158065.fb2 Der Hai von Frisco - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 7

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»Das heißt, diese verwünschten Gringo-Schiffe haben uns vor der mexikanischen Küste angegriffen?« explodierte Don Emiliano. »Wo sie gar nichts zu suchen haben?«

»So sieht es aus«, bestätigte der Kapitän. »Aber sie hatten sehr wohl etwas hier zu suchen, nämlich uns.«

»Wie meinen Sie das, Käpten?« bellte Schelp, »Ich halte das plötzliche Auftauchen der kleinen Flottille nicht für einen Zufall«, erklärte Hansen. »Die Kriegsschiffe haben uns zweifellos gesucht. Sonst hätten sie uns nicht sofort bei ihrem Erscheinen zur Übergabe aufgefordert und so schnell das Feuer auf uns eröffnet.«

»Verflucht!« Schelp kratzte über sein rotes Haar. »Da ist was dran. Aber das bedeutet ja, daß uns jemand verraten hat!«

»Ja«, erwiderte Hansen nur.

»Aber wer?«

»Fragen Sie mich was Leichteres, Schelp«, seufzte der Kapitän. »Ich habe zur Zeit andere Probleme.«

»Si, Senor Capitän, die haben Sie«, nickte der Mexikaner mit noch immer umwölkter Stirn. »Nämlich unseren Kurs. Verkaufen Sie mich nicht länger für dumm! Auch wenn Sonora und Guaymas im Osten liegen, wir müssen nach Süden fahren, um ans Ziel zu kommen.«

»Das stimmt, Don Emiliano«, sagte Hansen. »Wir müssen die Südspitze von Baja California umsegeln, um in den Golf von Kalifornien zu gelangen.«

»Dann segeln Sie endlich nach Süden!« verlangte der Mexikaner sehr laut und sehr scharf. Offenbar war er mit seiner Geduld am Ende.

»Das wäre aber äußerst dumm«, entgegnete der Kapitän. »Damit rechnen die Kriegsschiffe doch. Sie werden uns dort auflauern.«

»Ah, ich verstehe«, nickte Schelp. »Deshalb der Nordkurs.«

»Ja, deshalb«, bekräftigte Hansen.

Schelps offensichtliche Freude über sein Begreifen verflog ebenso schnell wieder, wie sie sein Gesicht aufgehellt hatte. Mit einem fast ebenso skeptischen Blick wie Don Emiliano sagte er: »Aber wir können nicht ewig so weitermachen, Käpten. Was tun wir, wenn die Yankee-Schiffe im Süden bleiben, wovon wir leider ausgehen müssen? Bis zum Nordpol fahren?«

»Dafür sind wir nicht ausgerüstet«, versetzte Hansen trocken. »Nein, natürlich können wir nicht immer weiter nach Norden fahren. Wir müssen uns an den Kriegsschiffen vorbeischleichen. Aber ich denke, wir sollten damit warten, bis es dunkel ist.«

Ein breites Grinsen überzog Schelps derbes Gesicht. Er versetzte Hansen einen zustimmenden Schlag auf die Schulter.

»Ja, das ist ein guter Plan, Käpten. Genauso machen wir es. Sobald es Nacht ist, ändert die ALBANY ihren Kurs um hundertachtzig Grad und gleitet unbemerkt an den Yankees vorbei. Wunderbar!«

»Si, es könnte funktionieren«, meinte auch Don Emiliano und ging zurück zur Reling, um Captain McCord und die verschleierte Frau zu informieren.

Obwohl Piet Hansen ihr Gesicht nicht sehen konnte, hätte er schwören mögen, daß sie ihm einen durchdringenden Blick zuwarf. Bei dem Gedanken überfiel ihn ein eisiges Frösteln.

*

Es mußte Nacht sein, dachte Irene. Sie erkannte es nur an der offenen Eingangstür oberhalb der Treppe. Kein bißchen Licht drang durch sie ins Halbdunkel des Schiffes.

Die blonde Frau legte eine Hand auf Jacobs Mund, um sein jetzt fast pausenloses Stöhnen zu dämpfen.

Wenn die Wachablösung erfuhr, daß der junge Deutsche noch am Leben war, und es der unheimlichen Frau in Schwarz berichtete, konnten Irenes sämtliche Mühen um Jacob sehr schnell zunichte gemacht werden.

Rasch zog sie ihren provisorischen Verband von seinem Kopf und versteckte das blutgetränkte Tuch unter ihrem graubraunen Baumwollkleid.

Leider konnte sie dem Freund nicht sagen, er solle sich still verhalten. Er würde sie nicht verstehen; vielleicht hörte er sie nicht einmal. Er dämmerte in einem Zustand zwischen Bewußtlosigkeit und Wachsein dahin, aber noch blieb jede Erkenntnis seinem Geist verschlossen.

Die Wunde war ziemlich schlimm, obgleich es nur ein Streifschuß war. Das verfluchte Weichbleigeschoß aus dem Derringer dieser verfluchten schwarzen Frau !

Wer war sie bloß?

Irenes Gedanken kehrten zu Jacob zurück. Ein weniger robuster Mann als er wäre der Verletzung vielleicht erlegen. Schon der Schock, als das Blei den Kopf traf, mußte ungeheuerlich gewesen sein.

Die Männer der Wachablösung, deren Schritte Irene alarmiert hatten, kamen die Treppe herunter.

Die Frau war froh, daß ihr kleiner Jamie neben Jacob lag und friedlich schlief. So konnte sein Geschrei nicht die Aufmerksamkeit der Seeleute auf den verwundeten Zimmermann lenken.

Sie sehen fast aus wie Vater und Sohn, dachte Irene zärtlich.

Sie schüttelte diesen Gedanken ab. Er war unsinnig, selbst wenn sie es sich wünschte.

Jamies Vater hieß Carl Dilger. Carl, der ein Leben als Sohn des reichen Reeders Wilhelm Dilger für Irene geopfert hatte. Der nach Amerika gefahren war, um für sich und seine Familie eine neue Zukunft aufzubauen. Der jetzt auf den kalifornischen Goldfeldern sein Glück zu machen hoffte.

Ihm hatte sie ihr Herz versprochen.

Nicht Jacob!

Irene hörte zur ihrer großen Verwunderung eine Stimme, die sie kannte. Piet Hansen führte die Wachablösung an.

Der Kapitän des Schiffes selbst?

Das war seltsam.

Aber hatte er ihr nicht versprochen, von sich hören zu lassen?

Die junge Frau schöpfte neue Hoffnung. Sie verließ den dunklen Winkel, in den sie sich zurückgezogen hatte, und spähte zu der Treppe nach achtern.

Was sie sah, verwirrte sie noch mehr. Nur Piet Hansens vertraute Gestalt trat ins Licht der Öllampe. Seine Begleiter schienen sich absichtlich im Schatten verborgen zu halten.

Ein anderer Mann trat auf Hansen zu, ein knochiger Kerl -Georg Möller.

»Gehen Sie mit Ihren Leuten rauf, was essen und dann mal 'ne Mütze voll Schlaf nehmen, Möller«, brummte der Kapitän und zeigte mit dem Daumen nach oben. »Sie haben es sich verdient.«

»Wollen Sie selbst die Nachtwache hier unten übernehmen, Käpten?« fragte verwundert der Erste Steuermann.

»Ja, ich kann nicht schlafen. Da kann ich ebenso gut hier unten hocken und darüber brüten, wie wir die vermaledeiten Yankee-Schiffe ausmanövrieren, falls sie uns noch einmal in die Quere kommen.«

»Schön«, meinte Möller und rief seine Männer zusammen, um endlich das muffige Zwischendeck zu verlassen. »Hier ist alles ruhig, Käpten. Schelps Kugel und Ihre Ansprache haben dem Pack den Wind aus den Segeln genommen.«

»In Ordnung«, nickte Hansen. »Schlafen Sie gut.«

Möller tippte in der Andeutung eines Grußes an seine Seemannsmütze und führte seine Männer zum Decksaufgang. Als sie den unteren Treppenabsatz erreicht hatten, lösten sich Hansens Begleiter aus den Schatten.

Alles ging sehr schnell. Die bisher im Halbdunkel verborgenen Seeleute schwangen schwere Knüppel und ließen sie auf die Köpfe ihrer Kameraden niedersausen.

Mehrere der so überraschend Getroffenen stöhnten dumpf auf. Zu mehr waren sie nicht mehr fähig. Sie sackten zu Boden wie schwere, träge Säcke.