158087.fb2 Die Schatzh?hle - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 54

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Gierig stürzte sie sich auf die funkelnden Goldstücke. Kurz darauf war sie in der Hütte verschwunden.

Der schwarze Führer wandte sich erneut seiner Perücke zu. Als der Mittag herankam, zierte das Prachtstück seiner zivilisatorischen Errungenschaften wieder sein krauses Haupt. Aus der Hütte drangen Rufe, die ihn zum Essen einluden. Aber er verzichtete auf den Genuß und wandte sich statt dessen dem freien, am Ende der Gasse liegenden Rasenplan zu, wo er hinter einem Gebüsch niederkniete und eifrig mit den Händen im Boden grub. Es dauerte nicht lange, so förderte er eine volle verschlossene Schnapsflasche zutage. Mit einem Stück Eisen stocherte er so lange an dem Korken herum, bis er ihn aus dem Hals der Flasche entfernt hatte. Dann setzte er sie mit beseligtem Lächeln an und trank — trank, trank, bis auch der letzte Tropfen in seinem gierigen Schlund verschwunden war.

Erst am Abend kam er wieder zu sich. Schwankend erhob er sich und nahm Richtung auf seine Hütte. Als er sie unsicheren Schrittes erreichte, bemerkte er einen Araber, der auf einer Bastmatte neben dem Eingang saß und ihn zu erwarten schien. Ugawambi dachte jedoch nicht daran, von dem Wartenden Notiz zu nehmen. Da rief dieser ihn an :

»Es-salam alejkum, hebek sadik, der Prophet beschütze dich!«

»W'alejk-sal«, erwiderte Ugawambi unhöflich; denn er hatte nicht die Absicht, sich mit dem Fremden in ein Gespräch einzulassen.

»Weshalb so unfreundlich, guter Mann?« fragte derBesucher. »Ich bin gekommen, um dir ein gutes Geschäft vorzuschlagen. Und ich glaube, daß deine Frau und deine Schwiegermutter erfreut sein werden, wieder einmal ein paar Goldstücke zum Einkauf herrlich duftender Ölkuchen zu erhalten.«

Die Anspielung auf Frau und Schwiegermutter hätte sich der Fremde ersparen können; denn er erreichte damit gerade das Gegenteil von dem, was er beabsichtigte.

»Kommst du vielleicht im Auftrag meiner Frauen, um mich zu ködern?«

Der Fremde schüttelte den Kopf.

»Nicht im Auftrag; aber als ich nach dir fragte, berichtete mir deine Frau, daß du sie sehr kurz hältst. Nun, ich glaube nicht, daß du ihr zu wenig Geld gibst, weil du sie nicht liebst; denn sie ist eine sehr schöne Frau. Ich glaube vielmehr, daß du selbst nicht genug Geld besitzt, um ihre Wünsche zu erfüllen.«

»Bah!« rief Ugawambi. »Kümmere dich nicht um das, was ich habe oder nicht habe!«

Prahlerisch schlug er auf seine Schärpe und fuhr fort: »Hier sitzen genügend Goldgulden, daß ich mir monatelang dafür so viel Whisky kaufen kann, wie ich trinken möchte! Ich bin nicht auf dein Angebot angewiesen !«

»Nun, mir kann es schließlich gleichgültig sein, was du mit deinen Gulden machst und wieviel du besitzt. Aber schließlich möchte jeder Mensch zu dem, was er hat, noch etwas hinzu verdienen. Um dir diese Möglichkeit zu geben, bin ich gekommen.«

»Ich brauche deine Möglichkeiten nicht. Wenn ich mehr Geld haben will, so gehe ich zu meinem Massa. Dort kann ich jederzeit auf Hilfe rechnen.«

»Zu deinem Massa? Wer ist das?«

»Mein Massa ist ein großer Herr. Er wohnt in dem schönen Hotel drüben in der Stadt der Europäer. Er ist reicher als viele Fürsten. Und er ist ein guter Mensch. Mir aber verdankt er, daß er heute noch lebt, so kann ich jederzeit mit einer Bitte zu ihm kommen.«

»Wieso verdankt er dir sein Leben?«

»Nun, das ist ganz einfach. Ich habe ihn durch die wilden Gefilde Afrikas geführt. Ich habe ihn mit meinen Waffen gegen die Überfälle räuberischer Eingeborener verteidigt«, prahlte Ugawambi. »Er hat es allein mir zu verdanken, daß er den Berg des Sehn ...«

Ugawambi schlug sich erschrocken auf den Mund; denn in diesem Augenblick fiel ihm das Versprechen ein, das er dem Pfeifer gegeben hatte, nämlich, nicht über die Entdeckung des Berges der bösen Geister, dessen Haupt Sommer und Winter von Schnee geziert war, zu reden.

Die Augen des Fremden funkelten. Spannung stand in seinem Gesicht.

»Sprich weiter, hebek sadik, zu welchem Berg hast du diesen Massa geführt?«

»Ich erzähle nichts darüber«, sagte Ugawambi, »denn ich bin kein altes Waschweib.«

»Höre, mein Lieber, du bist ein freier Mensch. Und niemand kann dich zwingen, die Ergebnisse deiner Forschungsreisen zu verheimlichen.«

Ugawambi fühlte sich sehr geschmeichelt, daß die Hilfsdienste, die er dem Pfeifer geleistet hatte, von diesem Fremden als Forschungsreise bezeichnet wurden. Seine Miene wurde um einen Schein freundlicher.

Gerade wollte er etwas sagen, als sein Weib aus der Hütte trat.

»Wo warst du die ganze Zeit? Ein Halunke bist du,ein Trunkenbold, ein schlechter Führer, der nicht einmal da ist, wenn vornehme Herren kommen, um seine Dienste in Anspruch zu nehmen!«

»Ich kann mich aufhalten, wo ich will. Ich bin niemandem Rechenschaft darüber schuldig, was ich tagsüber tue. Und das schlag dir aus dem Kopf, ich nehme keine weiteren Dienste an, wenn ich nicht will !«

Ugawambi sah nicht, wie sich seine Frau und der fremde Araber durch ein Blinzeln der Augen verständigten. Der Araber entfernte sich mit einem höflichen Gruß und ließ Ugawambi mit seiner Frau allein.

Zuerst schwieg sie und machte sich an das Aufräumen der Hütte. Ugawambi saß auf seinem Lager aus Bastmatten und Stroh und starrte vor sich hin. Er fühlte sich müde und zerschlagen.

Als er zur Ruhe gehen wollte, begann ihn seine Frau plötzlich wegen seines guten Aussehens zu loben und schmeichelte ihm, daß er durch die Perücke einer der schönsten Männer in ganz Madagaskartown sei. Ugawambi gefiel diese Rede gar wohl. Er war solche Töne von seiten seiner Ehehälfte nicht gewöhnt. Vollends erstaunte es ihn aber, als auch seine Schwiegermutter in die süße Melodie einzustimmen begann.

Als ihn die vereinten weiblichen Streitkräfte so vorbereitet hatten, begannen sie das Gespräch auf den fremden Besucher vom Abend zu bringen.

»Kennst du den vornehmen Herrn eigentlich, der heute bei uns war?« fragte seine Frau.

»Nein«, antwortete Ugawambi. »Ich habe ihn noch nie gesehen. Weshalb fragst du?«

»Er ist einer der reichsten und gefährlichsten Männer in Sansibar«, fuhr seine Frau fort. »Er ist ein großer Sklavenhändler! Die vielen fremden Kapitäne der Schiffe, die in unseren Hafen einlaufen, kaufen meistens von ihm die Sklaven, die sie in ihre Länder mitnehmen!«

»Nun, und was bedeutet das für mich? Mich kümmern weder Sklavenhändler noch Sklaven.«

Frau und Schwiegermutter verständigten sich mit einigen Blicken. Dann nahm die letztere das Wort und rief mit ihrer kreischenden Stimme:

»Der Herr ist Imi Bej!«

»Imi Bej?« fragte Ugawambi überrascht und blickte die beiden Frauen an.

»Ja«, nickte die Alte bestätigend.

»Und ihr meint, daß dieser Imi Bej einen Auftrag für mich hat?«

»Wir meinen es nicht, wir wissen es«, entgegnete seine Frau.

»Und was für einen Auftrag?«

»Du sollst ihn führen, das heißt nicht nur ihn, sondern seine Leute ! Sie wollen ins Innere Afrikas vordringen, um einen großen Sklavenfang zu machen. Er hat mir gesagt, daß er dir, dem bekanntesten Führer Sansibars, nicht nur einige Piaster bezahlen, sondern daß er dich am Verkauf der Sklaven beteiligen würde. Nun, ist das gar nichts?«

Ugawambi blickte zu Boden und wiegte in schweren Gedanken seinen Kopf. Sollte er sich diesen Auftrag entgehen lassen?

Es war nicht einfach für einen eingeborenen Führer, guten Verdienst zu erhalten. Es erschien nicht jeden Tag ein Mann wie der Pfeifer, der mit seinen Goldstücken großzügig umging. Und so mußte man jede Gelegenheit wahrnehmen. Freilich, zum Berg des ewigen Schnees würde er die Leute nicht führen. Nie und nimmer. Es gab genug Stämme an der Küste, die man wegfangen und in die Sklaverei verkaufen konnte. Man brauchte also den Frieden der Wadschagga am Fuß des Kilimandscharo nicht zu stören.

Es war überhaupt die Frage, ob sich die Leute aus dem Dschaggaland stören lassen würden; denn der König dieses Volkes verfügte über eine gut ausgerüstete Armee von kräftigen Soldaten. Man konnte annehmen, daß er sich mit allen Mitteln gegen einen Überfall der Sklavenjäger wehren würde. Hinzu kam noch, daß das Volk der Bantu-Neger mit seinem Häupling Baluba bei den Wadschagga lebte. Und dieses Volk war, wie Ugawambi aus eigener Anschauung wußte, mit Feuerwaffen versehen.

Er blickte auf.

»Gut«, sagte er zu den Frauen, »ich will mit Imi Bej verhandeln und sehen, ob sich sein Angebot für mich lohnt.«

»Dann gehe gleich zu ihm. Er bewohnt einen Palast drüben in Sansibar.«

Sie nannten ihm die Straße und bezeichneten die Lage des Hauses so genau, daß Ugawambi beides nicht verfehlen konnte, selbst wenn er sich jetzt, mitten in der Nacht, auf den Weg machte, um Imi Bej aufzusuchen.