158124.fb2 Flu?piraten - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 12

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»Ich kenne die Leute aus New York«, antwortete Quidor und berichtete knapp von seinem Zusammentreffen mit den Deutschen, schönte dabei aber seine eigene zwielichtige Rolle. Dann berichtete er von seiner Flucht aus der Stadt. »Ich bin größtenteils mit der Eisenbahn gefahren. Zweimal habe ich einen Sonderzug gemietet, um die ONTARIO einzuholen.«

»Wozu dieser Aufwand?«

»Ich kann nicht in New York auf mein Geld aus dem Verkauf der Revolverkanonen warten, also bin ich meiner Ware nachgereist, um das Geld beim Verkauf selbst in Empfang zu nehmen. Nach allem, was ich von Ihnen gehört habe, war das die richtige Entscheidung. Es sieht ja wohl nicht besonders gut für das Gelingen Ihrer Mission aus.« »Vielleicht ist es tatsächlich das Beste, wenn Sie das Schiff übernehmen.«

»Meine Rede. Wir sollten uns beeilen und zuschlagen, solange nur zwei Wachen an Bord sind.«

»Aber uns fehlt dieser Jacob Adler. Aus Sicherheitsgründen ist meinem Mann und mir unsere Kontaktperson in Cairo nicht bekannt. Die Kontaktperson weiß nur, daß ein Mann mit einem goldenen Ring im Ohr mit einem Dampfer aus Pittsburgh kommt.«

»Dann werden wir eben einem meiner Männer einen goldenen Ring durchs Ohr ziehen«, meinte Quidor schulterzuckend. »Oder mir selbst.«

»Eine gute Idee«, fand Vivian und wunderte sich, daß sie nicht selbst darauf gekommen war.

*

Zwanzig Minuten später ging Vivian Marquand erneut auf den Anlegeplatz der ONTARIO zu. Jetzt steckte ein Revolver in ihrer Handtasche, und ihr folgte ein Dutzend schattenhafter Gestalten im Schutz der Warenstapel, die am Kai aufgetürmt waren.

Sie ging über die Gangway an Bord und traf dort auf einen dunkelhäutigen Mann, der einen Karabiner in den Händen hielt. Es war der Ex-Sklave und Matrose namens Sam.

Sie grüßte ihn und fragte, ob von den anderen schon jemand zurückgekehrt sei.

»Nein, Sie sind die erste, Mrs. Marquand. Wird wohl eine lange Nacht für den Captain und seine Leute.«

»Dafür ist die Wache für dich zu Ende, Nigger«, entgegnete Vivian, als sie ihren Revolver aus der Handtasche zog, den Hahn spannte und auf den Matrosen richtete. »Sei hübsch still und brav, sonst mache ich mit dir das, was ich auch mit diesen Rumpoles gemacht habe.« »Sie. Sie waren das?« fragte der Schwarze ungläubig. »Aber warum?«

»Das geht dich nichts an, Mann.«

Sams Augen weiteten sich, als die lange Reihe der Bewaffneten über die Gangway an Bord kam.

»Wo ist die zweite Wache?« fragte die rothaarige Frau.

Der Matrose sah zum Heck. »Jim mußte mal.«

Sobald er die Antwort gegeben hatte, knickte er unter dem Hieb eines Karabinerkolbens ein.

Max Quidor schickte ein paar seiner Männer nach achtern, als ihnen auch schon der zweite Wachtposten entgegenkam. Der war noch damit beschäftigt, sein Hemd richtig in die Hose zu stecken, weshalb er die anderen erst spät bemerkte. Er wollte noch seine Waffe in Anschlag bringen, aber Tom war schneller. Die Klinge seines Messers durchbohrte Jims Hals, und der Matrose sackte mit einem gurgelnden Laut zu Boden.

»Schafft die beiden von Bord!« befahl Quidor, und seine Leute legten die Matrosen zwischen die Kistenstapel auf dem Kai.

»Was ist mit der Frau und ihrem Kind?« fragte Vivian Marquand.

»Die bleiben an Bord«, entschied Quidor.

»Warum?«

»Weil ich es so will.«

Er bemerkte nicht die wütenden Blicke, die Jeanette Latour, jetzt in Männerkleidern, ihm zuwarf.

Rasch besetzten seine Männer, von denen die meisten Erfahrung als Flußschiffer besaßen, die wichtigsten Posten. Der Kessel wurde eilig angeheizt. Sobald der Dampfdruck groß genug war, banden zwei Männer die Leinen los, und die ONTARIO verließ den Hafen ohne das übliche Dampfpfeifensignal. Langsam schob sich das Schiff auf die enge Kanaleinfahrt zu.

*

Als Kapitän DeWitt mit seinen Männern weit nach Mitternacht zum Frachthafen zurückkam, konnte er erst nicht glauben, was er sah. Besser gesagt, was er nicht sah. An der Stelle, wo sich eigentlich sein Schiff befinden mußte, klaffte eine Lücke in der Reihe der Frachtschiffe.

DeWitt rieb über seine Augen, aber die Lücke blieb. Dann sah er sich in der schwachen Hoffnung um, sich vielleicht an einer falschen Stelle im Hafen zu befinden. Aber die Hoffnung erfüllte sich nicht. Kein Zweifel, an dieser Stelle hatte vor ein paar Stunden noch die ONTARIO gelegen.

»Captain, die ONTARIO ist weg«, bemerkte der Mann an seiner Seite, Skip Horton.

»Wenn Sie das auch meinen, Skip, kann es keine Halluzination sein - leider.«

DeWitt hatte in seinem langen Leben als Schiffer - erst auf dem Ontario-See, an dem er aufgewachsen war, und später auf den Flüssen des mittleren Westens - schon viel erlebt. Manches davon grenzte ans Unglaubliche. Aber ein ganzes Schiff war ihm noch nie abhanden gekommen.

Mit weit ausholenden Schritten ging er zum benachbarten Anlegeplatz, wo ein großer Dampfer mit dem Namen OHIO QUEEN lag. Er rief so lange, bis sich ein verschlafenes Besatzungsmitglied an Deck zeigte und fragte, was los sei.

»Wir suchen unser Schiff, die ONTARIO.«

»Die ist ausgelaufen, mitten in der Nacht, ohne sich zu verabschieden.«

»Wann denn?«

»So vor ein bis zwei Stunden. Ihr habt wohl zuviel gesoffen und die Zeit verpennt, was?«

DeWitt antwortete nicht, sondern ging zurück zu seinen Männern, unter denen plötzlich Unruhe entstand. Er hörte laute Flüche.

»Captain!« rief Skip Horton ihm entgegen. »Wir haben Jim zwischen den Kisten gefunden. Er ist tot!«

»Tot?« fragte der Kapitän und beschleunigte seine Schritte.

»Mausetot«, sagte der zum Ersten Bootsmaat aufgestiegene Horton. »Jemand hat ihm ein Messer in den Hals gerammt.«

Da sah DeWitt auch schon die Leiche mit dem großen blutigen Loch im Hals.

Horton wollte noch etwas sagen, aber ein lautes Stöhnen ganz in der Nähe zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Zwischen den Kisten tauchte Sams dunkles Gesicht auf. Benommen erhob sich der schwarze Matrose und setzte sich auf eine Kiste.

»Sam, verdammt, was ist geschehen?« fragte DeWitt.

Der Schwarze fuhr vorsichtig mit der Hand über seinen Kopf und verzog das Gesicht vor Schmerz. »Sie haben mir was über den Schädel gegeben, nachdem diese verfluchte Schlange mich mit dem Revolver bedroht hat.«

»Wer hat dich bedroht, Sam?«

»Mrs. Marquand, diese Hexe. Sie kam an Bord, sprach mit mir und zog plötzlich die Waffe aus ihrer Handtasche. Sie drohte, mit mir dasselbe zu machen wie mit Bart und Jack, wenn ich nicht gehorchen würde.«

»Dasselbe wie mit Bart und Jack?« DeWitt starrte ihn mit offenem Mund an. »Willst du damit sagen, Mrs. Marquand hat die beiden umgebracht?«

»Ich will das nicht sagen, Captain. Sie hat es zu mir gesagt.«

»Teufel auch«, sagte der Kapitän kopfschüttelnd. »Das hätte ich nie gedacht.« Er konzentrierte sich wieder auf den Schwarzen. »Was geschah weiter, Sam?«