158087.fb2 Die Schatzh?hle - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 4

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Er stand auf, streckte und reckte sich und schaute sich suchend um. Als er kopfschüttelnd eine Weile gewartet hatte, legte er trichterförmig die Hände um den Mund und rief mit lauter Stimme, daß es weithin über den ganzen Lagerplatz schallte:

»Fernando, he, Fernando! — Wo steckst du, Kerl?«

Er ging zu einem in der Nähe brennenden Feuer und fragte:

»Habt ihr Fernando de Navarra gesehen?«

Kopfschütteln.

Wieder brüllte Ernesto mit überlauter Stimme nach dem Vermißten.

Ein anderer Maat fuhr ihn an:

»Schrei doch nicht, als wenn dein Leben davon abhinge, ob der Student da ist oder nicht!«

»Halts Maul!« Ernesto war wütend. »Der Junge hat Feuerstein und Lunte in der Tasche. Und außerdem kann ich nicht kochen.«

»Wer nicht kochen kann, soll auch nicht essen«, brummte der andere.

Ernesto fragte jeden, dem er begegnete, nach Fernando. Niemand konnte ihm Auskunft geben.

Auch auf den Schiffen fand der Maat seinen Freund nicht.

Nach einer Weile blieb er stehen und dachte daran, daß ihn Fernando während der Nacht einmal wegen seines Schnarchens gescholten hatte. Vielleicht lag er noch irgendwo abseits und schlief.

Aber wo? Es gab außer dem Gebüsch dort hinten sonst im weiten Rund keinen unübersichtlichen Fleck.

Ernesto zuckte die Schultern und ging zum Koch, um von dessen Frühmahl etwas zu bekommen.

Als die Sonne etwas höher stand und ihre Strahlen alles wärmten, erloschen die Feuer. Und die Muskatnußernte begann. Hart am Ufer hatte man mehrere Persennings gelegt, auf denen unter Mutatullis fachmännischer Leitung die teilweise noch feuchten Fruchtkerne zum Trocknen ausgebreitet wurden. Emsiges Leben und Treiben herrschte.Michel ließ die Kapitäne und Steuerleute zu einer Besprechung bitten.

»Mutatulli«, sagte er, »hat während der Nacht festgestellt, daß die Insel bewohnt ist. Um Zwischenfälle zu vermeiden, werde ich jetzt mit Ojo und dem Häuptling zu den Hütten der Eingeborenen gehen, um ihnen zu unterbreiten, daß wir in friedlicher Absicht gekommen sind und die Ernte bezahlen werden. Ich hoffe, ihr seid mit diesem Vorschlag einverstanden, Caballeros.«

Der einzige, der diesem Vorhaben zuzustimmen schien, war der alte Porquez. Die anderen machten säuerliche Gesichter. Sie konnten nicht verstehen, daß man freiwillig für etwas bezahlen wollte, das nach ihrer Meinung niemandem gehörte. Sie hatten die Insel entdeckt, und damit war sie nach dem Recht aller zivilisierten Nationen das Eigentum dieser Entdecker oder ihrer Könige. Was bedeutete es schon, daß hier Wilde lebten, die bis heute unabhängige Menschen geblieben waren!

Marina war die erste, die ihre Stimme erhob.

»Ich glaube, Miguel, Ihr geht wieder einmal ein wenig zu weit. Ihr selbst seid es doch gewesen, der die Insel entdeckt hat. Sie gehört Euch. Und was auf Euerm Eiland wächst, das braucht Ihr nicht zu bezahlen.«

»Ihr gestattet, daß ich anderer Meinung bin«, entgegnete Michel ruhig. »Wenn Ihr von diesen Dingen schon eine andere Auffassung habt, so bitte ich Euch wenigstens, das Nützliche meines Vorhabens einzusehen. Wißt Ihr, ob sich die Eingeborenen nicht schon zusammenrotten, um uns anzugreifen? Sie werden sich nicht einfach wegnehmen lassen, was ihnen durch Jahrhunderte gehört.«

»Laßt sie doch kommen«, rief Don Hidalgo mit blitzenden Augen. »Wir geben ihnen ein paar Breitseiten in die schwarzen Bäuche, und damit ist die Sache erledigt. Ich stimme der Gräfin bei.«

»Wir sind keine Mörder«, antwortete Marina. »Habt Ihr schon auf dem Meer zahme Kaufleute aus uns gemacht, so laßt uns wenigstens hier unserer Art gemäß handeln.«

»Wir hatten uns doch darauf geeinigt, und zwar in Istanbul schon, daß wir unsere Art ändern wollten. Warum ist es bis jetzt gegangen und soll nun vorbei sein?«

Die anderen antworteten nicht darauf; aber ihr eisiges Schweigen kam durchaus einer Ablehnung gleich.

Michel zog die Stirn in Falten. Dann meinte er kurz:

»Komm, Ojo, hole unsere Waffen, wir gehen. — Auch ohne Zustimmung der Señores und der Señorita.«

5

Tunatatschi ging gemäßigten Schritts mit unverkennbarer Würde über die sich im frühen Wind wiegenden Wiesen. Er bemerkte nichts von der Schönheit der Natur, er war sie gewohnt. Sie umgab ihn täglich. Und täglich war er auch ihrer Lieblichkeit angepaßt, ohne es zu spüren; denn er gehörte zu ihr wie ein Stück davon.

Heute war das anders. Heute beschäftigte ihn die Landung der Fremden zu stark. Instinktiv fühlte er kommendes Unheil. Eine unausgesprochene Bedrohung lag in der Luft.

War es richtig, daß er zu Hassan ging, um mit ihm über die unbefugten Entdecker der Insel zu sprechen? Konnte ihm Hassan helfen? Und wenn er es konnte,würde er es tun? Wie sollte er, Tunatatschi, verhindern, daß der arabische Kaufmann das große Geheimnis der Insel entdeckte, die Muskatnußbäume?

Tunatatschi brütete vor sich hin. Ein Beobachter hätte den Eindruck haben müssen, daß er im Gehen schlief.

Zögernd blieb er stehen. Sein Gesicht erhellte sich plötzlich. Er kannte die Welt, die weißen, die arabischen und die indischen Kaufleute gut genug, um zu wissen, daß sie nichts dabei fanden, sich vor Konkurrenzneid gegenseitig umzubringen. Sie, alle diese Fremden, hatten etwas in Gebrauch, das sie höher werteten als Vernunft und Verstand, ein Metall, aus dem sie runde Stücke schnitten, die sie mit Bildern verzierten. Dieses Metall nannten sie Geld.

Tunatatschi dachte mit Befriedigung an dieses Geld. Hier mußte er ansetzen.

Stück für Stück setzte er im langsamen Gehen seinen Plan zusammen. Stück für Stück nahm das Ganze Gestalt an. Als er den Liegeplatz des weißen Seglers erreichte, der Hassan gehörte, war der Plan fertig, in allen Einzelheiten durchführbar.

Auch Hassans Leute zogen es vor, auf diesem idyllischen Eiland draußen im Freien zu nächtigen. Nur sah ihr Nachtlager etwas bequemer aus als auf der anderen Seite der Insel am Fluß. Blaue Zelte standen hier. Es war alles recht wohnlich und entbehrte nicht einer gewissen Ordnung.

Tunatatschi schien sich hier auszukennen; denn er ging zielsicher auf eines der Zelte zu, das sich nur dadurch von den anderen unterschied, daß zwei Wachen davor saßen.

Die Wächter kannten den Fürsten der Insel. Einer erhob sich und bedeutete ihm zu warten.

Er trat ins Zelt und erschien gleich darauf wieder in Begleitung Hassans, des Händlers. Hassan verbeugte sich höflich nach arabischer Sitte und fragte in holländischer Sprache :

»Was kann ich für Euch tun, mein König?«

Tunatatschi freute sich jedesmal, wenn er von dem gerissenen Araber »Mein König« tituliert wurde. Er kannte diesen Begriff vom Umgang mit den Weißen und wußte, daß das das Höchste war, was es unter ihnen gab.

»Ich habe einen Auftrag für Euch, Tuan.«

»Ich stehe gern zu Diensten, wenn es mir möglich ist.«

Er machte eine einladende Handbewegung und zog die Eingangsplane seines Zeltes ein wenig zurück.

Tunatatschi trat vor ihm durch die Öffnung.

Drinnen nahm der Araber als erstes eine Flasche aus Steingut zur Hand und goß dem Herrscher der Insel Wein in eine Schale. Tunatatschis Augen leuchteten gierig; aber er wies das begehrte Getränk zurück. Jedesmal, wenn er einen Schluck davon genoß, spürte er einen Schleier vor seinen Augen, ein behagliches Gefühl sonst, aber heute mußte er nüchtern bleiben, um den Dingen, die sich ereignen mußten, gewachsen zu sein.

»Ich möchte nichts trinken«, sagte er. »Ihr trinkt ja auch nicht.«

»Ihr wißt, mein König, daß es mir mein Glaube verbietet, vom Wein zu kosten.«

Das war zwar eine offensichtliche Lüge; denn Hassan hatte nicht den Wein an Bord, um Eingeborene betrunken zu machen. Er trank gern selbst einen kräftigen Schluck, nur nicht in Gegenwart anderer und schon gar nicht, wenn es darum ging, mit diesen anderen Geschäfte abzuschließen.

»Gut«, meinte Tunatatschi, »was Euer Glaube Euch vorschreibt, mag für mich genauso gut sein wie für Euch. Trinken wir beide nicht.«