ort für junge Ladies, jedenfalls nicht für solche, die keiner verrufenen Tätigkeit nachgehen. Ich werde einen Wagen kommen lassen, der Sie zurückbringt, Miß Sommer. Dann können Mr. Adler und ich gleich aufbrechen.«

Bevor Irene vor dem Restaurant in den Wagen stieg, wandte sie sich noch einmal an Jacob. Sie blieb vor ihm stehen, legte ihre Hände auf seine Arme und sagte leise, aber eindringlich: »Versprich mir, daß du gut auf dich aufpaßt! Jamie und ich, wir brauchen dich.«

Jacob versprach es. Und er fragte sich, wie Irene den letzten Satz gemeint hatte.

*

Die Kleidung hing in Fetzen an dem großen Mann herab. Er wand sich schmerzerfüllt auf dem Boden, aber seine Peiniger ließen ihm keinen Raum und keine Möglichkeit zum Ausweichen.

Immer wieder schnitt die über der Flamme der Petroleumlampe glühend heiß gemachte Klinge in sein Fleisch.

Bei jedem Schrei, den Bret Harte ausstieß, leuchtete das flache, verschlagene Sommersprossengesicht des kleinwüchsigen Iren befriedigt auf.

»Rede doch endlich!« verlangte Claude Dana. »Am Ende tust du es doch. Du ersparst dir nur eine Menge Schmerzen.«

Dabei blickte der Dandy gleichgültig auf die blutenden Wunden überall an Hartes Oberkörper.

Die rasenden Schmerzen drängten den Journalisten, Danas Verlangen endlich nachzugeben. Aber sein Stolz und der Wunsch, niemanden in Gefahr zu bringen, waren stärker -noch. Harte biß die Zähne zusammen und schwieg.

Dana gab Roy Laverty ein Zeichen, und wieder fuhr die heiße Klinge in das Fleisch des Gefangenen. Sie öffnete Hartes Zähne, aber nur zu einer Mischung aus Schreien und Stöhnen, nicht zu einer Antwort.

Blut quoll aus der neuen Wunde, wie es auch aus den anderen gequollen war. Es waren schmerzhafte Schnitte, doch sie drangen nicht tief in den Körper des Mißhandelten ein. Schließlich wollten die anderen Männer ihn nicht umbringen, noch nicht.

Aber irgendwann war es zuviel für den blutenden Mann am Boden. Er verlor wiederum das Bewußtsein.

Seamus Mulholland blickte Dana an und fragte: »Soll ich 'nen Eimer Wasser holen, um ihn wieder auf die Beine zu bringen?«

»Das hat im Augenblick wenig Sinn, schätze ich. Der Schmierfink ist zäher, als ich gedacht hatte. Es wird nichts bringen, mit dieser Behandlung fortzufahren. Gehen wir erst mal an die Bar und überlegen wir uns etwas anderes.«

»An die Bar.« Der Mann mit den Tätowierungen grinste breit. »Ein guter Vorschlag.«

*

Zögernd betrat der Mann aus Deutschland das laute, nach Rauch, Alkohol und Ausdünstungen stinkende Innere des auf Land liegenden Schiffes.

Während er sich nach allen Seiten umsah, ging er auf die lange Bar zu. Um ihn herum herrschte der übliche Trubel des ausgelassenen Lebens, das mit Einbruch der Dämmerung erst so richtig in Barbary Coast begann. Der alte Mann am Piano klimperte laut und falsch vor sich hin, doch niemand störte sich daran. Die Girls tanzten oder tranken mit den Männern an den Tischen. Letztere spielten, sangen oder befingerten das warme Fleisch der Mädchen.