158087.fb2 Die Schatzh?hle - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 45

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Niemand hatte mehr einen trockenen Faden am Leib. Ugawambis Perücke war vollständig zerweicht. Sie verlor auch die letzten weißen Haare, und der lange Neger brach darüber beständig in lautes Wehklagen aus.

Die Nächte brachten die unangenehmste Überraschung. Sie kühlten sich teilweise so stark ab, daß Michel vermeinte, es sei eine Temperatur wie im tiefsten Winter in Deutschland.

Das schien jedoch nur so. Es herrschten, obwohl die .Zähne im Frostschauer aufeinanderschlugen, immerhin noch acht bis zehn Grad Wärme. Aber wegen des ungeheuren Temperaturunterschiedes glich die Nacht fast einer Polarnacht.

Und seltsam, wenn die Menschen durch den dampfenden Tag marschierten, wünschten sie die kühle Nacht herbei. Wenn aber die Nacht kam, sehnten sie sich nach dem Tage.

Sie legten nie viel mehr als zehn englische Meilen zurück.

Am zwölften Tage mußten sie wieder einen Fluß überqueren, der vom Gebirge kam. Es dauerte fast einen halben Tag, bis die erschöpften Menschen den Übergang vollzogen hatten.

Die Vorräte gingen zu Ende, und Michel mußte auf die Jagd. Er konnte nicht soviel Fleisch herbeischaffen, wie die Neger zu ihrer Nahrung brauchten; denn es war ihm bis jetzt immer nur Kleingetier und Geflügel vor die Flinte gekommen.

Eines Abends kam er wieder und brachte ein paar große Vögel mit. Er warf sie Ojo zu. Und der verteilte sie, immer einen an je fünfzehn. Die Vögel waren nicht größer als normale Hühner.

»Und doch kostet jedes Tier eine Kugel«, seufzte Michel. »Ich kann nicht meinen ganzen Vorrat verschießen. Wir wollen schließlich auch noch auf dem Rückweg essen.«

Zwei Tage später standen sie wieder vor einem Fluß. Drüben auf der anderen Seite brach mit lautem Krachen Getier durch die Uferbüsche.

Eine Büffelherde kam zur Tränke.

Der Fluß war nicht breit. Michel riß, ehe er es recht bedachte, die Muskete an die Wange und schoß dreimal. Und trotz der Aufregung, die das Erscheinen der Tiere verursacht hatte, zielte Michel ganz ruhig und traf mit jedem Schuß.

Zwei junge Büffelkühe standen erstaunt und starrten mit glasigen Augen herüber. Die anderen erschraken beimDonner der Schüsse, brachen nach Westen aus und rasten am Ufer davon. Die Kühe brachen in die Knie.

Da gab es kein Halten. Ohne die einzelnen Anordnungen des erfahrenen Häuptlings zu befolgen, stürzten sich Männer und Frauen in den Fluß, um die besten Stücke zu erbeuten.

Da zog das Wasser plötzlich Kreise. Und da schnappte ein gieriger Rachen nach einem jungen Mann.

Ein Aufschrei, Blut auf dem Wasser, Todesangst in allen Gesichtern. Und der gierigen Rachen wurden immer mehr.

Entsetzt stoben die anderen zum rettenden Ufer zurück. Aber noch ehe sie es erreichten, war von dem armen Opfer nichts mehr zu sehen. Die Krokodile hatten es mit unheimlicher Schnelle zerrissen.

Neben der ungeheuren Gefahr befürchtete Baluba auch, daß die Alligatoren an Land klettern würden, um sich die zarten Kühe zu holen, die die Menschen so dringend brauchten.

»Wie kommen wir hinüber?« fragte Baluba den Pfeifer.

Michel hatte die Tage genutzt, um so viel wie möglich von der Sprache der Eingeborenen zu lernen. Er konnte schon eine ganze Menge und hatte bei unkomplizierten Dingen Ugawambis Hilfe nicht mehr nötig.

»Ich weiß nicht«, antwortete er jetzt. »Erst einmal abwarten.«

Tscham und Ojo beugten sich über die Karte. Die Linie, die den Weg zum Schatz des Lamapriesters bezeichnete, durchschnitt hier den Fluß, dessen Lauf leider nur so weit wie man sehen konnte eingezeichnet war. Der Lama hatte sich auf seiner Wanderung nicht die Zeit genommen, ihn zu erforschen.

Michel betrachtete sich die Skizze.

»Wenn ich wüßte«, sagte er zu Ojo, »ob er von jenem Berg kommt, auf den wir wollen, so würde ich an diesem Ufer bleiben. Aber wenn wir aufs Geratewohl losgehen, verlieren wir womöglich die Richtung.«

»Wir müssen hinüber, Señor Doktor.«

»Und wie vertreiben wir die Krokodile?«

»Wir müssen ein Floß bauen«, mischte sich Tscham ein.

Michel lächelte.

»Bedenke, daß es hier keinen Bambus gibt.«

»Und womit wollen wir die Bäume fällen?« fragte Ojo.

Sie ließen alle die Köpfe hängen.

»Es gibt vielleicht eine Möglichkeit«, meinte Tscham, »wir erschießen so viele von ihnen, daß die Lebenden damit beschäftigt sind, sie zu vertilgen. Inzwischen versuchen wir den Übergang.«

»Fressen sie sich denn selbst auf?« fragte Ojo.

Tscham nickte.

Michel lehnte diesen Vorschlag ab.

»Es ist zu gefährlich«, meinte er.

Sie holten Baluba.

Baluba verstand ungefähr, was Michel radebrechte.

»Wir wohnten früher am großen Fluß«, sagte er. »Dort gab es viele Schuppentiere. Man muß nur aus dem Uferwasser heraus sein. In der Mitte folgen sie nur nach, wenn sie sehr großen Hunger haben. Die Strömung ist ihnen zu reißend.«

»Diaz«, wandte sich Michel an Ojo, »wieviel Bleiplatten hast du noch?«

»Fünf Pfund ungefähr, Señor Doktor.«

»Bueno«, nickte Michel. »Es muß eben reichen. FünfPfund bedeuten hundert Kugeln, die wir noch gießen können. Ich habe etwa noch zwanzig im Beutel. Es nutzt nichts, es muß sein. —

Fangen wir an.«

Die Bantus stellten sich in drei Reihen am Ufer auf. Man sah die Angst in ihren Gesichtern.

Jeder glaubte, daß er trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gefressen werden würde.

Michel stand rechts am Ufer, etwas abseits von der Dreierreihe der Neger, die ihre Frauen und Kinder in die mittelste Reihe genommen hatten.

Ojo und Tscham standen mit ihren Gewehren auf der anderen Seite.

Als man den Eindruck hatte, daß alle auf den gefährlichen Versuch vorbereitet waren, schleuderte Michel ein totes Bleßhuhn ins Wasser.

Mit schußbereitem Gewehr betrachteten Tscham und Ojo von drüben und der Pfeifer von hier das Geschehen.

Die Wasseroberfläche wellte und kräuselte sich. Die Alligatoren stießen mit den gefräßigen Mäulern in die Luft.