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»Gibt Little Fox zu, daß ich ihn besiegt habe?«
»Ja!« knurrte der riesige Krieger. »Jetzt stoß zu. Vergieß mein Blut, damit der Kampf beendet ist.«
Jacob ritzte mit der Speerspitze den Hals des Indianers, bis Blut hervortrat. Dann zerbrach er die Waffe auf seinem Knie und schleuderte die beiden Teile fort.
»Was. tut der weiße Mann?«
»Ich habe dein Blut vergossen, Little Fox. Damit ist der Kampf beendet, und ich bin der Sieger.«
»Aber. Blut zu vergießen bedeutet, den Gegner zu töten.«
»Dann habe ich das falsch verstanden«, sagte Jacob gelassen. »Da der Speer zerbrochen ist, können wir nicht weiter um ihn kämpfen.«
Riding Bear trat vor und sagte laut: »Sandhaar hat Little Fox besiegt und sein Blut vergossen. Nach den Regeln, die Little Fox selbst verkündet hat, ist Sandhaar der Sieger.«
Leise sagte Riding Bear zu Jacob: »Das war ein guter Trick!«
Jacob nickte und ging zu seinen Freunden. Er, Irene, Martin und Urilla fielen sich in die Arme. Die Frauen weinten. Nur der kleine Jamie, den Irene fest an sich drückte, lachte laut. Er schien sich darüber zu freuen, wieder mit seiner Mutter und seinen beiden Paten vereint zu sein.
Erst ein lauter Schrei riß die Freunde aus ihrem Freudentaumel. Anne Myers hatte ihn ausgestoßen, als Little Fox ein Messer in den Leib ihres Mannes rammte.
Jetzt zog der Hüne die Waffe wieder heraus und tötete auf dieselbe Weise Frazer Bradden.
Dann ging er auf die beiden Frauen aus Greenbush zu.
»Nein, nicht!« schrie Jacob und wollte ihn aufhalten.
Aber Riding Bear sprang dazwischen und sagte scharf: »Sandhaar hat nicht für die Mörder gekämpft. Sie müssen sterben!«
»Aber doch nicht die Frauen!«
»Haben sie den weißen Mördern nicht geholfen?« fragte Riding Bear.
Da war es auch schon zu spät.
Mit Eliza Bradden und Anne Myers fanden die Letzten aus Greenbush den Tod.
*
Zwei Tage später nahmen die Freunde noch einmal Abschied voneinander, diesmal endgültig.
Martin und Urilla mußten zurück nach Abners Hope, um ihr Land zu bestellen.
Jacob, Irene und Jamie wollten weiter in Richtung Küste. Jetzt, wo sie die Cascades überwunden hatten, schien das Schwierigste hinter ihnen zu liegen.
Die Krieger der Nez Perce waren längst weggezogen. Etwa die Hälfte der Missionsindianer hatte sie begleitet. Was die Weißen mit ihren Familien angestellt hatte, hatte ihren Glauben an den Christengott zu sehr erschüttert, um länger in Molalla Spring zu bleiben.
Mit den übrigen Indianern wollten die Mercers ihr Lebenswerk fortsetzen. Es würde harte Arbeit sein, das zerstörte Vertrauen zurückzugewinnen.
Als die Planwagen abfahrbereit waren, fiel es den Auswanderern doch schwer, sich zu trennen.
»Wenn du Irene bei ihrem Carl abgeliefert und deine Familie in Texas gefunden hast, was machst du dann, Jacob?« fragte Martin.
»Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Vielleicht suche ich mir eine gute Stelle als Zimmermann.«
»Die Städte in Oregon werden wachsen«, sagte Martin. »Auch Abners Hope. Kann sein, daß wir einen guten Zimmermann gut gebrauchen können.«
»Das könnte ich mir vorstellen«, nickte Jacob. »Ich werde daran denken.«
»Fein«, meinte Martin. »Außerdem erwarten wir natürlich deinen und Irenes Antrittsbesuch, wenn unser Sohn geboren ist.«
»Oder unsere Tochter!« versetzte Urilla.
Sie umarmten sich noch einmal, kletterten auf die Wagen und trieben die Tiere an.
Martin und Urilla fuhren nach Osten, auf die Cascades zu. Jacob lenkte sein Gespann nach Westen, wo sich bewaldete Ebenen bis zum Horizont erstreckten.
Bald verloren sie sich aus den Augen.
*
Gegen Mittag hielt Jacob nach einem Rastplatz Ausschau. Sie fuhren schon seit mehr als einer Stunde durch einen dichten Wald aus Gelbkiefern und Fichten. Als sie auf eine große Lichtung mit einem kleinen Teich kamen, war das der beste Platz zum Ausruhen, den sie sich nur vorstellen konnten.
Jacob hielt die Pferde an und wollte gerade absteigen, um die Tiere auszuspannen, als ein Reiter wie aus dem Nichts auftauchte. Ein Indianer!
Jacob hatte den Sharps-Karabiner schon in der Hand, als er Riding Bear erkannte.
Der Nez Perce lenkte den braunweißen Appaloosa zum Wagen und sagte: »Riding Bear ist gekommen, um sich von dem verrückten Weißen und der goldhaarigen Squaw zu verabschieden.«
Irene sah ihren Freund an.
»Jacob, warum nennt er dich verrückt?«
»Natürlich ist Sandhaar verrückt!« behauptete Riding Bear. »Ein Mann, der für die Frau, die er liebt, aus einer tiefen Schlucht klettert, der für sie mit bloßen Händen gegen ein Rudel Wölfe kämpft, der sogar den tückischen Little Fox für sie besiegt, nur um sie einem anderen Mann zu geben, den er nicht einmal kennt, der muß doch verrückt sein!«
Jacob sah den Nez Perce vorwurfsvoll an.
Riding Bear wandte den Appaloosa um und lachte schallend. Sie hörten sein Lachen noch, als er längst zwischen den Bäumen verschwunden war.
ENDE
Und so geht das Abenteuer weiter
Das sturmgepeitschte Meer wirbelte die Bark auf den hohen Wellenbergen umher wie ein zorniges Kind sein plötzlich mißliebig gewordenes Spielzeug. Mal lag das Schiff fast gänzlich auf der Steuerbord-, dann wieder auf der Backbordseite. Gigantische Brecher überfluteten den Dreimaster und spülten alles fort, was nicht niet- und nagelfest war. Die wenigen Seeleute, die noch auf Deck waren, hatten sich anseilen müssen, um nicht von der gierigen See verschlungen zu werden. Einige ihrer Kameraden unterschätzten die Gefahr, und die Brecher hatten die Männer mit sich gerissen. So beginnt ein weiteres Kapitel der Reise Jacob Adlers - ein Abenteuer, das Sie nicht versäumen sollten!
BLOCKADE BRECHER von J.G. Kastner