158065.fb2 Der Hai von Frisco - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 15

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Als der überraschte Mann endlich die Lippen aufriß, um einen Alarmschrei auszustoßen, war es bereits zu spät. Schelps Klinge durchschnitt seine Kehle, und nur ein leises Gurgeln kam aus dem geöffneten Mund. Als der Seemann auf den Kajütenboden sackte, war er tot.

McCord griff sich den Revolver und prüfte ihn mit der Routine des erfahrenen Militärs.

Sie ließen den Toten in der Kajüte und verschlossen die Tür. Der Gang war leer. Ebenso die steile, geschwungene Treppe, die aufs Deck führte. Aber sie endete dicht hinter dem Unterstand des Steuermanns.

Vorsichtig schob Schelp seinen Kopf hinaus und erkannte die knochige Gestalt Georg Möllers.

»Möller, der Verräter!« flüsterte er den anderen zu, die unter ihm auf der Treppe warteten. »Den übernehme ich!«

Schelp strich sein Haar glatt und zupfte seine etwas ramponierte Stutzerkleidung zurecht. Im Halbdunkel des Sternenlichts und der wenigen auf Deck brennenden Laternen würde man nicht bemerken, daß seine Aufmachung nicht ganz gesellschaftsfähig war. Nur der Chapeau claque fehlte, als er aufs Deck trat.

Den Stock hielt er lässig, in der Rechten. Die Klinge hatte er zuvor einfahren lassen.

»Na, Möller, liegt die alte ALBANY auf Kurs?« fragte Schelp im höflichen Plauderton und mit ungedämpfter Stimme.

In seinen Komplizen, die im Treppenaufgang warteten, krampfte sich alles zusammen. Der rotschöpfige Deutsche trieb ein riskantes Spiel. Wenn er nicht die richtigen Karten hatte, würde ihre Flucht auffliegen.

Überrascht wandte sich Möller nach dem Geschäftemacher um. Auf dem Gesicht des Ersten Steuermanns zeichnete sich deutliche Verwirrung ab.

Schelp gehörte doch zu den Gefangenen, die Hansen in die Kajüte gesperrt hatte. Aber wieso bewegte er sich dann offen auf Deck?

Hatte Hansen sich mit ihm ausgesöhnt? Möglich war es, schließlich waren Schelp und der Kapitän Geschäftspartner gewesen. Aber der Käpten hätte doch zumindest seinen Ersten Steuermann darüber in Kenntnis setzen können!

Als Möller den Mund zu einer Frage öffnete, wirbelte Schelp den Stock auch schon nach oben. Die Klinge sprang heraus und bereitete dem Leben des Steuermanns auf dieselbe Weise ein Ende wie wenige Minuten zuvor dem des Wachtpostens.

Schelp sprang vor und griff unter Möllers Achseln, um ihn aufzufangen, bevor der Körper des Sterbenden geräuschvoll auf die Planken schlug. Vorsichtig legte er den reglosen Leib über das Steuerrad.

Er wischte die blutige Klinge an Möllers Jacke ab und zog sie in den Stockschaft zurück.

Der Rothaarige durchsuchte den toten Steuermann, fand einen Webley bei ihm und ließ den Revolver in einer Tasche seines dunklen Stutzerrocks verschwinden.

McCord, Don Emiliano und Vivian Marquand traten an Deck.

»Helft mir!« zischte Schelp und zeigte auf ein zusammengerolltes Tau, das in der Nähe lag. »Wir binden den Kerl am Steuerrad fest! Wenn jemand hersieht, sieht es in der Dunkelheit so aus, als sei alles in Ordnung.«

Nachdem das erledigt war, schlichen sie zu einem der beiden Rettungsboote, die neben dem Besanmast in den Davits hingen.

»Wir sind keine Seeleute«, jammerte der Mexikaner. »Wir werden das Boot niemals heil ins Wasser kriegen!«

»Wenn ich reise, pflege ich das mit offenen Augen und Ohren zu tun«, belehrte Schelp den Sonderbeauftragten der mexikanischen Exilregierung. »Ich habe aufgepaßt, wie die Boote gewassert werden. Aber alle müssen mit anpacken, auch Sie Mrs. Marquand!«

Er betonte den Namen der Frau, um ihr klar zu machen, daß sie nicht nur ihr Geheimnis verloren hatte, sondern auch ihre befehlende Stellung.

Ohne eine Erwiderung abzuwarten, gab Schelp seine Anweisungen und fügte hinzu: »Wir müssen uns beeilen und im Wasser sein, ehe jemand von der Bordwache nachsehen kommt, was hier hinten los ist!«

Erst schien auch alles gutzugehen, wenn auch die vier Menschen bei jedem lauten Knarren des Holzes zusammenzuckten.

Aber dann schwenkte der Davit plötzlich zurück. Der Bootsrumpf schrammte laut an der Reling entlang und streifte McCords Schulter. Das rauhe Holz zerriß die Kleidung des Offiziers und hinterließ eine blutige Furche.

Der Südstaatler stöhnte kurz auf, biß dann aber die Zähne zusammen.

»Was passiert?« fragte Schelp leise.

»Nicht so schlimm«, antwortete McCord im selben Flüsterton.

»Gut«, nickte der Deutsche. »Dann auf ein neues. Wir müssen versuchen.«

Er wurde von einer lauten Stimme unterbrochen, die auf englisch übers Deck rief: »He, was ist denn auf dem Achterdeck los? Stimmt etwas nicht, Mr. Möller?«

»Alles in Ordnung«, erwiderte Schelp laut. Er sprach das Englische mit demselben Akzent wie Möller und bemühte sich, den heiseren Tonfall des Ersten Steuermanns nachzuahmen. »War nur eine Werkzeugkiste, die übers Deck gerutscht ist.«

»Aye, Sir«, gab sich der in der Dunkelheit verborgene Seemann, der wahrscheinlich irgendwo auf der Back stand, zufrieden.

Die entsprungenen Gefangenen nahmen ihre Arbeit wieder auf. Doch es zeigte sich, daß Arnold Schelp seine seemännischen Fähigkeiten ein wenig überschätzt hatte. Es wollte einfach nicht gelingen, das Beiboot ganz bis zur Wasserlinie hinunterzulassen.

Dann näherten sich Schritte in der Dunkelheit.

»Was jetzt?« fragte Don Emiliano mit einem Anflug von Panik in der Stimme.

»Wir klinken das Boot einfach aus und springen hinterher!« sagte Schelp.

»Ins Wasser?« fragte der Mexikaner.

»Milch ist es nicht«, knurrte der Deutsche, während er die Vorbereitungen zum Ausklinken traf.

»Aber ich kann nicht schwimmen, Senor!«

Schelp grinste gemein.

»Ich bin sicher, der Sonderbeauftragte der mexikanischen Exilregierung wird sich auch in diesen ungewohnte Gewässern mit der ihn auszeichnenden Kontenance bewähren.«

Oder untergehen, mir ist's gleich! fügte er in Gedanken hinzu.

Dann fiel das Boot auch schon mit einem lauten Platschen ins Meer. Es schwankte heftig hin und her. Einen Augenblick sah es so aus, als würde es kentern.

Aber dann beruhigte es sich und trieb fast friedlich auf den Wellen. Diese reflektierten das spärliche Licht der Gestirne, das durch die Wolkendecke drang, mit einem unwirklichen Schimmer.

Ohne sich um die anderen zu kümmern, sprang Schelp hinterher. Er wußte, daß sich die ALBANY schnell von dem Boot entfernte. Wer zu lange zögerte, würde weit schwimmen müssen.

Als das Wasser über ihm zusammenschlug, dachte er daran, ob es in dieser Gegend Haie gab. Mit kräftigen Stößen kam er wieder an die Oberfläche, hielt auf das Boot zu und bekam es endlich zu fassen. Mit einem Ruck zog er sich an Bord.

Dann erst sah er die anderen. Auch sie waren gesprungen, alle drei.

Don Emiliano war am weitesten vom Boot entfernt, schlug in wilder Panik um sich und krakeelte wie ein kleines Kind.

McCord erbarmte sich seiner. Der kräftige Südstaatler war ein guter Schwimmer und erreichte den gegen ihn fast zierlich wirkenden Mexikaner mit wenigen Zügen.

Schelp verlor die beiden aus den Augen, weil die schwarze Gestalt der Frau dicht beim Boot erschien. Sie streckte eine Hand aus, die der Deutsche ergriff.