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»So ist es.«
»Und was ist mit ihm?«
»Jetzt ist er mein Gefangener. Er suchte jemanden, der ihm durch eine gefälschte Urkunde die Midas Lode überschreibt.«
»Aber Sie überschreiben sich die Mine lieber selbst.«
Der Hai grinste und nickte.
»Aber was ist mit Dilger?« fragte Jacob. »Er wird sich die Mine nicht einfach so wegnehmen lassen.«
»Nach Papes Worten ist er tot. Ich habe es überprüfen lassen. Tatsächlich ist ein Carl Dilger an Bord der PERSIA gewesen, die kürzlich in Frisco angekommen ist. Dilger ist allerdings nicht an Land vergangen. Er hat das Schiff schon vorher verlassen, ist in dunkler Nacht über Bord gefallen.«
»Eine unglaubliche Geschichte«, murmelte Jacob, der das alles erst verarbeiten mußte.
Er und Irene hatten Dilger in Kalifornien vermutet. Was hatte er dann auf der PERSIA gemacht, die doch von New York kam?
Und wie kam Dilger in den Besitz einer offenbar wertvollen Goldmine?
Und ausgerechnet der Sohn eines Reeders sollte über Bord gehen und ertrinken?
Twain trat einen Schritt vor und sagte: »Vielleicht können wir mal wieder die Landessprache sprechen. Ich habe nämlich kaum etwas verstanden und auch noch ein paar Fragen an den Hai von Frisco.«
»Fragen Sie nur«, sagte Quidor, ebenfalls auf englisch. »Die Antworten werden Sie allerdings nicht in Ihrem Blatt drucken können.«
»Sind Sie für die goldgefüllten Ratten verantwortlich?« wollte Twain wissen.
»Ja. Ich habe sowohl ungeprägtes Gold, als auch neue Münzen aus der Münzanstalt in meinen Privatvorrat - hm -nennen wir es verlagert. Ich hatte ein paar Helfer in der Münze. Wir inszenierten dort eine Rattenplage, und die toten Tiere transportierten meinen neuen Reichtum, um die strengen Kontrollen zu umgehen.«
»Warum ist Bret damit nicht gleich zur Polizei gegangen?« überlegte Twain laut.
»Fragen Sie ihn das doch selbst«, schlug Quidor vor und wandte sich an Dana: »Schaffen Sie die beiden zu den anderen Gefangenen! Ich werde mir überlegen, wie wir uns ihrer entledigen.«
*
Nur kurz fiel das Licht vom Gang auf die beiden gefesselten und übel zugerichteten Männer in dem dunklen Verließ. Der eine war Bret Harte und der andere jener Mann, dem Jacob und Irene nach der Ankunft der PERSIA den Weg gewiesen hatten!
War das Franz Pape? Hatten Irene und Jacob mit ihm unter einem Dach genächtigt? Mit Carl Dilgers Freund?
Jacob wollte ihn fragen, aber Twains aufgeregtes Organ durchschnitt vorher die Dunkelheit: »Bret, was haben die verwünschten Strauchdiebe mit dir angestellt?«
»Ein paar schlimme Sachen, Sam. Und mit dir?«
»Nicht viel. Ich bin nur ziemlich übel hereingefallen.«
Twains eigentümlicher Humor verließ ihn auch in dieser ernsten Lage nicht. Er kicherte über seinen Scherz, wurde dann aber wieder ernst und fragte: »Warum hast du auf eigene Faust herumgeschnüffelt, Bret? Warum hast du nicht die Polizei eingeschaltet?«
»Wäre ich dann ein guter Journalist?«
»Stimmt«, gab sein Freund zu. »Aber ich habe das Gefühl, daß da noch mehr hintersteckt.«
»Tut es auch«, gestand Harte ein. »Ein Mann überlegt schon zwei- bis dreimal, ob er sich sein Lebensglück vermasselt.«
»Du sprichst in Rätseln, Bret.«
»Ganz einfach. Ich halte ein ziemliches hohes Tier in der Münze für verantwortlich an den Golddiebstählen. Um nicht zu sagen, das höchste Tier überhaupt.«
»Etwa Bennett?«
»Yeah, der ehrenwerte Huston Bennett, Leiter der Zweigstelle San Francisco.«
»Das ist allerdings ein Problem!« entfuhr es Twain.
»Weshalb?« schaltete sich Jacob in das Gespräch ein. »Wenn dieser Bennett schuldig ist, wird man ihn verurteilen. Er kann Mr. Harte keine Probleme mehr bereiten.« »Beruflich vielleicht nicht, aber privat schon«, entgegnete Twain. »Mein Freund ist nämlich bis über beide Ohren in Bennetts liebreizende Tochter Loretta verliebt. Nicht war, Bret?«
»Würde ich's leugnen, wäre ich ein Lügner.«
»Das ist wirklich ein Problem«, sagte Jacob.
»Deshalb wollte ich mich hundertprozentig vergewissern, ehe ich gegen Bennett Anschuldigungen erhebe«, erklärte Harte.
»Tja«, meinte Twain. »Und nun sitzen wir alle hundertprozentig in der Tinte.«
Da Twain und Harte fertig waren, fragte Jacob auf deutsch in die Richtung, in der er den vierten Gefangenen vermutete: »Sind Sie Franz Pape?«
»Ja«, kam zögernd die Antwort. »Warum?«
»Weil Sie mir dann mehr über Carl Dilger erzählen sollen!«
»Dilger?« Es klang fast ängstlich. »Was haben Sie mit Dilger zu tun?«
»Erinnern Sie sich an mich, Pape?«
»Ja. Sie sind der Mann vom Hafen.«
»Erinnern Sie sich auch an meine Begleiterin?«
»Ja, natürlich.«
»Sie heißt Irene Sommer. Sie will Carl Dilger heiraten, den Vater ihres Kindes.«
Vergeblich wartete Jacob auf eine Antwort. Aus Papes Richtung kam nur ein Schlucken und heftiges, erregtes Atmen.
»Was haben Sie, Mann?« fragte Jacob.
»Carl. er ist tot!« preßte Pape hervor.