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Island und Grönland

XXII

Ihre Ankunft musste mit Signalfeuern angekündigt worden sein. Wie sonst war die Menschenmenge auf der Mole zu erklären, die ihr Einlaufen beobachtete? Weitere Menschen kamen zu Fuß und zu Pferd herbei, einige direkt von ihren Feldern, wie man an den Hauen und Hacken sehen konnte, die sie dabeihatten. Ein Mann mit geflochtenem Bart und Ringen in den Ohren leitete die Shearwater zu einem Liegeplatz.

«Du übernimmst das Reden», sagte Vallon zu Wayland.

Der Hafenmeister wedelte mit einem Stab, um die Menge zurückzuhalten. «Woher kommt ihr?», rief er.

«England.»

«Was habt ihr geladen?»

«Unterschiedliche Waren.»

Der Hafenmeister sprang an Bord und ließ seinen Blick über die Mannschaft schweifen. «Seid Ihr der Schiffsmeister?», fragte er Vallon.

«Er spricht Eure Sprache nicht gut», sagte Wayland. «Er ist Franke.»

Der Hafenmeister war hocherfreut. «Ich habe noch nie einen Franzmann gesehen. Ich dachte, sie wären kleiner als der da.»

«Wir haben auch einen Deutschen und einen Sizilianer dabei.»

«Was ist ein Sizilianer?»

Wayland stellte ihm Hero vor. Der Hafenmeister musterte ihn mit unverhohlener Neugier. «Er ist kein Mönch, oder?»

«Nein. Ein Student der Medizin.»

«Gut. Wir haben schon mehr als genug fremde Mönche auf Island. Vor einer Woche sind wieder zwei aus Norwegen angekommen. Deutsche, die von ihrer Mutter Kirche entsandt wurden, um unsere Seelen vor der Verdammnis zu retten.»

Raul spuckte aus. «Verflucht. Ich bin von einem Paar Krähen überrundet worden.»

Mehrere Isländer hatten sich auf das Schiff gestohlen, um die Ladung in Augenschein zu nehmen. Der Hafenmeister scheuchte sie von Bord und begutachtete den Laderaum. «Diese Holzbalken werdet ihr ohne Probleme los. Was wollt ihr zum Tausch dafür haben?»

«Das entscheiden wir, wenn wir gesehen haben, was angeboten wird. Zuerst brauchen wir eine Unterkunft.»

Der Hafenmeister deutete auf ein paar Hütten, die etwas zurückversetzt hinter dem Hafen standen. «Das ist alles, was wir Ausländern anzubieten haben. Die meisten fremden Händler wohnen bei Verwandten oder Handelspartnern.»

«Diese Hütten sind nicht gut», sagte Wayland. «Wir bleiben den ganzen Sommer hier. Wir brauchen etwas, wo wir bequem unterkommen und unsere Waren verstauen können.»

Der Hafenmeister sah Vallon mit einer Art milder Aufmerksamkeit an. Es lag auf der Hand, dass er einen Anreiz für seine Hilfe erwartete. Richard gab dem Mann ein paar Münzen.

«Ich werde sehen, was ich tun kann.»

«Woher sind diese Schiffe?», fragte Wayland und deutete auf die Knarrs.

«Ich würde sagen, inzwischen sind sie weder von hier noch von da. Es sind norwegische Schiffe, die schon letzten Herbst abfahren sollten, aber sie sind zu spät losgesegelt und wurden von den Westwinden überrascht. Sie haben es nicht um die Halbinsel von Reykjavík geschafft. Waren den ganzen Winter hier. Passt auf, dass ihr mit der Mannschaft vorsichtig umgeht. Die Leute sind ziemlich am Ende mit den Nerven.»

Der Hafenmeister ging vom Schiff und sprach mit einem jungen Mann zu Pferd. Der Jüngling ritt davon. Die Menschenmenge verlief sich. Vallon und seine Leute brachten das Schiff in Ordnung, bevor sie etwas aßen. Danach ging Wayland von Bord, aber es gab wenig zu sehen, und so kehrte er aufs Schiff zurück und legte sich schlafen.

Als der Hund Wayland mit der Schnauze anschubste, um ihn zu wecken, wurde es langsam hell. Drei Männer mit zwei Ersatzpferden ritten die Mole entlang. Der Hafenmeister ging neben dem Reiter an der Spitze her.

«Wacht auf», rief Wayland. «Wir bekommen Gesellschaft.»

Die Abordnung hielt bei der Shearwater, und die Männer stiegen ab. Der Hafenmeister deutete auf den Reiter, den er begleitet hatte. «Dieser Mann hat ein großes Haus zu vermieten.»

Wayland warf Vallon einen Blick zu. «Bitte ihn aufs Schiff.»

Die Besucher stiegen an Deck. Ihr Anführer war ein würdiger alter Herr mit strahlenden blauen Augen und einem säuberlich gestutzten weißen Bart. Er ließ seinen Blick über alle Gesichter wandern, bevor er Vallon die Hand entgegenstreckte.

«Er ist ein Stammesführer», erläuterte Wayland. «Sein Name ist Ottar Thordarson. Er besitzt einen Palas, der uns zusagen könnte. Er liegt etwa zehn Meilen von der Küste entfernt.»

Ottar blickte mit höflichem Interesse in den Laderaum hinunter.

«Was will er dafür haben?»

«Er ist daran interessiert, unser Balkenholz zu kaufen.»

Vallon sah Ottar in die freimütigen blauen Augen. «Er kann es sich gern genauer anschauen.»

Die Besucher gingen durch den Laderaum und sprachen über die Qualität des Balkenholzes. Schließlich blieb Ottar stehen, strich sich mit der Hand über den Mund und nickte.

«Er sagt, er nimmt die ganze Partie», erklärte Wayland.

Vallon lachte. «Wir verhandeln, wenn wir das Haus gesehen haben.»

«Wir können es heute besichtigen. Deshalb hat er die Ersatzpferde mitgebracht.»

«Wir beide reiten mit ihm», sagte Vallon. «Raul, du bist für das Schiff verantwortlich.»

Die Sonne ging auf, als sie sich Richtung Inland auf den Weg machten. Bald lagen die Felder der Bauern hinter ihnen, und sie folgten einem grob aus einem Lavafeld herausgehauenen Weg. Wayland hatte noch niemals solch eine ungastliche Landschaft gesehen. Ottar wies mit Stolz auf ihre teuflischen Besonderheiten hin – unterirdische Glutströme, schmelzende Berge, die wie Flüsse davonströmten, heiße Quellen, in denen man ein ganzes Rind kochen konnte.

«Und gibt es hier auch Falken?», fragte Wayland. «Weiße?»

«Ja, es gibt Falken», sagte Ottar. Er deutete ostwärts auf die Gipfel einer Gebirgskette, die in der klaren Luft zu schwimmen schienen. «Zwei Tagesritte. Drei Tagesritte.»

Wayland ließ sich zu Vallon zurückfallen. «Er sagt, es gibt Falken.»

Vallon lächelte. «Gut.» Er klopfte Wayland auf den Arm. «Gut.»

Sie ritten weiter und kamen in eine so karge Gegend, dass sich dort nicht einmal ein Grashalm oder eine Flechte halten konnte. Dampf stieg aus der Erde auf, und Schwefelgestank setzte sich in Waylands Kehle fest. Etwas entfernt zu ihrer Linken erhob sich ein rauchender schwarzer Berg, der an die Überreste eines gigantischen Lagerfeuers erinnerte. Sie ritten weiter auf einen kahlen Horizont zu, bis sie an den Abhang eines breiten Flusstals kamen, das teilweise von Lavaströmen überschwemmt worden war. In der Nähe des Flusses stand einsam ein großes Gehöft zwischen erkalteten Schlackewellen. Der Weg beschrieb eine Kurve zu dem Haus und schlängelte sich dann Richtung Osten weiter.

«Was ist hier passiert?», fragte Vallon.

«Das ist Ottars Palas», sagte Wayland. «Seine Familie hat ihn bei der ersten Besiedlung gebaut. Sie haben hier zweihundert Jahre lang als Bauern gelebt. Das hier war eines der fruchtbarsten Täler Islands, doch im letzten Frühjahr wachte Ottar mitten in der Nacht auf und sah den Berg dort drüben Feuer speien. Am Vormittag wälzten sich Flüsse aus geschmolzenem Gestein ins Tal. Drei Monate lang schoben sich Lavaströme über die Felder, und als es Winter wurde, musste Ottar den Palas aufgeben. Er baut auf der anderen Seite seines Landbesitzes einen neuen. Eigentlich wollte er die Balken aus dem alten Haus zur Weiterverwendung holen, aber dann hat er beschlossen, den Palas in Ruhe sterben zu lassen. Er sieht in ihm ein Denkmal für seine Vorfahren. Deshalb will er unser Balkenholz haben.»

Vallon sah Ottar an. Dann betrachtete er den Palas. «Sag ihm, er hat das Vorkaufsrecht.»

Sie ritten zu dem Haus hinunter. Die Pferde bewegten sich vorsichtig und geschickt auf der kalten Lava. Der Palas ähnelte einem gewaltigen umgedrehten Schiff, das vollkommen mit Torf bedeckt war. Eine alte Frau kam aus einem windschiefen Nebengebäude und humpelte weinend über eine winzige Weide, auf der eine einzige Kuh graste. Sie bedeckte Ottars Hand mit Küssen, und er sprang aus dem Sattel, küsste sie auf die Wangen, hielt sie an den Schultern fest und sprach mit beruhigender und zärtlicher Stimme auf sie ein.

«Ihr Name ist Gisla», erklärte Wayland Vallon. «Sie war die Amme von Ottars Kindern. Ihre eigene Sippe liegt auf einem Friedhof, der jetzt von Lava bedeckt ist, und sie will sie nicht verlassen. Sie wird für uns kochen und putzen. Ottar sagt, sie redet ziemlich viel. Sie ist einsam.»

Vallon glitt vom Pferd und musterte das Haus. Die Traufe des Torfdachs war so niedrig, dass es aussah, als sei der ganze Bau aus der Erde emporgewachsen. Wildblumen blühten auf dem Dach. Ottar öffnete die Tür und führte sie in den schattigen Innenraum. Ein Vogel wie der, den sie auf dem Schiff gehabt hatten, flatterte von Balken zu Balken, bevor er ins Licht entkam. Wayland hatte das Gefühl, schon einmal in diesem Palas gewesen zu sein. Er sah genauso aus wie das Zuhause, von dem ihm sein Großvater erzählt hatte. Hier war der große Hauptraum mit der langgezogenen Grube der Feuerstelle, um die sich die Männer zum Essen und Reden versammelten, und dort an der Wand waren die Schlafnischen der Bediensteten. Am Ende der Wand befand sich der abgetrennte Bereich, in den sich der Hausherr mit seiner Familie zurückziehen konnte, und darüber verlief eine Galerie für die Töchter. Wayland strich über Figuren, die in die Stützbalken geschnitzt worden waren.

«Ottars vier Söhne und vier Töchter sind hier aufgewachsen. Es war ein glückliches Haus.»

«Entschuldige uns für einen Moment», sagte Vallon.

Sie gingen zur Tür. Durch die Öffnung sah Wayland ein Stück blauen Himmel, an dem weiße Wolken standen. Ein Reiter zog als langsamer Umriss auf dem Weg vorbei.

«Was meinst du?», fragte Vallon.

«Ich finde, wir sollten es nehmen.»

«Ich auch. Es wird uns guttun, eine Zeitlang einen Ort zu haben, den wir als Zuhause ansehen können.»

Als Teil der Abmachung sorgte Ottar für vier Pferde und die Bewachung der Shearwater. Innerhalb von zwei Tagen hatten sich Vallon und die anderen in Ottarshall niedergelassen.

Vallon nahm den Bereich des Hausherrn in Besitz, und die Männer schliefen in den Nischen im Erdgeschoss. Syth hatte die Schlafplattform auf der Galerie, von wo aus sie kleine Steine auf Raul niederprasseln ließ, wenn sein Geschnarche unerträglich wurde.

Zwei Tage später ritten Wayland, Raul und ein Führer namens Ingolf ins Landesinnere, um nach Falkenhorsten zu suchen. Sie folgten den engen Schlaufen eines Flusses über eine grasbewachsene Talaue. Wayland hatte es aufgegeben zu zählen, wie oft sie den Fluss überquert hatten, bevor sie am Ende des Tales angekommen waren und durch einen Wald aus Zwergbirken ritten, die kaum bis zu ihren Steigbügeln reichten. Nach dem nächsten Hügelkamm kamen sie durch eine karge Moorlandschaft und zogen die Köpfe vor den Graupelschauern ein, die in Böen auf sie zugeweht wurden. Dann legte sich der Wind, und staubfeiner Schnee fiel aus einem klaren Himmel. An diesem Abend betrachteten sie die Sonne dabei, wie sie rauchend hinter der Wasserscheide versank, die sie in der Morgendämmerung überquert hatten. Vier Jahreszeiten an einem Tag. Am nächsten Morgen suchten sie sich ihren Weg zu Fuß um einen Sumpf herum, führten die Pferde am Zügel und sprangen von einem grüngelben Mooskissen zum anderen. Auf der anderen Seite ritten sie eine Schlucht hinauf, die von Säulen in Menschenform bewacht wurde. Ingolf erzählte, es seien Riesen, die zu Stein geworden waren, weil sie sich beim Wechsel von einem unterirdischen Schlupfwinkel zum anderen von der Sonne hatten erwischen lassen.

Sie ritten über eine weite, flache Bergkuppe mit vielen Wassertümpeln, über denen balzende Odinshühnchen in Kreisen umeinanderflogen wie vom Wind aufgewirbelte Blätter. Abends schlugen sie ihr Lager an Seen auf, lagen in den langgezogenen Dämmerungen wach und lauschten auf die Rufe der Eistaucher, die so trostlos klangen, dass sich Waylands Nackenhaare aufstellten. Sie überwanden vereiste Ströme aus schwarzer Schlacke, ihre Pferde scheuten vor Spalten zurück, in denen geschmolzener Fels wie ein schlagendes Herz pulsierte oder zuckte wie ein Fötus, der in einem unterirdischen Mutterleib ausgebrütet wird. Sie sahen die Eruptionssäulen von Geysiren, und Blasen stiegen aus Schlammkesseln auf wie aus kochendem Brei.

Wann immer es möglich war, schliefen sie auf Bauernhöfen. Über Schalen mit Skyr hinweg fragten sie nach Gerfalken, und die Männer führten sie hinaus, beschirmten mit der einen Hand ihre Augen, deuteten mit der anderen auf weit entfernte, schneebedeckte Felshöhen, und erklärten, dort seien die Horste der Falken. Schließlich waren sie über die bewohnten Gebiete hinaus und wanderten unter der Kuppel einer Eiskappe über Moränen und Geröllfelder. Ein Dutzend Mal suchte sich Wayland an diesem Tag einen windstillen Platz und spähte zu den Felsklippen hinauf, bis seine Augen schmerzten.

Zwölf Tage später ritten sie so mitgenommen und erschöpft nach Ottarshall zurück, dass man ihnen von den Pferden herunterhelfen musste. Rauls Gesicht war mit Blasen übersät, seine Augenlider rot wie offene Wunden. Als Syth Wayland eine Schale Suppe in die Hand gab, hielt er sie wie ein Invalide mit beiden Händen auf dem Schoß und starrte einfach weiter geradeaus.

«Wir haben nur drei Falken entdeckt», sagte er schließlich. «Alle drei waren allein. Wir haben ungefähr ein halbes Dutzend Nester gefunden, aber alle waren leer. Ich habe mehrere Stellen entdeckt, an denen die Falken ihre Beute rupfen, aber es gab keinen Hinweis darauf, dass in letzter Zeit Beute geschlagen wurde.» Er kratzte sich über der Augenbraue. «Die Falken ernähren sich hier hauptsächlich von Schneehühnern, und davon gibt es in diesem Jahr sehr wenige. Die Bauern haben uns erklärt, dass die Falken nur brüten, wenn es viele Schneehühner gibt.»

«Du hast aber nur eine kleine Region erkundet», sagte Vallon. «Du wirst die Falken woanders finden.»

Wayland begann, die Suppe in sich hineinzulöffeln. «Ingolf meint, bei den Fjorden im Nordwesten gibt es reichlich Falken. Man braucht eine Woche bis dorthin.»

«Du hast genügend Zeit. Wir müssen erst Anfang August absegeln.»

Wayland wedelte mit seinem Löffel herum. «Es gibt noch eine andere Enttäuschung. Alle Falken, die ich gesehen habe, waren grau.»

«Vielleicht gibt es ja gar keine weißen Falken.»

«Doch. Aber nicht auf Island.»

«Was jetzt kommt, wird Euch bestimmt gefallen», sagte Raul. Der Deutsche hatte sich mit ausgestreckten Beinen und geschlossenen Augen auf seinem Stuhl zurückgelehnt.

«Die hellsten Falken leben auf Grönland», sagte Wayland. «Ingolf hatte schon häufig mit einem norwegischen Händler zu tun, der sie von einem Verkäufer aus der Westsiedlung von Grönland importiert hat. Sie werden von Fallenstellern in den Jagdgebieten des Nordens gefangen.»

Vallon schob seinen Stuhl zurück. «Du gehst nicht nach Grönland.»

«Wartet. Falken sind nicht die einzige kostbare Ware auf Grönland. Sie haben auch Walrosshäute und Elfenbein, die Stoßzähne von See-Einhörnern und weiße Bärenpelze.»

Hero brach das darauffolgende Schweigen. «Das klingt vielversprechender als die Waren, die es hier gibt. Abgesehen von ihren Pferden haben die Isländer nur Wollsachen und Fisch. Damit kann man in Norwegen oder Rus keine hohen Preise erzielen.»

Vallon ging auf und ab. «Und wie willst du hinkommen?»

«Auf der Shearwater natürlich.»

Vallon schüttelte den Kopf. «Ich werde nicht das Schiff riskieren. Wenn du wirklich glaubst, dass sich eine Fahrt nach Grönland lohnt, musst du die Überfahrt auf einem anderen Schiff machen.»

Wayland gähnte. «Wir brauchen unser eigenes Schiff, um zu den Jagdgebieten zu kommen. Sie liegen von den Siedlungen aus sehr weit im Norden.»

Vallon sah zu Raul hinüber. «Was sagst du?»

Er zuckte mit den Schultern. «Wir sind hergekommen, um Handel zu treiben, und die Shearwater liegt nutzlos im Hafen. Warum nicht?»

«Woher wollt ihr die Mannschaft nehmen? Und ihr braucht einen Lotsen.»

«Arbeitskräfte zu finden ist kein Problem», sagte Wayland. «Im Grönlandhandel stecken hohe Gewinne.»

Vallon bemerkte, dass Syth ihre Hände ineinander verkrampft hatte und Wayland unentwegt anstarrte. «Also gut. Stellt fest, ob es möglich ist. Aber denkt daran, dass wir vor den Herbststürmen von Island wegmüssen.»

Waylands Erkundigungen waren bald von Erfolg gekrönt. Eine Gesandtschaft des Bischofs von Skálholt nahm den langen Tagesritt Richtung Westen auf sich, um im Palas eine Anfrage vorzubringen. Der Bischof hatte erfahren, dass die Ausländer eine Reise nach Grönland planten. Wie es der Zufall wollte, waren eine Woche vor ihrer Ankunft zwei Mönche aus der Erzdiözese Hamburg-Bremen auf Island gelandet. Der deutsche Erzbischof hatte sie entsandt, um festzustellen, ob die Mitglieder seiner am weitesten entfernten Gemeinde womöglich vom Glauben abzufallen drohten. Über einem Essen, das Gisla und Syth zubereitet hatten, erklärte der Gesandte, dass der isländische Bischof die Wachsamkeit dieser beiden heiligen Väter höchst entnervend fand. Er kam aus einer Wikingerfamilie. Sein eigener Vater war geradeheraus gesagt ein schrecklicher Heide gewesen, der gestorben war ohne gebeichtet zu haben, und seine eigenen Methoden, den neuen Glauben zu fördern, entsprachen oft nicht den Vorschriften. Kurz gesagt, der Bischof wollte die beiden Mönche loswerden und schlug vor, dass sie ihre Missionsarbeit in Grönland fortsetzen sollten.

«Wir brauchen eine Mannschaft und einen Lotsen», gab Wayland zurück.

«Das lässt sich ohne Probleme einrichten», sagte der Gesandte.

Nach drei Tagen hatten sie genügend erfahrene Männer angeheuert, und noch einmal zwei Tage später war die Shearwater bereit zum Auslaufen. Wayland packte gerade seine Sachen zusammen, als Vallon zu ihm trat.

«Willst du das Mädchen mitnehmen?»

Wayland sah an ihm vorbei. Syth stand verloren an der Tür.

«Du brauchst jemanden, der für dich kocht», sagte Vallon. «Die alte Frau wird sich hier um uns andere kümmern.»

Wayland zuckte mit den Schultern, als wäre ihm die Sache gleichgültig. «Es könnte schon sein, dass sie uns auf der Reise nützlich ist.»

«Du würdest uns einen Gefallen tun», sagte Vallon. «Sie würde in deiner Abwesenheit ohnehin nur vor Kummer vergehen.»