158087.fb2 Die Schatzh?hle - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 52

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»Ich verstehe nicht. Nur sprechen. Aber ich habe Dolmetscher. Ich bringe Dolmetscher.«

Wieder klatschte der König Beifall. Michel nickte, wandte sein Pferd und ritt zurück. Das eigentliche Kunststück begann erst, als er Ugawambi klarzumachen versuchte, daß er mit ihm nach vorn reiten müsse. Er schlotterte vor Angst und Feigheit und war über diese Zumutung empört.

»Los«, sagte Michel mit unerbittlicher Miene. Er ritt schnell hinter den Langen und versetzte dessen Pferd einen kräftigen Schlag, daß es nach vorn ausbrach. Lachend sprengte der Pfeifer hinterher.

Ugawambi brachte angesichts der drohenden Krieger kein Wort heraus. Erst als ihn der Häuptling ansprach, erhellte sich seine Miene.

»Sage dem Mann mit dem weißen Antlitz, daß ich der König dieses Reiches bin!«

Der Lange verstand. Es klang wirklich fast wie seine Muttersprache. Einige Abarten gab es natürlich.

Michel hob die Hand zum Gruß und neigte leicht den Kopf. Dann wandte er sich an Ugawambi:

»Entbiete dem König meinen Gruß und bestelle ihm, daß wir in sein Reich gekommen sind, um den Berg des ewigen Schnees zu besteigen.«

Ugawambi tat so und erwartete heftige Abwehr. Aber statt dessen verzog sich Aradmans Gesicht zu einem Lächeln. Er nickte und sprach eine Frage aus :

»Sucht der Mann mit dem weißen Gesicht etwas Bestimmtes dort?«Michel stutzte. Wußte dieser Negerfürst etwa um das Geheimnis des Lai-Fai-Pe?

»Ja«, antwortete er.

»Steine und runde weiße Kugeln?« fragte Aradman.

»Ja«, entfuhr es Michel. Er war vollkommen verblüfft.

»So heiße ich dich willkommen, heiliger Priester«, meinte Aradman mit feierlicher Stimme.

»Mein Volk hat dich erwartet, seit Jahrhunderten schon. Ich wagte nie zu hoffen, daß ich der Glückliche sein werde, der dem heiligen Priester eines Tages Gastfreundschaft gewähren darf.«

»Aber ich bin kein Priester«, ließ Michel sagen.

»Die Sage geht, daß du dich nicht zu erkennen geben würdest. Ich weiß, daß wir dich nicht als Priester erkennen dürfen. So achten wir deinen Wunsch.«

Ringsum auf den Gesichtern stand Freude. Es war klar, daß ein heiliger Priester nicht zum Berge des ewigen Schnees gekommen war, um das Volk der Moschi-Wadschagga zu vernichten. Man würde also auch nicht die überlegenen Donner- und Blitzwaffen zu spüren bekommen.

Es bereitete Michel ein wenig Schwierigkeiten, seine Fassung zu bewahren. Ausgerechnet ihn betrachtete man als heiligen Priester, wenn auch incognito. Die Welt war doch ein rechtes Irrenhaus. Wie sollte das nun weitergehen?

Da nahm Aradman wieder das Wort:

»Wir hörten davon, daß du Blitz und Donner erzeugen kannst. Die Wahrheit, daß du auf einem Zebra reitest, finde ich bestätigt.«

Das war so gut wie eine Aufforderung, die Waffen vorzuführen. Michel sah sich nach einem Ziel um. Aber die Marschkolonnen der Krieger aus dem Dschaggaland hatten alles Getier verscheucht.

»Was suchst du?« ließ der König fragen.

»Ein Ziel«, erwiderte Michel.

Aradman wandte den Kopf und rief einem der ihm am nächsten stehenden Krieger einen Befehl zu. Der Mann trat aus der Reihe und stellte sich in Positur.

»Da ist das Ziel«, sagte Aradman.

Michel schüttelte den Kopf.

»Du hast mich falsch verstanden, o König, das ist ja ein Mensch ! Er würde sterben, wenn ich auf ihn schösse. Ich töte keinen Menschen.«

»Du bist es«, rief der König freudig aus. »Ich habe mich nicht geirrt! Du bist es wirklich!«

»Wer bin ich?« fragte Michel.

»Der gute Geist, der nicht töten will! Oh, daß ich das erleben kann!«

Michel räusperte sich.

»Der Krieger soll seine Lanze in den Boden stecken und dann zurücktreten.«

Aradman nickte.

Der Lanzenschaft zitterte noch ein wenig nach.

Der Pfeifer ritt auf Distanz und legte an. Beim ersten Schuß brach die Spitze der Lanze ab. Die Gesichter der großen, braunen Gestalten waren zu Eis erstarrt. Beim zweiten Schuß brach ein Stück vom Schaft. Beim dritten noch eins und so weiter, bis nur noch ein kleines Ende aus dem Boden ragte. Den sechsten Schuß hob sich Michel wie immer für alle Fälle auf.

Als er die Muskete absetzte, war zuerst Schweigen. Dann, wie auf Kommando, brach ein Höllenlärm los. Die Krieger verließen ihre Marschordnung, und der Königvergaß seine Würde.

Alle rannten gleichzeitig der Stelle zu, wo das letzte Stück der Lanze im Boden steckte.

Michel sah eine Weile zu und war froh, daß er Zeit hatte, inzwischen wieder zu laden. Irgendwie fühlte er sich jetzt zufrieden und zugleich aber auch erschöpft. Das Ziel war erreicht, im Guten erreicht. Die Spannung ließ nach. Jetzt galt es eigentlich nur noch, Tschams Schatz zu bergen, dann konnte man sich wieder auf den Rückweg machen.

In seine Gedanken hinein kam die Stimme Ugawambis:

»König fragen, wie du machen das. Blitz nicht gehen bis zur Lanze. Aber Lanze doch kaputt.

König nicht verstehen.«

Michel hatte wenig Lust, den Eingeborenen das Prinzip der Feuerwaffe zu erklären. Er konnte ihnen unmöglich klarmachen, daß der Druck des entzündeten Pulvers eine kleine, unscheinbare Bleikugel, die sich so armselig gegen die prächtig gefiederten Pfeile der Bogenschützen ausnahm, in das Ziel trieb. So sagte er einfach:

»Erzähl ihm, daß nicht der Blitz das Wichtigste ist, sondern der Knall. So weit der Knall reicht, so weit kann ich schießen.«

Ugawambi war offensichtlich froh, daß es ihm erspart blieb, dem König einen Vortrag über Gewehre zu halten. Und weil er mit Genehmigung des Pfeifers lügen durfte, kam er sich ungeheuer überlegen vor.

Aradman glaubte die Erklärung vom zerstörerischen Knall ohne weiteres. Er hatte schon genügend Gewitter erlebt, bei denen ganze Häuser eingestürzt waren.

Als seine Krieger wieder in Reih und Glied standen, ließ er sagen:

»Ich, Aradman, König der Moschi und Herrscher im Dschaggalande, lade dich und dein Gefolge ein, mit mir in die Königsstadt zu kommen und mein Gast zu sein!«

Michel dankte ebenso höflich, grüßte und ritt zu den Seinen zurück.

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