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Dabei zeigte Bremer in die Richtung, aus der sie eben gekommen waren. Ein halbes Dutzend grober, kräftiger Kerle baute sich dort auf und versperrte ihnen den Rückweg. Einige trugen dicke Knüppel in den Händen.
»Das ist kein Treffpunkt, sondern eine Falle!« erkannte Jacob, leider zu spät.
Seine Rechte fuhr an seine Hüfte, wo der sechsschüssige Colt im Holster stecken.
»So ist es«, bestätigte Bremer.
Er lächelte immer noch und richtete den sechsfachen Lauf eines kleinen, handlichen Pepperbox-Revolvers auf den deutschen Auswanderer. Die Waffe war dafür bekannt, alles andere als zuverlässig zu sein. Aber Bremer stand nur einen Schritt von Jacob entfernt. Auf diese Distanz konnte er sein Opfer nicht verfehlen.
»Den Waffengurt abschnallen, Adler, aber hübsch langsam!«
Jacob gehorchte. Bremer ließ ihm keine andere Wahl. Er beobachtete Jacob genau, so daß der Zimmermann keinen überraschenden Angriff auf den Mann mit der Pepperbox starten konnte.
Das Rattengesicht streckte die freie Linke aus, nahm Jacob den Waffengurt ab und trat dann ein paar Schritte zurück.
»Und was passiert jetzt?« wollte Jacob wissen.
»Du siehst ziemlich kräftig aus, Adler. Ich glaube, der Hai hat nichts dagegen, wenn du deine Kräfte unter Beweis stellst.«
»Der Hai? Welcher Hai?«
»Unser Boß, der Hai von Frisco. Ich arbeite für ihn, und meine Freunde auch.«
Bremer stieß einen schrillen Pfiff aus. Die Front der Schläger setzte sich wie ein Mann in Bewegung und trat langsam auf das Ende der Sackgasse zu.
Irene drückte Jamie an sich und wich so weit zurück, wie es möglich war. Jacob ballte seine Fäuste und stellte sich schützend vor sie.
Er wartete nicht ab, bis ihn die Angreifer erreichten und einkreisten. Ein Vorwitziger ging etwas schneller als die anderen und hob als erster seinen hölzernen Prügel, um ihn über Jacobs Schädel zu ziehen. Das vermeintliche Opfer rammte dem Schläger die Faust gegen die Gurgel. Jacobs Linke umklammerte den Prügel und blockierte den Schlag. Sein Knie schoß hoch und traf den Unterleib des Gegners. Der stöhnte gequält auf, sackte zu Boden und überließ dem Zimmermann seine Waffe.
Gerade noch rechtzeitig, um damit einen anderen Knüppel abzufangen, den der Besitzer mit beiden Händen gegen Jacob schwang. Der Aufprall war so hart, daß beiden Männern die Prügel aus den Händen gerissen wurden.
Jacob erholte sich als erster von der Überraschung und deckte den anderen mit einer Serie von Faustschlägen ein. Der zweite Angreifer ging zu Boden.
Der dritte Mann, der den Staub der morgendlichen Straße schmeckte, war Jacob selbst. Ein Angreifer war in seinen Rücken gekommen, hatte die Hände ineinander verschränkt und sie in den Nacken des Deutschen krachen lassen.
Als Jacob vor ihm kniete, traf ihn ein schwerer Stiefel gegen den Kopf. Unter normalen Umständen hätte ihm der Tritt nicht so viel ausgemacht. Aber das harte Leder traf genau die Stelle, wo Vivian Marquands Weichbleigeschoß eine tiefe Schramme hinterlassen hatte. Dunkle Übelkeit brandete in Jacob auf und hüllte ihn trotz allen Widerstandes ein.
»Jacob!« flüsterte Irene entsetzt, als sie sah, wie ihr Freund umkippte und in den Schmutz fiel.
»Keine Angst, Täubchen«, grinste Louis Bremer. »Du kommst auch noch dran.« Er blickte die Schläger an und rief: »Los, Jungs, nehmt sie euch vor!«
Die vier Männer, die Jacob nicht zu Boden geschickt hatte, kamen langsam auf Irene zu. In ihren mitleidslosen Zügen lag dasselbe gemeine Grinsen, das die junge Frau schon auf Bremers Rattengesicht gesehen hatte.
Ende des 2. Teils
Und so geht das Abenteuer weiter
Das Schicksal zweier Männer soll sich auf hoher See erfüllen.
Piet Hansen, als Saboteur und Konföderierten-Agent beschuldigt, erhält eine Chance, das drohende Todesurteil abzuwenden: wenn er mit der ALBANY die geladenen Waffen um Kap Horn herum zu einem noch geheimen Ziel transportiert.
Jacob Adler, shanghait und an einen abgewrackten Walfänger verkauft, nimmt als Gefangener unter rauhen Seeleuten ebenfalls Kurs aufs offene Meer.
Und dort lauert ein Ding, das schon vielen Schiffen zum Verhängnis wurde. Niemand hatte bisher eine Chance, ihm zu entkommen. Denn es nähert sich unter Wasser und schlägt blitzschnell zu.
DAS STÄHLERNE MONSTER von J.G. Kastner