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In wunderbarem Sonnenschein lag das Land da. Weithin dehnte sich nach Norden und Osten die unabsehbare Fläche aus, auf der zahlreiche Rinderherden, bewacht von wohlberittenen Hirten, weideten. Im Westen erhob sich in der Ferne das Gebirge - nach und nach hoch ansteigend, bis seine Gipfel in den Wolken verschwanden.
Die Landschaft belebend, rann der wasserreiche Fluß durch die Ebene, um seine Fluten dem Meta zuzuführen, der sie an den windungsreichen Orinoko abgab.
In weiter Ausdehnung lagen hier die Sennor Vivanda gehörenden Ländereien, die unter sorgsamer Bewirtschaftung einen überaus wohltuenden Eindruck hervorriefen und von dem Reichtum und der Macht des Gebieters sprachen.
In den Feldern zeigten sich die kleinen Häuser der Arbeiterfamilien, unter denen Indianer zahlreich vertreten waren.
Von parkartigen Anlagen umgeben, lag das niedrige, luftige, von schattigen Veranden eingefaßte, umfangreiche Herrenhaus da, unweit des langsam dahinströmenden Flusses. Weiterhin erblickte man Felder, die abwechselnd mit Tabak, Mais und Kaffeebäumen bestanden waren, zwischen denen sich hie und da eine stattliche Palme oder ein alter Ceibabaum erhoben.
Es war ein großer und stattlicher Herrensitz, den sich die Vivandas, die einer alten spanischen Familie entstammten, hier geschaffen hatten, und ihre Ländereien umfaßten mehrere Quadratleguas.
Die Bewachung der zahlreichen Herden, die Bewirtschaftung der ausgedehnten Ländereien erforderte eine zahlreiche Schar von Hirten und Feldarbeitern.
Auf der Veranda des Herrenhauses, die nach Norden hin lag, stand Alonzo, der Sohn Pedro d'Alcantaras, der hier, da niemand außer dem Sennor und dessen Bruder, dem Cura, seine Abstammung kannte, mit dem Namen des Herrn von Otoño Vivanda genannt wurde, was umso näher lag, als er wie der Sohn des Hauses behandelt wurde, und blickte sinnend ins Weite.
Fünf Jahre waren seit dem Tage verflossen, wo er den Jaguar niederschoß, und Alonzo war zu einem Jüngling von seltener Kraft und Anmut erwachsen. Hoch und schlank von Gestalt zeugten doch die breiten Schultern, die gewölbte Brust von einer vollendeten körperlichen Entwicklung. Und diese Gestalt trug ein Haupt von einer seltenen, ernsten Schönheit. Das Gesicht, nicht ganz dem spanischen Rassetypus entsprechend, erinnerte an die Bildnisse der Griechenjünglinge, die bei Marathon kämpften. Aber die frische Lebenslust, die die jungen Hellenen auszeichnete, fehlte diesem Gesicht. Die furchtbaren Jahre der Gefangenschaft bei den Wilden hatten ihm einen Ernst aufgeprägt, der nur selten einem Lächeln wich. Es war trotz aller Jugendlichkeit der Züge das Antlitz von männlichem Charakter, dem der feste Blick der dunklen Augen, die unter einer breiten, schön geformten Stirn leuchteten, den Ausdruck von Entschlossenheit gaben.
Dieser junge Caballero, dessen Haltung von der Gewöhnung an die Manieren der guten Gesellschaft zeugten, war der einstige Gefangene der wilden Aimaràs.
Sein gutes Geschick hatte ihn in die Obhut Don Sebastian Vivandas, des Curas gegeben, eines Mannes von seltener Herzens- und Geistesbildung, der, des mörderischen Parteihaders in der Hauptstadt des Landes überdrüssig, seine Stellung an der Kathedrale Bogotás als Pfarrer aufgegeben hatte, um auf den Besitzungen seiner Familie, unter den Bewohnern der Llanos seine geistlichen Funktionen in stillem Frieden weiter auszuüben.
Don Sebastian hatte den wilden, trotzigen Knaben, den Gefangenen der Aimaràs, den Retter seiner Nichte vor tödlicher Gefahr, alsbald in sein Herz geschlossen und ihn mit der Zärtlichkeit eines Vaters behandelt.
Er wußte dem jungen Wilden, der seiner Muttersprache nicht mehr ganz mächtig war, der weder lesen noch schreiben konnte, klar zu machen, daß, ehe er mit Erfolg als der Sohn und Erbe seines Vaters auftreten könne, er sich die Eigenschaften des jungen Caballeros zu eigen zu machen habe, und daß dann immer noch der geeignete Zeitpunkt abgewartet werden müsse, um seine Rechtsansprüche in den politischen Wirren des Landes gegen mächtige und einflußreiche Gegner zur Geltung zu bringen, die, taub gegen die Stimme des Rechtes, die Beweise seiner Abkunft als erlogen, ihn selbst als Betrüger brandmarken konnten.
Der Knabe sah beides ein und fügte sich geduldig dem klugen und gütigen Berater. Nicht ohne Mühe gewöhnte er, der so lange die Luft der Berge geatmet hatte, sich an die Hitze der Niederung und schwerer noch der Wilde sich an die Gewohnheiten zivilisierten Lebens.
Aber mit Feuereifer arbeitete er an seiner geistigen Ausbildung und bald fiel es wie Schuppen von seinen Augen; er unterschied wieder die Lautzeichen seiner Sprache, und die ungeübte Hand bequemte sich zum Schreiben, wie sie es in der Kinderzeit bereits gewohnt gewesen.
Eine wichtige Hilfe hatte der greise Cura ferner an seiner jungen Nichte, die dem Wilden im Schreiben und Lesen Unterricht erteilte.
Der emporwachsende Jüngling machte große Fortschritte, und der Cura lehrte ihm alles, was er selbst wußte.
Aber auch an Leibesübungen fehlte es Alonzo nicht, und hier erst in den Llanos lernte er wirklich reiten! Bald aber zwang er das wildeste Pferd, wußte seinen Lauf mit allen Hilfsmitteln zu beflügeln, handhabte Lasso und Lanze gleich dem geübtesten Reiter der Steppe. Seine staunenswerte Geschicklichkeit als Schütze, die von den Llaneros höchlichst bewundert wurde, war ihm geblieben.
Die beiden Brüder Vivanda waren dem stolzen, ernsten Jüngling, der so eifrig strebte, das, was er versäumt hatte, nachzuholen, von Herzen zugetan.
Vorsichtig waren Nachforschungen nach Alonzos Verwandten und seinem Eigentum angestellt worden. Seines Vaters Bruder hatte als Verbannter das Land verlassen müssen und lebte vermutlich in Mexiko, dessen Schwester war tot und ihr Gatte ergeben dem einflußreichsten Manne im Staate, dem Minister de Valla. Die Verwandten seiner Mutter lebten fern an der Küste.
Pedro d'Alcantaras Eigentum hatte der Staat, das ist die zeitige Regierung, eingezogen, und es de Valla für seine Verdienste um das Vaterland als Ehrengeschenk verliehen.
Der Präsident Don Manuel Obando war zwar ein ehrlicher Mann, aber er war nur Soldat, unfähig, die widerstrebenden Parteien seines Vaterlandes mit Klugheit zu beherrschen, und war ganz in der Hand des schlauen und erfahrenen de Valla.
So war es zunächst untunlich, Schritte für Alonzo zur Wiedererlangung seines Eigentums zu unternehmen, und der Cura hatte nur einige Freunde ins Vertrauen gezogen, die von dem zeitigen Regimente des Staates, das ist dem Regiment de Vallas, dachten wie er.
Alonzo, unter dem Schutze der beiden Vivandas herangewachsen, war der Liebling der Llaneros weit und breit und selbst die Indios waren dem Jüngling, dessen Herzensgüte und gerechter Sinn oft genug die stolze Zurückhaltung seines Wesens durchbrachen, aufrichtig zugetan.
Zu einem Ritt in die Steppe gekleidet, stand der Jüngling sinnend und harrend auf der Veranda.
Ein leises Geräusch machte ihn aufschauen, und sich wendend, sah er Elvira Vivanda vor sich, die aus einem Kinde zur anmutigen Jungfrau emporgeblüht war und ihn lächelnd anschaute.
"O, wollen Sennorito reiten, weil Sie sich so steppenmäßig gekleidet haben?"
"Ja, Elvira, ich muß nach Norden in die Llanos und wollte mich von dir verabschieden, ehe ich reise. Ich weiß ja, daß du den taufrischen Morgen liebst wie ich."
"Was willst du in den Llanos?"
"Der Sturm hat die Herden zerstreut und ich will mit einigen Leuten hinaus, um sie zusammenzutreiben. Ich werde wohl erst in einigen Tagen zurückkehren."
"O laß doch die Vaqueros allein reiten, warum willst du dich mit den Herden plagen?"
"Sennor wünscht es und es ist besser, die Leute haben einen Gebieter über sich, dessen Auge sie überwacht - ich werde mich beeilen zurückzukehren."
"Und Sennorito reiten natürlich sehr gern?"
"Ja, Elvira, es ist herrlich über die Steppe auf flinkem Rosse zu eilen, das Grenzenlose vor sich und den Himmel über sich."
"All meine Erziehung ist, wie ich sehe, vergeblich gewesen."
"Wenn du mich zum Stubenhocker machen wolltest, ja - aber ich werde der Ehrfurcht, die ich meiner Lehrerin schuldig bin, nicht vergessen und bald zurückkehren." Das letztere sagte er mit einem leichten Lächeln, das ihn sehr gut kleidete.
"Das hoffe ich," erwiderte sie, "es wäre ja schlimm, wenn meine Erziehungsmethode gar keine Resultate ergeben sollte. Übrigens haben wir denn unser französisches Exerzitium gemacht?"
Elvira hatte zwei Semester die höhere Mädchenschule in Bogotá besucht und war sehr stolz auf die dort erlangten Kenntnisse.
"Der Sturm hat meine Hefte verweht, verehrte Maëstra, aber ich sammele sie, wenn ich zurückkehre."
"Ich sehe, ich werde strengere Maßregeln ergreifen müssen."
Beide lachten.
"Ja, aber erst nach meiner Rückkehr. Beurlaube mich, gestrenger Schulmeister, denn meine Vaqueros warten, und ich wäre schon längst fort, wenn ich dir nicht hätte erst Lebewohl sagen müssen."
"So reite, Alonzo, und kehre glücklich zurück!" Sie reichte ihm die Hand, die er leicht drückte; dann wandte er sich, eine prächtige Büchse ergreifend, die neben ihm lehnte, von dem jungen Mädchen ab und verließ die Veranda.
Unweit harrten seiner vier Reiter, Rinderhirten, von Sonne und Luft gebräunte, sehnige Gesellen. Drei davon waren spanischer Abkunft, deren Gesichtsfarbe sich indessen nur wenig von der des vierten, eines Vollblutindianers, unterschied. Sie saßen bereits im Sattel, die langen Lanzen am Arm befestigt; einer von ihnen hielt ein mit Mundvorrat beladenes Maultier am Zügel, während ein Peon des Hauses den stolzen Rappen des jungen Sennors führte.
Alonzo warf die Büchse am Riemen über die Schulter, schwang sich auf, nickte noch einmal nach dem Gebäude zurück, denn er wußte recht gut, daß Elvira irgendwo stand, um ihn abreiten zu sehen, und mit einem: "Adelante!" sprengte er, gefolgt von seinen Leuten, durch die Felder den Llanos nach Norden hin zu.
Ein gewaltiger Südsturm, begleitet von wild dahergepeitschten Regenströmen hatte vorgestern die Herden vor sich her gejagt und weit zerstreut.
Erst gegen das Ende des anderen Tages trafen Alonzo und seine Begleiter auf die Rinder, die weit nach Norden getrieben waren.
Sie fanden die Vaqueros der Hacienda, die bei den Herden im Freien weilten, beschäftigt, die ihrem Herrn gehörigen Tiere zusammenzutreiben, zugleich mit einer Zahl Llaneros, denen ihre Tiere gleichfalls verjagt worden waren und sich nun mit denen, die anderen gehörten, vermischt hatten.
Die sehnigen, sonnverbrannten Steppenbewohner waren erfreut, zu sehen, daß der junge Sennor der Hacienda Otoño selbst gekommen war, um gleich ihnen tätig zu sein, wieder Ordnung in den Herden herzustellen.
Nach Landessitte war jedes Tier mit dem eingebrannten Zeichen des Eigentümers versehen und nur der jüngste Wurf war noch ungezeichnet, weil das im Jahre nur einmal geschah. Um die Tiere einzufangen und zusammenzutreiben, war die Reitergeschicklichkeit, die Kraft und Ausdauer dieser auf dem Pferderücken geborenen Rinderhirten notwendig. Doch war es unendlich schwierig, Ordnung in das Chaos der durcheinandergejagten Tiere zu bringen.
Als Alonzo, den alle kannten, auf seinem hohen Rappen erschien, ritten nicht nur die Vaqueros der Hacienda heran, ihn zu begrüßen, auch die Llaneros, ein trotziges, freiheitliebendes Geschlecht, kamen herbei, um den vornehmen Sennorito von Otoño, der es an kühner Reitergeschicklichkeit mit den Besten aufnahm und gleich ihnen Tag und Nacht in der Steppe liegen konnte, willkommen zu heißen. Rasch waren mehr als zwanzig dieser verwegenen Reiter um ihn versammelt.
"Es ist gut, daß du mit Hilfe gekommen bist, Don Alonzo," sagte ein älterer Llanero, "wir haben schwere Arbeit."
Alonzo begrüßte die einfachen Männer mit der ihm eigenen anmutvollen Würde.
"Der Sturm hat sein Ärgstes getan, amigos, aber ich hoffe, wir wollen unser Eigentum bald scheiden." Er überblickte die auf weite Entfernung zerstreuten Tiere. "Wie wäre es, Companeros," fuhr er fort, "wenn wir uns, statt daß jeder von uns für sich tätig ist, vereinigten und alle gemeinsam handelten. Wir sondern zunächst Eure Tiere aus, und Ihr würdet dann helfen, unsere Tiere nach Süden zu treiben."
"Du triffst es, Don Alonzo, du hast ein kluges Wort gesprochen," sagte der alte Llanero, "so kommt Ordnung in die Sache. Ich denke, Companeros, wir sind einverstanden damit?" wandte er sich an die anderen.
"Ja, es ist das beste, Don Alonzo hat ganz recht," stimmten diese zu, "das erleichtert uns die Arbeit. Sag nur, Don Alonzo, wie wir beginnen sollen."
Dies war leicht angeordnet.
Und nun begannen sämtliche Hirten in ausgedehnter Linie in die Herden hineinzureiten, mit der Anweisung, alles Vieh der Hacienda unberührt zu lassen, und nur die Tiere der Steppenbewohner auszuscheiden und nach Ost oder West, je nach der Wohnung des Eigentümers, zu treiben.
Jetzt flogen die Lassos aus und fielen auf die Hörner widerspenstiger Tiere, die Peitsche wurde gebraucht, und noch bevor die Sonne sank war so, unter einheitlicher Leitung, ein großer Teil der Arbeit vollbracht.
Dann aber wurden Feuer angezündet, ein junges Rind wurde geschlachtet und gebraten, Kaffee gekocht, Maiskuchen gebacken und die rauhen Hirten saßen um Alonzo in festlicher Stimmung nach dem rauhen Tagewerk, schmausten und freuten sich des Vollbrachten.
Daß die Gitarre nicht fehlte, war bei Leuten spanischer Abkunft selbstverständlich, und einige der jüngeren Llaneros sangen zu deren Begleitung bald lustige, bald melancholische Lieder zum Entzücken der Hörer, bis der Schlaf die von der Arbeit ermüdeten Leute umfing.
Alonzo saß noch lange an dem niederbrennenden Feuer, umfächelt von der milden Nachtluft, die in den Zweigen zu seinen Häupten rauschte, blickte zu den Sternen empor, die leuchtend vom dunklen Himmel herniederstrahlten, und in seiner Seele stieg die Frage empor: "Wie wird dein Schicksal sich in Zukunft gestalten?"
Er fühlte sich unter dem liebevollen Schutz der Brüder Vivanda glücklich; sie hatten ihn aus einem armen Wilden zu einem Manne gemacht, zu einem Caballero erzogen, und doch nagte an seiner Seele das ungelöste Rätsel des finsteren Schicksals, das die Seinen in dem Tale der drei Quellen getroffen. Er war eine trotzige, energische Natur und sein Aufenthalt unter den finsteren Wilden hatte, wenn Klugheit ihn auch zwang, seine innersten Gefühle zu verbergen, nicht dazu gedient, diese Charaktereigenschaften abzuschwächen. Er haßte die Mörder der Seinen und sehnte die Gelegenheit herbei, Vergeltung an ihnen zu üben.
In all den Jahren, die er in den Llanos weilte, hatte man nichts von den Aimaràs wieder vernommen, sie mußten ihre Raubzüge nach der anderen Seite der Anden gerichtet haben. Der beiden jungen Leute, die er befreite, dachte er hie und da teilnahmsvoll, doch zweifelte er nicht, daß sie umgekommen seien. Ob er gleich ihre Namen nicht behalten hatte, waren doch von den Vivandas Erkundigungen nach einem vermißten jungen Caballero und einem Mestizen angestellt worden, doch ohne Resultat, was bei der dünnen Besiedlung des Landes und den weiten Entfernungen nicht verwundernswert war.
Aber noch andere Betrachtungen stellte der schweigsame Knabe an, als er nach und nach reifer wurde. Ließen Äußerungen der Aimaràs ihn schließen, daß weiße Leute bei dem Untergange seiner Familie beteiligt sein mußten, so schwächte das Verhalten des alten Gomez diesen furchtbaren Verdacht nicht ab. Er wußte auch von den sehr vorsichtigen Vivandas, daß er als der Abkömmling und Erbe seines Vaters mächtige Feinde habe, und der Name de Valla, den ihm der sterbende Gomez warnend zurief, war fest in sein Gedächtnis eingeschrieben.
Er kannte durch seine Erzieher die Geschichte seines Heimatlandes, den langen Unabhängigkeitskampf der Kolonien gegen die spanische Macht unter Bolivar, dem Befreier, und die nach dem Tode dieses hervorragenden Mannes folgenden Bürgerkriege, die zu neuen Staatenbildungen führten. Er wußte, daß sein Vater im Dienste des Landes tätig gewesen, und daß der zur Zeit mächtigste Mann des Staates de Valla hieß -, war dieser der Feind, den er zu fürchten habe? Es mußte wohl sein, den warum sollte er, Alonzo, seinen Namen verborgen halten?
Er war entschlossen, dieser Frage endlich auf den Grund zu sehen.
Gleichaltrige Freunde hatte der Jüngling nicht.
Sein ganzes Wesen war zu abgeschlossen und unzugänglich - fast hart -, um Geschmack am vertrauten Umgang mit den jungen Leuten, die er kennen lernte, zu finden. Er hatte zu früh die Hand des ehernen Schicksals gefühlt, um nicht mit tieferem Ernste in das Leben zu sehen als sie, die unter dem sorgsamen Schutze liebender Eltern aufgewachsen waren.
Aber trotzdem erfreute er sich der Zuneigung der Altersgenossen, mit denen er in Berührung gekommen war; seine ruhige vornehme Art, die doch weit von jeder Überhebung entfernt war, gewann ihm die Herzen und seine Vorzüge wurden neidlos anerkannt.
An den Brüdern Vivanda hing Alonzo mit dankbarer Liebe, besonders an dem milden Cura, aber sein Herz ging nur Elvira gegenüber auf, die er bewunderte und mit der innigen Zärtlichkeit eines Bruders liebte. Doch auch ihr zeigte er nicht den düstern Haß, der in der Tiefe seiner Seele schlummerte, ein Dämon, der nur leichter Herausforderung bedurfte, um seine ganze Gewalt zu entfalten. Elvira war eine zu sonnige, milde Erscheinung, als daß in ihrer Gegenwart nicht jeder finstere Gedanke verscheucht worden wäre. Nur der Cura ahnte, daß in der Seele des schweigsamen Jünglings dieser Dämon der Rache schlummerte, und suchte durch Lehre und Beispiel ihn zu bannen. Doch war es unmöglich, auf des Jünglings Antlitz seine Gedanken zu lesen, wenn er sie verbergen wollte; die Schule, die er unter den Wilden durchgemacht, wirkte nach.
Was wird die Zukunft bringen, welche Aufgaben hat dir die Vorsehung vorbehalten?
Unter diesen Gedanken sank auch er endlich in Schlaf.
Früh am Morgen begann wieder die aufregende Tätigkeit der Vaqueros und Llaneros.
Alonzo, der erkannte, daß seine Anwesenheit nicht notwendig war, ritt weiter nach Norden zu, um vielleicht ein jagdbares Tier zum Schusse zu bekommen, und war auf seinem feurigen Rosse in der durch einzelne Haine und Waldstreifen unterbrochenen Ebene den Hirten bald aus dem Gesicht.
Nichts wollte sich dem forschenden Auge zeigen, auf das er seine Büchse hätte richten können, und so hatte er sich einige Leguas von seinen Leuten entfernt, als er, während er langsam einherschritt, zu seiner Überraschung die Abdrücke eines Menschenfußes vor sich sah. Er hielt und betrachtete sie aufmerksam. Es war nicht der Fuß eines Llaneros gewesen, der hier dahingeschritten war, er hatte die Einprägung eines Schuhwerks vor sich, wie es in der Stadt von vornehmen Leuten getragen wurde. Er wunderte sich darüber, wie auch, daß er nirgends einen Pferdehuf abgedrückt sah; in die Llanos kam man doch nur auf dem Rücken eines Reittieres und wohl sehr selten in den Stiefeln der Städter. An dem Tau, der auf der Spur lag, erkannte er, daß sie von gestern stammen mußte.
Langsam ritt er daneben her und erkannte an den unsicher geführten Schritten, daß der Mann sehr erschöpft gewesen sein müsse. Allein? Ein Stadtbewohner, allein, ohne Pferd in den Llanos?
Er schaute sich um und erkannte, daß die Spur zu einem kleinen Gehölze führte, das unweit von ihm lag. Ihr folgend ritt er darauf zu. Bald traf sein Auge auf eine menschliche Gestalt, die am Rande des Gehölzes zwischen den Farnen lag. Er war zu sehr Jäger und von zu guter indianischer Erziehung, um, obgleich in den Llanos weder mordlustige Indios noch räuberisches Gesindel zu fürchten waren, nicht eifrig den Saum des Gehölzes mit scharfem Auge zu durchforschen und seine Büchse schußfertig zu machen.
Aber nichts Verdächtiges bot sich dem Blicke, auch keine weitere Spur weder von Tier noch von Mensch.
Er ritt langsam näher.
Da lag ein Jüngling in seinen Poncho eingewickelt, mit geschlossenen Augen, bleich von Angesicht.
Alonzo hielt und schaute in die sanften Züge des jungen Menschen. Schlief er oder war er tot? Er lag ganz regungslos.
Alonzo stieg ab und befühlte die Stirn. Sie war warm - auch die Brust hob sich -, der junge Mann lebte.
Das Gesicht des Schlafenden hatte etwas ungemein Einnehmendes, trug aber die Spuren der Erschöpfung, des Leidens.
Alonzo berührte seine Schulter und schüttelte ihn etwas.
Der Fremde schlug die Augenlider auf und schaute wie ein Träumender um sich.
Endlich haftete sein Blick auf Alonzos Gesicht, das sich mit dem Ausdruck der Teilnahme über ihn beugte.
Mit sichtlicher Anstrengung richtete der Fremde sich etwas empor, immer noch sah er aus wie ein von tiefem Schlafe Erwachender. Dann aber zeigte sein Blick, daß er die Umgebung und den, der neben ihm kniete, erkannte.
"Ich bin verirrt in dieser schrecklichen Wüste," sagte er mit matter Stimme, "ich glaubte, das Licht der Sonne nicht wieder zu sehen, als ich mich gestern hier niederlegte. Hast du etwas zu essen?"
Alonzo führte etwas Mundvorrat mit sich, reichte dem Fremden seine Flasche, die kalten Kaffee enthielt, und ein Stück Maisbrot.
Begierig aß und trank dieser.
Alonzo betrachtete die zarte schlanke Gestalt, den modischen Sommeranzug, der unter dem Poncho sichtbar war, und den eleganten Reitstiefel des Verirrten, und schaute dann wieder wohlgefällig in sein Gesicht.
Endlich fragte er: "Auf welche Weise kommen Sie nur hierher, Sennor?"
Der junge Mann, dem das bescheidene Frühstück sichtlich wohlgetan hatte, musterte jetzt den vor ihm Sitzenden und Alonzo schien ihm zu gefallen.
"Ich bin durch den Sturm von den Meinen getrennt worden und mein Maultier ist mir entlaufen, so irrte ich in Verzweiflung umher. Todesmatt sank ich gestern abend hier nieder, ich glaubte sterben zu müssen."
"O, noch ist Ihre Stunde nicht gekommen, Sie sehen, die Vorsehung hat mich zu Ihnen gesandt."
"Ja, und wie bin ich dafür dankbar!"
"Aber wie kommen Sie in diesem seltsamen Aufzuge, der wohl für die Städte gut sein mag, so tief in die Llanos, und noch dazu ohne Waffen?"
"O Sennor, ich bin Naturalista und kam in guter Begleitung."
"Naturalista?" fragte nicht ohne Erstaunen Alonzo.
"Ja, ich bin hier, um die Tier- und Pflanzenwelt der Llanos zu studieren."
"O -. Ja, ich habe gehört, daß es solche Leute gibt," und ein heiterer Zug erschien in Alonzos Gesicht.
"Ich geriet auf der Schmetterlingsjagd von den Meinen ab. Dann kam der Sturm, mein Maultier ging durch und warf mich schließlich ab, jagte davon -, und einsam war ich in der endlosen Wüste, dem Hungertode preisgegeben."
"Schmetterlingsjagd?" Dem jungen Hünen kam dies komisch vor und er, etwas sehr Seltenes in seinem Wesen, er lachte. Er hatte wohl Kinder hinter Schmetterlingen herlaufen sehen und er selbst freute sich an ihrer bunten Pracht wie an der der Blüten, aber ein Mann und Schmetterlingsjäger? Das war drollig.
Der Fremde schien beleidigt und Alonzo gewahrte es.
"Verzeiht, Sennor, wenn ein Mann, der dem Hirsch und dem Jaguar nachstellt, die Jagd auf Schmetterlinge ungewöhnlich findet -," doch setzte er mit einladender Gebärde und freundlichem Lächeln hinzu, "wie wäre es, wenn wir frühstückten?"
Der Fremde lächelte auch, der Gedanke, das Frühstück fortzusetzen, war ihm sehr sympathisch und verscheuchte alsbald seinen Mißmut.
Jetzt ging Alonzo zu seinem wohlgezogenen Roß, das unweit ruhig graste, nahm den Beutel von dessen Sattel und bald saßen die jungen Leute zusammen und verzehrten kaltes Fleisch und Maisbrot. Dies schien dem Fremden sehr zu behagen.
Endlich sagte er: "Sie sind ein Llanero, Sennor?"
Die Kleidung Alonzos, das Pferd und sein Sattelzeug hatten ihm gesagt, daß er keinen der gewöhnlichen Bewohner der Ebene vor sich hatte.
"Llanero, Montanero, wie es kommt, Sennor."
"O, kennen Sie das Gebirge auch?"
"Bis zum ewigen Schnee hinauf."
"Aber Sie sind hier zu Hause?"
"Ja."
Nach einer Weile sagte der junge Fremde: "Aber wo finde ich nur meinen Professor und meine Peons wieder. Hoffentlich sind sie dem Sturme entgangen."
"Wo waren Sie, als der Sturm kam?"
"Wenn ich das wüßte."
"Da wird es freilich schwer halten, die Ihrigen zu finden."
"Aber was beginne ich, mein Freund, der Sie sich so teilnahmsvoll meiner annehmen, was beginne ich?"
"Ich will Sie zu den Meinigen bringen, ich denke, mein Cesar wird uns beide tragen, bis ich ein Reittier für Sie habe. Glauben Sie, den Ritt auszuhalten?"
"O, ich denke wohl."
Der Fremde erhob sich -, aber er wankte noch vor Schwäche.
"O, das wird nicht angehen -. Sie sind zu erschöpft, Sennor Naturalista. Wir haben einen langen und rauhen Weg vor uns."
Er stand auf und erkletterte gewandt die unteren Äste einer Tamarinde, um von erhöhter Stelle Umschau zu halten.
Wie er gehofft, gewahrte er am westlichen Horizont leichten Rauch, nur einem ungewöhnlich scharfen Auge wahrnehmbar.
Er kam herunter und sagte: "Dort wohnen Leute, ich will Sie dorthin bringen, wir finden da ein Reittier, und, wenn es sein muß, ein Nachtlager."
"Mille gracias, Sennor -, mir ist alles genehm."
"Also gut! Es ist Mittag vorüber und die Sonne steht nicht lange mehr am Himmel."
Alonzo rief seinem Cesar, der gehorsam wie ein Hund herankam, stieg in den Sattel und sagte: "Geben Sie mir die Hand, setzen Sie Ihren Fuß auf den meinen."
Der Fremde tat so und saß im Augenblicke, von Alonzos ehernem Arm gehalten, vor ihm auf dem Rosse. Alonzo ließ das Tier, das stutzend war, aber doch gehorsam die ungewöhnliche Belastung sich gefallen ließ, angehen, doch bald zeigte es sich, daß der aller Strapazen ungewohnte Körper des Fremden unter der Bewegung und dem unbequemen Sitze litt, so sehr er auch seine Schmerzen zu verbergen suchte.
Wiederholt mußte Halt gemacht werden.
So kam es, daß Cesar mit seiner doppelten Last erst kurz vor Sonnenuntergang vor der einfachen, von einigen Bäumen umstandenen Behausung eines Llanero anlangte, deren Rauch Alonzo von weitem gesehen.
Erschöpft stiegen beide ab, denn auch Alonzo hatte, besonders auf der zweiten Hälfte des Weges, seine ganze Kraft aufbieten müssen, um den erschöpften Verirrten vor sich auf dem Sattel zu halten.
Eine ältere Frau trat ihnen aus dem Hause entgegen und begrüßte sie freundlich, sah aber mit Erstaunen, daß zwei Reiter auf einem Pferde angelangt waren.
Alonzo gewahrte das wohl, und während sein halb geräderter Gefährte matt auf eine Bank sank, sagte er: "Ja, Madrecilla, sieh nur verwundert darein, die Mula meines Freundes hat der Sturm davon getragen und wir mußten uns mit einem Pferderücken begnügen."
"Geht auch," sagte die Frau, "ich sitze oft genug hinter meinem Manne, wenn wir die Nachbarn besuchen. Aber sattelt Euer Pferd ab, Sennor, dort ist Pferdefutter und macht's Euch bequem. Mein Mann ist den Rindern nachgeritten, aber darum soll Euch doch nichts fehlen."
"Gib was du hast, Mutterchen, wir sind dankbar für alles."
Er sorgte für das Pferd und setzte sich neben den Gefährten.
Gleich darauf kam Kaffee von der trefflichen Art, die das Land erzeugt, Eier, frisches Maisbrot und kalter Braten.
Das stellte die Lebensgeister der jungen Leute und selbst die des stillen Naturforschers her. Die Sonne sank und eine erfrischende Abendluft umfächelte sie, unendlich wohltuend nach dem heißen Tage.
Nach einiger Zeit sagte der Verirrte: "Erst jetzt beginne ich mich wieder als Mensch zu fühlen, und wenn ich die Besorgnisse um meine Begleiter los wäre, könnte ich guter Dinge sein."
"Warum solltet Ihr um diese in Sorge sein? Sie werden sich nicht auf der Schmetterlingsjagd verirrt haben, wie Ihr, der Ihr noch dazu der Llanos unkundig seid."
"Ihr mögt ganz recht haben und ich ängstige mich grundlos. Wie vielen Dank bin ich Euch schuldig, ohne Euch wäre ich in der Wüste umgekommen."
"Erwähnt das nicht, ich habe kein sonderliches Verdienst dabei. Doch laßt uns hineingehen, der Tau beginnt zu fallen und das könnte Euch schaden."
Sie traten in das durch eine sehr primitive Lampe erleuchtete einfache Gemach und ließen sich dort nieder.
Alonzos Blick suchte das Antlitz des Fremden, der ihm plötzlich in den Weg geworfen worden war, dessen Zartheit und Sanftheit fast etwas Mädchenhaftes an sich hatte.
Der Jüngling gefiel ihm ungemein.
"So haben Euch also Schmetterlinge und Käfer in die Llanos gelockt, Sennor?"
"Wenn Ihr wollt, ja, doch nicht sie allein. Es fehlt unserem herrlichen, gottgesegneten Vaterlande, das alle Klimate in sich vereinigt von der Terra caliente (heißen Zone) bis zur Terra fria (kalten Zone) noch an einer genauen Kenntnis seiner Tier- und Pflanzenwelt. Und Ihr müßt nicht glauben, Sennor, daß Forschungen auf diesem Gebiete unfruchtbar für das Land seien, nein, sie haben neben der Bereicherung der Wissenschaft auch ihren praktischen Nutzen. Ich hoffe nicht, daß Ihr von der Wissenschaft gering denkt."
"Gar nicht, Sennor, ob ich gleich ungelehrt bin; nur wundert es mich - verzeiht mir, wenn ich das sage - daß solche Forschungen einen Mann befriedigen können."
"O, ja," erwiderte der andere eifrig, "dieser Einblick in die wunderbaren Erscheinungen der schaffenden Natur, die doch alle einer ewigen Weisheit sich fügen und auch in dem Kleinsten und Unscheinbarsten die Majestät Gottes widerspiegeln, gewährt dem verständnisvollen Forscher unendliche Befriedigung."
Sein Auge leuchtete auf als er so sprach.
"Ich begreife es, ob ich gleich Eure Tätigkeit nicht nachahmen möchte."
"Ich bin zum Krieger, zum Staatsmanne verdorben und bin in meiner Welt unendlich glücklich."
"Wohl Euch. Mir muß das Leben andere Freuden bringen, wenn ich glücklich sein soll. Auf feurigem Roß durch die Llanos zu fliegen, die Büchse oder Lanze in der Hand, hoffentlich eines Tages dem Feinde unseres Landes in der Schlacht begegnend und den Gegner mit gewaltigem Arm niederwerfen in den Staub, das ist so mein Ideal vom Leben."
Mit Staunen blickte der sanfte Gelehrte in das stolze, kühne Antlitz Alonzos, in die feurig blitzenden Augen. Ja, das war der Mann, der voran stürmte in das Schlachtgetümmel.
Es mochten wohl die Gegensätze sein, die sich hier anzogen, denn jeder der beiden Jünglinge, der eine so sanft und mädchenhaft, der andere so wild und trotzig in vollster Lebenskraft, fand Gefallen an dem Gefährten, den er zufällig gefunden.
Der Fremde gab Alonzo eine kurze Übersicht von der Flora ihres Landes und der mannhafte Jüngling lauschte ihm mit der Aufmerksamkeit eines Schulknaben.
"O, was seid Ihr für ein Gelehrter, Ihr werdet noch recht berühmt werden und dicke Bücher schreiben."
"Wenn Liebe zur Wissenschaft und Fleiß berühmt machen können, so ist das nicht unmöglich."
"Nun, ich wünsche es Euch von Herzen."
"Doch wäre es nicht an der Zeit, ich erführe, wem ich das Leben verdanke?"
"O, Sennor, man nennt mich Alonzo Vivanda und ich hause an einem Nebenfluß des Meta."
"Sehr wohl, Don Alonzo; in mir seht Ihr Eugenio de Valla vor Euch."
Der Name de Valla, von diesem so liebenswerten jungen Manne in Anspruch genommen, zuckte mit scharfem Schmerz durch Alonzos Seele, und augenblicklich nahm sein, eben noch mit fast kindlicher Aufmerksamkeit dem jungen Gelehrten zugewendetes Gesicht den Ausdruck von Starrheit an, unter der er stets die Regungen seines Innern zu verbergen bemüht war.
"Der Sohn des Ministers in Bogotá?" fragte er.
"Ja, Carlos de Valla ist mein Vater, amigo mio."
Erst jetzt gewahrte Eugenio die Veränderung, die in seines Gefährten Gesicht vor sich gegangen war, aber er wußte sie nicht zu deuten.
"Ihr staunt, daß mein Vater, der so große Verdienste als Staatsmann und Krieger um das Land hat, mir gestattet, bescheiden der Wissenschaft zu leben? O, er liebt mich, der gute Vater, und weiß, daß ich nur so glücklich bin. Er ist der edelste und beste der Menschen und auch Ihr werdet ihn lieben, wenn Ihr ihn kennt."
Alonzo wiegte stumm das Haupt. Dann sagte er: "Es ist spät geworden, Sennor, wir müssen das Lager aufsuchen. Wo hofft Ihr Eure Freunde zu treffen?"
"Jedenfalls in Villavacencia am Rio Negro, dort wollten wir halt machen."
"Ihr könnt es von hier aus mit nicht allzu großer Mühe erreichen."
Während er noch sprach, trat der Llanero ein, der überrascht die Fremden sah.
"O, Don Alonzo" - er kannte den jungen Sennor Vivanda - "wie freut das mich, Euch bei mir zu sehen!"
Alonzo gab ihm rasch die Ursachen an, die ihn zu seinem Hause getrieben und sprach die Hoffnung aus, daß er Sennor de Valla nach Villavacencia führen könne.
Dies bejahte der Llanero in bereitwilligster Weise.
Auf Alonzos Bitte wies die Sennora den beiden jungen Leuten ihre Schlafstätten an, und sich gute Nacht wünschend, trennten sie sich.
Alonzo ging noch einmal hinaus, nach seinem Pferde zu sehen und sagte hierbei dem Llanero: "Ich will abreiten, ehe die Sonne aufgeht, und den jungen Mann nicht im Schlaf stören. Sage ihm, ich ließe ihm Lebewohl wünschen. Pflege ihn und bringe ihn, sobald er im Sattel sitzen kann, sicher zu den Seinen, ich werde dir dankbar sein, amigo."
"Verlaß dich darauf, Don Alonzo."
Alonzo suchte seine Lagerstätte auf und sagte leise vor sich hin: "Muß dieser Jüngling, zu dem mein Herz sich hingezogen fühlt, der Sohn jenes de Valla sein - der -" düstere Bilder stiegen vor seiner Seele auf - "o schade - schade - und ich hätte den jungen Mann so innig lieben können." - Noch ehe die Sonne sich wieder erhob, galoppierte Alonzo in die Llanos hinein.