158124.fb2 Flu?piraten - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 11

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Um diese Stimmung nicht zu gefährden, erklärten sie sich bereit, den Rest der Fahrt bis Louisville in ihrer Kabine zu verbringen, bewacht von einem bewaffneten Matrosen. In der Stadt sollte die örtliche Polizeibehörde entscheiden, was weiter mit ihnen geschehen sollte. Kapitän DeWitt nahm den Vorschlag dankbar und erleichtert darüber an, daß es auf seinem Dampfer keine weiteren Unruhen gab.

Die Maschine wurde wieder angeworfen, und langsam nahm die ONTARIO Fahrt auf.

Eingesperrt in ihrer engen Kabine, grübelten Jacob und Martin darüber nach, wer die beiden Rumpoles ermordet haben konnte. Sie selbst waren es nicht, und die beiden Frauen schlossen sie wie selbstverständlich aus dem Kreis der Verdächtigen aus. Also mußte sich der Mörder unter der Mannschaft der ONTARIO befinden.

Auch wenn die Männer am Morgen fast geschlossen Front gegen die beiden Deutschen gemacht hatten, schloß das nicht aus, daß sich der Mörder unter ihnen befand. Um sich nicht zu verraten, hatte er sich vermutlich den anderen angeschlossen.

Dieser Verdacht erschien den Freunden keineswegs abwegig. Bart Rumpole war ein rauher Geselle gewesen und hatte sich mit seiner Härte sicher Feinde unter den Matrosen gemacht. Jacob und Martin hatten selbst miterlebt, wie Besatzungsmitglieder der ONTARIO ihren Ersten Bootsmaat hinter dessen Rücken verfluchten.

»Ich bin richtig erleichtert, daß du mich nicht in den Kreis der Verdächtigen einschließt«, sagte Martin.

»Weshalb sollte ich das?« fragte Jacob überrascht.

»Nun, immerhin hat man die Mordwaffe bei mir gefunden.«

»Wenn du der Mörder wärst, hättest du den Derringer besser versteckt. So blöd bist du nicht, das weiß ich. Am einfachsten wäre es gewesen, die Waffe ins Wasser zu werfen. Nein, die Sache dürfte klar sein. Der wahre Täter hat sich nachts in unsere Kabine geschlichen und den Derringer zwischen deinen Sachen versteckt. Er wußte von unseren Auseinandersetzungen mit den Rumpoles.«

»Aber wer war es bloß?«

»Mir geht dieser blonde Svenson nicht aus dem Kopf«, sagte Jacob nachdenklich. »Weshalb hat er ein so großes Interesse daran, uns möglichst rasch umzubringen?«

»Er war ein Freund der Rumpole-Vettern.«

»War er das wirklich? Oder hatte er einen Grund, sie zu hassen? Er war bei der Auseinandersetzung in Schulzes Hotel dabei und wußte, daß der Mordverdacht aufgrund dieser Streitigkeit um so leichter auf uns fallen würde.«

»Da könnte etwas dran sein«, stimmte Martin seinem Freund zu.

Sie konnten nicht ahnen, daß sie vom wahren Mörder nur durch eine Kabinenwand getrennt waren.

Vivian Marquand kümmerte sich gleich nebenan aufopferungsvoll um Irene, die sich gut erholte. Sie hatte eine dicke Beule am Kopf davongetragen und sich im kalten Wasser einen Schnupfen eingefangen; mehr war ihr zum Glück nicht geschehen. Aber sie sorgte sich um Jacob und Martin.

»Ihnen wird nichts geschehen«, versuchte ihre Pflegerin Irene zu beruhigen. »Ich bin sicher, daß sich bald ihre Unschuld herausstellen wird und sie wieder auf freien Fuß kommen.«

Zumindest Jacob Adler muß freikommen, fügte Vivian Marquand in Gedanken hinzu. Ich brauche den Mann mit dem goldenen Ohrring noch!

*

Die ONTARIO erreichte Louisville ungefähr eine Stunde vor Sonnenuntergang und suchte sich einen Anlegeplatz noch vor der Einfahrt zum Louisville & Portland Canal. Durch diesen Kanal, der bei Sand Island wieder in den Fluß mündete, wurden die gefährlichen Stromschnellen umgangen, die ab der kleinen Insel Corn Island auf einer zwei Meilen langen Strecke spitze Kalksteinriffs umschäumten.

Es war zu spät, um die für Louisville bestimmte Ladung zu löschen und neue an Bord zu nehmen. Deshalb sollte der Dampfer über Nacht in Louisville bleiben. Das verschaffte Kapitän DeWitt die Gelegenheit, die notwendigen Formalitäten wegen des Doppelmordes zu erledigen. Von einer bewaffneten Gruppe Matrosen begleitet, wurden Jacob und Martin zum Gefängnis gebracht.

Sheriff Ledbetter, der Polizeichef von Louisville, den man vom Abendessen wegholte, führte in seinem Büro ein ausführliches Verhör durch und ließ alle Aussagen aufnehmen, was sich bis gegen Mitternacht hinzog.

Das Verhör dauerte noch immer an, als Vivian Marquand durch die düsteren Gassen des Hafenviertels zum Anlegeplatz der ONTARIO zurückging. Sie war beim Telegrafenbüro gewesen und hatte ein Telegramm nach Pittsburgh aufgegeben, um sich nach Alecs Zustand zu erkundigen. Zwar hatte sie auch von Cincinnati telegrafiert, aber die ONTARIO hatte nicht lange genug dort gelegen, um die Antwort abzuwarten. Sie hoffte, spätestens morgen vormittag vor der Abfahrt von Alec zu hören.

Jetzt wollte sie zum Dampfer zurück, um sich wieder um Irene Sommer zu kümmern. Zu dem Schnupfen hatte sich hohes Fieber gesellt, weshalb Irene zusammen mit den beiden Männern der Wache an Bord geblieben war. Vivian fühlte sich gegenüber der Deutschen verantwortlich. Hätte sie nicht den Derringer zwischen Martin Bauers Sachen versteckt, wäre der Aufruhr vermutlich nicht so stark eskaliert.

Sie hatte den Anlegeplatz fast erreicht und sah bereits die hohen Schornsteine der Ohio-Steamer vor sich, die sich gegen den Sternenhimmel abzeichneten, als sie einen leisen Ruf hörte. Sie glaubte, ihren Namen gehört zu haben, und hielt an.

Sie stand vor der Einmündung einer unbeleuchteten Seitengasse und fragte sich, ob es richtig war, hier länger zu verweilen. Sie dachte daran, was die Rumpoles auf dem Schiff mit ihr vorgehabt hatten. Zudem war sie jetzt unbewaffnet.

In der Gasse bewegte sich etwas, und wieder hörte sie einen leisen Ruf: »Mrs. Marquand, hierher!«

Zögernd machte sie ein paar Schritte in die dunkle Gasse hinein. Einerseits empfand sie Furcht vor dem unbekannten Rufer. Andererseits war sie neugierig zu erfahren, woher der Mann sie kannte.

»Kommen Sie, Mrs. Marquand!« verlangte die schemenhafte Gestalt. »Ich muß mit Ihnen sprechen!«

»Wer sind Sie?«

»Sie kennen mich. Kommen Sie nur näher!«

Es klang fast wie ein Befehl, den Vivian Marquand befolgte. Ihre Neugier hatte über die Angst gesiegt.

Als sie den Mann erreichte und im schwachen Sternenlicht sein Gesicht sah, wußte sie, daß sie richtig gehandelt hatte.

»Mr. Quidor!« stieß sie überrascht hervor, als sie den Mann erkannte, der im Osten viele Waffen für den Süden besorgte. Sie hatte ihn bei einem Treffen in Pittsburgh kennengelernt. »Was machen Sie hier?«

»Ich habe auf Sie gewartet.«

»Ich dachte, Sie hätten in New York genug zu tun.«

»Nicht mehr. Aber das ist eine längere Geschichte, die ich Ihnen später erzähle. Kommen Sie erst einmal mit, damit wir nicht länger hier auf der Straße herumstehen. Niemand braucht zu hören, worüber wir uns unterhalten.«

Das erschien Vivian Marquand vernünftig, und sie begleitete den schlanken Mann in dem teuren Anzug tiefer in die Gasse hinein. Ihr Weg endete vor einem alten, heruntergekommenen Haus, das kaum bewohnbar aussah, in dem aber einige Lichter brannten.

»Hier, hier wohnen Sie?« fragte die Frau ungläubig.

»Nur vorübergehend. Ich brauchte für mich und meine Leute ein großes Haus in Hafennähe.«

Tatsächlich befand sich ein ganzer Trupp in dem Haus, etwa ein Dutzend schwerbewaffneter Männer. Aber auch eine Frau mit französischem Akzent, die der rothaarigen Besucherin eifersüchtige Blicke zuwarf. Max Quidor führte Vivian Marquand in ein ruhiges Zimmer im Obergeschoß und wies seinen Leibwächter Tom an, dafür zu sorgen, daß niemand sie störte.

»Wofür brauchen Sie die vielen Männer, Mr. Quidor?« fragte Vivian, nachdem sie sich auf einen Stuhl mit herausquellender Polsterung gesetzt hatte.

»Vielleicht, um die ONTARIO zu kapern. Nach allem, was ich gehört habe, hat es an Bord einige Schwierigkeiten gegeben.«

»Das stimmt, leider.«

Die Frau berichtete, was sich zugetragen hatte, und Quidors Gesicht wurde immer länger.

»Wie lauteten noch die Namen dieser Deutschen?« fragte er nach, als Vivian geendet hatte. »Jacob Adler und Martin Bauer?«

»Ja, weshalb?«

»Ist etwa auch eine junge Frau mit einem Kind auf dem Schiff, eine Irene Sommer?«

»Ja«, antwortete Vivian erstaunt.

»Sie liegt mit hohem Fieber in ihrer Kabine. Woher wissen Sie das alles?«