158050.fb2 Das Phantom der Rocky Mountains - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 19

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Aber noch etwas anderes sah Jacob. Eine dunkle Öffnung unten an der Südwand. Eine Höhle. Er machte die anderen Männer in der Mulde - Custis Hunter, Melvin Freeman, Sam Kelley und Billy Calhoun - darauf aufmerksam.

»Diese Höhle habe ich nicht bemerkt, als wir den Geistercanyon mit dem Treck durchquert haben«, staunte Billy.

»Ich auch nicht«, gab Jacob zu, und die anderen pflichteten ihm bei.

»Vielleicht war sie da noch nicht zu sehen. Die Lawine wird Steine und Erdreich, die den Eingang verdeckten, weggerissen haben.«

Jacob starrte nach oben, zu ihren unsichtbaren Gegnern.

»Das ist vielleicht unsere Chance, an die Kerle da oben heranzukommen. Wenn wir es bis zu der Höhle schaffen, sind wir zumindest aus ihrem Schußfeld. Wir müssen etwas unternehmen. Sie nageln uns sonst hier fest und lassen uns in der Sonne verschmoren.«

»Oder verdursten«, meinte Sam Kelley. »Wir haben zwar ausreichend Wasser dabei, aber solange die Killer auf uns feuern, kommen wir nicht an die Packtiere heran. Versuchen wir es mit Ihrem Plan, Jacob!«

Auch die anderen Männer in der Mulde waren seiner Meinung. Sie verständigten die übrigen Auswanderer und baten sie, ihnen Feuerschutz zu geben.

Ein wahres Bleigewitter brach über den Feind auf der Südwand herein, wenn es vermutlich auch keinen besonderen Schaden bei ihm anrichtete.

Jacob sprang als erster auf und lief, geduckt und im Zickzack-Kurs, auf den Höhleneingang zu. Er überwand die Distanz von etwa dreißig Yards, ohne daß auch nur eine feindliche Kugel in seine Nähe gekommen war. Vielleicht saßen die Schüsse der Auswanderer besser, als er gedacht hatte, auch wenn die meisten nur ihre Revolver zur Verfügung hatten, weil die Karabiner noch in den Scabbards steckten.

Custis Hunter folgte Jacob, dann Billy Calhoun. Der junge Halbindianer entging nur knapp einer Kugel, die eine Handbreit hinter seinen Füßen in den Boden schlug. Offenbar hatten ihre Feinde mitbekommen, daß die Verteidiger nur ein Feuerwerk veranstalteten.

Auch auf Sam Kelley und Melvin Freeman wurde geschossen, als sie ihren Gefährten folgten. Aber auch sie erreichten den Höhleneingang unverletzt.

Sobald der letzte von ihnen aus der Schußlinie der unsichtbaren Feinde war, reduzierten die Auswanderer im Canyon ihr Feuer.

Jacob und seine Begleiter drangen ins Innere der Höhle ein und stellten zu ihrer Überraschung fest, daß es hier drin nicht so dunkel war, wie es von draußen gewirkt hatte. Irgendwo in der Höhle mußte es eine Lichtquelle geben. Eine Quelle von Tageslicht.

Je weiter sie kamen, desto mehr stieg der Boden an, und bald waren die fünf Männer zum Klettern gezwungen. Bis ein gleißender Strahl hellen Lichtes vor ihnen erschien. Direkt von oben fiel er in die Höhle ein.

»Ich werd' verrückt!« stieß Sam Kelley hervor. »Ein Kamin, der bis nach oben aufs Plateau führt, wie es aussieht.«

Jacob nickte und sagte: »Das Glück ist mit uns.« Er dachte an Leo Cartland und die anderen Menschen, die tot im Canyon lagen, und fügte leise hinzu: »Das Glück im Unglück.«

Die Schroffheit der Felsformationen kam den fünf Männern jetzt zugute. Es gab genug Ecken und Kanten in dem von der Natur geschaffenen Kamin, an denen ihre Hände und Füße beim Emporklettern Halt fanden.

Denn genau das taten sie: klettern. Angeführt von Jacob arbeiteten sie sich immer weiter nach oben, auf das etwa vierhundert Fuß entfernte Tageslicht zu.

Als sie die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, verschnauften sie ein, zwei Minuten. Von unten drangen die Schüsse zu ihnen herauf. Der Schall wurde durch den Kamin geleitet.

Jacob ermahnte seine Begleiter, so leise wie möglich zu sein.

Es bestand die Gefahr, daß die hervorragende Akkustik im Kamin ihren Feinden auf dem Plateau ihr Kommen verriet.

Jacob wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, als er vorsichtig seinen Kopf durch die obere Öffnung des Kamins steckte. Er hatte nicht auf das Verstreichen der Minuten geachtet, nur darauf, in den Vorsprüngen des Kamins einen sicheren Halt zu finden und möglichst schnell nach oben zu gelangen.

Er brauchte sich nicht lange umzusehen, bis er die Männer entdeckte, die auf seine Gefährten im Canyon schossen. Zwei waren es. Sie kauerten am Rand des Plateaus, feuerten, luden ihre Karabiner nach und feuerten erneut.

Obwohl er sie nur von hinten sah, kamen ihm ihre Umrisse vertraut vor. Der eine wirkte groß und massig, sein Begleiter im Vergleich zu ihm wie ein Strich in der Landschaft.

Jacob hatte sie mit Sicherheit schon einmal gesehen -irgendwo und irgendwann.

Er kletterte ganz nach oben und half Billy Calhoun, der nach ihm kam, beim Heraussteigen. Dann zog der junge Treck-Captain den Army Colt aus dem Holster und spannte so leise wie möglich den Hahn. Die Entfernung zu den beiden Bewaffneten am Rand des Plateaus betrug etwa zwanzig Yards. Wäre der Canyon nicht vom Echo der Schüsse erfüllt gewesen, hätten sich Jacob und seine Gefährten vielleicht schon längst durch ein Geräusch verraten.

Während auch Sam Kelley, Custis Hunter und Melvin Freeman aus dem Kamin stiegen, schlichen Jacob und Billy mit gezogenen Waffen auf die beiden Fremden zu.

Jacob wußte nicht, wodurch sie sich verraten hatten. Jedenfalls fuhr der Dünne auf einmal herum, als die Auswanderer nur noch zehn Yards von ihm entfernt waren, und starrte sie mit erschrockenem Gesicht an.

»Skinny!« stieß Jacob überrascht hervor und erinnerte sich an Jed Harpers Helfershelfer, der ihn und Billy zusammen mit dem bulligen Hoss, dem verräterischen Scout Tom Bidwell und Jed Harper selbst auf der Henry-Farm gefangengenommen hatte.

Das Knochengerüst ließ den leergeschossenen Karabiner fallen und griff nach dem Revolver an seiner Hüfte. Bevor der Dürre ihn noch ganz herausgezogen hatte, krachte neben Jacob ein Schuß. Skinnys Revolver rutschte ins Holster zurück, und der hagere Mann klappte zusammen. Billys Kugel hatte ihn in die Brust getroffen, dicht am Herzen.

Der Begleiter des Dürren wirbelte, durch den Schuß alarmiert, ebenfalls herum. Es war, wie es sich Jacob schon gedacht hatte, der schnauzbärtige Bulle, den sie Hoss nannten. Er hatte seinen Karabiner gerade nachgeladen und feuerte sofort. Die Kugel pfiff zwischen Jacob und Billy hindurch.

»Fallenlassen!« sagte Jacob scharf. »Der Karabiner ist leer. Und bis du deinen Revolver gezogen hast, haben wir dich längst durchlöchert. Das hat dein Freund auch feststellen müssen.«

Enttäuschung und Zorn machten sich auf Hoss' breitem, fleischigem Gesicht breit. Sein jetzt nutzloser Karabiner fiel klappernd zwischen die Felsen. Aber plötzlich änderte sich sein Gesichtsausdruck. Triumph trat in seine aufgequollenen Züge.

»Fallenlassen ist das Stichwort!« schnarrte eine Stimme hinter Jacob, die er schon einmal gehört hatte. »Aber für euch fünf Figuren. Wenn ihr nicht sofort eure Revolver wegwerft, jage ich jedem ein Stück Blei in den Rücken!«

Jacob und seinen Begleitern blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Während sie die Hähne ihrer Waffen zurückgleiten und die Revolver in den Dreck fallen ließen, zog Hoss seine Waffe aus dem Holster und richtete sie auf die Auswanderer.

Der Mann, der in ihrem Rücken gestanden hatte, trat neben Hoss in ihr Blickfeld. Er war mittelgroß, untersetzt und trug einen unpassend wirkenden Anzug. Der dunkle Dreiteiler war mit einer dicken Schmutzschicht überzogen.

»Wie gut, daß ich unseren Posten hier verlassen habe, um nach den Männern zu sehen, die aus unserem Schußfeld verschwunden sind«, sagte Jed Harper, der in jeder Hand einen Revolver hielt. »Ich dachte mir, daß ihr eine krumme Tour versucht, als ich den Dutch« - er sah Jacob an - »bei euch sah. Du hast uns schon auf der Henry-Farm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Diesmal wird es dir nicht gelingen!«

Hoss hatte sich derweil über Skinny gebeugt und ihn herumgedreht. Das Hemd unter Skinnys Jacke hatte sich auf der ganzen linken Seite blutigrot verfärbt.

»Er ist tot«, sagte Hoss mit einer Traurigkeit, die Jacob dem ungeschlachten Mann nicht zugetraut hatte.

Der Bullige stand auf und streckte seinen Revolver vor. »Dafür werdet ihr bezahlen!«

»Halt!« rief Jacob. »Bevor ihr uns umbringt, hätte ich gern erfahren, was das alles soll. Weshalb habt ihr uns bis hierher verfolgt?«

»Weshalb schon?« entgegnete Harper. »Aus Rache natürlich!«

»Rache?« fragte der Deutsche ungläubig. »Weil wir den Überfall auf unseren Treck vereitelt haben?«

»Genau deshalb. Die achtzigtausend Bucks sind uns durch die Lappen gegangen. Aber nicht nur das. Marshai Bowden Webb hat eine Fahndung nach mir herausgegeben. Ich mußte Hals über Kopf fliehen, meinen ganzen Besitz zurücklassen. Euretwegen bin ich vom angesehenen Geschäftsmann zum gejagten Gesetzlosen geworden!«

»Sie haben sich selbst zum Gesetzlosen gemacht!« erwiderte Jacob in der Hoffnung, Harper zu irgendeiner Unbedachtheit provozieren zu können. Aber Harper blieb ruhig. Er behielt die fünf Männer im Auge, und seine beiden Revolver waren weiterhin auf sie gerichtet.

Jacob zeigte nach unten, in den Canyon.

»Sie haben also einen ganzen Treck abgeschlachtet, nur um Ihre Rache zu befriedigen?«

Harper nickte.

»Ich nehme an«, fuhr Jacob fort, »Sie haben auch das Gelände am Steilpaß gelockert.«